Verwaltungsgericht Göttingen
Beschl. v. 01.04.2003, Az.: 2 B 112/03
Bestimmtheit; gemeinnützige Arbeit; Gesamtplan; Hilfe zur Arbeit; wöchentliche Arbeitszeit; Zumutbarkeit; zusätzliche Arbeit
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 01.04.2003
- Aktenzeichen
- 2 B 112/03
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 47986
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 18 Abs 3 BSHG
- § 19 Abs 1 BSHG
- § 19 Abs 2 BSHG
- § 19 Abs 4 BSHG
- § 33 Abs 1 SGB 10
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Das Angebot, gemeinnützige und zusätzliche Arbeit nach § 19 Abs. 2 Satz 1 2. Alt. BSHG zu leisten, ist ein Verwaltungsakt (wie BVerwG).
2. Zu den Bestimmtheitsanforderungen eines solchen Verwaltungsaktes.
3. Zur Zumutbarkeit eines solchen Angebots. Hier: Wöchentliche Arbeitszeit von 30 Stunden.
Tenor:
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe
Die beantragte Prozesskostenhilfe kann nicht bewilligt werden, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung derzeit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).
Der Antragsteller begehrt Prozesskostenhilfe für einen noch zu stellenden Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs vom 04. März 2003 gegen den für sofort vollziehbar erklärten Bescheid des Antragsgegners vom 26. Februar 2003, mit dem er dem Antragsteller gemeinnützige zusätzliche Arbeit ab 03. März 2003 angeboten hat.
Die im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet deshalb keine hinreichenden Erfolgsaussichten, weil der streitgegenständliche Bescheid – derzeit - voraussichtlich rechtmäßig ist.
Der einstweilige Rechtsschutzantrag wäre zwar statthaft, weil das mit dem Bescheid vom 26. Februar 2003 ausgesprochene Angebot zur Arbeit einen mit dem Widerspruch angreifbaren Verwaltungsakt darstellt (vgl. BVerwG, Urteile vom 13.10.1983 –5 C 66.82-, BVerwGE 68, 97 (99) und vom 04.06.1992 –5 C 35.88-, FEVS 43, 89 (92); Beschluss der Kammer vom 08.12.1992 –2 B 2276/92-; a.A. OVG Münster, Beschluss vom 12.03.1999
–24 B 1378/98-; FEVS 51, 86 m.w.N.).
Der Antrag wäre jedoch nicht begründet. Denn die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Abwägung zwischen dem Interesse des Antragstellers, einstweilig vom Vollzug der angefochtenen Verfügung verschont zu bleiben, und dem öffentlichen Interesse des Antragsgegners an der sofortigen Vollziehung dieses Bescheides würde zu Lasten des Antragstellers ausgehen.
Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung genügt noch den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO. Der Antragsgegner hebt darauf ab, dass durch die Gewöhnung an Arbeit die Vermittlungsmöglichkeiten erhöht werden und die Vermittlungsbereitschaft gestärkt wird, was positive Auswirkungen auf die aus öffentlichen Mitteln gezahlte Sozialhilfe haben kann. Dies genügt.
Der Antragsgegner kann den Bescheid der in seinem Namen und Auftrag handelnden Stadt vom 26. Februar 2003 nach der gebotenen summarischen Rechtmäßigkeitsprüfung voraussichtlich auf § 19 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 2. Alt. BSHG stützen.
Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 BSHG sollen für Hilfesuchende, insbesondere junge Menschen, die keine Arbeit finden können, Arbeitsgelegenheiten geschaffen werden. Gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 2. Alt. BSHG kann dem Hilfesuchenden, dem Gelegenheit zu gemeinnütziger und zusätzlicher Arbeit geschaffen wird, Hilfe zum Lebensunterhalt zuzüglich einer angemessenen Entschädigung für Mehraufwendungen gewährt werden. Gemäß § 18 Abs. 3 BSHG muss die geschaffene Arbeitsgelegenheit für den Hilfeempfänger zumutbar sein.
Der angefochtene Bescheid ist hinreichend bestimmt im Sinne von § 33 Abs. 1 SGB X. Inhaltlich bestimmt ist ein die Schaffung einer Gelegenheit zu gemeinnütziger und zusätzlicher Arbeit nach § 19 Abs. 2 BSHG F. 1987 regelnder Bescheid, wenn die zu leistende Arbeit genau bezeichnet ist - und zwar auch für denjenigen verbindlich, der am Ende für die zu verrichtende Arbeit verantwortlich ist; denn nur dann lässt sich prüfen, ob es sich um eine Arbeit handelt, die gemeinnützig und zusätzlich im Sinne des § 19 Abs. 2 Halbsatz 2 BSHG F. 1987 ist, und ob sie dem Hilfesuchenden zumutbar im Sinne des § 18 Abs. 3 BSHG F. 1987 ist. Es genügt nicht, dass der Träger der Sozialhilfe den Hilfesuchenden lediglich einer Einrichtung zuweist und die Auswahl der konkret zu leistenden Arbeit etwa der Leitung dieser Einrichtung überlässt (vgl. BVerwG, Urteile vom 10.02.1983 –5 C 115.81-, BVerwGE 67, 1, 6 f.; vom 13.10.1983 –5 C 66.82-, BVerwGE 68, 97, 99; Beschluss vom12.12.1996 –5 B 192.95-, juris).
Die hinreichende inhaltliche Bestimmtheit eines auf § 19 Abs. 2 BSHG F. 1987 gestützten Verwaltungsaktes erfordert ferner Angaben zum zeitlichen Umfang der zu leistenden Arbeit und zu ihrer zeitlichen Verteilung sowie schließlich dazu, ob das übliche Arbeitsentgelt oder die (regelsatzmäßige) Hilfe zum Lebensunterhalt nebst einer bestimmten Entschädigung für Mehraufwendungen gewährt werden soll (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.10.1983, a.a.O., S. 100).
Diese Voraussetzungen sind im angefochtenen Bescheid erfüllt. Er regelt sowohl den Inhalt (jahreszeitlich nicht unbedingt notwendige Garten-/Wald- und Reinigungsarbeiten in den städtischen Grün-/Waldanlagen) und den zeitlichen Umfang (wöchentliche Arbeitszeit von 30 Stunden bei mindestens 80 Arbeitsstunden im Monat) der angebotenen Arbeit wie auch den Ort, an dem die Arbeit zu leisten ist (Städtische Betriebe der Stadt ....). Daneben ist geregelt, dass der Antragsteller während der Tätigkeit Hilfe zum Lebensunterhalt nach den §§ 11 ff. BSHG zuzüglich einer Entschädigung für Mehraufwendungen in Höhe von 1 Euro je Stunde der Tätigkeit erhält.
Der Antragsteller gehört auch zum Personenkreis des § 19 Abs. 1 Satz 1 BSHG, da er keine Arbeit finden kann.
Der Gesetzgeber hat mit den §§ 18 bis 20 BSHG die „Hilfe zur Arbeit“ als eine Art der Hilfe in besonderen Lebenslagen ausgestaltet. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass das Haben oder Nichthaben von Arbeit nicht nur als ein wirtschaftliches Problem zu sehen ist. Arbeiten als solches ist ein Mittel, einen Hilfesuchenden (Hilfeempfänger) in seinem Selbsthilfestreben zu unterstützen und ihm Gelegenheit zur Entfaltung seiner Persönlichkeit zu geben, ein wesentliches Kriterium für ein Leben, das der Würde des Menschen entspricht. Das Angebot gemeinnütziger und zusätzlicher Arbeit kann daher im Rahmen des Zumutbaren je nach den Umständen des Einzelfalles sinnvoll und geboten sein, um der Arbeitsentwöhnung vorzubeugen, der sozialen Ausgliederung entgegenzuwirken, Gelegenheit zur Selbstbetätigung zu geben und den Hilfebedürftigen auf die Übernahme einer Erwerbstätigkeit vorzubereiten, die ihn befähigt, unabhängig von Sozialhilfe zu leben. Ausgehend von diesem Gesetzeszweck fallen unter den Personenkreis derjenigen, die keine Arbeit finden können, sowohl diejenigen Hilfesuchenden, die aus in ihrer Person liegenden (subjektiven) Gründen den Anforderungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht oder nur eingeschränkt gewachsen sind, als auch Hilfesuchende, die durch außerhalb ihrer Person liegende (objektive) Gründe, insbesondere infolge der vorherrschenden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und eines allgemeinen Arbeitsplatzmangels, keine Beschäftigung finden (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 10.02.1983, a.a.O., 5; Urteil vom 04.06.1992 –5 C 35.88-, FEVS 43, 89, 91).
Es liegt auf der Hand, dass der Antragsteller, der weder über einen Schul- noch einen Ausbildungsabschluss verfügt und darüber hinaus mehrfach in Strafhaft einsaß, auf dem freien Arbeitsmarkt nicht vermittelbar ist und somit auch in Anbetracht der kurzen, nach seiner letzten Freilassung am 31. Januar 2003 bis zum Bescheiderlass am 26. Februar 2003 vergangenen Zeit, dem Personenkreis des § 19 Abs. 1 BSHG zuzurechnen ist.
Der Antragsgegner hat dem Antragsteller auch gemeinnützige und zusätzliche Arbeit im Sinne des § 19 Abs. 2 BSHG angeboten.
Dass die dem Antragsteller angebotene Beschäftigung bei den städtischen Betrieben in der Form von Garten-/Wald- und Reinigungsarbeiten in den städtischen Grün-/Waldan-
lagen als gemeinnützig im Sinne des § 19 Abs. 2 BSHG anzusehen ist, bedarf keiner näheren Darlegung. Gemeinnützig ist - wie sich schon aus dem Wortlaut ergibt - eine Arbeit, die nicht unmittelbar erwerbswirtschaftlichen Zwecken, sondern dem allgemeinen Wohl bzw. dem gemeinen Nutzen dient. Für die Kammer sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die dem Antragsteller angebotenen Arbeiten etwa erwerbswirtschaftlichen Zwecken, nicht aber dem gemeinen Wohl dienten.
Es handelt sich auch um zusätzliche Arbeit im Sinne der genannten Bestimmung. "Zusätzlich" ist, wie sich aus der gesetzlichen Definition des § 19 Abs. 2 Halbsatz 2 BSHG ergibt, (nur) die Arbeit, die sonst nicht, nicht in diesem Umfang oder nicht zu diesem Zeitpunkt verrichtet werden würde. Bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich, dass damit nur diejenige Arbeit als zusätzlich zu qualifizieren ist, die ohne die Annahme des Beschäftigungsangebotes nach § 19 Abs. 2 Halbsatz 1 BSHG in qualitativer, quantitativer oder zeitlicher Hinsicht in einem verminderten Maße geleistet würde. Nach dem Gesetzestext ist es an sich unerheblich, aus welchem Grund die betreffende Arbeit sonst, d.h. ohne eine Beschäftigung nach § 19 Abs. 2 Halbsatz 1 BSHG nicht, nicht in diesem Umfang oder nicht zu diesem Zeitpunkt verrichtet werden würde. Bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals der "zusätzlichen" Arbeit muss jedoch der gesetzliche Zweck der Vorschrift beachtet werden. Dieser besteht, wie oben in anderem Zusammenhang bereits dargelegt, ersichtlich darin, dem Hilfesuchenden ein Hilfsangebot zu unterbreiten, um ihm Gelegenheit zur Entfaltung seiner Persönlichkeit zu geben, ihn in seinem Selbsthilfestreben zu unterstützen und damit auf Dauer von Sozialhilfe unabhängig zu machen. Dagegen soll die Schaffung von Arbeitsgelegenheiten nach § 19 Abs. 2 BSHG nicht die Einsparung "regulär" beschäftigter Arbeitskräfte bewirken. Im Rahmen des § 19 Abs. 2 Halbsatz 1 BSHG sollen keine "Ersatz"-Arbeitsplätze, sondern "zusätzliche", also weitere Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen werden. An dem Merkmal der Zusätzlichkeit fehlt es auch, wenn die Arbeiten zum vorgesehenen Zeitpunkt oder jedenfalls alsbald in jedem Falle durchgeführt werden müssen und dabei auch in ihrer Intensität (Gründlichkeit) keinen wesentlichen Spielraum lassen, (vgl. dazu Krahmer in: LPK-BSHG, § 19 Rdnr. 9; Schellhorn/Jirassek/Seipp, BSHG, 15. Aufl., § 19 Rdnr. 10).
In Literatur und Rechtsprechung ist unbestritten, dass jahreszeitlich nicht unbedingt notwendige Reinigungs- und Pflegearbeiten in Grünanlagen "zusätzliche" gemeinnützige Arbeiten sind, (vgl. OVG Münster, Urteil vom 19.07.1995 –8 A 46/92-, DVBl 1996, 319; Krahmer, a.a.O.; Mergler/Zink, Bundessozialhilfegesetz, Kommentar, 4. Auflage, § 19 Rdnr. 11.) So liegt der Fall nach dem eindeutigen Wortlaut des angefochtenen Bescheides hier.
Die dem Antragsteller vom Antragsgegner angebotene Arbeit im Umfang von 30 Stunden wöchentlich hält die Kammer jedenfalls im Zeitpunkt dieser Entscheidung auch noch für zumutbar im Sinne von § 18 Abs. 3 BSHG.
In Literatur und Rechtsprechung ist ausgehend von dem oben geschilderten Zweck der §§ 18 ff. BSHG herausgearbeitet worden, dass die angesonnene gemeinnützige Arbeit zu der fortgewährten Hilfe zum Lebensunterhalt in einem angemessenen Verhältnis stehen muss. Als Unzumutbar wird es in diesem Zusammenhang jedenfalls angesehen, wenn ein Hilfeempfänger “vollschichtig“ zur gemeinnützigen Arbeit herangezogen wird, weil in diesem Fall die Leistungen des Sozialhilfeträgers (Hilfe zum Lebensunterhalt und Mehraufwandsentschädigung) in einem eindeutigen Missverhältnis zum Umfang der Arbeitsleistung stehen (vgl. Krahmer, a.a.O., Rdnr. 17; Schellhorn u.a., a.a.O. Rdnr. 20, jeweils m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 10.02.1983, a.a.O., 7; Urteil vom 13.10.1983, a.a.O., 96; OVG Lüneburg, Beschluss vom 02.04.1981 –4 OVG B 2/81-). Die Grenze des Zumutbaren ist nach den konkreten Umständen einzelfallbezogen zu ziehen, wobei der Frage der Arbeitsentwöhnung des Hilfeempfängers, der die §§ 18 ff. entgegenwirken sollen, ausschlaggebende Bedeutung zukommt. Deshalb vermag sich die Kammer nicht der in der Literatur (vgl. Krahmer und Schellhorn u.a., a.a.O.) vertretenen Ansicht anzuschließen, die absolute Grenze des zeitlich Zumutbaren liege bei 20 (so Krahmer, a.a.O.) bzw. 20 bis 25 (so Schellhorn u.a., a.a.O.) Arbeitsstunden wöchentlich. Dies vermag die Kammer allenfalls als Richtschnur für den Regelfall zu erkennen.
Die Besonderheiten des Antragstellers rechtfertigen es, eine wöchentliche Arbeitszeit von 30 Stunden jedenfalls für einen überschaubaren Zeitraum, den die Kammer mit drei Monaten bemisst, in seinem Fall noch für zumutbar zu halten. Denn der Antragsteller ist trotz seines Alters von 28 Jahren mit Ausnahme von gelegentlichen gemeinnützigen Tätigkeiten im Rahmen der §§ 18 ff. BSHG bisher keiner geregelten Arbeit nachgegangen. Er verfügt, wie dargelegt, weder über einen Schul- noch einen Ausbildungsabschluss. Folglich sind dem Antragsteller Arbeitsverhältnisse aus eigener Anschauung gänzlich unbekannt. Um ihm einen realistischen Einblick in die Arbeitswelt zu verschaffen, was unabdingbare Voraussetzung dafür ist, dass er überhaupt in die Lage versetzt wird, sich dem freien Arbeitsmarkt zu nähern und von Sozialhilfe unabhängig zu werden, erscheint es der Kammer in seinem Fall zumutbar, von ihm für einen begrenzten Zeitraum ein relativ hohen, nahezu vollschichtigen wöchentlichen Arbeitseinsatz zu verlangen. Die Kammer hätte jedoch Bedenken, diesen Zeitraum länger als über drei Monate auszudehnen, weil dann der beschriebene Zweck zurücktritt und ein Missverhältnis zwischen Leistungen des Sozialhilfeträgers und angebotener Arbeitsleistung entstehen könnte. Dies wird der Antragsgegner gegebenenfalls bei seiner Entscheidung über den Widerspruch des Antragstellers vom 04. März 2003 zu beachten haben. Für die Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag des Antragstellers, für die auf den Zeitpunkt dieser Entscheidung abzustellen ist, spielt die genannte zeitliche Begrenzung indes keine Rolle. Denn ausgehend von dem verfügten Arbeitsbeginn am 01. März 2003 sind die drei Monate im Entscheidungszeitpunkt noch nicht abgelaufen.
Die Mehraufwandsvergütung in Höhe von 1,00 Euro pro Stunde führt ebenso wenig zur Unzumutbarkeit des Arbeitsangebots. Denn der Antragsgegner hat nachvollziehbar dargelegt, dass dem Antragsteller Aufwendungen für Arbeitskleidung und Fahrten zur Arbeitsstätte nicht entstehen. Körperliche oder andere Gründe im Sinne von § 18 Abs. 3 Satz 1 BSHG, die eine Unzumutbarkeit begründen könnten, hat der Antragsteller nicht vorgetragen und sind für die Kammer auch nicht ersichtlich.
Schließlich macht auch das vom Antragsteller behauptete Fehlen eines Gesamtplans nach § 19 Abs. 4 Satz 2 BSHG den angefochtenen Bescheid voraussichtlich nicht rechtswidrig.
Diese Bestimmung kann nicht losgelöst von dem dargestellten Konzept der Hilfe zur Arbeit betrachtet werden. Die Vorschrift, wonach "in geeigneten Fällen für den Hilfesuchenden unter Mitwirkung aller Beteiligten ein Gesamtplan zu erstellen ist", steht im Zusammenhang mit dem vorausgehenden § 19 Abs. 4 Satz 1 BSHG, der besagt, dass bei der Schaffung und Erhaltung von Arbeitsgelegenheiten die Träger der Sozialhilfe und die anderen auf diesem Gebiet tätigen Stellen zusammenwirken sollen. Der Absatz 4 des § 19 BSHG betrifft also die Koordination bei der Schaffung von Arbeitsgelegenheiten und dient damit dem Verfahren zur Erfüllung der den Sozialhilfebehörden nach § 19 Abs. 1 BSHG als Sollvorschrift obliegenden Aufgaben.
Durch die Erstellung eines Gesamtplans soll in geeigneten Fällen gewährleistet werden, dass die Beteiligten die im Einzelfall gebotenen und zur Verfügung stehenden Maßnahmen beraten und verbindlich absprechen; verschiedene Maßnahmen sollen zielgerichtet aufeinander aufbauen und dadurch auch der "Drehtüreffekt" von Maßnahmen vermieden werden. (Mergler/Zink, a.a.O., Rdnr. 4a).
Die Erstellung eines Gesamtplans hat also nur Bedeutung im Rahmen der zur Verfügung stehenden Maßnahmen. Eine selbständige Bedeutung in dem vom Antragsteller gemeinten anspruchsbegründenden Sinne kommt der Hilfeleistung in Form der Erstellung eines Gesamtplans nicht zu. Ein abstrakter Gesamtplan ohne eine bereits konkret vorhandene Möglichkeit der Realisierung ist sinnlos. Die Hilfe zur Arbeit in Form der Erstellung eines Gesamtplans hängt also voraussetzungsgemäß von der Schaffung von Arbeitsgelegenheiten ab und reicht damit hinsichtlich der Frage des sozialhilferechtlichen Anspruchs des einzelnen nicht weiter als § 19 Abs. 1 BSHG. Fehlt es aber an einem Anspruch im Rechtssinne, vermag die Nichterstellung eines Gesamtplans die Heranziehung zur Arbeit nach § 19 Abs. 2 Satz 1 2. Alt. BSHG nicht rechtswidrig zu machen.
Nach Lage des Falles ist aber auch nicht ersichtlich, dass der Antragsgegner den Antragsteller ermessensfehlerhaft bei seinen Maßnahmen der Hilfe zur Arbeit übergehen würde. Denn es gibt derzeit nach dem Gesagten keine Möglichkeit, für den Antragsteller eine Arbeitsgelegenheit zu schaffen oder zu erhalten, so dass eine Abstimmung mit Dienststellen der Bundesanstalt für Arbeit und/oder anderen auf diesem Gebiet tätigen Stellen oder die Erstellung eines Planes nicht geboten ist.
Selbst wenn man § 19 Abs. 4 Satz 2 BSHG im Sinne einer Anspruchsnorm auf Erstellung eines Gesamtplans interpretieren wollte (so wohl Krahmer a.a.O., Rdnr. 19 a.E.), wäre ein solcher Anspruch nach dem Wortlaut der Vorschrift auf geeignete Fälle beschränkt. Ein geeigneter Fall für ein Gesamtplanvorhaben ist der Fall des Antragstellers jedoch nicht. Der Fall des Antragstellers ist dadurch gekennzeichnet, dass es bisher auch unter Zuhilfenahme zahlreicher staatlicher Unterstützungsleistungen nicht gelungen ist, dem Antragsteller einen Schul- oder Berufsabschluss, geschweige denn eine Arbeitsstelle zu vermitteln. Dies beruht im Wesentlichen auf dem Verhalten des Antragstellers. Sinn der Hilfe zur Arbeit durch den Sozialhilfeträger, deren primäre Aufgabe, anders als die der Arbeitsverwaltung, nicht auf dem Gebiet der Arbeitsberatung und -vermittlung liegt und die der ihr obliegenden Existenzsicherung bereits durch die finanzielle Hilfe zum Lebensunterhalt nachkommt, ist es nicht, quasi alle Hebel in Bewegung zu setzen, um für einen einzelnen Hilfesuchenden eine Arbeitsmöglichkeit zu organisieren. Eine wunschgemäße Hilfeleistung, die einen über einen rationellen Mitteleinsatz hinausgehenden unangemessenen Aufwand erfordert, kann nicht verlangt werden (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 1 BSHG) und stellt deshalb auch keinen geeigneten Fall für eine durch einen Gesamtplan organisierbare Hilfe zur Arbeit dar (OVG Saarlouis, Urteil vom 27.02.1998 –8 R 7/96-, FEVS 49, 27).