Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 09.05.2022, Az.: 3 A 371/21

Anzeigepflicht; Aufrechnung; Für-Zahler; Rundfunkbeitrag

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
09.05.2022
Aktenzeichen
3 A 371/21
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 59575
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Zahlt ein Rundfunkbeitragspflichtiger unter Verkennung der Personenbezogenheit der Rundfunkbeitragspflicht irrtümlich auf die Beitragsschuld eines Dritten, darf die Rundfunkanstalt eine Umbuchung auf das eigene Beitragskonto des Zahlenden verweigern, wenn dieser seiner Anzeigepflicht nicht nachgekommen ist. Ein Rückzahlungsanspruch des Zahlenden gegenüber der Rundfunkanstalt besteht hier regelmäßig nicht, da andernfalls die Rundfunkanstalt das Risiko der Uneinbringlichkeit der Beitragsforderung gegenüber dem Dritten tragen müsste. Dazu besteht jedoch kein Anlass, wenn die Anzeigepflicht verletzt wurde und auch im Übrigen keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich waren, dass die Zahlung dem Beitragskonto des Dritten fälschlich zugerechnet wurden.
2. Ein etwaiger Erstattungsanspruch ist von dem Beitragsschuldner daher regelmäßig gegenüber dem Dritten geltend zu machen.

Tenor:

Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung von Rundfunkbeiträgen und ursprünglich auch gegen die Festsetzung eines Säumniszuschlages.

Der Kläger wird unter der Beitragsnummer E., seit dem 1. April 2019 mit der Anschrift A-Straße, A-Stadt, als Rundfunkteilnehmer bei dem Beklagten geführt. Durch Meldedatenabgleich erlangte der Beklagte im Juni 2018 Kenntnis davon, dass der Kläger seit dem 1. Januar 2005 unter der Anschrift F., G. gemeldet war; vorherige Meldeanschrift war H., G.. Nach einer entsprechenden Anfrage des Beklagten wies der Kläger den Beklagten im August 2018 telefonisch darauf hin, dass er bereits Rundfunkbeiträge unter der Teilnehmernummer I. zahle. Dem Kläger wurde mitgeteilt, dass dieses Beitragskonto auf den Namen seiner seit April 2014 von ihm getrenntlebenden Ehefrau laufe und er wurde über das „Fürzahlerprinzip“ informiert. Für den Kläger wurde ein neues Beitragskonto zum 1. Januar 2016 angelegt. Die Ehe des Klägers war im Jahr 2015 geschieden worden.

Mit Schreiben vom 6. August 2018 wurde der Kläger auch schriftlich über die Personenbezogenheit des jeweiligen Beitragskontos informiert und ihm wurde seine – neue – Beitragsnummer J. mitgeteilt. Die bis dahin für das Beitragskonto der früheren Ehefrau vermerkte Bankverbindung des Klägers wurde gelöscht.

Der Kläger teilte daraufhin telefonisch mit, dass er sich wegen der Zahlung des Rundfunkbeitrages für das Beitragskonto I. mit seiner Ehefrau in Verbindung setzen werde und bat zunächst um Ratenzahlung.

Der Beklagte wies den Kläger schriftlich darauf hin, dass sein Beitragskonto bis zum 30. September 2018 einen Rückstand von 525,00 EUR aufweise. Der Kläger trat in der Folgezeit den Forderungen des Beklagten mehrfach, unter anderem mit Schreiben vom 31. August 2018, entgegen und verwies darauf, dass er laufend sowohl während der Ehezeit als auch danach unter der Beitragsnummer I. Rundfunkbeiträge geleistet habe. Wenn seine frühere Ehefrau die Rundfunkbeiträge für die neue Wohnung nicht gezahlt habe, könne dies nicht zu seinen Lasten gehen. Eine doppelte Zahlung lehne er ab.

Nachdem der Kläger zwar in Höhe der laufenden Rundfunkbeitragsforderungen Zahlungen leistete, die rückständigen Beitragsforderungen dadurch jedoch nicht ausglich und der Zahlungsverpflichtung weiterhin entgegentrat, setzte der Beklagte mit Bescheid vom 1. Oktober 2019, zur Post gegeben am 10. Oktober 2019, Rundfunkbeiträge für den Zeitraum vom 1. Januar 2017 bis zum 31. Dezember 2018 in Höhe von 368,50 EUR sowie einen Säumniszuschlag in Höhe von 8,00 EUR, somit Forderungen in Höhe von insgesamt 376,50 EUR, gegenüber dem Kläger fest.

Mit Bescheid vom 1. November 2019 setzte der Beklagte Rundfunkbeiträge für den Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis zum 30. Juni 2019 in Höhe von 105,00 EUR sowie einen Säumniszuschlag in Höhe von 8,00 EUR, insgesamt 113,00 EUR, fest.

Mit weiterem – nicht streitgegenständlichen – Bescheid vom 2. Dezember 2019 setzte der Beklagte Rundfunkbeiträge für den Zeitraum vom 1. Juli 2019 bis zum 30. September 2019 in Höhe von 52,50 EUR sowie einen Säumniszuschlag in Höhe von 8,00 EUR, insgesamt 60,50 EUR, fest.

Mit zwei getrennten Schreiben vom 28. November 2019 erhob der Kläger Widerspruch gegen die Bescheide vom 1. Oktober 2019 und vom 1. November 2019. Er machte geltend, dass er für den Zeitraum Januar bis Juni 2019 Rundfunkbeiträge geleistet habe. Für den Fall, dass der Widerspruch gegen den Festsetzungsbescheid vom 1. Oktober 2019 als verspätet gelten sollte, beantragte der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Wegen der Beauftragung seines jetzigen Prozessbevollmächtigten sei der Kläger davon ausgegangen, dass eine Bescheidkopie auch an diesen übersandt werde. Mit weiteren Schreiben vom 18. Dezember 2019 legte der Kläger Widerspruch gegen den Festsetzungsbescheid vom 2. Dezember 2019 ein.

Mit Widerspruchsbescheid vom 6. Juli 2021, dem Kläger zugestellt am 13. Juli 2021, wies der Beklagte die Widersprüche des Klägers gegen die Festsetzungsbescheide vom 1. Oktober 2019, vom 1. November 2019 und vom 2. Dezember 2019 zurück. Der Widerspruch gegen den Festsetzungsbescheid vom 1. Oktober 2019 sei unzulässig, da er nicht fristgerecht erhoben worden sei. Der Wiedereinsetzungsantrag sei zulässig, aber nicht begründet. Die Übersendung einer Bescheidkopie an einen Bevollmächtigten ändere nichts am Beginn der Widerspruchsfrist, sodass die Fristversäumnis nicht entschuldigt sei. Die Widersprüche gegen die Festsetzungsbescheide vom 1. November 2019 und vom 2. Dezember 2019 seien unbegründet. Die bisherigen Zahlungen des Klägers zum Beitragskonto J. seien mit den zum Zeitpunkt des jeweiligen Zahlungseingangs offenen Forderungen verrechnet worden und führten nicht zu einem Ausgleich des Beitragskontos. Beitragskonten würden nicht wohnungs-, sondern personenbezogen geführt. Unter der Beitragsnummer I. sei nicht der Kläger, sondern seine geschiedene Ehefrau als Beitragsschuldnerin angemeldet. Die unter dieser Beitragsnummer geleisteten Zahlungen führten nicht zu einem Erlöschen der Beitragsschuld des Klägers, sondern zum Erlöschen der Beitragsschuld seiner geschiedenen Ehefrau. Diese sei bereits vor dem 1. Januar 2016 nicht mehr unter der Anschrift F., G. gemeldet gewesen. Nach ihrem Auszug sei es versäumt worden, eine Änderung mitzuteilen; die Landesrundfunkanstalt sei nicht zu Nachforschungen verpflichtet.

Der Kläger hat am 22. Juli 2021 Klage erhoben. Er beruft sich darauf, dass er die Beiträge für die von ihm genutzte Wohnung F., G., unter der Beitragsnummer I. entrichtet habe und zu keinem Zeitpunkt umgezogen sei. Der Beklagte habe die für den Kläger gezahlten Beiträge für die von der Ehefrau bezogene Wohnung verbucht, hätte diese aber zugunsten des Beitragskontos des Klägers umbuchen müssen. Jedenfalls bestehe ein Erstattungsanspruch des Klägers in Höhe der gezahlten Beiträge, sodass die Aufrechnung erklärt werde.

Mit Schriftsatz vom 21. April 2022 hat der Beklagte den Bescheid vom 1. November 2019 aufgehoben, soweit mit diesem ein Säumniszuschlag in Höhe von 8,00 EUR festsetzt worden ist. Insoweit haben die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsacht für erledigt erklärt.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 1. Oktober 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juli 2019 sowie den Bescheid des Beklagten vom 1. November 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juli 2021, mit Ausnahme der Festsetzung eines Säumniszuschlages, aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er tritt der Klage entgegen und nimmt Bezug auf die Begründung des Widerspruchsbescheides. Die von dem Kläger ab dem 13. September 2018 für sein eigenes Beitragskonto K. vierteljährlich geleisteten Zahlungen hätten das Beitragskonto nicht ausgeglichen, da Zahlungen auf die jeweils älteste Rundfunkbeitragsforderung angerechnet würden. Einem Rückzahlungsanspruch des Klägers tritt der Beklagte entgegen, dieser habe mit Erfüllungswirkung auf das Beitragskonto seiner früheren Ehefrau geleistet und ihr gegenüber eine entsprechende Leistung erbracht. Auf dem Beitragskonto der früheren Ehefrau seien neben den Zahlungen des Klägers auch keine anderweitigen Zahlungen eingegangen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3 VwGO eingestellt.

Die Klage, über die mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 101 Abs. 2 VwGO), hat im Übrigen keinen Erfolg.

1. Soweit die Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 1. Oktober 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juli 2021 gerichtet ist, ist sie bereits unzulässig.

Der von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 28. November 2019 eingelegte Widerspruch, der nach dem aus den Verwaltungsvorgängen ersichtlichen Aufdruck „19337…“ am 337. Tag des Jahres 2019, d.h. dem 2. Dezember 2019, eingegangen ist, war verfristet. Der Bescheid vom 1. Oktober 2019 wurde ausweislich der vorliegenden Verwaltungsvorgänge am 10. Oktober 2019 zur Post gegeben, so dass er gemäß § 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG als am 13. Oktober 2019 bekannt gegeben gilt. Die Widerspruchsfrist von einem Monat (§ 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO) war daher am 13. November 2019 abgelaufen.

Hier ist die Bekanntgabe des Festsetzungsbescheides in zulässiger Weise gegenüber dem Kläger als Inhaltsadressaten erfolgt, die unterbliebene (zusätzliche) Mitteilung an seinen Bevollmächtigten hat auf den Beginn der Widerspruchsfrist keinen Einfluss. Der Kläger beruft sich darauf, den Bescheid zwar erhalten zu haben, aber davon ausgegangen zu sein, dass seinem Bevollmächtigten eine Bescheidkopie übermittelt würde. Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 VwVfG ist ein Verwaltungsakt demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Nach § 41 Abs. 1 Satz 2 VwVfG kann die Bekanntgabe, wenn ein Bevollmächtigter bestellt ist, ihm gegenüber vorgenommen werden. Es besteht daher ein Auswahlermessen der Behörde, ob sie den Verwaltungsakt gegenüber dem Beteiligten selbst oder gegenüber seinem Bevollmächtigten bekannt gibt (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.10.1997 - 3 C 3596 -, juris Rn. 28, 32), nicht jedoch eine Verpflichtung zu einer Bekanntgabe an den Bevollmächtigten oder einer zusätzlichen Information an den Bevollmächtigten bei Bekanntgabe an den Inhaltsadressaten.

Der Beklagte hat auch den Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung nach § 70 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 60 VwGO zu Recht abgelehnt. Das Verwaltungsgericht ist zur Prüfung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Widerspruchsbehörde über den Wiedereinsetzungsantrag im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit der Klage berufen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 27. Aufl., 2021, § 70 Rn. 13). Nach § 60 Abs. 1 VwGO ist Wiedereinsetzung zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Der Kläger war hier nicht ohne Verschulden verhindert, die gesetzliche Frist zur Erhebung des Widerspruchs einzuhalten. Ihm war bewusst, dass ihm der Bescheid bekannt gegeben worden war, er befand sich lediglich im – vermeidbaren – Irrtum darüber, ob eine Information auch seines Bevollmächtigten durch Übersendung einer Bescheidkopie erfolgt sei. Über diesen Umstand hätte der Kläger ohne weiteres Klarheit durch Kommunikation mit seinem Bevollmächtigten erlangen können. Überdies bestand bereits kein Anhaltspunkt dafür, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers eine entsprechende Information über den Erlass des Bescheides von dem Beklagten erhalten würde. Der Beklagte hat nicht den Eindruck erweckt, er werde sich künftig ausschließlich oder jedenfalls immer auch an den Bevollmächtigten des Kläger wenden. Zwar hat der Bevollmächtigte des Klägers seine Bevollmächtigung gegenüber dem Beklagten durch Vorlage einer Vollmacht mit Schreiben vom 6. März 2019 angezeigt und mit weiterem Schreiben vom 24. Juni 2019 um den Erlass eines rechtsmittelfähigen Bescheides gebeten. Der Beklagte hat sich auch mit Schreiben vom 5. Juni 2019 an den Bevollmächtigten gewandt und zu den vorgebrachten inhaltlichen Argumenten Stellung genommen. Zugleich wurden dem Kläger jedoch persönlich weiterhin die Zahlungsaufforderungen übermittelt. Der Kläger konnte sich daher nicht darauf verlassen, dass die Korrespondenz mit dem Beklagten zukünftig allein über seinen Bevollmächtigten erfolgen werde. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass dem Kläger vermittelt wurde, sein Bevollmächtigter werde eine Kopie oder Ausfertigung des Bescheides erhalten.

Zudem wurde der Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 1. Oktober 2019 darauf hingewiesen, dass der Kläger in Kürze einen Festsetzungsbescheid erhalten werde, wenn er den Rückstand des Zahlungskontos nicht begleicht. Ein etwaiges Verschulden seinen Prozessbevollmächtigten, der somit von der bevorstehenden Bekanntgabe an den Kläger selbst Kenntnis hatte, muss sich der Kläger jedenfalls zurechnen lassen.

2. Im Übrigen ist die Klage zulässig, aber unbegründet.

Der Festsetzungsbescheid vom 1. November 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juli 2021 ist, soweit die Festsetzung nicht bereits mit Schriftsatz vom 21. April 2022 aufgehoben worden ist, rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) (a.). Die festgesetzte Beitragsforderung ist auch nicht durch Aufrechnung erloschen, die erklärte Aufrechnung bleibt ohne Auswirkung auf die Zahlungsverpflichtung des Klägers (dazu b.).

a) Die Festsetzung von Rundfunkbeiträgen findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 2, 3 Abs. 1, 7, 10 Abs. 5 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages vom 15./21. Dezember 2010 - RBStV -, der in Niedersachsen durch Art. 1 des Gesetzes zum Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrages vom 29. Juni 2011 (Nds. GVBl. 2011, S. 186) in Kraft gesetzt worden ist.

Nach diesen Normen ist im privaten Bereich für jede Wohnung von deren Inhaber (Beitragsschuldner) ein Rundfunkbeitrag zu entrichten (§ 2 Abs. 1 RBStV). Die Pflicht zur Entrichtung des Rundfunkbeitrages beginnt mit dem Ersten des Monats, in dem der Beitragsschuldner erstmals die Wohnung innehat und endet mit dem Ablauf des Monats, in welchem das Innehaben endet, nicht jedoch vor dem Ablauf des Monats, in dem dies der zuständigen Landesrundfunkanstalt angezeigt worden ist (§ 7 Abs. 1 und Abs. 2 RBStV). Nach § 7 Abs. 3 RBStV ist der Rundfunkbeitrag monatlich geschuldet und ist in der Mitte eines Dreimonatszeitraums für jeweils drei Monate zu entrichten. Die monatliche Höhe des Rundfunkbeitrages ergibt sich aus § 8 des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrages - RFinStV - (in der hier maßgeblichen Fassung zuletzt geändert durch Art. 1 des Sechzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrages, Nds. GVBl. 2014, S. 426). Sie ist ausdrücklich durch Landesgesetz festgelegt. Rückständige Rundfunkbeiträge werden gemäß § 10 Abs. 5 RBStV durch die zuständige Landesrundfunkanstalt festgesetzt. Die Erhebung von Rundfunkbeiträgen im privaten Bereich ist – wie das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 18. Juli 2018 (- 1 BvR 1675/16, 1 BvR 745/17, 1 BvR 836/17, 1 BvR 981/17 -, juris) entschieden hat – mit Ausnahme des hier nicht vorliegenden Falls der Erhebung von Rundfunkbeiträgen für eine Zweitwohnung – verfassungsgemäß. Gegen die Beitragspflicht dem Grunde nach hat der Kläger keine Einwände erhoben.

Der Kläger war mit der Zahlung der Rundfunkbeiträge im Rückstand, da sein Beitragskonto K. zum Zeitpunkt des Erlasses des Festsetzungsbescheides einen Rückstand jedenfalls in Höhe des festgesetzten Betrages aufwies.

Der Festsetzung der Rundfunkbeiträge für den streitgegenständlichen Zeitraum 1. Januar 2019 bis 30. Juni 2019 steht nicht entgegen, dass der Kläger in diesem Zeitraum laufend Rundfunkbeiträge an den Beitragsservice gezahlt hat. Gemäß § 13 der Satzung des Norddeutschen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge vom 28. November 2016 (in Kraft getreten am 1. Januar 2017, Nds. MBl. 2016, S. 1247 ff.) – im Folgenden: Verfahrenssatzung des NDR – werden Zahlungen jeweils mit der ältesten Rundfunkbeitragsschuld verrechnet, wobei vorrangig eine Verrechnung auf Kosten, Mahngebühren, Säumniszuschläge und Zinsen erfolgt. Nach § 13 Satz 3 der Verfahrenssatzung des NDR gilt dies aus auch dann, wenn der Beitragsschuldner eine andere Bestimmung trifft. Demgemäß wurden die laufenden Zahlungen des Klägers auf ältere offene Beitragsforderungen seines Beitragskontos K. verrechnet; eine Anrechnung auf die Beitragsforderungen aus dem streitgegenständlichen Zeitraum erfolgte nicht. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Das Beitragskonto des Klägers wies zum Zeitpunkt der laufenden Zahlungen einen Rückstand auf, der daraus resultiert, dass der Beklagte die bis zum August 2018 im Wege des Lastschriftverfahrens vom Konto des Klägers eingezogenen Beträge dem Beitragskonto der früheren Ehefrau des Klägers – Beitragskontonummer I. – gutgeschrieben hat. Durch diese früheren Zahlungen vom Bankkonto des Klägers wurde nicht seine eigene Rundfunkbeitragspflicht für die von ihm bis zum 31. März 2019 innegehabte Wohnung unter der Anschrift F., G., sondern die Rundfunkbeitragspflicht seiner früheren Ehefrau für eine andere Wohnung erfüllt.

Der Beklagte hat die Zahlungen des Klägers zutreffend dem Beitragskonto von dessen früherer Ehefrau zugerechnet. Ist streitig, ob durch eine Leistung an den Beklagten die eigene Beitragsschuld getilgt oder auf die Schuld eines Dritten geleistet wird, ist in Anlehnung an §§ 267, 366 BGB darauf abzustellen, ob der Zahlende den Willen hat und zum Ausdruck bringt, auf die Verpflichtung des Dritten zu leisten. Maßgeblich ist dabei, als wessen Leistung sich die Zuwendung aus Sicht des Zuwendungsempfängers nach dem objektiven Empfängerhorizont darstellt. Der innere Wille des Zahlenden allein, auf eine bestimmte Schuld zu leisten, ist nicht entscheidend, sofern er nicht hinreichend erkennbar wird. Erfolgt eine Zahlung der Rundfunkbeiträge unter fortlaufender Verwendung von dessen Beitragskontonummer irrtümlich für einen anderen Rundfunkbeitragspflichtigen (sog. „Für-Zahler“) wird der Zahlende nicht von der eigenen Rundfunkbeitragspflicht frei (vgl. OVG Bremen, Beschl. v. 10.03.2021 - 1 LA 336/20 -, juris Rn. 5; zum Rundfunkgebührenrecht Nds. OVG, Beschl. v. 20.11.2009 - 4 LA 709/07 -, juris Rn. 8).

Der Beklagte durfte nach den Umständen vorliegend davon ausgehen, dass der Kläger bis zum August 2018 weiterhin auf die Beitragsschuld des Beitragskontos I. leistete. Der Kläger hatte gegenüber dem Beklagten keine anderslautende Mitteilung gemacht und nicht mitgeteilt, Zahlungen ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr auf die Beitragsschuld seiner (früheren) Ehefrau, sondern auf seine eigene Beitragsschuld leisten zu wollen.

Bei dem Beitragskonto I., zugunsten dessen der Beklagte die Zahlungen des Klägers verbucht hat, handelt es sich um das Beitragskonto der früheren Ehefrau des Klägers, die dieses mit dem Umzug in ihre neue Wohnung „mitgenommen“ hat. Die Rundfunkbeitragskonten werden personenbezogen geführt, auch wenn Anknüpfungspunkt der Beitragspflicht das Innehaben einer Wohnung ist. Der Vorteil, der mit dem Rundfunkbeitrag als Vorzugslast abgegolten wird, ist personenbezogen; maßgeblich ist der persönliche Vorteil, der in Möglichkeit der Nutzung des Rundfunkangebotes liegt, und den die Beitragspflichtigen selbst und unmittelbar nur einmal ziehen können (vgl. BVerfG, Urt. vgl. BVerfG, Urt. v. 18.07.2018 - 1 BvR 167516 u.a. -, juris Rn. 107). Dieser Grundsatz gilt auch unbeschränkt auch dann, wenn mehrere Beitragspflichtige in einer Wohnung zusammenleben. Da der Rundfunkbeitrag gemäß § 2 Abs. 1 RBStV von jedem Wohnungsinhaber zu entrichten ist, mehrere Wohnungsinhaber gemäß § 2 Abs. 3 RBStV für den Rundfunkbeitrag jedoch gesamtschuldnerisch haften, werden Mehrpersonenhaushalte – wie der frühere gemeinsame Haushalt des Klägers und seiner Ehefrau – gegenüber allein lebenden Wohnungsinhabern zwar privilegiert, da mehrere Wohnungsinhaber sich den nur einmal zu entrichtenden Rundfunkbeitrag untereinander aufteilen können (vgl. BVerfG, Urt. v. 18.07.2018 - 1 BvR 167516 u.a. -, juris Rn. 99; BVerwG, Urt. v. 18.03.2016 - 6 C 6/15 -, juris Rn. 43). An der persönlichen Beitragsschuld jedes volljährigen Inhabers einer Wohnung nach § 2 Abs. 1 RBStV ändert dies jedoch nichts.

Nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 RBStV i. V. m. § 5 Satz 2 Verfahrenssatzung des NDR ist die Beitragsnummer, die jeder Beitragsschuldner mit der Anmeldebestätigung erhält, bei allen Anzeigen, Anträgen, Zahlungen und sonstigen Mitteilungen anzugeben. Erfolgt die Zahlungen dementsprechend unter Bezugnahme auf eine Beitragskontonummer, liegt hierin aus Sicht des Beklagten die objektive Erklärung, die von dem Kläger geleisteten Zahlungen sollten weiterhin der Erfüllung der Rundfunkbeitragspflicht mit der Beitragskontonummer I. dienen. Da eine Änderung nach dem objektiven Empfängerhorizont nicht erkennbar war, stellt sich die Zahlung des Klägers weiterhin – wie vor dem Auszug seiner Ehefrau – als Leistung auf die Schuld eines Dritten dar. Wie dargelegt, ist das Innehaben einer Wohnung lediglich der Anknüpfungspunkt für die Erhebung des personengebundenen Rundfunkbeitrags. Entgegen der Ansicht des Klägers besteht insoweit keine Nachforschungspflicht der Rundfunkanstalten zu den Wohnverhältnissen der Beitragspflichtigen. Vielmehr obliegt es gemäß § 8 RBStV den Beitragspflichtigen, alle für die Beitragserhebung maßgeblichen Umstände der zuständigen Landesrundfunkanstalt anzuzeigen. Hierzu zählt auch der Umstand, dass der Kläger ab dem Auszug seiner Ehefrau alleiniger Inhaber einer Wohnung i. S. d. § 2 Abs. 1 RBStV war. Der Irrtum des Klägers über die rechtlichen Folgen seiner unterbliebenenen Änderungsmitteilung sowie die dementsprechende unveränderte Zuordnung der von ihm geleisteten Zahlungen ist unbeachtlich.

b) Der Beitragsforderung steht auch nicht die durch den Kläger mit Schriftsatz vom 1. März 2022 erklärte Aufrechnung entgegen.

Aufrechnungen mit Forderungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, für deren Geltendmachung ebenfalls der Verwaltungsrechtsweg eröffnet wäre, sind zwar prozessrechtlich zulässig (Reimer in: BeckOK VwGO, Stand: 1.1.2022, § 40 Rn. 245; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 12.02.1987 - 3 C 22/86 -, juris Rn. 30 ff.). Zudem stünde eine Verjährung etwaiger Erstattungsansprüche des Klägers gegen den Beklagten wegen seiner Zahlungen bis Mitte 2018 der Aufrechnung gemäß § 215 BGB nicht entgegen. Eine Aufrechnung kann auch gegenüber dem Leistungsgebot, mit welchem die Zahlung der festgesetzten Forderung verlangt wird (§ 254 Abs. 1 Abgabenordnung - AO -), zu beachten sein (offengelassen: Nds. OVG, Beschl. v. 20.22.2009 - 4 LA 709/07 -, juris Rn. 8), auch wenn sie im Rahmen der Anfechtung einer Abgabenfestsetzung grundsätzlich unbeachtlich ist (vgl. Schoch/Schneider, VwGO, Stand: Juli 2021, § 167 Rn. 64 ff.).

Die erklärte Aufrechnung führt jedoch hier aus anderen Gründen nicht zur Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Bescheides vom 1. November 2019.

Zum einen setzt eine Aufrechnung im Abgabenrecht entsprechend § 226 Abs. 3 AO voraus, dass die Gegenforderung unbestritten oder rechtskräftig festgestellt ist. Damit wird sichergestellt, dass sich ein Abgabenschuldner seiner Zahlungsverpflichtung nicht durch die bloße Berühmung noch klärungsbedürftiger Gegenansprüche entziehen kann (vgl. Binder/Vesting, Rundfunkrecht, 4. Aufl. 2018, § 7 RBStV Rn. 72; BayVGH, B. v. 4.2.2002 - 23 ZS 01.3171 -, juris Rn. 8; zum Rundfunkgebührenrecht OVG NRW, Urt. v. 19.08.1985 - 4 A 2122/82 -, juris). Erstattungsansprüche des Klägers sind bislang jedoch gerichtlich nicht geltend gemacht worden. Die Gegenforderung ist auch nicht unbestritten, da der Beklagte gerade die Zulässigkeit einer anderweitigen Verbuchung der Zahlungen des Klägers zugunsten seines Beitragskontos verneint und einem Rückzahlungsanspruch entgegentritt.

Zum anderen ist bereits nicht ersichtlich, dass ein Rückzahlungsanspruch des Klägers nach § 10 Abs. 3 RBStV tatsächlich besteht. Ein solcher Anspruch scheidet hier aus, da der Kläger seine Leistungen gegenüber dem Beklagten nicht ohne rechtlichen Grund erbracht hat. Der Kläger hat auf vielmehr ein bestehendes Abgabenschuldverhältnis – nämlich die Beitragsschuld seiner früheren Ehefrau – geleistet.

Dem Kläger steht aufgrund der (irrtümlichen) Leistung auf die fremde Abgabenschuld kein Rückzahlungsanspruch gegenüber dem Beklagten als Zahlungsempfänger zu. In Betracht käme allenfalls ein Erstattungsanspruch gegenüber seiner früheren Ehefrau, die durch die Zahlung des Klägers von ihrer Leistungspflicht befreit wurde. Ein solcher Anspruch wäre jedoch – zivilrechtlich – in dem Verhältnis zwischen dem Kläger und seiner früheren Ehefrau zu klären. Aus Sicht des Beklagten stellt sich die Zahlung des Klägers unter Angabe der Beitragskontonummer der früheren Ehefrau des Klägers zulässigerweise als Leistung auf das angegebene Beitragskonto dar.

Das im Rundfunkbeitragsrecht bestehende Deklarationsprinzip (vgl. Binder/Vesting, a.a.O., § 8 RBStV Rn. 3), wonach dem Beitragspflichtigen durch den Gesetzgeber spezielle Mitwirkungspflichten in Form einer Anzeigepflicht auferlegt werden, bedarf in der vorliegenden Konstellation auch keiner Korrektur. Im Rahmen des Massengeschäfts der Beitragserhebung ist der Beklagte nicht verpflichtet, die Angaben der Beitragspflichtigen ohne Anlass durch Nachfragen oder Anforderung von Unterlagen zu verifizieren. Insbesondere ist der Beklagte nicht ohne Weiteres verpflichtet, die Wohnverhältnisse der Beitragspflichtigen, die ihrer Anzeigepflicht nach § 8 RBStV nicht bzw. nicht rechtzeitig nachgekommen sind, aufzuklären und rückwirkend eine Klärung der Beitragskonten zu vollziehen. Aufgrund der Verletzung der Anzeigepflichten durch den Kläger – und auch seine Ehefrau – ist es nicht gerechtfertigt, dem Beklagten das Risiko der Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung aufgrund des ihm unbekannten Verhältnisses zwischen den verschiedenen Beitragspflichtigen aufzubürden.

Etwas anderes käme lediglich dann in Betracht, wenn die Rundfunkanstalt Anlass haben musste, die Umstände der Beitragszahlung überprüfen und die Zahlungen auf eine fremde Beitragsschuld zu verifizieren. Dies wäre denkbar, wenn auf dem Beitragskonto, für welches der Betreffende Zahlungen leistet, auch Zahlungen des eigentlich Beitragspflichtigen eingehen und es insoweit zu einer Überzahlung kommt. Derartige besondere Umstände sind vorliegend jedoch nicht ersichtlich.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 3, 161 Abs. 2 VwGO. Zwar hat der Beklagte die zunächst streitgegenständliche Festsetzung teilweise in Höhe von 8,00 EUR aufgehoben und hat damit dem Begehren des Klägers zu einem geringen Teil entsprochen. Hier sind jedoch die Kosten nach billigem Ermessen insgesamt dem Kläger aufzuerlegen. Nach § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO können einem Beteiligten die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist. Im Streit standen hier die Beitragsbescheide vom 1. Oktober 2019 und vom 1. November 2019, mit denen insgesamt Abgaben in Höhe von 489,50 EUR festgesetzt worden sind. Der Beklagte hat dem Klagebegehren in Höhe von 8,00 EUR und damit nur zu einem Teil von weniger als 2 % der streitigen Forderung entsprochen, so dass es gerechtfertigt ist, dem Kläger die Kosten des Verfahrens insgesamt aufzuerlegen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO durch das Verwaltungsgericht liegen nicht vor.