Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 23.08.2016, Az.: 5 A 141/15
Kosten; Lebensmittelüberwachung; Verwaltungskosten
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 23.08.2016
- Aktenzeichen
- 5 A 141/15
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2016, 43311
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 1 Abs 1 VwKostG ND
- § 46 VwVfG
- § 28 VwVfG
- § 39 LFGB
- VetVwGO ND 2014
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Die Heranziehung von Lebensmitteleinzelhandelsgeschäften zu den Kosten für Plankontrollen im Rahmen der Lebensmittelüberwachung in Niedersachsen ist grundsätzlich rechtmäßig.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 66,00 € festgesetzt.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen einen Kostenbescheid für eine planmäßige Kontrolle nach dem Lebensmittel-und Bedarfsgegenständerecht – hier vom 16.02.2015 über 66 Euro für eine Kontrolle am 12.01.2015 in der Verkaufsstelle F. in G..
Die Klägerin betreibt in G. ein Lebensmitteleinzelhandelsgeschäft - Backwarenverkauf - . Die Klägerin ist über die H. Stiftung und Co. KG einem Qualitätssicherungssystem der I. -Gruppe angeschlossen. Nach dem Vortrag der Klägerin ist dieses Qualitätssicherungssystem dreistufig. In der ersten Stufe finden ständige Wareneingangskontrollen im Hinblick auf Qualität und Kennzeichnung sowie Temperatur statt. Dazu kommen Schulungen des Personals mit entsprechenden Kontrollblättern. In der zweiten Stufe betreibt die H. Stiftung und Co. KG ein zentrales ständig aktualisiertes Konzern-Qualitätsmanagement für die I. -Märkte und die dort betriebenen Backshops mit einer laufenden Beratung. Schließlich werden in der dritten Stufe alle Märkte regelmäßig durch neutrale Prüfinstitute auch im Hinblick auf die Einhaltung sämtlicher lebensmittelrechtlicher Vorgaben überprüft. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten dieses Systems wird auf die Gerichtsakte, insbesondere die Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 07.05.2015 Bezug genommen.
Die streitgegenständliche Verkaufsstelle der Klägerin ist in den vergangenen Jahren regelmäßig von Mitarbeitern des Fachbereichs Verbraucherschutz und Veterinärwesen des Beklagten überprüft worden. Auch am 12.01.2015 führte ein Mitarbeiter dieses Fachbereichs des Beklagten in dem fraglichen Backwarenverkauf eine Routinekontrolle (Plankontrolle) durch. Zu Beanstandungen kam es nicht.
Bei der Kontrolle wurde in der Verkaufsstelle ein Informationsblatt über die Erhebung von Verwaltungsgebühren bei Lebensmittelkontrollen ausgehändigt. Hieraus ergeben sich die für die Gebührenberechnung geltenden Tarife nach der Gebührenordnung für die Verwaltung im Bereich des Verbraucherschutzes und das Veterinärwesens (GOVV) sowie, dass einer Gebührenfestsetzung der freiwillig mitgeteilte Jahresumsatz in den jeweiligen Betrieben zu Grunde gelegt wird. Wenn der Jahresumsatz nicht mitgeteilt werde, werde der Umsatz geschätzt. Dem Informationsblatt war eine Rückantwort für eine freiwillige Selbstauskunft hinsichtlich des Umsatzes beigefügt. Ausweislich der Niederschrift über die Betriebskontrolle am 12.1.2015 vom 14.1.2015 bat die in der Filiale anwesende Mitarbeiterin Frau J. um Zusendung dieser Informationen an die Zentrale. Unter dem 3.2.2015 übersandte der Beklagte dann an die Hauptniederlassung der Klägerin in Lehrte eine „Anhörung zu geplantem Kostenbescheid für Kontrolle nach Lebensmittel– und Bedarfsgegenständerecht“. Am Ende des Schreibens formulierte der Beklagte, dass er der Klägerin Gelegenheit gebe, sich innerhalb von 14 Tagen zu dem Jahresumsatz zu äußern. Sofern danach keine Antwort vorliege, werde er die Gebührenabrechnung nach entstandenem Zeitaufwand zuzüglich Auslagen vornehmen. Die Klägerin teilte den Umsatz mit mehr als 125.000 Euro und nicht mehr als 250.000 Euro im Jahr mit. Diese Mitteilung ging beim Beklagten am 11.2.2015 ein.
Am 16.2.2015 erließ der Beklagte den streitgegenständlichen Gebührenbescheid und setzte eine Gebühr von 66 Euro nach der Tarifnummer VI 2.4.2.2 der Anlage zur GOVV fest. Zur Begründung führte er aus, es handele sich um eine Kontrolle in einem registrierten Betrieb im Sinne von Art. 31 der VO (EG) Nr. 882/2004 mit einem Umsatz von mehr als 125.000 Euro und nicht mehr als 250.000 Euro im Jahr, die Gebühr sei deshalb als Festgebühr inklusive Kosten für An- und Abfahrt und Reisekosten auf 66 Euro festzusetzen. Gründe für eine Billigkeitsmaßnahme nach § 11 Abs. 2 NVwKostG lägen nicht vor.
Dagegen hat die Klägerin am 16.3.2015 Klage erhoben und trägt zur Begründung vor:
Der Beklagte habe bei der angefochtenen Festsetzung der Gebühren Verfahrensfehler begangen.
Der angefochtene Gebührenbescheid sei entgegen § 28 VwVfG (im Folgenden jeweils in Verbindung mit § 1 Abs. 1 NVwVfG) ohne Anhörung der Klägerin erlassen worden. Diese Anhörung sei auch nicht entbehrlich gewesen, zumal die Zuordnung des Betriebes der Klägerin zu einem der Gebührentatbestände in Ziff. VI.2.4.2.1 bis VI.2.4.2.3 der Anlage zur GOVV, die an den Umsatz des jeweiligen Betriebes anknüpfen, ohne eine Anhörung aufgrund einer spekulativen Umsatzschätzung erfolgt sein müsse. Außerdem fehle dem angefochtenen Bescheid die nach § 39 VwVfG in Verbindung mit § 1 NVwVfG notwendige Begründung. Die Verletzung dieser Verfahrensvorschriften sei auch nicht unbeachtlich nach § 46 VwVfG, da die Klägerin in einer Anhörung Angaben hätte machen können, die den Beklagten hätten veranlassen können, eine andere Gebühre anzusetzen oder von einer Gebührenerhebung abzusehen.
Der Bescheid sei auch aus materiellen Gründen rechtswidrig. Es gebe keine Ermächtigungsgrundlage für den Gebührenbescheid, denn die GOVV verstoße gegen den Grundsatz der anlassbezogenen Gebührenerhebung des NVwKostG. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 NVwKostG dürften Kosten (Gebühren und Auslagen) nur dann erhoben werden, wenn der Betroffene Anlass zu einer rechtmäßigen Amtshandlung gegeben habe. Die Klägerin habe demgegenüber keinen Anlass zur Durchführung der Routinekontrolle gegeben. Der Grundsatz der anlassbezogenen Gebührenerhebung sei vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht noch unter der Geltung des außer Kraft getretenen § 46 a LMBG entwickelt und von den Verwaltungsgerichten unter Geltung des § 39 LFGB unverändert fortgeschrieben worden. Einen Anlass habe die Klägerin nicht gegeben, es habe sich um eine Routinekontrolle gehandelt. Dieser im Gesetz enthaltene und gerichtlich fortgeschriebene Grundsatz der anlassbezogenen Gebührenerhebung könne nicht durch den Verordnungsgeber aufgehoben und eine Gebührenfestsetzung auch für anlasslose Kontrollen vorgesehen werden. Dafür biete das Niedersächsische Verwaltungskostengesetz keine Rechtsgrundlage, die nach Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes erforderlich wäre. Insoweit könne sich der Beklagte auch nicht auf die Kontrollverordnung (VO (EG) Nr. 882/2004) berufen. Es bestehe bereits kein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Kontrollverordnung und der Neudefinition des Begriffes „Anlass“ in § 1 NVwKostG durch die GOVV. Die Gebührenfestsetzung greife in die Berufsfreiheit der Klägerin ein und stelle auch einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar. Die Anforderungen an den allgemeinen Gesetzesvorbehalt für Eingriffe in diese Grundrechte erfülle die Verordnung nicht.
Die Gebühr sei auch nicht zu vereinbaren mit dem (neuen) Gebührenbegriff des Bundesgebührengesetzes. Danach sei eine Gebührenerhebung nur möglich, für Leistungen, bei denen ein Anknüpfungspunkt im Pflichtenkreis des von der Leistung Betroffenen gegeben sei; für Stichprobenkontrollen gelte dies nur, soweit diese nach anderen Gesetzen des Bundes oder Rechtsakten der Europäischen Union besonders angeordnet seien und von dem Gegenstand der Kontrolle eine erhebliche Gefahr ausgehe. Diese Voraussetzungen seien bei der hier fraglichen Routinekontrolle nicht gegeben gewesen. Die Regelung des § 3 Abs. 2 Bundesgebührengesetz determiniere im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes im Steuer- und Abgabenrecht auch den landesrechtlichen Gebührenbegriff.
Im Übrigen sei die Gebührenregelung zu unbestimmt. Auch insoweit müsse der Gesetzgeber nach dem Bestimmtheitsgebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG selbst die Entscheidung treffen, welche Fragen durch die Verordnung geregelt werden sollen, er müsse die Grenzen der Regelung festsetzen und angeben, welchem Ziel die Regelung dienen solle. Der Gesetzgeber müsse also Inhalt, Ausmaß und Zweck der Regelung bestimmen. Aus der Sicht des betroffenen Bürgers habe dieses in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes erarbeitete Bestimmtheitsgebot den Zweck, die aus der zukünftigen Regelung resultierende Betroffenheit vorhersehen zu können (Voraussehbarkeitsformel). Insoweit bestünden bereits Zweifel an der Bestimmtheit der §§ 1 und 3 NVwKostG. Jedenfalls verstoße der Tatbestand des § 3 Abs. 2 der GOVV in Verbindung mit Ziffer VI.2.4.2 der Anlage zur GOVV gegen das Bestimmtheitsgebot. Aus der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts zur vormaligen Veterinär-Gebührenordnung ergebe sich, dass ein generalklauselartiger Auffangtatbestand, in dem ein sehr weiter Gebührenrahmen für nicht näher konkretisierte Amtshandlungen vorgesehen sei, dem Rechtsstaatsprinzip sowie dem Prinzip der Vorhersehbarkeit nicht genüge. Diesen Grundsätzen laufe die „von dem Beklagten herangezogene“ Ziffer VI.2.4.2.3 der Anlage zur GOVV zuwider, da hier lediglich festgelegt sei, dass eine Gebühr nach Zeitaufwand, jedoch mit mindestens 25 Euro anzusetzen sei. Hier werde weder der obere Rahmen des Gebührensatzes bestimmt noch würden die Grundlagen der gebührenrechtlichen Bewertung des Zeitaufwandes festgelegt. Zudem solle der Gebührenansatz für alle Kontrollen im Rahmen der Überwachung nach § 39 LFGB angewandt werden, ohne dass nach Umfang der jeweiligen Kontrolle oder der zeitlichen Kontrolldichte differenziert werde. Die Anknüpfung an den Umsatz des Unternehmens sei nicht sachgerecht. Ohne Beachtung beispielsweise der Lage eines Betriebes könne aus einem höheren Umsatz nicht auf einen größeren Betrieb, der einen höheren Kontrollaufwand erfordere, geschlossen werden. Nach Art. 27 Abs. 5 der Kontrollverordnung sei auch an die geographische Lage anzuknüpfen. Im Übrigen bestehe keine gesetzliche Grundlage für die Aufforderung, den Umsatz anzugeben. Eine Schätzung des Umsatzes sei ohne ausdrückliche Rechtsgrundlage insoweit ebenfalls unzulässig. Der Beklagte sei in Fällen fehlender Umsatzangabe verpflichtet, den Umsatz anderweitig zu ermitteln.
Die Gebührenfestsetzung auf der Grundlage von VI.2.4.2.2 der Anlage zur GOVV verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Zwar könnten es Gründe der Praktikabilität und Wirtschaftlichkeit ausnahmsweise rechtfertigen, kleinere Verschiedenheiten zu vernachlässigen und bei einer Gebührenbemessung Pauschalierungen vorzusehen. Für eine solche rechtfertigende Ausnahme sei jedoch vorliegend nichts ersichtlich.
Es sei unverhältnismäßig, wenn die GOVV zwingend eine Gebührenfestsetzung für anlasslose Kontrollen vorsehe, ohne die Häufigkeit der Kontrollen (zum Beispiel „jährlich“) zu regeln. Durch diese vollständige Übertragung jeglicher Kontrollkosten auf die Wirtschaftsbeteiligten werde den Lebensmittelaufsichtsbehörden damit ermöglicht, weit über das erforderliche Maß hinaus Kontrollbesuche in Lebensmitteleinzelhandelsgeschäften durchzuführen. Eine gesetzliche Festlegung der Kontrolldichte bzw. eine Obergrenze für die maximal in einem bestimmten Zeitabschnitt zu erhebenden Gebühren (bzw. eine Deckelung der Häufigkeit, mit der das Unternehmen zu den Kosten der Routinekontrolle herangezogen werden könne) seien aus Gründen der Verhältnismäßigkeit und der Vorhersehbarkeit notwendig und würden nicht unzulässigerweise in die Entscheidung der Fachbehörden über die Zahl der durchgeführten Kontrollen eingreifen. Die Regelungen zur Kontrolldichte in der AVV Rahmen-Überwachung – AVV RÜb - genügten dem nicht, da es sich um ein untergesetzliches Regelwerk handele, das im Interesse einer Verbesserung der Einnahmesituation staatlicher Stellen jederzeit ohne Beteiligung des Parlamentes oder der Öffentlichkeit abgeändert werden könne. Auch könne nach den jetzt geltenden Regelungen die Lebensmittelaufsicht zukünftig in unbegrenztem Umfang ohne jegliches Verdachtsmoment kostenpflichtig Proben durch das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit untersuchen lassen und diese Kosten - die bisher nur bei Verdachtsproben oder nach Folgeuntersuchungen auferlegt werden konnten - den Unternehmen aufbürden. Die Kosten einer solchen Analyse könnten schnell 4-stellige Euro-Summen erreichen. Zwar gebe es derzeit einen nicht veröffentlichten Runderlass, wonach die Kosten für die Entnahme und Untersuchung von Routineproben (Planproben) nicht geltend gemacht werden sollten, aber aus der Unterrichtung der Landesregierung gegenüber dem Landtag vom 14.1.2015 (Drucksache 17/2747) ergebe sich, dass der Ausschuss für Haushalt und Finanzen des Landtages diese Handhabung kritisiere.
Es gebe keine Begründung für die Annahme, die zwingende Gebührenerhebung für jede Routinekontrolle sei verhältnismäßig. Es bleibe unklar, warum der Aufwand für die Durchführung von lebensmittelaufsichtsrechtlichen Routinekontrollen nicht mehr aus den allgemeinen Landes- und Kommunalhaushalten zu bestreiten sein sollte. Die Regelung verstoße auch gegen den Gleichheitsgrundsatz, denn es sei nicht ersichtlich, warum die Lebensmittel- und Futtermittelindustrie sowie die jeweiligen Handelsunternehmen zu Gebühren herangezogen werden sollten, während andere Industrie- und Handelsbereiche nicht herangezogen würden. Wenn für den „Anlass“ in § 1 NVwKostG auf die Eröffnung eines nicht zulassungspflichtigen Lebensmittelhandels abgestellt werde, man mithin davon ausgehe, dass bereits mit der Eröffnung dieses Betriebes eine Gefahr gesetzt werde, sei es darüber hinaus gleichheitswidrig, Routinekontrollen im Straßenverkehr gebührenfrei durchzuführen, denn vom Autofahren gehe eine mindestens ebenso erhebliche Gefährdung aus.
Die Gebührenfestsetzung sei auch im konkreten Fall unverhältnismäßig, denn die Routinekontrolle, für die die Gebühren erhoben würden, sei weder geeignet noch erforderlich noch angemessen gewesen, um einer Gefahr entgegenzutreten. Die Klägerin unterhalte mit ihrem Qualitätssicherungssystem ein umfassendes Eigenkontrollsystem im Sinne des § 39 Abs. 2 LFGB und bei den Kontrollen der letzten Jahre seien keinerlei Beanstandungen festgestellt worden. Der Untersuchungsaufwand sei deshalb nicht erforderlich gewesen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 16.02.2015 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt zur Erwiderung vor:
Das Verwaltungsverfahren leide nicht an formellen Mängeln. Der Klägerin ein Informationsblatt zur Kostenerhebung bei Plankontrollen ausgehändigt bzw. übersandt worden. Die Klägerin habe mit Datum vom 09.02.2015 eine Selbsteinschätzung mit einem Jahresumsatz von mehr als 125.000 Euro und weniger als 250.000 Euro abgegeben. Dies genüge den Anforderungen des § 28 VwVfG. Der Bescheid leide auch nicht an einem Begründungsmangel nach § 39 VwVfG. In ihm seien die herangezogenen Rechtsgrundlagen vollumfänglich genannt. Im Übrigen führe nach § 46 VwVfG eine unterbliebene Anhörung dann nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, wenn sich diese nicht auf das Ergebnis ausgewirkt haben könne. Dies sei hier der Fall.
Für die Inanspruchnahme der Klägerin im Wege des Kostenbescheides fehle es nicht an der erforderlichen Ermächtigungsgrundlage. Als Anlass im Sinne von § 1 NVwKostG sei zu werten, dass die Klägerin mit der Eröffnung des Geschäftes einen Tatbestand gesetzt habe, der Anlass für die Kontrolle als Amtshandlung gewesen sei. Die Klägerin sei ein Lebensmittelunternehmen im Sinne der Basisverordnung (EG) Nr. 178/2002. Gemäß Art. 17 dieser Verordnung hätten die Lebensmittelunternehmer auf allen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen dafür zu sorgen, dass die Lebensmittel die Anforderungen des Lebensmittelrechts erfüllen sowie die Einhaltung dieser Anforderungen zu überprüfen. Eine lediglich anlassbezogene Gebührenpflicht für Lebensmittelkontrollen sei in § 46 a des außer Kraft getretenen Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes (LMBG) geregelt gewesen. Der amtlichen Begründung zur GOVV sei zu entnehmen, dass sie sich auf die Verordnung (EG) Nr. 882/2004 stütze. Nach Art. 26 dieser Verordnung hätten die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass angemessene finanzielle Mittel für die amtlichen Kontrollen verfügbar seien. Art. 27 dieser Verordnung räume den Mitgliedstaaten zur Deckung der Kosten, die durch die amtlichen Kontrollen entstünden, die Befugnis zur Gebührenerhebung ein. Diese Vorschriften seien nicht auf Anlasskontrollen beschränkt. Dem Erwägungsgrund 6 der Kontrollverordnung (VO (EG) Nr. 882/2004) sei zu entnehmen, dass die Mitgliedstaaten das Lebensmittelrecht durchsetzen sowie überwachen und überprüfen sollen, dass die entsprechenden Anforderungen von den Unternehmen auf allen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen eingehalten würden. Zu diesem Zweck sollten amtliche Kontrollen durchgeführt werden. Die Kontrollverordnung sehe hierzu in Art. 3 vor, dass die Mitgliedstaaten sicherstellten, dass regelmäßig auf Risikobasis und mit angemessener Häufigkeit amtliche Kontrollen durchgeführt würden. Nach der amtlichen Begründung der GOVV seien die amtlichen Kontrollen im Hinblick auf frühere Ereignisse in der Lebensmittelkette zu intensivieren. Hierzu sei ein steigender Personaleinsatz notwendig. Durch die GOVV werde kein neues System der amtlichen Kontrollen eingeführt. Lediglich die Kosten für diesen Mehrbedarf sollten durch die Erhebung von Gebühren für Regelkontrollen gedeckt werden. Die Kontrollhäufigkeit ergebe sich nach wie vor aus der individuellen Risikobewertung. Das Mittel der vollständigen Gebührenpflicht sei dabei geeignet, erforderlich und angemessen, also verhältnismäßig. Geeignet sei die Gebührenpflicht, weil mit ihr das Ziel aus Art. 26 der Kontrollverordnung (VO (EG) Nummer 882/2004), also eine angemessene finanzielle und damit auch personelle Ausstattung für amtliche Kontrollen, erreicht werden könne. Die Gebührenpflicht sei auch erforderlich, weil die Lebensmittelaufsicht mit dem bislang milderen Mittel, nämlich der Kostenpflicht für nur spezielle Bereiche der Überwachung bzw. im Falle eines Verstoßes, eine hinreichende Finanzierung und damit eine Sicherstellung der notwendigen Kontrollen nicht mehr gewährleisten könne. Mit den vorhandenen Ressourcen könnten die gestiegenen Anforderungen an die Kontrolle im Bereich des Lebensmittelrechtes nämlich nicht mehr vollumfänglich abgedeckt werden. Hinzu komme der Konsolidierungsbedarf der öffentlichen Haushalte. Das öffentliche Interesse an einer effektiven Überwachung von Lebensmittelunternehmen überwiege gegenüber dem Interesse des Unternehmens, nicht mit den Kosten belastet zu werden. Die Unternehmen setzten durch den Betrieb ihres Unternehmens ein potentielles Risiko für die Verbraucher und letztlich deren Gesundheit. Deshalb seien die Lebensmittelunternehmer als Veranlasser der staatlichen Überwachungsmaßnahmen anzusehen. Da die Unternehmer durch ihre risikogeneigte Unternehmung die Maßnahmen der eingreifenden staatlichen Verwaltung selbst verursachten, könne nicht gefordert werden, dass die für die Kontrollen notwendigen Mittel aus Steuermitteln erwirtschaftet würden. Auch für andere hoheitliche Kontrollaufgaben würden Gebühren erhoben. Von anderen, allgemeinen Kontrollaufgaben wie etwa Verkehrskontrollen, die der Staat aus seinen Steuermitteln bestreiten müsse, unterscheide sich die Lebensmittelüberwachung dadurch, dass sie sich auf einen umgrenzten Adressatenkreis, von dessen Tätigkeit mit der der menschlichen Gesundheit ein sehr hochrangiges Rechtsgut gefährdet werden könne, beziehe. Dies stelle einen Anknüpfungspunkt für die individuelle Zurechenbarkeit im Rahmen der Gefahrenabwehr dar, wie sie auch – der hier nicht anwendbare – § 3 Abs. 2 Nummer 4 Bundesgebührengesetz regele.
Die Gebührenerhebung stelle eine verhältnismäßige Beschränkung der Berufsfreiheit aus Art. 12 GG im Hinblick auf die Berufsausübung dar. Der risikobasierte Gebührenansatz der Kontrollverordnung (VO (EG) Nr. 882/2004) werde dadurch umgesetzt, dass eine Unterteilung der pauschalierten Gebühren in solche für große, mittlere und kleinere Betriebe erfolge. Hierdurch seien auch die Interessen von Unternehmen mit geringerem Umsatz berücksichtigt. Auch hinsichtlich des Grundrechts aus Art. 14 GG stelle die Gebührenpflicht kein die jeweiligen Betriebe ungleich treffendes Sonderopfer dar.
Das Bundesgebührengesetz finde für die Geltendmachung von Gebühren für lebensmittelrechtliche Plankontrollen, die im Bereich des Landesrechts durchgeführt würden, keine Anwendung.
Auch ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot liege nicht vor. Die fragliche Gebührenregelung enthalte Vorschriften, die die Abschätzung der Höhe der zu erwartenden Gebührenlast ermöglichten. Der Gebührentatbestand sei beschrieben durch die Amtshandlung „Überwachung nach § 39 LFGB und Kontrolle in einem sonstigen Betrieb mit Ausnahme von Futtermittelunternehmen im Übrigen“. Gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 LFGB hätten sich die Behörden durch regelmäßige Überprüfungen und Probenahmen davon zu überzeugen, dass die Vorschriften eingehalten würden. Soweit die Klägerin verlange, die Kontrolldichte im Gebührentarif zu regeln, stelle dies eine unzulässige Vermengung von materiellem Fachrecht und Gebührenrecht dar. Die Kontrolldichte richte sich vielmehr fachlich nach den Vorgaben des Art. 17 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 in Verbindung mit Art. 3 der Kontrollverordnung (VO (EG) Nr. 882/2004). Darin seien regelmäßige auf Risikobasis und mit angemessener Häufigkeit durchgeführte amtliche Kontrollen systematisch geregelt. Die Kontrollhäufigkeit in den Betriebsstätten der Klägerin richte sich nach dem Ergebnis einer Risikobewertung, nähere Vorgaben hierzu enthalte § 6 der AVV Rahmen-Überwachung.
Das Ergebnis dieser Risikobewertung sei dann keine willkürliche Kontrollfrequenz, sondern hänge maßgeblich vom Verhalten und der Verlässlichkeit des Lebensmittelunternehmers sowie den Ergebnissen der Eigenkontrollen ab. In Abhängigkeit vom Ergebnis der risikoorientierten Beurteilung seien dabei Kontrollhäufigkeiten von höchstens täglich bis in der Regel mindestens alle 3 Jahre einzuhalten. Die Klägerin trage dazu selbst vor, dass ihr Geschäft auch in den vergangenen Jahren regelmäßig kontrolliert worden sei.
Soweit die Klägerin die Möglichkeit einer unbegrenzten (gebührenpflichtigen) Entnahme von Proben ohne Verdachtsmomente anspreche, entspräche dies nicht den rechtlichen Gegebenheiten. Die routinemäßige Entnahme von Lebensmittelproben unterläge nach der GOVV im Gegensatz zu Futtermittelproben keiner Kostenpflicht.
Soweit die Klägerin im Sinne einer Ungleichbehandlung anführe, dass für Kosmetikprodukte keine Gebühren erhoben würden, treffe dies nicht zu. Diese würden in der GOVV ebenfalls geregelt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 2 Satz 1 VwGO.
Die Klägerin kann die Aufhebung des streitgegenständlichen Gebührenbescheids weder unter formellen noch unter materiell-rechtlichen Gesichtspunkten beanspruchen. Insbesondere sind die Voraussetzungen des Gebührentatbestandes, hier also der §§ 1, 2 Abs. 1, 5 ff. NVwKostG i. V. m. der Gebührenordnung für die Verwaltung im Bereich des Verbraucherschutzes und des Veterinärwesens vom 29.11.2014 (GOVV , Nds. GVBl. 2014, S. 318) in dem nach § 6 NVwKostG maßgeblichen Entstehungszeitpunkt der Abgabe wirksam und erfüllt.
Es besteht kein Anspruch auf Aufhebung des Bescheides aus formellen Gründen, auch wenn der Beklagte die Klägerin wohl nicht zuvor angehört hat.
Die Aushändigung eines Informationsschreibens über die – neue Rechtslage/Verwaltungspraxis zur – Erhebung von Gebühren für Routinekontrollen und die Aufforderung zur Abgabe einer Selbsteinschätzung hinsichtlich des Umsatzes zur Bestimmung des Gebührentatbestandes bzw. ein Hinweis auf Billigkeitsvorschriften genügt entgegen der Auffassung des Beklagten wohl nicht den Anforderungen des § 28 Abs. 2 VwVfG, der die Möglichkeit einer umfassenden Äußerung zu den einer Entscheidung zugrunde liegenden Tatsachen vorsieht. Auch wenn der Beklagte das Schreiben vom 3.2.2015 als „Anhörung zu geplantem Kostenbescheid für Kontrolle nach Lebensmittel– und Bedarfsgegenständerecht“ bezeichnet hat, genügt es wegen der einschränkenden Formulierung am Ende des Schreibens, wonach der Klägerin lediglich Gelegenheit zur Äußerung über die Höhe des Umsatzes gegeben werde, diesen Anforderungen wohl nicht.
Auch ist die Verpflichtung zur Anhörung wohl nicht nach § 28 Abs. 2 VwVfG i.V.m. § 1 NVwVfG entfallen. Nach dieser Vorschrift kann die Behörde von der Anhörung absehen, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalles nicht geboten ist; in diesem Zusammenhang zählt das Gesetz fünf Ausnahmegründe auf, die allerdings nicht abschließend sind. Liegen die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwVfG vor, räumt die Vorschrift der Behörde die Befugnis ein, nach Ermessen über einen Verzicht auf die Anhörung zu entscheiden. Diese Ermessensentscheidung bedarf einer Begründung, die erkennen lässt, auf welchen Erwägungen die Entscheidung, von der Anhörung abzusehen, beruht. Unabhängig davon, ob die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwVfG vorlagen, lässt sich der Begründung des angefochtenen Gebührenbescheides nicht entnehmen, dass der Beklagte eine solche Ermessensentscheidung getroffen und - gegebenenfalls - aus welchen Gründen er von der vorherigen Anhörung abgesehen hat (VG Lüneburg, U. v. 06.06.2016 - 6 A 121/15 - m. w. N. - www.rechtsprechung.niedersachsen.de).
Diese Fragen können allerdings ebenso offen bleiben, wie die Frage, ob der Anhörungsmangel (§ 28 Abs. 1 VwVfG) mit Durchführung des gerichtlichen Verfahrens, gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG geheilt worden ist. Denn ein Anhörungsmangel wäre gemäß § 46 VwVfG als unbeachtlich anzusehen. Nach dieser Vorschrift kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 VwVfG nichtig ist, u.a. nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Das ist hier der Fall. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin ihren Umsatz, der für die Staffelung der Gebührenerhebung relevant ist, selbst angegeben. Es spricht nichts dafür, dass die Klägerin im Rahmen des Anhörungsverfahrens weitere Umstände vorgetragen hätte, die zu einer erheblichen Gebührenermäßigung hätten führen können. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass sie solche Umstände, wie beispielsweise eine Existenzgefährdung (die allerdings wohl erst im Rahmen von Billigkeitsmaßnahmen nach § 11 NVwKostG zu berücksichtigen wären) vorgetragen hätte, denn dies wäre dann auch im vorliegenden gerichtlichen Verfahren geschehen. Soweit die Klägerin vorträgt, die Aufforderung zur Selbstauskunft und die hierbei angedrohte Schätzung, wenn die Auskunft nicht erteilt wird, seien ohne Rechtsgrundlage und damit rechtswidrig, ändert dies daran nichts.
Der angefochtene Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.
Die in dem angefochtenen Bescheid enthaltene Festsetzung einer Gebühr nach dem Kostentarif der GOVV, der die Gebühr erhöhende Zuschlag für An- und Abfahrt nach § 3 Abs. 2 GOVV sowie die geltend gemachten Auslagen für Reisekosten sind rechtlich nicht zu beanstanden.
Rechtsgrundlage für die Heranziehung der Klägerin zu einer Gebühr sind die §§ 1, 3, 5 NVwKostG i.V.m. Ziffer VI Nr. 2.4.2.3 GOVV.
Nach § 1 Abs. 1 NVwKostG werden unter anderem für Amtshandlungen im übertragenen Wirkungskreis der Gebietskörperschaften Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben, wenn die Beteiligten zu der Amtshandlung Anlass gegeben haben. Gemäß § 39 Abs. 1 LFGB ist die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes, der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union Aufgabe der zuständigen Behörden. Dazu haben sie sich durch regelmäßige Überprüfungen und Probennahmen davon zu überzeugen, dass die Vorschriften eingehalten werden. Die Klägerin hat die mit der Kontrolle am 26.01.2015 von dem Beklagten vorgenommene Amtshandlung im Sinne des § 1 NVwKostG veranlasst.
Der niedersächsische Landesgesetzgeber hat sich mit der in § 1 Abs. 1 Satz 1 und § 5 Abs. 1 Satz 1 und § 5 Abs. 1 Satz 1 NVwKostG enthaltenen umfassenden Formel im Gegensatz zu dem Begünstigungs-, Vorteils-, Interessen- oder Verschuldensprinzip für den umfassendsten denkbaren Anknüpfungsmaßstab entschieden. Im Sinne des NVwKostG hat derjenige zu einer Amtshandlung Anlass gegeben, der einen Tatbestand geschaffen hat, der die Behörde zu der Amtshandlung veranlasst hat. Danach ist es nicht erforderlich, dass die Amtshandlung von dem Betroffenen willentlich herbeigeführt worden ist, sondern es genügt, wenn der Betroffene denjenigen Tatbestand willentlich gesetzt hat, der unmittelbar Anlass für die Amtshandlung war. Bereits die amtliche Begründung zum Entwurf des Verwaltungskostengesetzes stellt klar, dass der Begriff der Veranlassung nicht voraussetzt, dass der Einzelne die Amtshandlung willentlich in Anspruch nimmt. Vielmehr sei anerkannt, dass Gebühren ohne eine Inanspruchnahme der Verwaltung für Verwaltungsmaßnahmen, insbesondere Überwachungsmaßnahmen gefordert werden können (VG Lüneburg, a. a. O. m. w. N.).
Entgegen der Auffassung der Klägerin entspricht diese Auslegung des Begriffes „Anlass“ in § 1 NVwKostG verfassungsrechtlichen Grundsätzen. Ein Recht auf Fortführung der vorangegangenen Praxis, für Plankontrollen im Gegensatz zu Verdachtskontrollen keine Kosten zu erheben, besteht zugunsten der Klägerin nicht.
Weder Artikel 3 der Kontrollverordnung (VO (EG) Nr. 882/2004) noch § 39 LFGB sehen eine (kostenrechtliche) Unterscheidung von Routine- und Anlasskontrolle vor; die kostenrechtliche Veranlassung liegt in beiden Fällen im Betreiben des Marktes (vgl. VG Lüneburg, a. a. O.; VG Oldenburg, Urteil vom 8.9.2015 - 7 A 2567/14 - www.rechtsprechung.niedersachsen.de).
Entgegen der Ansicht der Klägerin lässt sich aus der früheren Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts zur nicht mehr geltenden Vorschrift des § 46 a LMBG nichts Gegenteiliges ableiten (so im Ergebnis auch VG Lüneburg, a. a. O.). § 46 a LMBG formulierte, dass für nach diesem Gesetz und auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen vorzunehmende Amtshandlungen, die in die Zuständigkeit der Länder fallen, über die allgemeinen Überwachungsmaßnahmen hinausgehen und zur Durchführung von Rechtsakten der Organe der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union erforderlich sind, kostendeckende Gebühren und Auslagen erhoben werden. Diese Vorschrift ist nunmehr durch § 63 LFGB ersetzt, der regelt, dass das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit für individuell zurechenbare öffentliche Leistungen im Zusammenhang mit den Aufgaben nach § 68 LFGB Gebühren und Auslagen erhebt. Außerdem wird das Bundesministerium ermächtigt, durch Rechtsverordnung die gebührenpflichtigen Tatbestände näher zu bestimmen und dabei feste Sätze oder Rahmensätze vorzusehen und die zu erstattenden Auslagen abweichend vom Bundesgebührengesetz zu regeln. § 63 LFGB regelt also ausdrücklich nur die Gebührenerhebung durch Bundesbehörden, sodass nach geltendem Recht eindeutig geregelt ist, dass die Gebührenerhebung durch Landesbehörden (bzw. Kommunen im übertragenen Wirkungskreis) sich nach dem Landeskostenrecht und nicht nach dem LFGB richtet (VG Oldenburg, Urteil v. 27.2.2009 – 7 A 5297/06 - www. rechtsprechung.niedersachsen.de). Der vom Beklagten zu vollziehende § 39 LFGB regelt demgegenüber nur die Eingriffsbefugnis als solche, in Abs. 1 Satz 2 ausdrücklich für Routinekontrollen. Die von der Klägerin für eine Übertragung der Differenzierung aus § 46 a LMBG auf § 39 LFGB vorgetragene Argumentation geht demnach ins Leere. Die von der Klägerin zitierten Urteile (VG Oldenburg, a. a. O. und VG Stade, Urteil v. 1.9.2006 – 1A 429/06 –) haben verdachtsbezogene Kontrollen bzw. Probeentnahmen zum Gegenstand. In dem von der Klägerin angeführten Urteil des VG Darmstadt (U. v. 04.03.2013 - 4 K 955/10.DA -, juris) wurde bei einer Routinekontrollen ein erheblicher Mangel festgestellt, sodass die Kontrolle nicht beanstandungsfrei verlaufen ist. Die zitierten Entscheidungen können also für die vorliegende Frage der beanstandungsfreien Routinekontrollen nicht fruchtbar gemacht werden. Dies gilt auch, soweit die Klägerin vorträgt, aus den Entscheidungen ergebe sich im Umkehrschluss, dass eine Kostenerhebung bei Routinekontrollen nicht zulässig sei. Ein solcher allgemeiner Rechtsgedanke lässt sich diesen Einzelfallentscheidungen nicht entnehmen.
Entgegen der Ansicht der Klägerin ergibt sich auch aus dem Bundesgebührengesetz keine Sperrwirkung für die Gebührenerhebung bei Routinekontrollen, denn das Bundesgebührengesetz gilt ausweislich seines § 2 Abs. 1 ausschließlich für die Gebühren und Auslagen für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit im Bereich des Bundes. Eine für die Länder bindende Regelung eines einheitlichen Gebührenbegriffs auch für deren Verwaltungstätigkeit ist damit gerade nicht verbunden (VG Lüneburg, a. a. O.). Verfassungsrechtlich besteht keine Verpflichtung, die Gebührenerhebung im Bund und in den Ländern gleich zu regeln, Art. 30 GG. Im Übrigen dürfte der vorliegende Gebührenbescheid auch § 3 Bundesgebührengesetz entsprechen. Gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 4 BGebG ist nur eine solche Leistung individuell zurechenbar, bei der ein Anknüpfungspunkt im Pflichtenkreis des von der Leistung Betroffenen rechtlich begründet ist; für Stichprobenkontrollen gilt dies nur, soweit diese nach anderen Gesetzen des Bundes oder Rechtsakten der Europäischen Union besonders angeordnet sind und von dem Gegenstand der Kontrolle eine erhebliche Gefahr ausgeht. Die im vorliegenden Fall streitgegenständlichen Stichprobenkontrollen sind in Art. 26 bzw. Erwägungsgrund 6 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 in einem Rechtsakt der Europäischen Union sowie in § 39 Abs. 2 LFGB besonders angeordnet. Aus der Begründung dieser Anordnung in dem europäischen Rechtsakt ergibt sich auch die generelle Annahme einer Gefährdung, die vom Gegenstand der Kontrolle, nämlich dem Lebensmittelunternehmen ausgeht.
Soweit die Klägerin anführt, es widerspreche Art. 3 GG, die Eröffnung eines Lebensmittelbetriebs zum Anlass für eine Kostenerhebung für Routinekontrollen zu machen, Routinekontrollen im Straßenverkehr aber kostenfrei durchzuführen, folgt die Kammer dem nicht. Eine sachgerechte Unterscheidung im Sinne des Gleichheitsgrundsatzes ergibt sich vorliegend aus der oben angeführten Anordnung der lebensmittelrechtlichen Routinekontrollen sowie daraus, dass bei einer abgrenzbaren Gruppe (den Lebensmittelunternehmen) Plankontrollen durchgeführt werden, deren Aufwand pro Kontrollobjekt erheblich höher ist, als bei Routinekontrollen im Straßenverkehr.
Die Klägerin unterliegt als Lebensmittelunternehmen den Kontrollen nach § 39 Abs. 2 LFGB und Art. 26 der Kontrollverordnung (VO (EG) Nr. 882/2004). Nach Erwägungsgrund 10 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und Erwägungsgrund 6 der Kontrollverordnung wird es als für einen funktionierenden Binnenmarkt unumgänglich angesehen, regelmäßig umfassende Kontrollen zu tätigen.
Weil der Begriff des Anlasses in § 1 NVwKostG weder vom Wortlaut her noch systematisch noch historisch eine Kostenerhebung für Routinekontrollen ausschließt, kann die Klägerin nicht einwenden, der niedersächsische Verordnungsgeber habe mit dem Erlass der GOVV die Grenzen der Verordnungsermächtigung in § 1 NVwKostG überschritten, die GOVV also ohne die nach Art. 20 GG notwendige Rechtsgrundlage erlassen und damit in ihr Grundrecht aus Art. 12 GG in rechtswidriger Weise eingegriffen.
Die hier streitgegenständlichen Bestimmungen der GOVV entsprechen vielmehr dem Verfassungsrecht, den europarechtlichen Regelungen, den Regelungen des LFGB und denjenigen des Niedersächsischen Verwaltungskostengesetzes. Entgegen der Auffassung der Klägerin bilden sie damit eine von der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage und dem höherrangigen Recht abgedeckte Rechtsgrundlage für die Erhebung von Gebühren für Routineuntersuchungen.
Auch der hier im Einzelfall angewandte Gebührentatbestand nach VI.2.4 der Anlage zur GOVV begegnet keinen Bedenken. Die Kammer folgt dem Einwand der Klägerin, diese Vorschrift verstoße gegen die Grundsätze der Bestimmtheit einer Norm und der Verhältnismäßigkeit, nicht.
Der Gebührentatbestand VI.2.4.2 sieht für eine Kontrolle in einem sonstigen (nicht zulassungspflichtigen) Betrieb mit Ausnahme von Futtermittelunternehmen eine Gebühr vor, die bei Betrieben mit einem Jahresumsatz von nicht mehr als 125.000 Euro 43 Euro (VI 2.4.2.1) und bei einem Betrieb mit einem Jahresumsatz zwischen 125.000 Euro und 250.000 Euro 66 Euro (VI 2.4.2.2) beträgt. Bei Betrieben mit einem Jahresumsatz von mehr als 250.000 Euro (VI 2.4.2.3) berechnet sich diese Gebühr nach Zeitaufwand, jedoch mit mindestens 25 Euro. Nach der Anmerkung zu der Ziffer VI.2.4.2 sind nur im letzteren Fall (VI 2.4.2.3) Aufwendungen für An– und Abfahrten, Reisekosten und innerdienstliche Tätigkeiten nicht mit abgegolten. Die Vorschrift VI.2.4.2.2 hat der Beklagte hier zutreffend und zu Recht angewandt.
Der Umsatz des Betriebes der Klägerin liegt nach der Selbstauskunft über 125.000 Euro und unter 250.000 EUR im Jahr. Soweit die Klägerin einwendet, dass bereits die Forderung nach der Angabe des Umsatzes bzw. bei fehlender Angabe die Schätzung des Umsatzes rechtswidrig seien und zur Rechtswidrigkeit der Anwendung der gesamten Regelung führen würde, folgt die Kammer dem nicht. Im Rahmen der hier vorliegenden Anfechtungsklage ist der angefochtene Gebührenbescheid nach § 113 Abs. 1 Satz 1VwGO nur dann aufzuheben, wenn er bzw. seine Rechtsgrundlage rechtswidrig sind und die Klägerin in ihren Rechten verletzen. Dafür hat die Klägerin in diesem Zusammenhang nichts vorgetragen und ist auch nichts ersichtlich.
Die hier maßgebliche konkrete Regelung der GOVV ist ebenfalls mit höherrangigem Recht vereinbar, sie ist weder zu unbestimmt noch unverhältnismäßig.
Die Regelung entspricht dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz und dem hieraus abgeleiteten Grundsatz der Vorhersehbarkeit staatlicher Maßnahmen.
Die Höhe der Gebühr richtet sich im vorliegenden Fall nur nach Ziffer VI.2.4.2.2 der Anlage zur GOVV, wonach die Gebühr für Betriebe mit einer Umsatzhöhe wie der hier fraglichen Verkaufsstelle pauschal 66 Euro beträgt. Anhand dieser Regelung ist für die Klägerin absehbar, dass bei künftigen Routinekontrollen jeweils eine entsprechende Gebühr entsteht. Anders als im vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht (Urteil v. 20.11.2014 – 13 LB 54/12, www.rechtsprechung.niedersachsen.de) entschiedenen Fall zur GOVet 2014, die bei Schlachttier- und Fleischuntersuchungen je Schwein mit einem Schlachtgewicht von 25 kg und mehr einen Gebührenrahmen von 1 bis 30 EUR je Schwein vorsah, jedoch keinen Verteilungsmaßstab regelte, hat hier der Verordnungsgeber die Gebühr genau bestimmt, sodass dem Beklagten insoweit keinerlei Spielraum bleibt.
Lediglich die Häufigkeit der vorzunehmenden Kontrollen bleibt vom Beklagten zu entscheiden. Soweit die Klägerin vorträgt, die Bestimmung sei nur dann als rechtmäßig zu erachten, wenn auch die Häufigkeit der Kontrollen in der Gebührenvorschrift geregelt werde bzw. die Gebührenregelung eine Maximalgebühr für einen bestimmten Zeitraum enthielte, folgt die Kammer dem nicht.
Die Frage der Häufigkeit der in jedem Falle kostenpflichtigen Routinekontrollen selbst ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits, der sich lediglich auf die Anfechtung eines ersten Gebührenbescheides für eine einzelne Kontrolle – offenbar die erste unter der Geltung des neuen Gebührenrechts – richtet. Wenn bei der Klägerin durch weitere Gebührenbescheide dieser Art der Eindruck entstehen sollte, dass eine willkürliche Häufung von routinemäßigen Kontrollmaßnahmen mit den entsprechenden kostenrechtlichen Konsequenzen vorliegt, müsste sie dies in einem weiteren Verfahren gegen die späteren Bescheide geltend machen. Im Übrigen liegt dem Einwand der Klägerin die Annahme zugrunde, eine Gebührenpflicht entstünde auch bei einer unverhältnismäßigen oder gar willkürlichen Häufung der Kontrollen. Dies trifft aber nicht zu. Eine Gebührenerhebung setzt schon nach allgemeinen Grundsätzen stets die Rechtmäßigkeit des zugrundeliegenden Verwaltungshandelns voraus. Eine unverhältnismäßige oder willkürliche Häufung würde aber die Rechtswidrigkeit der Kontrollen begründen.
Das Gleiche gilt für den Vortrag der Klägerin, dass sich der Umfang der Gebührenerhebung noch zukünftig erheblich erhöhen könnte, wenn der Beklagte zukünftig – nach Abänderung der offenbar derzeit bestehenden Erlasslage - vermehrt auch routinemäßig Proben nehmen und diese Kosten dann - gegebenenfalls als Auslagen nach § 13 NVwKostG - geltend machen würde. Die Kosten für die Erhebung von Proben sind nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits.
Auch soweit die Klägerin diese beiden Argumente unter dem Gesichtspunkt der Vorhersehbarkeit zukünftiger Gebührenbelastung vorbringt, dringt sie mit ihrer Argumentation nicht durch. Zwar ist die Argumentation der Klägerin zutreffend, dass im Falle einer zwingenden Gebührenerhebung für Routinekontrollen die Lebensmittelüberwachung mit der Festlegung der Kontrollzyklen auch die Gebührenhöhe für einen bestimmten Zeitraum bestimmt. Jedoch kann dies nicht dazu führen, dass angesichts des Grundsatzes der risikoorientierten Kontrolle von Betrieben über das Gebührenrecht die Anzahl der Kontrollmaßnahmen bestimmt wird.
Die aktuelle Regelung über die Gebührenerhebung führt entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht dazu, dass die Behörde durch willkürliche Anordnung von Kontrollen ihre Gebühreneinnahmen steigern und den Haushalt der Kommune damit sanieren kann. Die Häufigkeit der Routinekontrollen ist in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift über Grundsätze zur Durchführung der amtlichen Überwachung der Einhaltung lebensmittelrechtlicher, weinrechtlicher, futtermittelrechtlicher und tabakrechtlicher Vorschriften (AVV Rahmen- Überwachung – AVV RÜb - vom 3. Juni 2008 zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 14. August 2013 (BAnz AT 20.08.2013 B2)) geregelt. Diese enthält beispielsweise in § 6 allgemeine Kriterien der risikoorientierten Kontrolle von Betrieben. Hier ist geregelt, nach welchen Kriterien die Häufigkeit der Überwachungsmaßnahmen zu bestimmen ist. Dieses System risikoorientierter Kontrolle, also die Festlegung der Kontrollrhythmen nach dem Risiko, das nach den dort aufgestellten typisierenden Regelungen aus der Art des Betriebes, dem vorangegangenen Verhalten des betroffenen Unternehmens und seinen Qualitätssicherungsmaßnahmen festgelegt wird, sichert eine systematische, nicht willkürliche Kontrolle, schließt es aber dann auch aus, im Kostenrecht eine Regelung zu treffen, wonach Routinekontrollen nur in einem bestimmten jährlichen Umfang zulässig sind. Eine Begrenzung der Zahl der Kontrollen bzw. Deckelung der Kosten würde im Übrigen auch nicht die Unterschiede der einzelnen Unternehmen hinreichend berücksichtigen und ist daher auch im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz, Art. 3 GG, abzulehnen. Da sich nach der AVV-RÜb die Häufigkeit der Kontrolle nach der Einordnung des betreffenden Betriebes in dieses Risikosystem richtet, wäre eine Deckelung der in einem bestimmten Zeitraum zu erhebenden Gebühr gleichheitswidrig, also ein Verstoß gegen Art. 3 GG. Eine solche Obergrenze im Gebührenrecht würde nämlich dazu führen, dass bei mit eher höherem Risiko eingestuften Betrieben die Gebühren für die nach dem Risikosystem notwendigen Kontrollen nicht mehr erhoben würden. Mithin würde sich durch eine solche Obergrenze im Gebührenrecht nur ein Vorteil für diejenigen Betriebe ergeben, deren Risiko nach dem System der AVV-RÜb höher eingeschätzt wird als das anderer Betriebe.
Aus den Einordnungskriterien im System der AVV-RÜb ergibt sich auch, dass die Klägerin gegen die Durchführung und Abrechnung von Routinekontrollen nicht generell einwenden kann, dass sie über ein funktionierendes Qualitätssicherungssystem verfügt. Gerade diese Art von Qualitätssicherungssystemen und ihr Funktionieren ist nach der AVV-RÜb ebenso wie nach Art. 3 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 Anknüpfung für die Häufigkeit der Kontrollen. Nach Art. 27 Abs. 6 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 sind diese Systeme insoweit auch bei der Gebührenerhebung zu berücksichtigen, als sie zu einem längeren Untersuchungsrhythmus führen. Im Übrigen ist die Klägerin nach der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 zur Einführung dieser Qualitätssicherungsmaßnahmen verpflichtet. Das geltende Recht berücksichtigt demnach bereits die Tatsache, dass Lebensmittelunternehmen Qualitätssicherungsmaßnahmen der hier vorgetragenen Art eingeführt haben, sodass die Einführung solcher Maßnahmen der Routinekontrolle und der Gebührenerhebung nicht entgegensteht.
Eine Reduzierung der Häufigkeit von Kontrollen und die damit einhergehende oder extra angeordnete Reduzierung der Gebühren unter die Kostendeckungsgrenze ist zwar in Art. 27 Abs. 6 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 geregelt. Danach können die Mitgliedstaaten zur Berücksichtigung der von den Unternehmen eingesetzten Systeme für Eigenkontrollen sowie des im Rahmen der amtlichen Kontrollen festgestellten Umfangs der Einhaltung der Vorschriften den Beitrag für die amtlichen Kontrollen auf einen niedrigeren Betrag festlegen, wenn die amtlichen Kontrollen für eine bestimmte Art von Lebensmitteln oder von Tätigkeiten mit geringerer Häufigkeit durchgeführt werden. In diesem Falle muss der betreffende Mitgliedstaat jedoch der Kommission einen Bericht übermitteln, indem er darlegt, weshalb er für bestimmte Fälle einen niedrigeren Betrag festlegt. Diese allgemeine Regelung ist aber nicht Gegenstand der vorliegenden, auf die Aufhebung eines bestimmten Gebührenbescheides gerichteten Anfechtungsklage.
Auch die Gebührenregelung im Einzelnen verstößt nicht gegen das Bestimmtheitsgebot. Die hier geregelte Systematik, für Betriebe mit einem Jahresumsatz bis 125.000 Euro bzw. zwischen 125.000,- Euro und 250.000,- Euro jeweils einen Pauschalbetrag festzusetzen, und für Betriebe mit einem Jahresumsatz mehr als 250.000,- Euro nach Zeitaufwand – mit einer Mindestgebühr von 25,- Euro – abzurechnen, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Sie enthält nach dem im Gebührenrecht anzuwendenden Grundsatz der typisierenden Betrachtung (VG Oldenburg, U. v. 08.09.2015 – 7 A 2567/14 –, juris Rn. 77) eine ausreichende Differenzierung, die den Anforderungen des Art. 3 GG und dem Bestimmtheitsgrundsatz gerecht wird.
Eine Anknüpfung an den Jahresumsatz zur Bestimmung des Umfangs der einzelnen Kontrollmaßnahmen und eine danach festgesetzte Pauschalgebühr erachtet die Kammer als sachgerecht. Der Jahresumsatz erscheint im Rahmen der typisierenden Gebührenfestsetzung als sachgerechtes Kriterium zur Abschätzung der Größe des zu kontrollierenden Betriebes und mithin des bei der Kontrolle zu erwartenden Aufwandes. Entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung fordert Art. 27 der VO (EG) Nr. 882/2004 auch nicht, eine weitere Differenzierung nach der Lage des Unternehmens vorzunehmen. Zwar mag es im Einzelfall sein, dass ein Lebensmittelunternehmen an einem großen Bahnhof auf einer geringeren Fläche einen deutlich höheren Umsatz hat als ein Unternehmen mit größerer Fläche auf dem Lande. Zum einen stehen solche Unterscheidungen im vorliegenden Falle und bei den von der Kammer zu entscheidenden Fällen nicht in Rede. Im Rahmen der typisierenden Betrachtungsweise des Gebührenrechtes können zum anderen solche Einzelfälle nicht berücksichtigt werden. Fälle dieser Art müssten über die Billigkeitsregelungen des Niedersächsischen Verwaltungskostengesetzes geregelt werden.
Auch der Vortrag der Klägerin, die Pauschalgebühr der Ziffer VI.2.4.2.2 der Anlage zur GOVV verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz in Art. 3 GG, greift nicht durch. Aus der Staffelung der Gebühren innerhalb der Regelung der Ziffer VI.2.4.2.1 bis VI.2.4.2.3 der Anlage zur GOVV ergibt sich keine rechtswidrige Ungleichbehandlung der Klägerin gegenüber den von der Ziffer VI.2.4.2.1 und VI.2.4.2.3 erfassten Betrieben. Wie bereits ausgeführt, knüpft der Verordnungsgeber zu Recht an den Jahresumsatz des zu kontrollierenden Betriebes an, weil dies den Umfang der erforderlichen Kontrollen indiziert. Systematisch ist es dann nicht zu beanstanden, die Festgebühr für einen Betrieb mit einem Jahresumsatz von nicht mehr als 125.000 Euro (kleiner Betrieb) auf 43 Euro festzusetzen. Dies entspricht vielmehr der Mindestgebühr nach VI.2.4.2.3 i.V.m. § 3 Abs. 2 Satz 3 GOVV und ist deswegen eine Privilegierung gegenüber der Berechnung nach Zeitaufwand. Es ist weiterhin nicht sachwidrig, die Festgebühr für Betriebe mit einer Umsatzgröße wie die Klägerin (mittelgroße Betriebe) gemäß VI.2.4.2.2 der Anlage zur GOVV in Höhe von 66 Euro festzusetzen. Unter Berücksichtigung der nach § 1 AllGO in Ansatz zu bringenden Stundensätze liegt dem die zulässige pauschalierende Annahme zugrunde, dass die Kontrolle in einem mittelgroßen Betrieb regelmäßig einen jedenfalls mehr als 15 Minuten höheren Zeitaufwand verursacht als die Kontrolle in einem Kleinbetrieb. Auch im Verhältnis zu den Kontrollen in einem Betrieb mit einem Umsatz von mehr als 250.000 Euro ist kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz ersichtlich. Zwar sind in dem von der Kammer am heutigen Tage ebenfalls entschiedenen Verfahren 5 A 156/15 bei einem Betrieb mit einem Umsatz von mehr als 250.000 Euro nach Ziffer VI.2.4.2.3 der Anlage zur GOVV Gebühren in Höhe von lediglich 57 Euro entstanden. Die Sachverhalte sind aber nicht vergleichbar, weil der Betrieb in dem Verfahren 5 A 156/15 in Goslar, also am Sitz des Beklagten, lag und nicht – wie die Klägerin – in G.. Bei einer Berechnung der Gebühren nach Ziffer VI.2.4.2.3 wären der Aufwand für An– und Abfahrten sowie die Fahrtkosten von Goslar nach G. berücksichtigt worden. Deshalb spricht nichts dafür, dass bei einer Berechnung nach Ziffer VI.2.4.2.3 der Anlage zur GOVV Kosten in Höhe von weniger als 66 Euro entstanden wären. Es ist daher innerhalb des Systems der Ziffern VI.2.4.2.1 bis VI.2.4.2.3 der Anlage zur GOVV jedenfalls keine gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßende Rechtsverletzung zulasten der Klägerin ersichtlich.
Auch das System der Ziffern VI.2.4.2.1 bis VI.2.4.2.3 der Anlage zur GOVV als solches verstößt nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz. Die Berechnung des Aufwandes für An- und Abfahrten gem. § 3 Abs. 2 GOVV nach Zeitaufwand sowie die Geltendmachung von Reisekosten begegnet weder im Hinblick auf den Bestimmtheitsgrundsatz noch auf Art. 3 GG Bedenken. In Niedersachsen ist insoweit auf die Regelungen über die Abrechnung von Dienstreisen und nach Zeit abzurechnendem Verwaltungsaufwand nach dem Niedersächsischen Verwaltungskostengesetz, der AllGO und den entsprechenden Erlassen abzustellen, sodass auch hier die Kosten überprüfbar und vorhersehbar sind (vgl. VG Lüneburg, a. a. O.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.
Die Berufung ist nach §§ 124 a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Es ist aus Gründen der Rechtssicherheit (vgl. dazu Kopp/Schenke, Komm. zur VwGO, 1. Aufl. 2015 § 124 Rn. 10) klärungsbedürftig, ob nach niedersächsischem Landesrecht für Routinekontrollen von Lebensmittelmärkten Gebühren erhoben werden dürfen. Wegen dieser Rechtsfrage sind zahlreiche Verfahren nicht nur der Klägerin bei mehreren niedersächsischen Verwaltungsgerichten anhängig (vgl. VG Lüneburg, a. a. O.)
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 3 GKG.