Landgericht Stade
Urt. v. 03.03.2009, Az.: 3 O 42/08
Kostenvorschuss; Mangel; Reetdach
Bibliographie
- Gericht
- LG Stade
- Datum
- 03.03.2009
- Aktenzeichen
- 3 O 42/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2009, 50602
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 637 Abs 1 BGB
- § 637 Abs 3 BGB
- § 634 Nr 2 BGB
- § 633 Abs 1 BGB
Tenor:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 43.251,74 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem 27.02.2008 zu zahlen;
2. Der Beklagte wird weiter verurteilt, den Klägern ihre außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 1.878,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem 27.02.2008 zu zahlen;
3. Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Kläger außergerichtliche Gutachterkosten in Höhe von 238,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.02.2008 zu zahlen.
4. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Die Kläger nehmen den Beklagten auf Zahlung von Vorschuss für Mängelbeseitigungskosten in Anspruch.
Der Beklagte hat das Reetdachhaus der Kläger in der B-Straße 6 in F. neu eingedeckt und mit Rechnung vom 24.02.2003 seine Arbeiten abgerechnet.
Die Kläger behaupten, die vom Beklagten ausgeführten Arbeiten verstießen gegen geltende DIN-Normen. Das verwendete Material sei mangelhaft, da ein beträchtlicher Anteil von Rohrkolbenstängeln verarbeitet worden sei. Die Verlegung sei auch deshalb nicht fachgerecht erfolgt, weil das Dach an der Traufe zu dünn und in der Mitte zu dick sei. In den zu dick verlegten Bereichen könne sich zuviel Wasser mit der Gefahr einer schnelleren Verrottung ansammeln. Auch der First sei nicht in Ordnung, er hätte straffer verlegt werden müssen und sei zudem nicht ordnungsgemäß befestigt worden. Zur Beseitigung der vorstehenden Mängel sei ein Aufwand von mindestens 43.251,74 € erforderlich.
Die Kläger beantragen,
wie erkannt.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er erhebt zunächst die Einrede der Verjährung. Er ist der Ansicht, mit den Klägern die VOB/B vereinbart zu haben. Er behauptet, das Bauvorhaben der Kläger sei durch den Architekten G. betreut worden, der die Kläger ausdrücklich auf die Bestimmungen der VOB/B hingewiesen habe, sodass diese wirksamer Bestandteil der Vertragsbeziehungen zwischen den Parteien geworden seien. Im Übrigen bestreitet er die von den Klägern geltend gemachten Mängel, insbesondere, dass das von ihm verlegte Dach einen starken Verrottungszustand aufweise und einen beträchtlichen Anteil von Rohrkolbenstängeln enthalte. Selbst wenn dies der Fall sei, seien die Beimengungen im Reet handels- bzw. ortsüblich und führten nicht zu einer Wasserspeicherung und damit zu einer Zersetzung des Reets. Die Dachneigung habe bezüglich des Neigungswinkels den zum Zeitpunkt des Einbaus geltenden fachlichen Vorgaben entsprochen. Auch der First sei fachgerecht verlegt und befestigt.
Selbst wenn die behaupteten Mängel vorlägen, sei keine komplette Neuverlegung des Daches erforderlich.
Das Gericht hat mit Beweisbeschluss gemäß § 358 a ZPO vom 08.04.2008 über die Behauptungen der Kläger Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.
Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen B. vom 03.12.2008 und die mündliche Erörterung dieses Gutachtens im Termin der Kammer vom 10.02.2009 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist im vollen Umfang begründet.
Die Kläger können den Beklagten gemäß §§ 634 Nr. 2, 637 Abs. 3 BGB auf Zahlung von Kostenvorschuss in Höhe des Urteilsbetrages in Anspruch nehmen, da das vom Beklagten verlegte Reetdach ihres Hauses in der B-Straße 6 in F. Sachmängel i. S. d. § 633 Abs.1 BGB aufweist.
Dies folgt aus den nachvollziehbaren und überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen B. in seinem Gutachten vom 03.12.2008 und den Erläuterungen dieses Gutachtens im Termin der Kammer vom 10.02.2009. Danach ist davon auszugehen, dass die gesamt Reeteindeckung der Nord- und Südseite des Daches sowie beider Krüppelwalme mit groben Mängeln behaftet ist, die die Funktion, die Haltbarkeit und das Erscheinungsbild beeinträchtigen. Zwar ist in dem von den Klägern teilweise beanstandeten Umfang der Eindeckung kein Fehler zu sehen, da nach der Beurteilung des Sachverständigen kein Mangel vorliegt, wenn das Dach teilweise etwas dicker eingedeckt ist. Ein Mangel liegt nach den Feststellungen des Sachverständigen jedoch in der teilweise nicht ausreichenden Halmneigung. So beträgt die Halmneigung nach den Untersuchungen des Sachverständigen unterhalb der Dachgaube sowie von der Traufe beginnend bis ca. 5 Meter hoch, und zwar sowohl an der Nord- wie auch an der Südseite des Daches, lediglich 20° unterhalb der Bindungen. Dieser Zustand entspreche nicht den Vorgaben der Fachregeln für Deckungen mit Reet, was zur Folge habe, dass Feuchtigkeit in starkem Umfang in das Dach eindringen könne und zu einer vorzeitigen Verrottung des Daches führe. Im Übrigen entspreche auch die Reetqualität nicht der Norm. Das verarbeitete Reet sei kurz und enthalte auch einen erheblichen Anteil von beigemischten Fremdpflanzen. So habe er festgestellt, dass im Umfang von insgesamt ca. 30 % zu kurze Reethalme verarbeitet worden seien. Zulässig sei jedoch ein Anteil an zu kurzem Material im Umfang von höchstens 10 %, wobei ein ordnungsgemäß arbeitender Dachdecker auch insoweit gehalten sei, zu kurzes Material vor der Verlegung zu entfernen. Die Verwendung von zu kurzem Material habe Auswirkungen auf die Festigkeit des Daches, die mangels einer häufig nicht möglichen zweiten Bindung des Reets dann nicht ausreichend sei. Bedeutsamer in diesem Zusammenhang sei aber auch insoweit, dass die erforderliche Halmneigung nicht erreicht werde, was wiederum Auswirkung auf die Haltbarkeit des Daches habe.
Der Sachverständige B. hat dabei ausdrücklich hervorgehoben, dass ein vom Beklagten vermuteter Pilzbefall des Daches im vorliegenden Fall eindeutig auszuschließen sei. Die vom Beklagten diesbezüglich in Bezug genommene Untersuchung des Institutes für Marinebiotechnologie e. V. von Januar 2009 stelle nicht eindeutig heraus, dass Voraussetzung für einen Pilzbefall und hierauf zurückzuführende Beeinträchtigungen des Daches ein bereits bestehender Feuchtigkeitszustand im Reet sei. Dementsprechend könne ein solcher Pilz in einem neuen und ordnungsgemäß verlegten gesunden Dach keine Schäden anrichten.
Die Kammer hat keine Veranlassung, diese Feststellung des Sachverständigen in Zweifel zu ziehen.
Die bestehenden Mängel am Dach können nach den weiteren Feststellungen des Sachverständigen nur durch eine Neuverlegung behoben werden. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass das vom Beklagten verwandte Material insgesamt nicht ausreichend war, weil es zu kurz ist, einen zu hohen Anteil an Beimischungen enthält und drittens auch leichte Vorschädigungen aufweist. Der Sachverständige hat diese Vorschädigungen daran erkannt, dass die von ihm genommenen Proben handvoll im rechten Winkel zu brechen waren. Dieser Umstand indiziert nach den weiteren Ausführungen des Sachverständigen, dass das vom Beklagten verwandte Material entweder zu früh oder zu feucht geerntet worden ist oder auch, dass es im Rahmen einer zwischenzeitlichen Lagerung zu viel Feuchtigkeit ausgesetzt war.
Der Vortrag des Beklagten in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 25.02.2009 bietet der Kammer keine Veranlassung für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Zum Einen hat der Sachverständige die von ihm festgestellte mindere Qualität des verwandten Materials nicht nur auf eine Vorschädigung des Reet gestützt, s. o. Zum Anderen hat der Beklagte auch nicht substantiiert vorgetragen, warum der von ihm in diesem Zusammenhang benannte Zeuge R. keine Anhaltspunkte für eine minderwertige Qualität des Reets gehabt habe. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Sachverständige seine Beurteilung der Qualität darauf gestützt hat, dass sich genommene Proben handvollweise einfach im rechten Winkel brechen ließen und dieser Umstand vom Beklagten in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 25.02.2009 nicht bestritten worden ist.
Der Sachverständige hat schließlich die vom Kläger geltend gemachten Kosten als erforderlich für eine Mängelbeseitigung durch Neuverlegung des Daches eingestuft.
Insgesamt hat die Kammer keine Zweifel an der Richtigkeit der nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen B..
Der vom Kläger geltend gemachte Mängelbeseitigungsanspruch ist auch nicht verjährt.
Dass die VOB/B wirksam zwischen den Parteien vereinbart worden sind, hat der Beklagte nicht dargetan. Allein der Hinweis in seinem an die Kläger gerichteten Angebot reicht hierfür nicht aus. Dass die VOB/B als Text den Klägern ausgehändigt bzw. sonst wie zur Kenntnis gebracht worden sind, hat ist nicht ersichtlich. Zwar hat sich der Beklagte insoweit auf den Architekten G. bezogen. Dieser hat jedoch in seinem Schreiben vom 19.03.2008 an den Prozessbevollmächtigten der Kläger (Anlage K9, Bl. 50 d. A.) in Abrede genommen, dass zwischen den Parteien die VOB/B vereinbart worden seien.
Bei dieser Sachlage gilt die Verjährungsfrist des § 634 a Abs. 1 Ziff. 2 BGB von fünf Jahren, so das sich eine Verjährung im Zeitpunkt des Einganges der Klage am 20.02.2008 nicht feststellen lässt.
Der Klage war deshalb im vollen Umfang stattzugeben.
Unter dem Gesichtspunkt zweckentsprechender Rechtsverfolgung können die Kläger daneben auch die Kosten für das von ihnen vorprozessual eingeholte Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Sch. in Höhe von 238,00 € sowie unter dem Gesichtspunkt des Verzuges außergerichtlichte Anwaltskosten in Höhe von 1.878,30 €, die anteilig auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen sind, geltend machen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.