Oberlandesgericht Oldenburg
v. 24.01.2017, Az.: 4 UF 198/16
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 24.01.2017
- Aktenzeichen
- 4 UF 198/16
- Entscheidungsform
- Entscheidung
- Referenz
- WKRS 2017, 37384
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Fundstelle
- FuR 2018, 320
Tenor:
Der Senat beabsichtigt, die Beschwerde des Antragsgegners ohne mündliche Verhandlung gemäß § 68 Abs. 3 FamFG zurückzuweisen.
Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme zu diesem Hinweisbeschluss und zur Entscheidung über die Aufrechterhaltung der Beschwerde aus Kostengründen binnen zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses.
Gründe
Der Senat lässt sich bei seiner Absicht nach § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG zu verfahren, von folgenden Überlegungen leiten:
Eine mündliche Verhandlung hat bereits in erster Instanz stattgefunden. Weitere Erkenntnisse sind nicht zu erwarten.
Das Amtsgericht - Familiengericht - Oldenburg hat mit vollinhaltlich in Bezug genommenen Beschluss vom 08.12.2016 den Antragsgegner u.a. verpflichtet, an die Antragsteller jeweils 704,95 € zu zahlen sowie ab Februar 2016 jeweils einen monatlichen Krankenversicherungsbeitrag im Voraus bis zum 3. eines jeden Monats in Höhe von jeweils 39,40 €. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass die Antragsteller gegen den Antragsgegner einen Anspruch auf Zahlung der privaten Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von jeweils monatlich 38,55 € im Jahr 2014 und 39,40 € ab 2015 aus § 1601 BGB hätten. Die Beiträge zur Krankenversicherung seien nicht in den Tabellensätzen der Düsseldorfer Tabelle enthalten. Seien beide Elternteile nicht gesetzlich versichert, so habe der Barunterhaltsschuldner für die Kosten der privaten Krankenversicherung aufzukommen. Die Mutter habe die Antragsteller seit der Geburt der Kinder bei ihrer privaten Krankenversicherung mitversichert. Bei dieser Sachlage müsse der barunterhaltspflichtige Elternteil deren Krankenversicherungskosten zahlen. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass die Mutter der Antragsteller sich wegen der Mitversicherung selbst statt mit 50 % nur zu 30 % privat versichern müsse. Es gehe allein um die Krankenversicherungskosten der Antragsteller. Die Einkommensverhältnisse der Mütter müssten außer Betracht bleiben.
Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner form- und fristgerecht erhobenen Beschwerde, mit der er die Aufhebung der Entscheidung des Amtsgerichts zu Ziffer 1 und 2 des Tenors und entsprechende Zurückweisung der Anträge beantragt. Hilfsweise begehrt er die Gestattung gemäß § 1612 Abs. 1 Satz 2 BGB, dass er die Krankenversicherungsleistung durch eigene Sachleistung erbringen darf.
Zur Begründung führt er aus, dass das Amtsgericht die Grundsätze des Beihilferechts und das dahinter stehende Alimentationsprinzip verkannt habe. Diese sei aber im Sinne der Einheit der Rechtsordnung zu berücksichtigen. Bei dem erhöhten Beihilfesatz handele es sich nicht um Einkommen der Mutter, sondern dieser diene dem Zweck die Dienstbezüge so zu bemessen, dass die amtsangemessen Alimentation durch die zu zahlenden Versicherungsprämien für die Kinder nicht beeinträchtigt werde. Im vorliegenden Fall hängt es damit lediglich vom Zufall ob, ob der betreuende Elternteil die Vorzüge des vergünstigten Beihilfesatzes für sich vereinnahmen kann oder der Barunterhaltspflichtige selbst in den Genuss des vergünstigten Beihilfesatzes gelangt. Diese Ungleichbehandlung sei durch nichts zu rechtfertigen. Durch die Entlastung der Mutter der Antragstellerin besteht bei dieser kein ausgleichsbedürftiger Mehrbedarf. Vielmehr verbleibt der Kindesmutter bei einer Entlastung von 125,49 € bei Kosten von 2 x 39,40 € für die Kinder ein monatlicher Betrag von 46,69 € zu ihren Gunsten.
Jedenfalls hätte dem Antragsgegner die Möglichkeit mit Blick auf § 1612 Abs. 2 Satz 2 BGB eingeräumt werden müssen. Es lägen besondere Gründe vor, da die finanzielle Belastung des Antragsgegners durch die Einräumung dieser Möglichkeit weitaus geringer sei. Auf der anderen Seite hätten die Antragsteller keine Gründe dargetan, aufgrund derer es nicht sachgerecht wäre, sie auf die günstigere Möglichkeit der Versicherung beim Antragsgegner zu verweisen.
Die statthafte und zulässige Beschwerde ist insgesamt unbegründet.
Soweit das Amtsgericht grundsätzlich davon ausgegangen ist, dass vom Antragsgegner als Barunterhaltsverpflichteten neben den Tabellensätzen der Düsseldorfer Tabelle auch die Kosten für die private Krankenversicherung zu zahlen sind, ist dies aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Der Anspruch auf eine angemessene Kranken- und Pflegeversicherung gehört zum angemessenen Lebensbedarf der Antragsteller und ist damit für die Zeit der Minderjährigkeit vom Barunterhaltspflichtigen (anders als etwaiger Sonder- oder Mehrbedarf) allein zu tragen. Hierdurch bedingte Vorteile bei der Kindesmutter haben außer Betracht zu bleiben und würden nur bei der Geltendmachung von Trennungs- oder Ehegattenunterhalt im Rahmen der Bedarfsprüfung Berücksichtigung finden können. Die vom Antragsgegner angeführte "Einheit der Rechtsordnung" gebietet vorliegend keine anderslautende Entscheidung.
Die Beschwerde ist auch im Hinblick auf den gestellten Hilfsantrag unbegründet. § 1612 Abs. 1 Satz 2 BGB räumt dem Unterhaltspflichtigen die Möglichkeit ein zu verlangen, dass ihm die Gewährung des Unterhalts in anderer Art (also nicht in Form der nach Satz 1 geschuldeten Geldrente) gestattet wird, wenn besondere Gründe dies rechtfertigen. Das Unterhaltsbestimmungsrecht eines Elternteils allein und ohne Zustimmung des anderen unterliegt jedoch inhaltlichen Schranken, die sich aus dem Gebot der Rücksichtnahme auf die Belange des anderen Elternteils ergeben. Zwar gewährt § 1612 Abs. 2 BGB dem auf Kindesunterhalt in Anspruch genommenen Elternteil die Möglichkeit, durch die Bestimmung der Art der Unterhaltsgewährung seine Unterhaltslast zu erleichtern; er darf dieses Recht jedoch nicht missbräuchlich ausüben (BGH, FamRZ 1981, 250, 252) und muss schutzwürdige Interessen des anderen Elternteils beachten. Stehen dessen Belange der Unterhaltsbestimmung entgegen, so sind die beiderseitigen Interessen gegeneinander abzuwägen. Die Unterhaltsbestimmung kann nur Bestand haben, wenn die Gründe, die den Elternteil zu der Unterhaltsbestimmung veranlassen, so schwer wiegen, dass dem anderen Elternteil unter Berücksichtigung seiner entgegenstehenden Interessen zugemutet werden kann, die beabsichtigte Art der Unterhaltsgewährung hinzunehmen. Hierbei verdienen auf Seiten dessen, der eine andere Art der Unterhaltsgewährung anstrebt, vor allem auch wirtschaftliche Gründe Beachtung. Die Belange des anderen Elternteils werden andererseits durch die Unterhaltsbestimmung vor allem dann tangiert, wenn die angeordnete Art der Unterhaltsgewährung einen Eingriff in seine Lebensgestaltung und seine Lebensverhältnisse zur Folge hat (vgl.BGH, Urteil vom 27. April 1988 - IVb ZR 56/87 -, BGHZ 104, 224-232, Rn. 10).
Vorliegend folgt aus der Abwägung der Belange des Antragsgegners mit den schutzwürdigen Belangen der Kindesmutter, dass ihr die vom Antragsgegner angestrebte Unterhaltsbestimmung nicht zugemutet werden kann. Zwar kommt bei der gebotenen Abwägung wirtschaftlichen Gründen, die vorliegend der Antragsgegner für sich als Barunterhaltsschuldner in Anspruch nimmt, ein besonderes Gewicht zu (vgl. OLG Köln, FamRZ 2015, 1812), diesen ist bei der gebotenen Interessenabwägung jedoch keine derartige Bedeutung beizumessen, dass sie die schutzwürdigen Belange der Kindesmutter überwiegen und der Kindesmutter die Übernahme der Krankenversicherung durch den Antragsgegner zugemutet werden kann. Die vom Antragsgegner gewählte Art der Unterhaltsgewährung stellt im Ergebnis einen nicht zumutbaren Eingriff in die Lebensgestaltung und Lebensverhältnisse des anderen Elternteils aber auch der Antragsteller dar.
Im Rahmen der schutzwürdigen Belange der Kindesmutter ist neben dem Umstand, dass die Antragsteller seit je her durch die Kindesmutter privat versichert worden sind, auch zu berücksichtigen, dass die Abwicklung der zu bezahlenden Rechnungen und Rezepte einen (zum Teil durchaus intensiven) Austausch der Beteiligten Eltern einschließlich der zuständigen Beihilfestelle, der Krankenversicherung und den jeweils behandelnden Ärzten erforderlich machen kann. Dies gilt beispielsweise bei der Erstellung von Heil- und Kostenplänen im Rahmen umfangreicher zahnärztlicher oder sonstiger umfangreicher ärztlicher Maßnahmen, aber auch bei Rückfragen der zuständigen Erstattungsstellen im Hinblick auf möglicherweise zu Unrecht erfolgte Abrechnungen. Unabhängig davon, dass ein entsprechender Austausch allein aufgrund der großen räumlichen Entfernung sich trotz der Möglichkeiten der Benutzung der heutigen modernen Kommunikationsmedien als schwierig darstellen dürfte, erscheint bereits der grundsätzlich hierbei erforderliche Aufwand einschließlich der hierbei erforderlichen Kommunikation miteinander als für die Kindesmutter nicht zumutbar. Hierbei gilt es auch zu berücksichtigen, dass sich etwaige Unstimmigkeiten auch zu Lasten der Belange der Antragsteller auswirken würden, deren Belange auch in die gebotene Abwägung miteinzubeziehen sind. In diesem Zusammenhang kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass nach dem Vortrag der Antragsteller, dem der Antragsgegner nicht substantiiert entgegengetreten ist, der Antragsgegner seit ca. 2 Jahren keinen Kontakt mehr zu den Antragstellern hat. Ein regelmäßiges Umgangsrecht wird durch den Antragsgegner nicht ausgeübt. Auch in den Ferien findet kein Umgang statt. Bei dieser Sachlage erscheint es insgesamt sowohl den Antragstellern als auch der Kindesmutter nicht zumutbar, dass der Antragsgegner die Antragsteller bei sich krankenversichert, um hierdurch für sich einen wirtschaftlichen Vorteil zu generieren.
Der Beschwerde muss daher insgesamt der Erfolg versagt bleiben.