Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 24.01.2019, Az.: 4 A 3641/18

Biergarten; Lärm; Lärmbelästigung; Lärmvorbelastung

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
24.01.2019
Aktenzeichen
4 A 3641/18
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2019, 70101
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

"Zu lauter" Biergarten

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen eine immissionsschutzrechtliche Anordnung der Beklagten.

Die Klägerin betreibt seit Beginn des Jahres 2017 die im Erdgeschoss des Gebäudes A-Straße in A-Stadt gelegene Gaststätte C., zu der eine im Hochsommer bis zu 135 m² große bewirtschaftete Außenfläche mit mindestens 70 Sitzplätzen gehört. 16 Sitzplätze befinden sich unmittelbar vor dem Gebäude, weitere 54 Plätze werden zentral auf dem D. in etwa 20 Metern Entfernung zur nächsten Wohnbebauung sowie zum Lokal aufgebaut. Rund um den D. findet sich viereinhalb- bis fünfgeschossige Blockrandbebauung. In den oberen Geschossen wird gewohnt; in den Erdgeschossen befinden sich Läden und - außer dem C. - zwei weitere Gaststätten, die ebenfalls Außentische bewirtschaften: das Speiselokal E. und die F.. Auf dem Platz werden Wochenmärkte abgehalten. Zwischen C. und GIG liegt das Bürgeramt Linden. Der D. ist vor allem in der wärmeren Jahreszeit an den Abenden und Nächten unter jungen Menschen, insbesondere Studierenden, ein beliebter Anlaufpunkt.

Der Lindener Markplatz liegt nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans.

Für die Gaststättennutzung im Gebäude A-Straße erteilte die Landeshauptstadt A-Stadt unter dem 21.08.08 eine Baugenehmigung. Nach den grüngestempelten Bauvorlagen, die Bestandteil der Genehmigung sind, ist ein Gaststättenbetrieb von 8:00 bis 22:00 Uhr genehmigt. Für die Bewirtschaftung der auf der öffentlichen Verkehrsfläche des D. es gelegenen Außenfläche erteilt die Landeshauptstadt A-Stadt jährlich Sondernutzungserlaubnisse; zuletzt unter dem 29.05.17 für den Zeitraum vom 01.04. bis 30.09.17 für Flächen zwischen 15 und 135 m². Der dem Rechtsvorgänger der Klägerin unter dem 17.08.10 erteilten Gaststättenerlaubnis war aus Lärmschutzgründen eine Sperrzeitauflage für die Freifläche von täglich 22:00 bis 6:00 Uhr beigefügt, die nach Inkrafttreten des Niedersächsischen Gaststättengesetzes zunächst fort galt. Insoweit wird auf die Entscheidungen der 11. Kammer des erkennenden Gerichts vom 09.11.15 (11 B 3505/15) und des Nds. OVG vom 15.01.16 (7 ME 95/15) Bezug genommen.

Wegen Verstößen gegen die Sperrzeitauflage kam es bereits vor dem Betreiberwechsel zu Ordnungswidrigkeitsverfahren. Auf Lärmbeschwerden einiger Anwohner führte die Beklagte am 23.07.15, einem Samstag, am 21.04.16, 12.05.16 und 23.06.16, jeweils Donnerstagen, sowie am 07.08.16, einem Sonntag, Kontrollen durch. Dabei stellte sie fest, dass im Eingangsbereich der Gaststätte C. und am Nachtwächterbrunnen auch nach 22:00 Uhr noch zahlreiche Partygäste lautstark feierten, die sich mit Flaschenbier, aber auch mit im C. ausgeschenktem Bier und Prosecco versorgt hatten. Am 12.05.16 und 23.06.16 in der Zeit von 23:00 Uhr bis 24:00 Uhr durchgeführte Lärmmessungen ergaben für 160 Personen Beurteilungspegel von 63 bzw. 62 dB(A) und Geräuschspitzen von 81 d B(A).

Auch nach Übernahme des C. s durch die Klägerin kam es zu Lärmbeschwerden der Anwohner. Bei Kontrollen am 15.05., am 14.06. und am 19./20.06. saßen nach 22:00 Uhr zwischen 18 und 41 Personen an den Außentischen des C. s. Die Beklagte führte am 23.09.2017 eine auf den Feststellungen beruhende prognostische Berechnung der Lärmimmissionen durch. Sie legte dabei die VDI-Richtlinie 3770 sowie die Vorgaben der TA-Lärm zugrunde. Bei den variablen Parametern ging die Beklagte von 10 in gehobener Lautstärke sprechenden Personen aus, die sich in 25 Metern von der Wohnbebauung befinden. Der auf diese Weise errechnete Lärmpegel erreichte 49 dB(A).

Mit Verfügung vom 26.06.17 untersagte die Beklagte der Klägerin, ihre Freifläche zwischen 22:00 und 6:00 Uhr zu bewirtschaften, und ordnete an, die Möblierung der Freifläche bis spätestens 22:15 Uhr von der Freifläche zu entfernen und so zu sichern, dass sie von Unbefugten nicht auf die Verkehrsfläche verbracht werden kann. Die Beklagte ordnete die sofortige Vollziehung an und drohte für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 3.000,00 € an. Die Außenbewirtschaftung führe zu erheblichen Störungen der Nachtruhe der unmittelbaren Nachbarschaft, die als allgemeines Wohngebiet eingestuft werden müsse. Da bereits bei einem normalen Gespräch ein Schalldruckpegel von 55 bis 65 dB(A) erzeugt werde, sei angesichts der Größe der Freifläche evident, dass der Nachtrichtwert vom 40 d(BA) nicht eingehalten werden könne. Dies werde durch Prognoseberechnungen und die Lärmhistorie der Gaststätte bestätigt. Die Anordnung des Sofortvollzuges sei im Interesse der Anwohner geboten, denen die ständige Störung ihrer Nachtruhe während eines langfristigen Rechtsbehelfsverfahrens nicht zugemutet werden könne.

Mit Schreiben vom 03.07.17 erhob die Klägerin Widerspruch. Diesen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.04.2018 zurück.

Am 06.07.17 hat die Klägerin um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Die Kammer wies den Antrag mit Beschluss vom 31.08.2017 ab. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 23.01.2018 (12 ME 190/17) zurück.

Die Landeshauptstadt A-Stadt genehmigte den Betrieb innerhalb der Räumlichkeiten der Gaststätte ohne zeitliche Einschränkung. Die Außenbewirtschaftung war nicht Gegenstand der Baugenehmigung.

Die Klägerin hat am 28.05.2018 Klage erhoben.

Zur Begründung macht sie geltend, dass die Sperrzeit vom Niedersächsischen Gaststättengesetz abschließend geregelt werde. Da die insoweit zuständige Landeshauptstadt A-Stadt keine Verordnung erlassen habe, sei für die Anordnung der Beklagten kein Raum.

Weiterhin sei nicht belegt, dass von der Außenbewirtschaftung der Klägerin tatsächlich unzumutbare Beeinträchtigungen ausgingen. Die Beklagte habe vielmehr die TA-Lärm schematisch und ohne tatsächliche Einzelfallprüfung angewendet, obwohl es sich bei dieser in der vorliegenden Konstellation lediglich um eine Orientierungshilfe handele, weil die TA-Lärm auf Freiluftgaststätten sowie gemischte Gaststätten nicht anwendbar sei.

Erforderlich sei, dass für den Einzelfall der hier betroffenen Gaststätte ein Verstoß tatsächlich geprüft, nachvollziehbar festgestellt und belegt sei. Es sei die Erheblichkeit der Lärmbelästigung unter Berücksichtigung der einzelnen Schallereignisse, ihres Schallpegels und ihrer Eigenart und ihres Zusammenwirkens zu beurteilen. Soweit die Beklagte sich auf die Außendiensttermine stütze, sei im Rahmen dieser überhaupt keine Lärmentwicklung festgestellt und kein Schallereignis benannt worden, sondern lediglich Personen gezählt worden. Im Übrigen hätten die Außendiensttermine an den heißesten Tagen des Jahres stattgefunden, die nicht repräsentativ seien. Eine Messung des Schallpegels habe in Bezug auf die Gäste des C. s nicht stattgefunden. Hier stütze sich die Beklagte nur auf Annahmen und Berechnungen. Es sei nicht differenziert worden zwischen den Bereichen der Außenbewirtschaftung und deshalb auch nicht beachtet worden, dass sich der Großteil der Plätze in der Mitte des D. es und damit weit von der Wohnbebauung entfernt befinde. Es sei auch nicht beachtet worden, dass es sich um kleine Tische mit maximal vier Stühlen handele und keine Musik zu hören sei, sodass laute Gespräche über größere Distanzen nicht stattfänden. Die Berechnungen seien aufgrund der VDI-Richtlinie 3770 erfolgt, die für Sport- und Freizeitanlagen gelte, nicht aber für Gastronomiebetriebe. Die aktuelle Studienlage, die Schallleistungspegel für Biergärten zum Gegenstand habe, sei nicht berücksichtigt worden. Die Berechnung gehe aber auch von unzutreffenden Tatsachen aus und sei nicht nachzuvollziehen.

Bei Gesprächen könne es sich auch überhaupt nicht um Lärm handeln, da Kommunikation grundsätzlich im sozialen Zusammenleben zu akzeptieren sei.

Ferner sei nicht beachtet worden, dass es sich beim D. um einen auch bei Nacht erheblich mit Verkehrslärm und den Aufbau des Wochenmarktes vorbelasteten Knotenpunkt handele. Dieser Lärm für sich überschreite bereits den Nachtrichtwert.

Selbst wenn man die TA-Lärm für anwendbar hielte, so habe die Beklagte diese unzutreffend angewandt. Notwendig wäre eine detaillierte Prognose gemäß A.2. des Anhangs zur TA-Lärm gewesen, die Beklagte habe aber nur eine überschlägige Prognose durchgeführt.

Schließlich sei auch der Gebietscharakter unzutreffend beurteilt worden, es handele sich nämlich um ein urbanes Gebiet nach § 6a BauNVO, in welchem ein Nachtrichtwert von 45 db (A) anzusetzen sei.

Die Anordnung sei überdies unverhältnismäßig, ein milderes Mittel sei nicht geprüft worden. Insbesondere hätte die Beklagte die Nutzung der Außengastronomie nur insoweit untersagen dürfen, wie der Nachtrichtwert überschritten werde.

Die Klägerin beantragt,

den Anordnungsbescheid der Beklagten vom 26.06.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.04.2018 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie verteidigt die angefochtene Verfügung: Das C. sei keine reine Freiluftgaststätte, die die TA-Lärm von ihrem Anwendungsbereich ausnehme, sondern müsse als gemischter Betrieb angesehen werden. Die Anwendung der TA-Lärm sei damit nicht grundsätzlich ausgeschlossen, eine schematische Heranziehung aber auch nicht sachgerecht. Lärmspezifische Besonderheiten seien zu berücksichtigen und führten im vorliegenden Fall dazu, dass schädliche Umwelteinwirkungen auch in Zukunft mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten seien. Die Prognose sei belastbar, einer detaillierteren Prognose bedürfe es angesichts der Umstände nicht. Zu diesen gehöre etwa, dass sich die Außenbewirtschaftung nur wenige Meter von der Wohnbebauung entfernt befinde und selbst ein Wert von 40db(A) noch großzügig erscheine.

Der vorhandene Straßenverkehrslärm könne zu keiner anderen Beurteilung führen, weil dieser nicht ständig vorherrsche. Die Lärmentwicklung des C. s sei daher eine wahrnehmbare Umwelteinwirkung.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die angegriffene Verfügung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Anordnung der Beklagten beruht auf §§ 24 Satz 1, 22 BImSchG.

Die Klägerin kann nicht mit ihrer Auffassung durchdringen, dass die Anordnung bereits deshalb rechtswidrig sei, weil die hier herangezogene Ermächtigungsgrundlage in §§ 22, 24 BImSchG in ihrem Anwendungsbereich durch die Regelungen des Niedersächsischen Gaststättengesetzes (NGastG) gesperrt sei. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 NGastG kann die Gaststättenbehörde Anordnungen zum Schutz der Gäste treffen; nach § 10 NGastG allgemeine Sperrzeiten für Gaststätten durch Verordnung festlegen. Neben diesen Spezialkompetenzen, von denen die insoweit zuständige Landeshauptstadt A-Stadt keinen Gebrauch gemacht hat, bleiben jedoch die behördlichen Befugnisse bestehen, aufgrund anderer Rechtsvorschriften beispielsweise zum Schutz der Nachbarschaft Anordnungen zu treffen, § 5 Abs. 1 Satz 2 NGastG. Insbesondere kommen Anordnungen der Immissionsschutzbehörde nach §§ 24, 22 Abs. 1 BImSchG zum Schutz gegen schädliche Umwelteinwirkungen in Betracht (vgl. Weidtmann-Neuer, NGastG, 2012, § 5 Rn 8; sinngemäß auch BayVGH, Urteil vom 25.11.2015 - Az. 22 BV 13.1686 - GewArch 2016, 204, 205). Denn nach der Ersetzung des Gaststättengesetzes des Bundes durch das NGastG (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 NGastG) ist in rechtlicher Hinsicht davon auszugehen, dass jedenfalls dann, wenn der Konflikt zwischen einer Außengastronomie und benachbarter Wohnnutzung weder im Rahmen eines Baugenehmigungsverfahrens bewältigt wird noch durch eine im Verordnungswege angeordnete allgemeine Sperrzeit oder deren individuelle Verlängerung gelöst ist, eine immissionsschutzrechtliche Konfliktbewältigung erforderlich sein kann. Diese darf sich – wie eine Konfliktbewältigung auf der Grundlage des Gaststättengesetzes des Bundes (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 03.11.2015 - 4 B 652/15 -, GewArch 2016, 158 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 32 ff.) – an den baurechtlichen Maßstäben der Konfliktbewältigung zwischen einer Außengastronomie und einer Wohnbebauung in der Nachbarschaft orientieren (Nds. OVG, Beschluss vom 23.01.2018 – 12 ME 190/17 – Seite 12). Es wäre ohnehin mit der Normenhierarchie nicht vereinbar anzunehmen, dass Landesrecht die Anwendbarkeit von Bundesrecht sperrt.

Die Voraussetzungen von §§ 24, 22 Abs. 1 BImSchG sind gegeben. Hiernach kann die Beklagte als zuständige Immissionsschutzbehörde (§ 161 Nr. 14 NKomVG i. V.
m. Ziff. 8 der Anlage zu § 1 Abs. 1 ZustVO-Umwelt-Arbeitsschutz) im Einzelfall die erforderlichen Anordnungen treffen, um sicherzustellen, dass nicht genehmigungsbedürftige Anlagen ohne nach dem Stand der Technik vermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen betrieben werden.

Bei der Gaststätte C. handelt es sich um eine nicht genehmigungsbedürftige Anlage i. S. d. § 22 BImSchG. Der von den Gästen der Außenbewirtschaftung nach 22:00 Uhr verursachte Lärm ist als schädliche Umwelteinwirkung i. S. d. § 3 Abs. 1 und 2 BImSchG einzustufen. Er ist in der von der Beklagten errechneten Lautstärke geeignet, erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft des D. es herbeizuführen.

Schädliche Umwelteinwirkungen durch Geräusche und eine dadurch verursachte erhebliche Lärmbelästigung im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG liegen regelmäßig dann vor, wenn die Immissionsrichtwerte der auf der Grundlage des § 48 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG erlassenen und auf genehmigungsbedürftige Anlagen anwendbaren TA-Lärm vom 26.08.98 (GMBl. Seite 503) - TA-Lärm 1998 - überschritten werden. Bei der TA-Lärm 1998 handelt es sich um eine grundsätzlich auch für die Verwaltungsgerichte verbindliche normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift, die ein einheitliches Ermittlungs- und Beurteilungssystem zur Feststellung der maßgeblichen Geräuschkenngrößen sowie bestimmte Immissionsrichtwerte als Zumutbarkeitsmaßstab festlegt (so BVerwG, Urteil vom 29.08.07 - 4 C 2.07Nds. OVG, Urteil vom 21.01.04 - 7 LB 54/02 -, jeweils juris).

Unzutreffend ist die Auffassung der Klägerin, dass das gesprochene Wort grundsätzlich keine Immission im Sinne des § 22 BImSchG darstelle, weil es sich um sozialadäquate Kommunikation handele. Der Gesetzgeber hat in § 22 Abs. 1a BImSchG ausdrücklich normiert, welche Geräuscheinwirkungen keine schädliche Umwelteinwirkung darstellen können. Durch das Sprechen verursachte Laute fallen nicht unter dieses Privileg und sind daher, sofern sie anlagenbezogen sind, grundsätzlich durch die §§ 3, 22 BImSchG erfasst. Zu bejahen ist die Anlagenbezogenheit von Gesprächen jedenfalls bei Gaststätten (ohne dass diese Frage überhaupt problematisiert wird: BVerwG, Urteil vom 07.05.1996 – 1 C 10/95 –, BVerwGE 101, 157-166; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.06.2010 – OVG 10 S 46.09 –, juris; Nds. OVG, Beschluss vom 23.01.2018 – 12 ME 190/17).

Für Freiluftgaststätten - darauf weist die Klägerin demgegenüber zu Recht hin - sind die Vorschriften der TA-Lärm nach Nr. 1 Satz 2 b) TA-Lärm nicht anwendbar. Diese Ausnahmeregelung für Freiluftgaststätten berücksichtigt, dass die Besonderheiten menschlichen Lärms durch die standardisierte Regelfallbeurteilung auf der Grundlage der TA-Lärm nur unzureichend bewertet werden können, was gleichermaßen für gemischte Gaststätten mit Innen- und Außenbereich gilt (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.06.2010 – OVG 10 S 46.09 –, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.11.2009 – 7 A 146/08 –, Rn. 75, juris). Die Bewertung der Zumutbarkeit des durch Menschen verursachten Lärms hängt von einem Bündel von Faktoren ab, die nur unvollkommen in einem einheitlichen Messwert aggregierend erfasst werden können. Dies gilt gerade auch für den von Freiluftgaststätten ausgehenden Lärm.

Ob die von den Gästen einer Außenbewirtschaftung verursachten Geräusche die Zumutbarkeitsschwelle überschreiten, hängt also von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab, die sowohl zu Verschärfungen der Richtwerte der TA-Lärm führen, die Zumutbarkeitsschwelle ggf. unter dem Gesichtspunkt der sozialen Bedeutung und örtlichen/regionalen Herkömmlichkeit solcher Anlagen aber auch anheben können (vgl. BVerwG, Beschluss vom 03.08.10 - 4 B 9/10 -, juris). Die Möglichkeit, einzelne ihrer Vorschriften als antizipiertes Sachverständigengutachten heranzuziehen, bleibt hiervon aber unberührt (Nds. OVG, Beschluss vom 23.01.2018 – 12 ME 190/17 -, amtlicher Abdruck, S. 12; BayVGH, Beschluss vom 12.10.2017 - 22 CS 17.1664 -, juris, Rn. 48).

Grundsätzlich kommt zur Feststellung einer schädlichen Umwelteinwirkung durch Geräusche regelmäßig die Einholung eines Lärmgutachtens in Betracht. Diese Form der Lärmmessung ist allerdings nicht immer zwingend. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass nach den Umständen des Einzelfalls auch andere Erkenntnisquellen die erforderliche Gewissheit darüber erbringen können, dass die Grenze zur Unzumutbarkeit überschritten worden ist (vgl. BayVGH, Beschluss vom 24.05.2012 - 22 ZB 12.46 -, juris, Rn. 21; Urteil vom 07.05.1996 - 1 C 10/95 -, juris, Rn. 27 ff.; VG Neustadt, Urteil vom 19.02.2015 - 4 K 966/14.NW -, juris, Rn. 25; VG Köln, Beschluss vom 27.06.2016 - 1 L 1255/16 -, juris, Rn. 19 ff.). Jedoch müssen auch diese Feststellungen stets die nötige Gewissheit ermöglichen, dass der vom Betrieb ausgehende Lärm unzumutbar ist, insbesondere etwa, weil er die Grenzen der TA Lärm klar überschreitet.

Zu beachten ist ferner, dass der Erlass einer immissionsschutzrechtlichen Anordnung auf der Grundlage des § 24 BImSchG nicht voraussetzt, dass bereits Verstöße des aktuellen Betreibers der Anlage gegen die immissionsschutzrechtlichen Pflichten nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG vorgelegen haben und nachgewiesen sind. Denn eine behördliche Anordnung ist schon dann im Sinne des § 24 BImSchG erforderlich, wenn eine Tätigkeit konkret beabsichtigt ist, bei der eine Pflichtverletzung ohne vorherige Anordnung nicht ausgeschlossen werden kann (Nds. OVG, Beschluss vom 23.01.2018, 12 ME 190/17, S. 13f; Czajka, in: Feldhaus [Hrsg.], BImSchG, Stand: Aug. 2017, Bd. 1.II, § 24 BImSchG Rn. 17; Sparwasser/Heilshorn, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: 15.7.2017, Bd. III, § 24 BImSchG Rn. 38; Koch/König, in: Führ [Hrsg.], GK-BImSchG, Köln 2016, § 24 Rn. 15 [sogar ein Bedürfnis nach Konkretisierung dieser Pflichten für ausreichend haltend]; a. A. [enger] Jarass, BImSchG 11. Aufl. 2015, § 24 Rn. 6). Bereits aus dem Umstand, dass sich das Gesetz mit einer bloßen Gefahr, d.h. einem Zustand begnügt, bei dem nach den Gesetzen der Kausalität gewisse schadenbringende Zustände oder Ereignisse erwartet werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 – 7 C 19.02BVerwGE 119, 329/332), folgt, dass die Bejahung schädlicher Umwelteinwirkungen gerade nicht von dem bereits erfolgten Eintritt eines Schadens für gemäß § 1 Abs. 1 BImSchG geschützte Rechtsgüter abhängt. Für eine erhebliche Belästigung im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG genügt daher, wenn Immissionen die Eignung besitzen, das körperliche oder seelische Wohlbefinden von Menschen in gewichtigem Ausmaß zu beeinträchtigen (BayVGH, Beschluss vom 12.10.2017 – 22 CS 17.1664 –, Rn. 49, juris). Eine rein prognostische Prüfung ist für die Zwecke der Gefahrenabwehr damit grundsätzlich zulässig. Auch die Nr. 3.2.1 und 4.2b) der TA-Lärm sehen eine solche Prognose der Geräuschimmissionen Anhand der Vorgaben in A.1.2. des Anhangs zur TA-Lärm vor. Damit ist im Grundsatz nicht zu beanstanden, dass die Beklagte keine tatsächlichen Messungen vorgenommen, sondern sich auf eine Berechnung gestützt hat.

Schalltechnische Prognosen können die Auswirkungen eines Vorhabens naturgemäß nicht exakt vorherbestimmen und qualifizieren. Das Gericht hat die Prognose nur darauf zu prüfen, ob diese mit den im maßgebenden Zeitpunkt verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der für sie erheblichen Umstände sachgerecht erarbeitet worden ist. Das Gericht überprüft insoweit die Wahl einer geeigneten fachspezifischen Methode, die zutreffende Ermittlung des der Prognose zugrundeliegenden Sachverhalts und ob das Ergebnis einleuchtend begründet worden ist. Ferner ist zu fragen, ob die mit jeder Prognose verbundene Ungewissheit künftiger Entwicklungen in einem angemessenen Verhältnis zu den Eingriffen steht, die mit ihr gerechtfertigt werden sollen. Es ist hingegen nicht Aufgabe des Gerichts, das Ergebnis einer auf diese Weise sachgerecht erarbeiteten Prognose als solches darauf zu überprüfen, ob die prognostizierte Entwicklung mit Sicherheit bzw. größerer oder geringerer Wahrscheinlichkeit eintreten wird oder kann (OVG NRW, Urteil vom 04.05.2016 – 7 A 615/14 –, juris).

Die schalltechnische Berechnung vom 23.09.2017 erfüllt die vorbeschriebenen Anforderungen. Die Beklagte hat eine überschlägige Prognose durchgeführt und sich dabei an den Vorgaben in A.2.4 des Anhangs zur TA-Lärm gehalten.

Dabei ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte keine detaillierte Prognose nach A.2.3 des Anhanges durchgeführt hat. Zwar ist gemäß A.2.1 bei dem Prognoseverfahren die überschlägige Prognose nur für die Vorplanung und in Fällen ausreichend, in denen die nach ihr berechneten Beurteilungspegel zu keiner Überschreitung der Immissionsrichtwerte führen, während in allen anderen Fällen eine detaillierte Prognose durchzuführen ist. Allerdings sind die TA-Lärm und damit auch der Anhang wie dargestellt nicht uneingeschränkt auf den vorliegenden Fall anwendbar, sondern bieten nur die Rahmenbedingungen für die Einzelfallbetrachtung. Diese ergibt vorliegend bereits auf Grundlage der methodisch nicht zu beanstandenden überschlägigen Prognose eine mit so großer Klarheit erkennbare Überschreitung des zulässigen Lärmwertes, dass die Entscheidung der Beklagten, auf eine detaillierte Prognose oder ein messergebnisbasiertes Gutachten zu verzichten, nicht zu beanstanden ist.

Die von der Beklagten im Rahmen der überschlägigen Prognose durchgeführte Berechnung führt zu dem Ergebnis, dass der Betrieb der streitgegenständlichen Anlage eine schädliche Umwelteinwirkung mit sich bringt. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist diese Prognose methodisch nicht zu berechnen. Hinzu tritt, dass die Beklagte bei mehreren einzusetzenden Parametern von für die Klägerin äußerst günstigen Werten ausgegangen ist, die Berechnung aber gleichwohl eine Überschreitung der nach der TA-Lärm zulässigen Nachtrichtwerte ergibt.

Die Beklagte hat hierbei anhand der VDI-Richtlinie 3770 unter der Maßgabe, dass sich 10 Personen gehoben unterhalten werden, einen Schallleistungspegel der Außenbewirtschaftung von 80 db(A) errechnet und Zuschläge für Impuls- und Informationshaltigkeit der Immissionen in Höhe von 5 db(A) und 3 db(A) berücksichtigt. Anhand der in A.2.4.3 im Anhang zur TA-Lärm zur Schallausbreitungsberechnung vorgegebenen Formel und unter der Maßgabe, dass der Immissionsort 25 Meter entfernt von der Lärmquelle liegt, ist die Beklagte zu dem Ergebnis gekommen, dass die Außenbewirtschaftung der Klägerin am Immissionsort der umliegenden Wohnnutzung einen Mittellungspegel von 49 db(A) erreichen wird.

Es obliegt der Klägerin, einer nach den obigen Maßgaben belastbaren behördlichen Prognose erheblich und substantiiert entgegenzutreten. Dies ist der Klägerin vorliegend nicht gelungen. Die Klägerin hat nicht substantiiert geltend gemacht oder dargelegt, dass diese schalltechnische Prognose fehlerhaft ist.

Die Klägerin kann nicht damit durchdringen, dass die Beklagte keine Feststellung dazu getroffen hat, dass überhaupt Immissionen von den Besuchern der Außengastronomie ausgehen. Es ist abseits jeder Lebenserfahrung, dass die Besucher des C. s keine Gespräche führen. Dass auch die Beklagte hiervon ohne weitere Feststellungen zu treffen ausgeht, ist, anders als die Klägerin meint, keine Behauptung „ins Blaue hinein“ und nicht zu beanstanden.

Die Beklagte hat dabei in ihrer Berechnung zutreffend einen Schallleistungspegel von 70 db(A) angesetzt. Dieser Wert ergibt sich aus der VDI Richtlinie 3770, Seite 10,
Tabelle 1 und entspricht dem Wert für gehobenes Sprechen. Entgegen der Auffassung der Klägerin erscheint es der Kammer naheliegend, dass die Besucher des C. s sich gerade zu später Stunde mit gehobener Stimme unterhalten dürften. Auch wenn die Küche des C. s tatsächlich nach 22 Uhr noch offen ist, steht für die Besucher einer (Szene)Kneipe ab dieser Uhrzeit der Konsum von alkoholischen Getränken im Vordergrund, wie ein Blick auf die im Rahmen der Ortsbesichtigung gefertigten Lichtbilder bestätigt. Dabei entspricht es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass in einem solchen geselligen und gelösten Kontext, gerade unter freiem Himmel die Gespräche eher in gehobener Lautstärke ablaufen und es sich nicht um Gespräche von speisenden Restaurantbesuchern bei Zimmerlautstärke handelt. Nichts anderes ergibt sich daraus, dass die Klägerin vorträgt, dass Tische mit nur vier Sitzplätzen verwendet würden und die Besucher daher keinen Anlass hätten, sich gehoben zu unterhalten. Zum einen ist eine Gruppengröße von vier Personen, die gemeinsam Alkohol konsumieren, völlig ausreichend um ein Gespräch in gehobener Lautstärke zu verursachen. Zum anderen entspricht die Behauptung der Klägerin auch nicht den Tatsachen, da auf den gefertigten Lichtbildern zum einen zu erkennen ist, dass Bierbänke verwendet werden, zum anderen, dass die Gäste Tische zusammenrücken um größere Sitzgruppen zu bilden. Es spricht vorliegend daher nichts dafür, den Wert für „normales Sprechen“ von 65 db(A) anzusetzen.

Die Klägerin kann dabei nicht beanstanden, dass die Werte aus der VDI Richtlinie 3770 angesetzt worden sind. Diese ist gerade nicht nur für Sportstätten entwickelt worden, sondern enthält auch einen Abschnitt zu Gartenlokalen und anderen Freisitzflächen, die keine Teile von Sportanlagen sind. Die Heranziehung derartiger Regelwerke bzw. Studien ist als Erkenntnisquelle unbedenklich (OVG NRW, Urteil vom 23.05.2018 – 4 A 2588/14 –, Rn. 193, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.11.2017 – OVG 1 B 14.16 –, Rn. 47, juris; VG Ansbach, Beschluss vom 12.09.2014 – AN 4 S 14.01456 –, Rn. 30, juris).

Im Übrigen fehlt es an einer substantiierten Darlegung, welche Eingabewerte stattdessen in einer Berechnung zu verwenden wären. Soweit die Klägerin sich auf Auswertung von E. Hainz, „Geräusche aus Biergärten – ein Vergleich verschiedener Prognoseansätze“ beruft, ergibt sich aus dieser für die Klägerin nichts Günstigeres. Der Autor spricht sich vielmehr dafür aus, zwischen „lauten“ und „leisen“ Biergärten zu differenzieren und dabei einen Schallleistungspegel von 63 db(A) bzw. 71 db(A) pro Gast anzunehmen. Die Differenzierung erfolgt, anders als die Klägerin darstellt, nicht anhand einer Größe von 300 Plätzen, sondern nach einer Reihe von Faktoren, etwa ob Alkohol konsumiert wird oder das Speisen im Vordergrund steht, die Besucher eher jüngeren oder fortgeschrittenen Alters sind und ob die Gaststätte durch Umgebungslärm vorbelastet ist. Alle diese Faktoren sprechen vorliegend für eine „laute“ Gaststätte, sodass gar ein Wert von 71 (db)A anzusetzen wäre.

Im diesen Zusammenhang war auch der Antrag, durch Vernehmung des sachverständigen Zeugen G. Beweis darüber zu erheben, dass die Besucher des C. s nicht „gehoben“ sprächen, sondern „normal“, als unzulässig abzulehnen. Die Parameter „gehobenes Sprechens“ und „normales Sprechen“ sind Kategorien der insoweit als antizipierend fachgutachterliche Äußerung einzustufenden VDI-Richtlinie in Kombination mit den Vorgaben der TA-Lärm, deren Einsatz anhand abstrakter Kriterien erfolgt, die sich an der Eigenart der jeweiligen Gaststätte bemessen. Gleiches gilt für die Differenzierung in der von der Klägerin bemühten Auswertung von Hainz für das Bayrische Landesamt für Umweltschutz, die hier zu dem gleichen Ergebnis gelangen. Diese Kriterien hat die Beklagte im Hinblick auf die hier vorgefundene Gastronomie für die Kammer anhand objektiver Umstände nachvollziehbar ermittelt und sich auf dieser Grundlage für den Eingabewert von 70 db(A) entschieden. Die möglichen Erkenntnisse aus dem angebotenen Beweis geben demgegenüber alleine die subjektive, auf selektiven Ereignissen beruhende Wahrnehmung des benannten Zeugen wieder und sind ungeeignet, neben den auf abstrahierten und damit verallgemeinerungsfähigen Erkenntnissen beruhenden Vorgaben die Annahme einer schädlichen Umwelteinwirkung zu widerlegen.

Dies gilt auch für den beantragten Beweis, sieben Zeugen zu der Frage zu vernehmen, ob die Außenbewirtschaftung in den umliegenden Wohnungen zu hören ist. Diese Tatsache stellt sich bereits nicht als streitentscheidend dar, denn auf die subjektive Wahrnehmung ausgewählter Bewohner aus der Nachbarschaft kommt es gerade nicht an, wenn das Gesetz wie dargestellt zulässt, die Einzelfallprognose zunächst anhand eines auf der TA-Lärm und der VDI-Richtlinie 3770 beruhenden Rechenmodells, gegen das keine methodisch-fachlichen Einwände vorliegen, zu errechnen und dieses Rechenmodell zu unzweideutigen Ergebnissen kommt. Der Sinn dieser methodischen Herangehensweisen im Umweltrecht liegt gerade darin, dass Entscheidungen losgelöst von dem subjektiven Empfinden von Personen getroffen werden können und Verwaltung und Gerichte davon entbunden sind, sämtliche Bewohner des D. es zu ihren Eindrücken zu vernehmen.

Ebenfalls ist aus Sicht der Klägerin die Annahme der Beklagten nicht zu beanstanden, dass die Geräuschentwicklung von 10 Personen in einem Abstand von 25 Metern vom Immissionsort ausgeht. Beide Annahmen erscheinen vielmehr äußert günstig für die Klägerin. Diese Berechnung berücksichtigt nämlich zum einen nicht, dass die Klägerin Sitzplätze für mindestens 70, nach den Darstellungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung sogar über 100 Personen bereithält. Legt man die tatsächlich verfügbaren von der Klägerin unterhaltenen Sitzplätze zugrunde und geht hypothetisch davon aus, dass die Hälfte der möglichen Besucher spricht, ergibt sich sogar ein noch deutlich höherer Schallleistungspegel für die Bewirtschaftungsfläche. Zum anderen bleibt unberücksichtigt, dass sich 16 der Sitzplätze unmittelbar vor dem Gebäude A-Straße und damit keineswegs in einer Entfernung von 25 Metern von der Wohnbebauung befinden.

Die Beklagte hat weiterhin zutreffend einen Informationszuschlag von 3 db(A) angesetzt, da es sich bei den geführten Gesprächen um informationshaltige Geräuschimmissionen handelt, vgl. A.2.5.2 des Anhangs zur TA-Lärm. Die Beklagte bewegt sich mit ihrem Ansatz zugunsten der Klägerin am unteren Rand des Spektrums von 3-6 db(A).

Auch der Zuschlag für Impulshaltigkeit ist weder in der Sache noch rechnerisch zu beanstanden. Die Beklagte hat sich auch hier an die von der VDI 3770 vorgegeben Formel und Rechenweise gehalten. Die Klägerin weist zwar zutreffend darauf hin, dass nach 1.3.3 der 18. BImSchV kein Impulszuschlag bei technisch nicht verstärkten menschlichen Stimmen anzunehmen ist, verkennt dabei aber, dass die 18. BImSchV gemäß ihrem § 1 Abs. 1 ausdrücklich nur für Sportanlagen Anwendung findet. Im Umkehrschluss folgt, dass außerhalb des Anwendungsbereichs ein Impulszuschlag anzunehmen sein kann.

Die Beklagte weist zurecht darauf hin, dass aus der Vorbelastung durch den Verkehrslärm vorliegend kein anderes Ergebnis folgt. Anders als bei einer schematischen Betrachtung nach den Kriterien der TA Lärm, wonach Verkehrslärm nicht als Vorbelastung zu berücksichtigen ist (vgl. Feldhaus/Tegeder, TA Lärm, 2014, Rn. 37 zu Nr. 2.4 m. w. Nachw.), solange nicht die Gesamtbelastung die verfassungsrechtliche Schwelle zur Gesundheitsgefährdung überschreitet, gebietet die hier erforderliche Betrachtung anhand der Umstände des Einzelfalls zwar eine Mitberücksichtigung des Umstands, dass der D. bereits in erheblichem Umfang durch Straßenlärm vorbelastet ist. Das führt allerdings entgegen der Ansicht der Klägerin nicht dazu, dass die Bewohner das Hinzutreten einer weiteren Lärmquelle hinnehmen müssen, denn der hinzutretende Lärm durch die Außengastronomie wird nicht von der ohnehin vorhandenen Verkehrslärmbelastung verdeckt. Zu beachten ist, dass die Geräusche der Außenbewirtschaftung nicht in dem Straßenverkehrslärm „untergehen“ werden, weil sie nicht gleichartig sind. Während Straßenverkehrslärm eher als ein gleichförmig rauschendes, langsam zu- bzw. abnehmendes Hintergrundgeräusch wahrgenommen wird, ruft der Betrieb eines Biergartens eher ungleichförmige, impulshafte, informationshaltige und durch Lärmspitzen gekennzeichnete Geräusche hervor. Die Außengastronomie wird außerdem gerade abends sowie an Sonn- und Feiertagen durch ein zu diesen Zeiten erhöhtes Gästeaufkommen erhöhte Schallemissionen verursachen und damit zu eben den Zeiten, zu denen der Verkehrslärm zurückgeht sowie Verkehrspausen entstehen. Das schließt die Annahme aus, dass der zusätzliche Lärm der Außengastronomie keine relevante Änderung der Lärmsituation verursachen würde (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 06.07.2017 – OVG 6 B 11.17 –, Rn. 40, juris).

Auch hier war dem Antrag der Klägerin, Beweis zu erheben durch Vernehmung von Zeugen und durch richterliche Inaugenscheinnahme zu der Behauptung, dass der Umgebungslärm die Geräusche der Außengastronomie überlagert, nicht zu folgen. Es handelt sich um einen reinen Ausforschungsbeweis, da die Klägerin nicht in schlüssiger Weise Tatsachen formuliert hat, aus denen hervorgeht, wie der Umgebungslärm auf dem D. geeignet sein könnte, die hier streitgegenständliche Außenbewirtschaftung dergestalt vollständig zu überlagern, dass trotz der Zusatzbelastung nicht mehr von einer schädlichen Umwelteinwirkung auszugehen sein kann. Soweit wiederholt die erhebliche und von den Bewohnern als beeinträchtigend empfundene Belastung des D. es durch Straßenverkehrslärm thematisiert worden ist, soll dieser nicht in Abrede gestellt werden. Dieser ist jedoch nach dem Vorbringen der Klägerin selbst, insbesondere die Auswertung der Anzahl der am D. verkehrenden Fahrzeuge, nicht geeignet, den Lärm der Außengastronomie zu überdecken, da einerseits die Außengastronomie in den Verkehrspausen weiterhin zu hören ist, andererseits, wie dargestellt, der Lärm durch am Straßenverkehr teilnehmende Kraftfahrzeuge aufgrund der Impuls- und Informationshaltigkeit menschlicher Stimmen diese unter normalen Umständen nicht zu überdecken vermag. Ob der Straßenverkehr von den Anwohnern hingegen als störender wahrgenommen wird als der Gaststättenlärm, ist nicht entscheidungserheblich, da dies das eine schädliche Umwelteinwirkung nicht ausschließt. Der Aufbau der Wochenmärkte ist findet an nur zwei Wochentagen und zu Uhrzeiten statt, zu denen das C. ohnehin geschlossen sein dürfte. Dass Passanten, sich auf dem Marktplatz aufhaltende Personen oder auf den Bus wartende Menschen durchgängig einen Geräuschpegel verursachen, neben dem die Zusatzbelastung durch 100 Außengastronomieplätze sich nicht mehr schädlich auswirkt, stellt ebenfalls eine nicht substantiierte Behauptung ins Blaue hinein dar, zu deren Ausforschung sich die Kammer nicht berufen sieht. Schließlich sind die angebotenen Beweismittel auch nicht geeignet, die behauptete Tatsache zu belegen, da die Auskunft von Zeugen ebenso wie eine richterliche Inaugenscheinnahme lediglich subjektives menschliches Empfinden zu ausgewählten Zeitpunkten hinsichtlich der Lärmsituation zu Tage fördern kann, was nach Auffassung der Kammer ein auf naturwissenschaftlichen Erkenntnissen zur Lärmentwicklung durch Gastronomie beruhendes Ergebnis nicht zu erschüttern vermag.

Die Klägerin kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Beklagte in ihrer Prognoseberechnung den Baumbestand hätte berücksichtigen müssen. Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass sich lediglich im nördlichen Teil des D. es Bäume befinden und die Häuser mit den Anschriften D. 2, 3, 4 und 6 durch diese nicht abgeschirmt werden.

Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Beklagte für die Ortsbesichtigungen drei sehr milde Abende gewählt hat, um sich durch den Außendienst ein Bild von der Situation auf dem D. ab 22 Uhr zu machen. Die Klägerin hat nicht nachvollziehbar dargestellt, weshalb ein aufgrund von schlechtem Wetter für die Außenbewirtschaftung Tag für eine Besichtigung hätte gewählt werden sollen.

Neben der nicht erschütterten Lärmberechnung legen auch die wie gezeigt zu berücksichtigenden besonderen Umstände des Einzelfalls ebenfalls nahe, dass bei einer Außengastronomie, wie die Klägerin sie betrieben hat bzw. beabsichtigt, ein Verstoß gegen die Betreiberpflichten vorliegt. Beachtlich sind hier die örtlichen Gepflogenheiten. Zwar hat sich der gesamte Stadtteil zu einem Ausgehviertel entwickelt und ist stark vorgeprägt durch die nächtlichen Aktivitäten und die damit einhergehenden Lärmimmissionen. Weder am D., noch andernorts in Linden-Mitte oder Linden-Nord ist der Kammer aber eine sich in der Nähe von Wohnbebauung befindliche Gastronomie bekannt, die nach 22 Uhr noch Außenbewirtschaftung anbietet. Die Bewohner der Stadtteile dürften die berechtigte Erwartung haben, dass zumindest hierauf verlass bleibt, zumal sie aufgrund der starken Frequentierung der Stadtteile durch feierfreudiges Publikum bereits in einer konfliktbehafteten Position sind.

Besonders ins Gewicht fällt zudem die Lästigkeit und Störeignung des von einem Schankvorgarten ausgehenden Lärms, weil er wesentlich vom Verhalten der Gäste abhängt, das vom Gaststättenbetreiber nicht verlässlich gesteuert werden kann. Es handelt sich nicht um gleichförmigen Lärm, sondern um Geräusche, die - wenn auch möglicherweise ohne Informationsgehalt - unterschiedlich, wechselnd in ihrer Höhe und Intensität, mit signifikanten Spitzen, impulshaltig und plötzlich zu hören sein können (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 06. Juli 2017 – OVG 6 B 11.17 –, Rn. 38, juris).

Aufgrund der belastbaren Prognose von einem Mittelungspegel am Immissionsort von 49 db(A) kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei dem D. um ein faktisches urbanes Gebiet i.S.v. § 6a BauNVO handelt. Diese Annahme liegt hier nach den gerichtsbekannten örtlichen Begebenheiten durchaus nahe. Auch in einem urbanen Gebiet wäre aber ein nächtlicher Immissionsrichtwert von 45 db(A) einzuhalten, der hier nach der belastbaren Prognoseberechnung aber deutlich überschritten werden würde.

Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Insbesondere obliegt es nicht der Beklagten, die Außenbewirtschaftung nur in Teilen und nur so weit zu untersagen, bis die immissionsschutzrechtlichen Grenzwerte eingehalten werden können. Ebenso wenig ist es die Aufgabe des Gerichtes, Gutachten einzuholen oder Berechnungen anzustellen, um zu ermitteln, wie eine Anlage im Sinne des Immissionsschutzrechts - hier die Außengastronomie – beschaffen sein muss, ohne dass es zu schädlichen Umwelteinwirkungen kommt. Das Gericht hat den über den vorgefundenen Sachverhalt zu entscheiden und die Anlage, so wie sie betrieben wird, so auf schädliche Umwelteinwirkungen zu untersuchen. Ein tragbares Geschäftskonzept zu entwickeln und eine emittierende Anlage so auszugestalten, das sie nicht gegen das öffentliche Recht verstößt, ist hingegen nach § 22 Abs. 1 BImSchG gerade Aufgabe des Anlagenbetreibers, von welcher sich dieser nicht durch einen schlichten Verweis auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entledigen kann.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.