Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 11.07.2001, Az.: 6 A 120/01
Fahrerlaubnisentziehung; medizinisch-psychologisches Gutachten; Punktesystem; Straftat; Weigerung; Wohlverhalten; Zeitablauf
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 11.07.2001
- Aktenzeichen
- 6 A 120/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 39560
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 3 Abs 1 StVG
- § 65 Abs 4 StVG
- § 15b StVZO
- § 4 StVG
- § 11 Abs 8 FeV
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann eine Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe des festgesetzten Vollstreckungsbetrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand:
Die im Jahre 1958 geborene Klägerin erhielt im Februar 1978 eine Fahrerlaubnis der Klasse 3. Wegen wiederholter erheblicher Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung u.a. (mehrfache Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, wiederholtes Nichtbeachten des Rotlichtes an einer Lichtzeichenanlage) wurde die Klägerin von dem seinerzeit zuständigen Landkreis Hildesheim zunächst verwarnt und schließlich unter dem 22. Juli 1973 aufgefordert, sich zur Klärung der an ihrer Fahreignung entstandenen Zweifel einer medizinisch-psychologischen Untersuchung zu stellen. Als die Klägerin ihr Einverständnis zu einer solchen Untersuchung nicht erklärte, entzog der Landkreis Hildesheim mit Verfügung vom 22. September 1993 die Fahrerlaubnis. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Bezirksregierung Hannover durch Widerspruchsbescheid vom 29. November 1993 als unbegründet zurück. Im Rahmen des von der Klägerin vor dem Verwaltungsgericht Hannover - Kammern Hildesheim - anhängig gemachten Klageverfahrens erklärte sich die Klägerin zu der geforderten Untersuchung bereit. Das Verfahren wurde daraufhin durch Beschluss des Gerichts vom 30. Mai 1994 eingestellt (3 A 1969/93.Hi).
In dem medizinisch-psychologischen Gutachten vom 01. September 1994 kamen die Sachverständigen des TÜV Hannover/Sachsen-Anhalt nach einer Untersuchung vom gleichen Tag zu dem Ergebnis, dass künftig nicht mehr mit erheblichen Verstößen gegen die verkehrsrechtlichen Bestimmungen zu rechnen sei. Die durchgeführte Untersuchung habe ergeben, dass es inzwischen bei der Untersuchten zu einer stabilen Änderung ihrer Einstellung und des Verhaltens gekommen sei. Sie habe konkrete Vorstellungen über die Änderung ihres verkehrsrechtlichen Verhaltens entwickelt. Sollte es allerdings erneut zu wiederholten oder erheblichen Verkehrsverstößen kommen, sei eine weitere medizinisch-psychologische Untersuchung notwendig.
Der Landkreis Hildesheim hob daraufhin seine Fahrerlaubnisentziehungsverfügung vom 22. September 1994 auf.
In der Folgezeit wurde die Klägerin im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs erneut auffällig.
1. Mit Bußgeldbescheid des Landkreises Hildesheim vom 11. April 1996 wurde sie wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 27 km/h mit einer Geldbuße von 100,00 DM belegt (Tatzeit: 28. Februar 1996).
2. Mit Bußgeldbescheid des Landkreises Wolfenbüttel vom 13. März 1997 erhielt die Klägerin wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 26 km/h eine Geldbuße von 120,00 DM. Außerdem erhielt sie ein einmonatiges Fahrverbot (Tatzeit: 04. Dezember 1996).
3. Am 21. Januar 1998 wurde der Klägerin durch Bußgeldbescheid des Technischen Polizeiamtes Magdeburg wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 27 km/h eine Geldbuße von 120,00 DM auferlegt. Außerdem wurde ein Fahrverbot von einem Monat verhängt (Tatzeit: 28. November 1997).
4. Durch Urteil des Amtsgerichts Halberstadt vom 29. Juli 1998 erhielt die Klägerin wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis eine Geldstraße von 1.250,00 DM. Die Klägerin hatte während der Zeit des ihr auferlegten Fahrverbots ein Kraftfahrzeug geführt (Tatzeit: 16. April 1998).
5. Mit Bußgeldbescheid des Landkreises Schaumburg vom 30. September 1998 erhielt die Klägerin eine Geldbuße von 80,00 DM, weil sie den Anmeldetermin zur Hauptuntersuchung des Kraftfahrzeugs um mehr als acht Monate überschritten hatte (Tatzeit: 26. August 1998).
6. Am 15. Dezember 1998 wurde der Klägerin mit Bußgeldbescheid des Landkreises Wolfenbüttel wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 23 km/h eine Geldbuße von 210,00 DM sowie ein einmonatiges Fahrverbot auferlegt (Tatzeit: 11. November 1998).
Nachdem die Klägerin mit den Verkehrsverstößen zu Nr. 1 bis 3 einen Eintragungsstand von 9 Punkten im Verkehrszentralregister des Kraftfahrt-Bundesamtes erreicht hatte, wurde sie vom Landkreis Hildesheim unter dem 25. März 1998 eindringlich verwarnt und ihr für den Fall weiterer Verkehrsverstöße eine Überprüfung ihrer Fahreignung angekündigt.
Nach dem Verkehrsverstoß zu Nr. 4 gab der Landkreis Hildesheim mit Verfügung vom 24. November 1998 der Klägerin auf, zur Klärung der an ihrer Fahreignung entstandenen Zweifel sich einer medizinisch-psychologischen Untersuchung zu unterziehen. Weil die Klägerin sich zwischenzeitlich beruflich in Halberstadt aufgehalten hatte und die Verfügung vom 24. November 1998 nicht unter ihrer ursprünglichen Anschrift in Harsum zugestellt worden war, gab der Landkreis Hildesheim der Klägerin mit Verfügung vom 21. April 1999 erneut auf, innerhalb von drei Monaten das Gutachten einer medizinisch-psychologischen Untersuchungsstelle beizubringen. Nachdem die Klägerin schließlich im Oktober 1999 ihr Einverständnis zu dieser Untersuchung erklärt hatte, kam die vom TÜV Nord anberaumte Untersuchung nicht zu Stande, weil die Klägerin den geforderten Kostenvorschuss nicht eingezahlt hatte.
Der Klägerin wurde daraufhin vom Landkreis Hildesheim mit Verfügung vom 09. Juni 2000 aufgegeben, zur Vermeidung einer Entziehung der Fahrerlaubnis die Untersuchung spätestens bis zum 23. Juni 2000 durchführen zu lassen. Die Klägerin trat zu einer solchen Untersuchung nicht an und legte stattdessen ein ärztliches Attest vom 23. Juni 2000 vor, nach dessen Inhalt sie vom 23. bis voraussichtlich zum 30. Juni 2000 für dienstunfähig erklärt wurde. Auch in der Folgezeit kam eine Untersuchung nicht zu Stande; der TÜV Nord sandte den Vorgang schließlich am 05. September 2000 an den Landkreis Hildesheim zurück.
Als die Klägerin ihren Wohnsitz nach Braunschweig verlegte, gab die nunmehr örtlich zuständig gewordene Beklagte der Klägerin Gelegenheit, sich spätestens bis zum 15. Dezember 2000 medizinisch-psychologisch untersuchen zu lassen. Diese Frist wurde von der Beklagten unter dem 04. Dezember 2000 bis zum 10. Januar 2001 verlängert und am 05. Dezember 2000 zur Vorlage des Gutachtens bis zum 31. Januar 2001 bemessen.. Für den auf den 10. Januar 2001 festgesetzten Untersuchungstermin legte die Klägerin ein ärztliches Attest vom 09. Januar 2001 vor, nach dessen Inhalt sie "aus medizinischen Gründen bis zum 17. Januar 2001 nicht arbeitsfähig" sei. Als neuer Untersuchungstermin wurde sodann der 18. Januar 2001 vereinbart. Auch diesen Termin nahm die Klägerin nicht wahr und legte ein weiteres ärztliches Attest vom 18. Januar 2001 vor, dass sie bis einschließlich zum 26. Januar 2001 nicht arbeitsfähig sei.
Zu einem weiteren Untersuchungstermin vom 30. Januar 2001 erschien die Klägerin ebenfalls nicht. Die Klägerin teilte der Untersuchungsstelle des TÜV Nord fernmündlich mit, dass ihr Sohn betreuungsbedürftig erkrankt sei. Der Klägerin wurde daraufhin von der Beklagten aufgegeben, zum Nachweis der Erkrankung des Kindes unverzüglich ein ärztliches Attest vorzulegen. Ein solches Attest wurde von ihr jedoch nicht eingereicht; die Klägerin übersandte stattdessen der Beklagten ein ärztliches Attest vom 06. Februar 2001, wonach sie vom 06. bis 24. Februar 2001 arbeitsunfähig sei.
Mit Verfügung vom 28. Februar 2001 entzog die Beklagte daraufhin der Klägerin die Fahrerlaubnis. Den hiergegen am 19. März 2001 erhobenen Widerspruch wies die Bezirksregierung Braunschweig durch Widerspruchsbescheid vom 21. Mai 2001 als unbegründet zurück.
Am 29. März 2001 hat die Klägerin vor dem Verwaltungsgericht Braunschweig Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie vor:
Die Beklagte sei bei Erlass der angefochtenen Entziehungsverfügung von einem falschen Sachverhalt ausgegangen, weil sie in ihrem Bescheid vom 28. Februar 2001 angenommen habe, dass der am 15. Dezember 1998 geahndete Verkehrsverstoß mit 6 Punkten im Verkehrszentralregister eingetragen worden sei, während diese Verfehlung eine Eintragung von einem Punkt nach sich gezogen habe. Im Übrigen sei fraglich, ob der am 11. April 1996 geahndete Verkehrsverstoß zwischenzeitlich im Verkehrszentralregister gelöscht worden sei. Seit dem letzten Verkehrsverstoß seien inzwischen zwei Jahre vergangen, ohne dass weitere Verfehlungen hinzugekommen seien. Es sei nicht ersichtlich, warum erst nach einem Ablauf von zwei Jahren verkehrsrechtliche Maßnahmen ergriffen worden seien und eine Aufforderung zur medizinisch-psychologischen Untersuchung ergangen sei. Stattdessen wäre eine Maßnahme wie die Aufforderung zur Teilnahme an einem Aufbauseminar angezeigt gewesen.
Die Klägerin beantragt,
die Fahrerlaubnisentziehungsverfügung der Beklagten vom 28. Februar 2001 sowie den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Braunschweig vom 21. Mai 2001 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie entgegnet:
Die Regelungen des § 4 StVG n.F. seien gemäß § 65 Abs. 4 StVG nicht anwendbar, weil sämtliche Verkehrsverstöße vor dem 01. Januar 1999 begangen worden seien. Zutreffend sei, dass der am 11. April 1996 geahndete Verkehrsverstoß am 02. Mai 2001 getilgt worden sei; die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Begutachtung sei jedoch auch ohne diese Verkehrsverfehlung rechtmäßig gewesen. Zutreffend sei ebenfalls, dass der am 15. Dezember 1998 geahndete Verkehrsverstoß mit einem Punkt im Verkehrszentralregister erfasst sei. Die hiervon abweichende Angabe im angefochtenen Bescheid beruhe auf einem Schreibversehen. Die Klägerin habe mit drei weiteren Verkehrsverfehlungen die zulässige Höchstgeschwindigkeit um deutlich mehr als 20 km/h überschritten. Hinzu komme das Fahren ohne Fahrerlaubnis. Diese wiederholten Missachtungen bestehender Verkehrsvorschriften begründeten erhebliche Bedenken hinsichtlich der charakterlichen Eignung der Klägerin zum Führen von Kraftfahrzeugen. Die zeitliche Verzögerung bei der Durchführung des Verwaltungsverfahrens sei allein von der Klägerin zu vertreten. Der Landkreis Hildesheim habe die Klägerin bereits mit Schreiben vom 24. November 1998 zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens aufgefordert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG hat die Fahrerlaubnisbehörde einem Kraftfahrzeugführer die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn er sich als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Ungeeignet ist nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere, wer gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze erheblich oder wiederholt verstoßen hat. Als ungeeignet in diesem Sinne darf von der Fahrerlaubnisbehörde auch ein Kraftfahrer, der eine ihm abverlangte Untersuchung nicht durchführen lässt oder das von ihm geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringt, angesehen werden (§§ 46 Abs. 3, 11 Abs. 8 FeV). Nach der für diese Regelung vom Verordnungsgeber (vgl. BR-Drs 443/98 S. 254) in Bezug genommenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verdichten sich in einem solchen Fall die Zweifel an der Fahreignung zur Gewissheit, dass der Kraftfahrer nicht geeignet ist, ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr sicher zu lenken, weil aus dem Verhalten des Kraftfahrers zu schließen ist, er wolle Mängel, die seine Fahreignung ausschließen könnten, verbergen (BVerwG, Urteil vom 27.09.1995, BVerw - GE 99, 249 = NZV 1996, 84 [BVerwG 27.09.1995 - BVerwG 11 C 34/94] m.w.N.). Da die Klägerin den an sie gerichteten wiederholten und mit zahlreichen Fristverlängerungen ergangenen Aufforderungen zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens weder innerhalb der ihr schließlich bis zum 31. Januar 2001 gesetzten Frist noch bis zur Widerspruchsentscheidung der Bezirksregierung Braunschweig vom 21. Mai 2001 nachgekommen ist und insbesondere den Untersuchungstermin vom 20. Januar 2001 unentschuldigt nicht wahrgenommen hat, obgleich sie auf die in einem solchen Fall mögliche Entziehung der Fahrerlaubnis hingewiesen wurde, haben die Behörden zu Recht angenommen, dass die Klägerin nicht in der Lage ist, den von ihr geforderten Eignungsnachweis zu erbringen.
Die gegen die angefochtene Verfügung erhobenen rechtlichen Bedenken der Klägerin erweisen sich als nicht begründet. Soweit sich die Klägerin gegen die Angemessenheit der medizinisch-psychologischen Untersuchung als verkehrsbehördliche Maßnahme wendet, die der Fahrerlaubnisentziehung zugrunde liegt, und stattdessen eine Anwendung des Punktesystems nach § 4 StVG n. F. fordert, ist diesen Bedenken nicht zu folgen. Die Beklagte hat zutreffend darauf hingewiesen, dass sich nach Verkehrsstraftaten oder Ordnungswidrigkeiten, die vor dem 01. Januar 1999 begangen wurden, die verkehrsbehördlichen Maßnahmen gemäß § 65 Abs. 4 StVG nach den Regelungen der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zu § 15 b StVZO a.F. richten. Diese Bestimmungen sehen die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten medizinisch-psychologischen Untersuchungsstelle vor, wenn - wie hier - ein Fahrerlaubnisinhaber innerhalb eines Zeitraums von mehr als zwei Jahren mit 18 Punkten im Verkehrszentralregister erfasst ist (§ 3 Nr. 4 VwV, abgedruckt bei: Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 34. Aufl., § 15b Rndr. 1d). Die Anordnung zu einer solchen Maßnahme der Sachverhaltsaufklärung ist auch nach § 46 Abs. 3 FeV iVm § 11 FeV berechtigt, wenn aufgrund konkreter tatsächlicher Anhaltspunkte Bedenken an der Kraftfahreignung des Betroffenen bestehen und die angeordnete Überprüfung ein geeignetes und verhältnismäßiges Mittel ist, um die entstandenen Eignungszweifel auszuräumen (BVerwG, Urteil vom 15.12.1989, Buchholz 442.10, § 4 StVG Nr. 87 m.w.N.). Diesen Anforderungen entsprechen sowohl die Verfügung der Beklagten vom 05. Dezember 2000 als auch die schon ab dem 24. November 1998 eingeleiteten, allerdings erfolglos verlaufenden Versuche des seinerzeit zuständigen Landkreises Hildesheim, die Klägerin zu der geforderten Eignungsüberprüfung zu veranlassen. Die Klägerin hatte sich bereits schon einmal aufgrund im Wesentlichen gleichartiger und ähnlich gewichtiger Verkehrsverstöße einer medizinisch-psychologischen Untersuchung zu unterziehen. Ihr war die Fahrerlaubnis nur deshalb belassen worden, weil sie den Sachverständigen den Eindruck einer nachhaltigen Änderung ihres Verhaltens und der Einstellung gegenüber den verkehrsrechtlichen Vorschriften vermittelt hatte. Eine solche Verhaltensänderung hat jedoch nicht lange angehalten. Bereits nach weniger als 1 1/2 Jahren war die Klägerin erneut mit einem Verkehrsverstoß aufgefallen. Zwar ist dieser Verkehrsverstoß kurz vor Ablauf des verwaltungsbehördlichen Verfahrens im Verkehrszentralregister des Kraftfahrt-Bundesamtes getilgt worden; mit den Verkehrsverfehlungen zu den Nrn. 2, 4 und 6 hat die Klägerin jedoch - wiederum nach kurzen Zeitabständen - weitere erhebliche Verkehrsverstöße derselben Art (Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit) mit einem beträchtlichen Gefährdungspotential für andere Verkehrsteilnehmer begangen. Mit den Verkehrsverstößen zu Nr. 4 und 5 hat die Klägerin zudem gezeigt, dass sie auch sonst nicht bereit ist, die für sie als Inhaberin einer Fahrerlaubnis geltenden verkehrsrechtlichen Bestimmungen zu beachten. Die bei der Verkehrsbehörde entstandenen Zweifel, ob die Klägerin die erforderliche charakterliche Einstellung gegenüber den Belangen des Straßenverkehrs und den schutzwürdigen Interessen anderer Verkehrsteilnehmer noch besitze, erforderten deshalb eine Überprüfung der Gesamtpersönlichkeit der Klägerin, die auch in Anbetracht der von der Klägerin begangenen Verkehrsstraftat des Fahrens ohne Fahrerlaubnis (§ 11 Abs. 3 Nr. 4 FeV) sachgerecht im Wege einer medizinisch-psychologischen Untersuchung vorzunehmen gewesen wäre. Eine solche Untersuchung hatten auch die Sachverständigen des TÜV Hannover/Sachsen-Anhalt in ihrem Gutachten vom 01. September 1994 für den Fall erneuter oder erheblicher Verkehrsverfehlungen der Klägerin gefordert.
Schließlich führt auch der Umstand, dass seit der letzten Verkehrsverfehlung vom November 1998, die mit einem Bußgeldbescheid vom 15. Dezember 1998 geahndet und im Verkehrszentralregister mit einem Punkt erfasst worden ist, ein weiterer Verkehrsverstoß nicht begangen wurde, nicht zu einem anderen Ergebnis. Die Entwicklung nach der ersten medizinisch-psychologischen Untersuchung hat gezeigt, dass eine Verhaltensänderung auch in Anbetracht der zahlreichen Sanktionen und behördlichen Verwarnungen nicht dauerhaft angehalten hat, sondern dass von der Klägerin später erneut Verkehrsverstöße im Wesentlichen gleicher Art begangen wurden. Kraftfahrer, die mit einem Verfahren zur Entziehung der Fahrerlaubnis überzogen werden, verhalten sich häufig nur unter dem Druck dieses Verfahrens verkehrsangepasst. Einer zeitweiligen Unauffälligkeit im Fahrverhalten ist deshalb keine maßgebliche Bedeutung beizumessen. Im Rahmen der geforderten medizinisch-psychologischen Untersuchung wäre zu klären gewesen, welche Gründe für die erneuten Verkehrsverfehlungen maßgeblich waren und ob mit hinreichender Sicherheit weitere Zuwiderhandlungen hätten ausgeschlossen werden können. Zu einer solchen Untersuchung ist es jedoch aus den von der Klägerin zu vertretenden Gründen nicht gekommen, so dass die Beklagte der Klägerin zu Recht die Fahrerlaubnis entzogen hat.
Die Klage ist deshalb mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Nebenentscheidungen im Übrigen beruhen auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.