Finanzgericht Niedersachsen
Beschl. v. 10.11.2014, Az.: 16 V 161/14

Umfang des Vorsteuerabzugs im Schrotthandel durch Gutschriften anhand präsenter Beweismittel im einstweiligen Rechtsschutzverfahren

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
10.11.2014
Aktenzeichen
16 V 161/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 36208
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2014:1110.16V161.14.0A

Amtlicher Leitsatz

Zum Umfang des Vorsteuerabzugs im Schrotthandel durch Gutschriften anhand präsenter Beweismittel im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes.

Tenor:

Die Umsatzsteuerbescheide werden für 2003 in Höhe von €, für 2004 in Höhe von €, für 2006 in Höhe von € und für 2008 in Höhe von € von der Vollziehung ausgesetzt.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Der Antragsteller trägt 54 v.H. der Kosten, der Antragsgegner in Höhe von 46 v.H.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller betreibt einen Schrotthandel. Nach Außenprüfung ist streitig, inwieweit ihm der Vorsteuerabzug aus dem Ankauf von Schrott und Metallen zusteht, über den er jeweils mit Gutschriften abgerechnet hat.

2

Das Finanzamt führte seit 26. Mai 2008 bis 17. August 2011 eine Außenprüfung durch, die sich auf die Besteuerungszeiträume 2003 bis 2006 bezieht. Grundlage war zunächst eine Prüfungsanordnung für die Jahre 2004 bis 2006 vom 18. April 2008. Diese Prüfungsanordnung wurde gegenüber dem damaligen Steuerberater des Antragstellers, Herrn Steuerberater Sc, bekannt gegeben. Der Antragsteller hatte dem Steuerberater Sc am 21. Dezember 2007 Vollmacht erteilt, die auch Empfangsvollmacht umfasste. Diese Vollmacht lag dem Finanzamt seit 4. Januar 2008 vor. Erst mit Schreiben vom 15. Juli 2008 teilte der Steuerberater Sc dem Finanzamt mit, dass er die Eheleute nicht mehr betreue.

3

Die erweiterte Prüfungsanordnung für das Jahr 2003 wurde gegenüber dem Steuerberater G. mit Prüfungsanordnung vom 11. September 2009 bekannt gegeben. Dem Finanzamt lag insoweit seit 25. Juli 2008 eine entsprechende Vollmacht des Steuerberaters G. vor.

4

Schließlich führte das Finanzamt für 2008 eine Umsatzsteuersonderprüfung durch.

5

Für die Jahre 2003 bis 2006 kürzte das Finanzamt die abziehbaren Vorsteuern entsprechend dem korrigierten Betriebsprüfungsbericht vom 23. September 2013. Dabei nahm es an, dass für diese Streitjahre erteilte Gutschriften gegenüber ME, HWH, RS, AH, AG, FL, JM, MG, MS nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten, weil diese Personen lediglich sogenannte Schreiber seien, die keine Lieferungen an den Antragsteller erbracht hätten. Auch seien Gutschriften teilweise formell nicht in Ordnung und berechtigten nicht zum Vorsteuerabzug, weil sie keinerlei Steuernummer oder Umsatzsteueridentifikationsnummer enthielten. Dies seien Gutschriften gegenüber Sr, Gr, Sn und Et.

6

Für das Jahr 2008 kürzte das Finanzamt die Vorsteuern entsprechend dem Ergebnis des Außenprüfungsberichts vom 26. September 2013 um insgesamt 62.485,28 €. Dabei sah das Finanzamt die Personen MG, RO, HK und MS jeweils als sogenannte Schreiber an, die gegenüber dem Antragsteller keine Lieferungen erbracht hätten.

7

Entsprechend dem Ergebnis der Außenprüfung erteilte das Finanzamt am 1. November 2013 Umsatzsteuerbescheide. Im Einspruchsverfahren korrigierte das Finanzamt zu Gunsten des Antragstellers die Umsatzsteuerschuld für die Jahre 2005, 2006 und 2008. Im Übrigen wies es die Einsprüche zurück. Über die hiergegen erhobene Klage (Az. des erkennenden Gerichts: 16 K 129/14) ist noch nicht entschieden. Eine Aussetzung der Vollziehung lehnte das Finanzamt ab.

8

Den bei Gericht am 8. Juli 2014 gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung begründet der Antragsteller im Wesentlichen wie folgt:

9

Die Aussetzung der Vollziehung müsse gewährt werden, weil beide Alternativen des § 69 Abs. 3 FGO erfüllt seien. Es bestünden zunächst ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Steuerbescheide. Insoweit werde auf die Klagebegründungsschrift vom 4. August 2014 verwiesen. Zunächst werde für die Jahre 2003 bis 2006 Festsetzungsverjährung geltend gemacht. Eine Empfangsvollmacht fehle.

10

Entgegen der Auffassung des Finanzamts sei es fraglich, ob bestimmte Lieferanten des Antragstellers als sogenannte Schreiber eingeordnet werden könnten.

11

Bezüglich des MG komme weder der Drogensucht dieses Mannes, noch dessen Alter eine besonderen Bedeutung zu. Soweit andere Personen als Bevollmächtigte für MG aufgetreten seien, habe es nach Erinnerung des Antragstellers keinen Anlass gegeben an einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung zu zweifeln. Es existiere nicht der Grundsatz, dass eine Vollmacht schriftlich zu erteilen wäre.

12

Bezogen auf AG liege in den Akten eine Vollmacht vor. Nicht entscheidend sei hingegen, ob Herr AG über einen Führerschein oder über einen Lastkraftwagen verfüge. Eine etwaige Schreibereigenschaft sei für den Antragsteller jedenfalls nicht erkennbar gewesen.

13

Bezüglich der JM komme weder dem Alter dieser Person, noch der Eigenschaft, dass sie über keinen Lkw verfügte, Bedeutung zu. Frau JM habe eine Vollmacht erteilt, an der sie sich festhalten lassen müsse.

14

Bezüglich des WH sei es unbedeutend, ob dieser sich durch einen erfahrenen Schrotthändler Namens K habe begleiten lassen. Zudem habe WH eine Vollmacht auf GD ausgestellt. Dieser habe sämtliche Gutschriften des Antragstellers gegengezeichnet. WH habe in seiner Vernehmung selbst ausgeführt, dass er grundsätzlich die Gutschriften gezeichnet habe. Er habe auch ausgeführt, dass er nichts dazu sagen könne gegenüber der Firma des Antragstellers nur vorgeschaltet worden zu sein.

15

Bezüglich des MG liege Vollmacht auf einen Herrn D vor, der die Gutschriften unterschrieben habe. Es gebe keinerlei Anhaltspunkte, woraus ableitbar sei, dass Herr MG allein als Schreiber tätig geworden sei.

16

Bezüglich der Frau RO ergebe sich aus dem Protokoll ihrer Vernehmung, dass sie selbst zunächst Schrott gesammelt habe und Schrottlieferungen auch an den Antragsteller durchgeführt habe. Sie habe auch die Gutschriften selbst gezeichnet.

17

Bezüglich der Frau HK ergebe sich aus deren Vernehmung am 14. Juli 2011, dass sie einerseits über einen Lastkraftwagen verfügte, der auf ihren Namen zugelassen war, andererseits, dass sie einem vermeintlichen Hintermann K ein Dokument ausgehändigt habe, aus dem sich ergebe, dass sie auf eigene Firma arbeite und dabei von Herrn K unterstützt werde. Dies sei wohl eine Vollmacht. An der Vollmacht müsse sich Frau HK festhalten lassen.

18

Auch erinnere sich der Antragsteller an die Person der Frau HK. Sie müsse also mehrere Male in der Firma des Antragstellers gewesen sein.

19

Soweit das Finanzamt den Vorsteuerabzug auch wegen formeller Fehler in den Gutschriften versage, sei dies nicht rechtmäßig. Es liege ein Verstoß gegen den Grundsatz der Neutralität des Mehrwertsteuerrechts vor. Darüber hinaus gelte, dass bezüglich der Person E zweifelhaft sei, ob die Annahme des Finanzamts, es sei eine unzutreffende Anschrift in der Gutschrift enthalten, zutreffe. Die Finanzverwaltung wisse um die Privatanschrift des E. Sie könne deshalb die korrespondierende Besteuerung herstellen. Soweit moniert werde, dass auf Gutschriften für die Personen Sr, Gr und Sn jeweils die Steuernummer nicht enthalten sei, gelte auch hier, dass eine Zuordnung der Lieferung für die Finanzverwaltung unzweifelhaft sei und deshalb die Versagung des Vorsteuerabzugs unverhältnismäßig sei. Schließlich sei nicht ersichtlich, weshalb gegenüber dem Lieferant A und B die Finanzverwaltung den Vorsteuerabzug wegen förmlicher Gründe versage. Diese Gründe seien unklar.

20

Die Aussetzung der Vollziehung sei für den Antragsteller auch deshalb geboten, weil die Vollziehung eine für ihn unbillige und nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte darstellen würde. Der Antragsteller sei nicht in der Lage die festgesetzten Abgaben zu entrichten. Insbesondere gewähre die Hausbank ihm insoweit keine Kreditmittel. Die Kreditlinie sei vollkommen ausgeschöpft. Die wirtschaftliche Existenz des Unternehmens des Antragstellers sei bei Vollzug der angefochtenen Bescheide gefährdet. Insoweit werde auch eine eidesstattliche Versicherung der Ehefrau des Antragstellers vorgelegt und auf diese verwiesen. Soweit der Umsatzsteuerbescheid für 2006 bereits durch Verrechnung mit Steuererstattungen aus anderen Jahren vollzogen sei, werde die Aufhebung der Vollziehung begehrt.

21

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

22

Der Antragsgegner beantragt,

23

die Ablehnung des Antrages.

24

Es bestünden keine Zweifel an der ordnungsgemäßen Bekanntgabe der Prüfungsanordnungen für die Streitjahre.

25

Der Antragsteller verkenne, dass er die objektive Beweislast für das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzung des Vorsteuerabzugs habe. Er habe daher die die Abzugsmöglichkeit begründenden Tatsachen im Aussetzungsverfahren glaubhaft zu machen. Dies bedeute für den Streitfall, dass er alle Maßnahmen ergriffen haben müsse, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden könnten, um sicherzustellen, dass seine Umsätze nicht in einen Betrug einbezogen seien. Für die Einhaltung seiner Sorgfaltspflichten sei der Unternehmer nachweispflichtig. Diese seien insbesondere dann erhöht, wenn zu den anliefernden Unternehmern noch keine langen Geschäftsbeziehungen bestünden oder diese erst neu im Geschäft seien. Der Antragsteller wisse um die Betrugsanfälligkeit in seiner Branche. Es handele sich um einen stark umkämpften Markt, der unter alteingesessenen Ablieferfamilien aufgeteilt sei. Neulingen sei der Zugang zum Markt dadurch stark erschwert. Der Antragsteller habe dennoch bei Lieferungen in erheblichem Umfang oder häufigen Lieferungen gegenüber den Neulingen im Schrottgewerbe keine besondere Sorgfalt an den Tag gelegt. So seien Identitätsprüfungen der Ablieferer bzw. Gutschriftenempfänger unterblieben. Es seien Wiegescheine nicht aufbewahrt worden. Es seien auch keine Aufzeichnungen über die Kraftfahrzeugkennzeichen der anliefernden Fahrzeuge aufgenommen worden.

26

Eine unbillige Härte in der Vollziehung der Steuerbescheide sei nicht dargelegt. Das Finanzamt habe den Antragsteller wiederholt um eine Aufstellung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse gebeten. Dem sei der Antragsteller bislang nicht nachgekommen.

27

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die im Verfahren zur Akte gereichten Schriftsätze.

II.

28

Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist teilweise begründet.

29

Für das Jahr 2003 bestehen ernstliche Zweifel daran, ob der Antragsgegner mit dem angefochtenen Steuerbescheid noch Umsatzsteuer vom Antragsteller fordern durfte. Dem könnte Festsetzungsverjährung entgegenstehen.

30

Es ist insoweit zu berücksichtigen, dass die erweiterte Prüfungsanordnung zur Prüfung der Umsatzsteuer 2003 vom 11. September 2009 an den damaligen Steuerberater des Antragstellers G. bekannt gegeben wurde. Zwar lag dem Finanzamt zum Zeitpunkt dieser Bekanntgabe eine Vollmacht vor, die der Antragsteller und seine Ehefrau erteilt hatten. Diese Vollmacht war jedoch eingeschränkt. Nach ihrem Wortlaut war Steuerberater G. berechtigt, rechtsverbindliche Erklärungen abzugeben, Anträge zu stellen sowie Rechtsbehelfe einzulegen und zurückzunehmen. Darüber hinaus war ihm für das Besteuerungsverfahren eine Empfangsvollmacht nur für Steuerbescheide erteilt, die das Finanzamt unter genannten Steuernummern erlässt. Die Prüfungsanordnung ist aber nicht Steuerbescheid. Denn Steuerbescheid ist nach §155 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung - AO - definiert als der Verwaltungsakt, durch den Steuern festgesetzt werden. Deshalb bestehen ernstliche Zweifel an der wirksamen Bekanntgabe der Prüfungsanordnung für 2003 mit der Folge, dass die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 AO in 2009 nicht eingesetzt hat. Da aber der Antragsteller die Steuererklärung in 2005 abgegeben hat, war bei Erlass des Änderungsbescheides bereits die 4-jährige Festsetzungsfrist abgelaufen. Dies rechtfertigt die vollumfängliche Aussetzung der Vollziehung des Umsatzsteuerbescheides für 2003 vom 1. November 2013.

31

Soweit es um die Frage des Vorsteuerabzugs aus Gutschriften in den verbleibenden Streitjahren gegenüber sogenannten Schreibern geht, nimmt das Gericht bezüglich der einzelnen Anlieferer wie nachfolgend Stellung:

MG

32

Dem Gericht liegt als einzig nachprüfbare Unterlage dafür, dass MG allein die Funktion eines Schreibers hat, der Vermerk des Finanzamts für Fahndung und Strafsachen Lüneburg vom 15. November 2007 vor, wonach MG in einem Verfahren vor dem Amtsgericht Lüneburg am 16. Oktober 2009 die ihm vorgeworfenen Taten eingeräumt hat und ausgesagt hat, dass er nur unterschrieben und nicht selbst geschrottet habe. Dies genügt nach Auffassung des Gerichts nicht, um im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes den MG in Toto die Unternehmereigenschaft abzusprechen. Andererseits befinden sich bei den Akten, die dem Gericht zur Verfügung stehen, allein nur zwei Gutschriften aus dem Streitjahr 2004, die formal den Anforderungen einer Gutschrift im Sinne des § 14 UStG genügen. Das sind diejenigen Gutschriften, die auch von MG unterschrieben sind und die lfd. Nr. 1013 mit einem Steuerausweis von 1.202,88 € und die lfd. Nr. 1156 mit einem Steuerausweis von 1.649,18 € tragen. Für den darüber hinaus gehenden Vorsteuerabzug aus vermeintlichen Lieferungen des MG an den Antragsteller liegen keine präsenten Beweismittel dem Gericht vor.

33

Die Aussetzung der Vollziehung kann insoweit für 2004 in Umfang von € ausgesprochen werden.

AG

34

Anhand der vorliegenden Unterlagen ist ersichtlich, dass bezüglich MG in 2006 insgesamt 93 Gutschriften erteilt worden sind mit einem Lieferumfang von 347.790,97 €. 7 dieser Gutschriften sind von einem D. unterschrieben. Bezüglich des D. macht der Antragsteller geltend, es liege eine schriftliche Vollmacht vor, wonach D. für MG handeln dürfte. Eine solche Vollmacht ist in Kopie auch in Bl. 169 im Anlagenhefter des Finanzamts enthalten. Hingegen ist nicht ersichtlich, aufgrund welcher nachprüfbaren Quelle die Auffassung des Finanzamts nachvollzogen werden kann, wonach MG bestreitet die Vollmacht erteilt zu haben. Das Gericht schließt sich insoweit der Auffassung des Antragstellers an, wonach die auf der Vollmacht enthaltene Unterschrift des MG vom Schriftbild her dem entspricht, was MG in anderen Urkunden unterschrieben hat. Dies rechtfertigt im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Gutschriften insoweit als steuerwirksam zu betrachten, als sie von D. unterschrieben sind. Dies sind nach den dem Gericht vorgelegten Unterlagen die Gutschriften aus 2006 mit den lfd. Nr. 541 mit einem Steuerbetrag von 695,20 €, 625 mit einem Steuerbetrag von 380,80 €, 865 mit einem Steuerbetrag von 1.587,20 €, 907 mit einem Steuerbetrag von 1.023,26 €, 1015 mit einem Steuerbetrag von 941,33 €, 1086 mit einem Steuerbetrag von 107,68 € und 1195 mit einem Steuerbetrag von 544,10 €. In Summe ergibt sich damit ein zu berücksichtigender Vorsteuerabzugsbetrag von 5.279,57 € für 2006. Weitere präsente Beweismittel, aus denen ein Vorsteuerabzug zu Gunsten des Antragstellers herleitbar wäre, liegen dem Gericht nicht vor.

JM

35

Nach Aktenlage hat Frau JM im März 2006 an die Personen Le., Ha und Hee schriftliche Vollmacht erteilt, wonach diese Personen bei der Firma des Antragstellers Schrott in ihrem Namen verkaufen durften. Deshalb bestehen dem Grunde nach ernstliche Zweifel daran, dass Frau JM lediglich als Schreiberin von Rechnungen angesehen werden kann. Frau JM hat in ihrer Vernehmung als Beschuldigte auch selbst eingeräumt eine derartige Vollmacht erteilt zu haben. Dem Gericht erscheint es gerechtfertigt die insoweit streitige Vorsteuer für 2006 im Gesamtumfang von 12.751,21 € von der Vollziehung auszusetzen.

WH

36

Hier ist zu berücksichtigen, dass WH in seiner Vernehmung selbst eingeräumt hat, dass er auch Gutschriften unterschrieben hat. Darüber hinaus ist aktenkundig, dass WH eine Vollmacht für D. erteilt hat, wonach dieser auf seinen Namen abliefern und das Geld in Empfang nehmen durfte. Hingegen sind die Annahmen des Antragsgegners, wonach WH lediglich Schreiber gewesen sein soll, nicht stichhaltig. Dem Gericht erscheint es deshalb gerechtfertigt den insoweit strittigen Gesamtvorsteuerbetrag für 2006 in Umfang von 76.181,47 € von der Vollziehung auszusetzen.

MG

37

Die Einlassungen des MG vor der Steuerfahndung rechtfertigen für sich nicht die Versagung des Vorsteuerabzugs im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes. Es ist zu berücksichtigen, dass MG Vollmacht gegenüber D. erteilt hatte, wonach dieser bei dem Antragsteller im Namen des MG auftreten durfte. Hiervon ist offensichtlich Gebrauch gemacht worden. Die Gutschriften entsprächen der Vertretungslage. Somit ist für 2008 ein Steuerbetrag von 13.504,48 € von der Vollziehung auszusetzen.

RO

38

Hier ist zu berücksichtigen, dass RO die vom Antragsteller erteilten Gutschriften selbst unterschrieben hat. Dies rechtfertigt die Aussetzung der Vollziehung mit einem Gesamtsteuerbetrag von 1.484,24 € für 2008.

HK

39

Nach Aktenlage hat HK gegenüber dem Antragsteller drei Gutschriften erteilt, die ihre Unterschrift tragen. Dagegen ist nicht ersichtlich, wer in der vierten erteilten Gutschrift für HK gehandelt haben soll und ob diese Person dazu befugt gewesen wäre. Ob die Unterschriften der Frau HK tatsächlich von ihr stammen oder aber vermeintlich gefälscht sind - so Vermerk der Steuerfahndungsstelle Schwerin vom 14. Juli 2011 -, bedarf späterer Aufklärung. Nach den präsenten Beweismitteln kommt somit der Vorsteuerabzug aus den Gutschriften mit Belegnummer 13027 in Höhe von 5.878,22 €, 13060 mit einem Steuerbetrag von 1.112,26 € und Belegnummer 15286 mit einem Steuerbetrag von 1.869,11 € in Betracht. In Summe ist damit die Aussetzung der Vollziehung in Höhe von 8.859,59 € für 2008 gerechtfertigt.

40

Soweit sich der Antragsteller gegen die Versagung des Vorsteuerabzugs aus Gutschriften wendet, die der Antragsgegner wegen formeller Mängel nicht zum Abzug zugelassen hat, bestehen keine ernstlichen Zweifel an dem rechtmäßigen Verhalten des Antragsgegners. Der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG verweist auf die Rechnungen im Sinne der §§ 14, 14 a UStG. Damit müssen die Abrechnungspapiere inhaltlich den Vorgaben des Gesetzes entsprechen. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist dabei auch dem Verhältnismäßigkeitsprinzip und das Prinzip der Neutralität der Umsatzsteuer beachtet.

41

Nach vorliegenden Unterlagen ist der Vorsteuerabzug bezüglich des E. zutreffend versagt worden. Die Anschrift des Leistenden ist in den Gutschriften unzutreffend vermerkt.

42

Bezüglich der monierten Gutschriften gegenüber Sr, Gr und Sn mangelt es tatsächlich an der jeweiligen Steuernummer der Lieferanten in den Abrechnungspapieren.

43

Die vermeintliche Anschrift des Lieferanten RA entsprach offensichtlich nicht den tatsächlichen Gegebenheiten. Insoweit wird auf Anlage 3 des Außenprüfungsberichts vom 26. September 2013 verwiesen. Bezüglich der Anschrift der NB verweist das Gericht auf Anlage 6 dieses Berichtes und stellt fest, dass in der Tat die in den Gutschriften angegebene Anschrift der Leistenden nicht mit deren tatsächlicher Anschrift übereinstimmte.

44

Nach allem ergibt sich für das Gericht, dass ernstliche Zweifel daran bestehen, dass der Antragsgegner für 2003 Umsatzsteuer in Höhe von 20.148,85 €, für 2004 in Höhe von 2.852,06 €, für 2006 in Höhe von 94.212,25 € und für 2008 in Höhe von 23.848,31 € vom Antragsteller fordert. In diesem Umfang ist die Aussetzung der Vollziehung auszusprechen.

45

Soweit der Antragsteller darüber hinaus eine unbillige Härte aus der Vollziehung der angefochtenen Steuerfestsetzungen für sich reklamiert, hat er nicht hinreichend dargetan, dass die sofortige Vollziehung über die genannten Beträge hinaus derartige wirtschaftliche Nachteile für ihn hätten, die zur Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz führen würden. Hierfür hätte der Antragsteller dem Gericht seine finanzielle Situation konkret darlegen müssen.

46

Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Finanzgerichtsordnung.