Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 27.07.2001, Az.: 6 B 127/01

Doppelbilder; Fahrgastbeförderung; Schielen; Sehvermögen; Stereosehen

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
27.07.2001
Aktenzeichen
6 B 127/01
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2001, 39561
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10.000,-- DM festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der am ... 1957 geborene Antragsteller erhielt im Jahre 1975 die Fahrerlaubnis der Klassen 1 und 3 und im Jahre 1981 die Fahrerlaubnis der Klasse 2. Am 17. August 1992 erhielt er erstmals eine Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung mit Kraftomnibussen, die in der Folgezeit mehrfach, zuletzt am 12. Mai 1998 bis zum 12. Mai 2001 verlängert wurde. Seinen Anträgen auf Verlängerung lag jeweils eine augenärztliche Bescheinigung des Augenarztes Dr. S. (vom 27. Juni 1995 und vom 5. Juni 1998) bei, in denen dieser bemerkt hatte, dass beim Antragsteller aufgrund eines Innenschielens von 4 Grad die Fähigkeit zum Stereosehen reduziert sei und in Ferne sowie Nähe ein grobes räumliches Sehen bestehe.

2

Am 5. April 2001 suchte der Antragsteller beim Antragsgegner um eine Verlängerung/Umschreibung seiner Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung mit einem Kraftomnibus mit mehr als 14 Fahrgastplätzen auf eine Fahrerlaubnis der Klassen D/DE nach. Er legte dazu ein augenärztliches Gutachten des Augenarztes Dr. med. S. vom 20. Februar 2001 vor. Daraus ergab sich wiederum ein geringes Innenschielen rechts mit grob vorhandenem beidäugigen Sehen. Zusammenfassend bemerkte der Augenarzt, dass damit die Anforderungen für die o.g. Führerscheinklasse erfüllt seien (er hatte allerdings im Vordruck des augenärztlichen Gutachtens versehentlich unter der beantragten Fahrerlaubnisklasse die Klasse "B" eingesetzt).

3

Unter dem 11. April 2001 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit, nach Anlage 6 der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) sei bei Bewerbern um die Verlängerung der Fahrerlaubnis der Klassen D und DE ein Schielen - auch zeitweilig - eignungsausschließend. Da seine Sehfunktion unter der genannten Mindestanforderung liege, werde sein Antrag auf Verlängerung der Fahrerlaubnis der Klassen D und DE abgelehnt werden. Unter dem 27. April 2001 hörte der Antragsgegner den Antragsteller weiter dazu an, dass für ihn auch die Erteilung einer Ausnahme nach den bis zum 31. Dezember 1998 (Anlage XVII zur StVZO) geltenden Bestimmungen nicht in Betracht komme, weil danach ebenfalls zeitweises Schielen unzulässig sei und normales Stereosehen vorhanden sein müsse. Dieses gelte auch für die Fahrerlaubnis der Klasse 2 des Antragstellers. Nach der Anlage XVII zur StVZO bestehe für ihn lediglich eine Ausnahmemöglichkeit für die frühere Klasse 3. Aus diesem Grund werde nicht nur der Antrag auf Verlängerung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung  abgelehnt werden, sondern auch die Fahrerlaubnis der Klasse 2 (neu: C und CE) entzogen werden.

4

Der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers legte sodann ein weiteres augenärztliches Gutachten des Augenarztes Dr. S. vom 26. April 2001 vor, in dem dieser ausgeführt hatte, dass die Fahrerlaubnisse D und DE beantragt seien und dem Antragsteller bescheinigt wurde, mit dem Untersuchungsergebnis (geringes Innenschielen rechts mit grobem beidäugigen Sehen) seien die Anforderungen für o.a. Führerscheinklassen unter Einbeziehung der Empfehlung der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) erfüllt.

5

Mit Bescheid vom 9. Mai 2001 lehnte der Antragsgegner den Antrag des Antragstellers auf Umschreibung/Verlängerung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung mit einem Kraftomnibus mit mehr als 14 Fahrgastplätzen auf eine Fahrerlaubnis der Klassen D/DE ab und entzog ihm zugleich die Fahrerlaubnis der Klasse 2 sowie die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung mit einem Kraftomnibus mit mehr als 14 Fahrgastplätzen. Hiergegen erhob der Antragsteller mit Schreiben vom 30. Mai 2001 Widerspruch, über den - soweit ersichtlich ist - noch nicht entschieden worden ist.

6

Am 6. Juni 2001 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt. Er trägt vor:

7

Nach den vorgelegten Empfehlungen der DOG sei aus medizinischer Sicht bei den Fahrerlaubnisklassen D, DE, D1 und D1E die Definition "Schielen unzulässig" insofern zu erweitern, als ein Stereosehen von mindestens 100 Winkelsekunden vorhanden sein müsse. Dies könne mit subnormalem Binokularsehen oder mit kleinwinkligem Schielen (Mikrostrabismus) einhergehen. Danach sei aus medizinischer Sicht ein gut kompensiertes latentes Schielen ohne im Straßenverkehr auftretende Doppelbilder kein Ausschlussgrund für die Fahrerlaubnis Klassen D, DE, D1 und D1E. Das augenärztliche Gutachten des Dr. S. vom 26. April 2001 sei unter Einbeziehung dieser Empfehlung der DOG erstellt worden und zu dem Ergebnis gekommen, dass der Antragsteller den Anforderungen, die an die Erteilung der Fahrerlaubnis der Klasse D/DE - auch im Hinblick auf die durch die Anlage 6 zur FeV aufgestellten Voraussetzungen - gestellt werden, genüge. Auch müsse berücksichtigt werden, dass seine Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung vom 17. August 1992 datiere und in den Jahren 1995 und 1998 auf der Grundlage der vorgelegten augenärztlichen Bescheinigungen, obwohl sich aus ihnen ein geringes Schielen von 4 Grad ergebe, anstandslos verlängert worden sei. Bereits die zum Zeitpunkt der damaligen Verlängerungen gültige Anlage XVII zur StVZO habe als Mindestanforderung u.a. auch die Unzulässigkeit eines zeitweiligen Schielens enthalten. Außerdem habe der Antragsgegner nicht berücksichtigt, dass der Antragsteller seit Oktober 1992 als Omnibusfahrer unfallfrei tätig gewesen sei. Bis 1994 sei er für die Firma Reisedienst E. in A. gefahren, seit 1994 sei er bei der Regionalbus B. GmbH als Omnibusfahrer tätig gewesen. Aufgrund der Nichtverlängerung seiner Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung werde er seit dem 13. Mai 2001 zur Reinigung der Omnibusse eingesetzt. Ihm sei bereits angekündigt worden, dass er innerhalb der nächsten Wochen seine Kündigung erhalten werde, wenn die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung nicht verlängert werde.

8

Der Antragsteller beantragt,

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den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung mit einem Kraftomnibus mit mehr als 14 Fahrgastplätzen vorläufig zu verlängern und vorläufig auf eine Fahrerlaubnis der Klassen D/DE umzuschreiben.

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Der Antragsgegner beantragt,

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den Antrag zurückzuweisen.

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Er nimmt Bezug auf seinen Bescheid vom 9. Mai 2001 und vertritt weiter die Auffassung, der Antragsteller sei aufgrund eines Innenschielens seines rechten Auges und damit nur grob vorhandenen Stereosehens ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen der Klassen D/DE. Er erfülle weder die Anforderungen an das Sehvermögen nach den seit dem 1. Januar 1999 geltenden Bestimmungen der Anlage 6 zur FeV noch (ausnahmsweise) als Inhaber einer bis zum 31. Dezember 1998 erteilten Fahrerlaubnis nach den Bestimmungen der Anlage XVII zur StVZO.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Verwaltungsvorgang des Antragsgegners Bezug genommen.

II.

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Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg.

15

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung nötig erscheint, um von dem Rechtsuchenden wesentliche Nachteile abzuwenden. Ihrer Natur nach darf eine solche Anordnung jedoch nur eine einstweilige Regelung treffen oder einen vorläufigen Zustand schaffen. Dieser Sicherungszweck der einstweiligen Anordnung verbietet es im Allgemeinen, einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren vorzugreifen. Von diesem Grundsatz hat die Rechtsprechung Ausnahmen zugelassen, wenn wirksamer Rechtsschutz im Klageverfahren nicht oder nicht rechtzeitig erreichbar ist und dies für den Antragsteller zu schlechthin unzumutbaren Nachteilen führen würde. Die vom Antragsteller angestrebte einstweilige Anordnung setzt außerdem voraus, dass er in einem nachfolgenden Klageverfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Erfolg haben und eine Umschreibung (Verlängerung) seiner Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung mit einem Kraftomnibus mit mehr als 14 Fahrgastplätzen auf die Klassen D/DE erreichen wird. Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor.

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Zwar kann davon ausgegangen werden, dass die vom Antragsteller begehrte Entscheidung des Gerichts dringlich ist, weil die Geltungsdauer der zuletzt erteilten Erlaubnis zur Fahrgastbeförderung mit Ablauf des 12. Mai 2001 geendet hat. Nach der in diesem Verfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sachlage ist jedoch nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Antragsteller in einem evtl. nachfolgenden Klageverfahren eine weitere Erlaubnis zur Fahrgastbeförderung mit Omnibussen erreichen wird.

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Nach § 48 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 FeV wird eine Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung auf Antrag des Inhabers bis zu fünf Jahren verlängert, wenn er nachweist, dass er die in § 12 Abs. 6 FeV i.V.m. Anlage 6 Nr. 2.2 festgesetzten Anforderungen an das Sehvermögen erfüllt. Nach § 12 Abs. 6 FeV ist die Sehfähigkeit mit einer augenärztlichen Untersuchung abzuklären, über deren Ergebnis vom Augenarzt ein Zeugnis oder Gutachten zu erstellen ist, das darüber Auskunft gibt, ob die Anforderungen an das Sehvermögen erfüllt werden. Bewerber um die (Verlängerung einer) Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung für Omnibusse müssen nach Ziff. 2.2.2 der ab dem 1. Januar 1999 geltenden Anlage 6 zu den §§ 12 und 48 FeV folgende Mindestanforderungen an die zu den übrigen Sehfunktionen zählende "Beweglichkeit" erfüllen: "Keine Diplopie (= Doppelsehen), Schielen - auch zeitweilig - unzulässig."

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Da der Antragsteller zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Regelungen bereits Inhaber einer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung war, gelten für ihn weiterhin die für ihn maßgeblichen Anforderungen an das Sehvermögen der Anlage XVII zur StVZO (§ 76 Nr. 9 letzter Abs. FeV). Diese Regelungen erforderten für die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung eine "normale Beweglichkeit beider Augen; zeitweises Schielen unzulässig;" und hinsichtlich des Stereosehens ein "normales Stereosehen".

19

Der Antragsteller erfüllt die für das Führen von Omnibussen erforderlichen Mindestvoraussetzungen sowohl nach den bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Vorschriften als auch nach den Neufestsetzungen in Anlage 6 zu den §§ 12 und 48 FeV nicht. Mit der geringen Innenschielstellung rechts und dem daraus resultierenden nur grob vorhandenen räumlichen Sehvermögen (Stereosehen), das von Dr. S. festgestellt worden ist, gilt der Antragsteller als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen zur Fahrgastbeförderung, soweit jedenfalls die Erlaubnis für eine Beförderung mit Omnibussen erteilt werden soll. Hierfür genügt bereits ein zeitweises Schielen, ohne dass es darauf ankommt, dass weitere Sehstörungen (Doppelbilder) vom begutachtenden Augenarzt nicht festgestellt wurden und dieser die Erteilung der begehrten Fahrerlaubnis befürwortet.

20

Rechtliche Bedenken gegen die in den genannten Vorschriften festgesetzten Mindestanforderungen an das Sehvermögen bestehen nicht. Die Ausführungsbestimmungen konkretisieren in zulässiger Weise den in der gesetzlichen Ermächtigung - dem Straßenverkehrsgesetz - normierten Eignungsbegriff (§§ 2, 3 StVG); die darin enthaltenen Festsetzungen beruhen auf dem Gutachten des Bundesgesundheitsamtes "Sehvermögen und Kraftverkehr" (Heft 38 der Schriftenreihe des Bundesministers für Verkehr) sowie auf den "Richtlinien der Deutschen Opthalmologischen Gesellschaft für die Beurteilung der Fahreignung durch den Augenarzt" (vgl. hierzu: BVerwG, Urt. vom 28.12.1992, BVerwGE 91, 117 m.w.N.) bzw. der insoweit aktualisierten Fassung "Empfehlung der DOG zur Fahreignungsbegutachtung für den Straßenverkehr (2. Auflage, 1999)" und entsprechen den in der EU-Richtlinie 91/437/EWG festgelegten Mindestanforderungen hinsichtlich der körperlichen und geistigen Tauglichkeit für das Führen eines Kraftfahrzeugs (Amtsblatt EG Nr. 237/20 vom 24.08.1991; vgl. dazu: Beschl. der Kammer vom 30.08.1999 - 6 B 201/99 -; vom 15.12.2000 - 6 B 526/00 -).

21

Auf der Grundlage dieser Regelungen hat der Antragsgegner den Antrag auf Umschreibung der Fahrerlaubnis des Antragstellers zur Fahrgastbeförderung mit einem Kraftomnibus auf die Klassen D/DE zu Recht abgelehnt. Dem steht keinesfalls entgegen, dass nach der Empfehlung der DOG bei den Fahrerlaubnisklassen D, D1, DE und D1E die Definition "Schielen unzulässig" zu erweitern sei, indem ein Stereosehen von mindestens 100 Winkelsekunden vorhanden sein müsse. Aus dem augenärztlichen Gutachten des Dr. S. vom 26. April 2001 ergibt sich gerade nicht, dass beim Antragsteller das von der DOG geforderte Stereosehen von mindestens 100 Winkelsekunden vorhanden ist. Vielmehr wird ihm in dem Gutachten des Augenarztes lediglich ein "grob vorhandenes" Stereosehen und damit weniger als ein normales Stereosehen bescheinigt.

22

Zu Gunsten des Antragstellers kann auch nicht berücksichtigt werden, dass ihm in der Vergangenheit die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung mit einem Kraftomnibus erteilt und mehrfach verlängert worden ist, obgleich sich seinerzeit bereits aus den vorgelegten augenärztlichen Bescheinigungen ergab, dass seine Fähigkeit zum Stereosehen aufgrund eines Innenschielens rechts von 4 Grad reduziert war. Der Antragsgegner hätte danach bereits in den Jahren 1995 und 1998 die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung mit einem Omnibus nicht verlängern dürfen, weil der Antragsteller die "Mindestanforderungen an die übrigen Sehfunktionen" nach Ziff. 2.1 der Anlage XVII zur StVZO nicht erfüllte. Allein das Vertrauen des Antragstellers darauf, der Antragsgegner werde ihm entsprechend seiner bisherigen Praxis die Fahrgastbeförderungserlaubnis verlängern, weil sich bei ihm Änderungen - insbesondere hinsichtlich des Sehvermögens - nicht ergeben haben, rechtfertigt angesichts der erheblichen Gefahren für die Fahrgäste und die übrigen Verkehrsteilnehmer, die von einem Omnibusfahrer mit nur grob vorhandenem räumlichen Sehvermögen ausgehen, nicht eine rechtswidrige Verlängerung der Erlaubnis. Ob und inwieweit der Antragsteller unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes vom Antragsgegner wegen der vergangenen, rechtswidrigen Fahrerlaubnisverlängerungen, mit denen er als Voraussetzung für die weitere Ausübung seines Berufs als Omnibusfahrer rechnete, einen Ersatz der ihm daraus entstehenden finanziellen Nachteile verlangen kann, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

23

Zu Gunsten des Antragstellers kann weiter keine Berücksichtigung finden, dass er bisher keinen Verkehrsunfall verursacht hat. Dieser Umstand kann auf zahlreichen Gründen beruhen und beweist jedenfalls nicht, dass die Gefahren, der die Eignungsanforderungen an das Sehvermögen vorbeugen sollen, bei dem Antragsteller nicht bestehen. Überdies ist eine zur Gefahrenabwehr im Straßenverkehr festgesetzte abstrakt-generelle Eignungsanforderung nicht schon deshalb sachwidrig oder unverhältnismäßig und damit verfassungswidrig, weil Einzelfälle denkbar sein können, in denen die Verkehrssicherheit aus besonderen Gründen - etwa wegen außergewöhnlicher Vorsichtigkeit des Kraftfahrers - auch ohne diese Anforderungen hinreichend gewahrt wäre (BVerwG, Urt. vom 28.12.1992, aaO.). Sollte es tatsächlich solche Sonderfälle geben, kommt allenfalls die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 74 FeV in Betracht, was jedoch nicht Gegenstand dieses, gegen den Antragsgegner gerichteten Eilverfahrens ist und daher keiner Vertiefung bedarf. Im übrigen gehen auch die Empfehlungen der DOG nur bei der Fahrerlaubnis Klasse B mit Personenbeförderung (Taxifahrer) davon aus, dass solche Taxifahrer zuzulassen seien, die seit Jahrzehnten ohne Unfall ununterbrochen im Beruf tätig gewesen seien.

24

Nach alledem muss das persönliche Interesse des Antragstellers an der Verlängerung/Umschreibung seiner Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung mit einem Kraftomnibus, das die Kammer zwar im Hinblick auf seine Berufstätigkeit nachvollziehen kann, gegenüber der allgemeinen Verkehrssicherheit zurücktreten.

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Der Antrag ist deshalb mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 GKG und beläuft sich auf die Hälfte des Wertes, der in einem Verfahren in der Hauptsache anzunehmen wäre (Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung mit Omnibussen mit beruflicher Nutzung = 20.000,-- DM).