Landgericht Oldenburg
Beschl. v. 19.12.2012, Az.: 6 O 2676/12

Bedeutung des Wohnsitzes des Beklagten als örtlichen Gerichtsstand bei Vorliegen einer abweichenden aber unwirksamen Gerichtsstandsvereinbarung; Vorliegen einer Kaufmannseigenschaft eines Landwirts bei Betreiben von Tierzucht in erheblichem Umfang auf engstem Raum

Bibliographie

Gericht
LG Oldenburg
Datum
19.12.2012
Aktenzeichen
6 O 2676/12
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2012, 31718
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGOLDBG:2012:1219.6O2676.12.0A

In dem Rechtsstreit
xxx
Klägerin,
- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanw. xxx
gegen
Herrn xxx,
Beklagten,
- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanw. xxx
hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg am 19.12.2012 durch die unterzeichnenden Richter
beschlossen:

Tenor:

Das Landgericht Oldenburg erklärt sich für örtlich unzuständig und verweist den Rechtsstreit auf Antrag der klagenden Partei vom 20.11.2012 nach Anhörung der Parteien an das örtlich zuständige Landgericht in Osnabrück (§ 281 ZPO).

Gründe

1

Das Landgericht Oldenburg ist für den Rechtsstreit nicht zuständig, da der Beklagte seinen allgemeinen Gerichtsstand nicht im Bezirk des Landgerichts Oldenburg hat. Für Wietmarschen, dem Wohnsitz des Beklagten, ist zuständig das Landgericht in Osnabrück (§§ 12,13 ZPO).

2

Eine Zuständigkeit des Landgerichts Oldenburg ist nicht durch eine wirksame Gerichtsstandvereinbarung der Parteien begründet worden. Zwar ist in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin unter III. 2. für Ansprüche aus Geschäftsverbindungen mit Kaufleuten als ausschließlicher Gerichtsstand Vechta vereinbart worden. Der Beklagte ist jedoch nicht als Kaufmann tätig.

3

Nach § 3 Abs. 2 HGB ist ein Landwirt nur dann als Kaufmann zu behandeln, wenn dieser in das Handelsregister eingetragen ist. Allein das aus der Größe eines Betriebes folgende Erfordernis eines in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebes nach § 1 HGB begründet eine Kaufmannseigenschaft für einen Landwirt nicht (§ 3 Abs. 1 HBG). Eine Eintragung des Beklagten in das Handelsregister liegt nicht vor.

4

Die Kaufmannseigenschaft des Beklagten folgt auch nicht aus dem Vortrag der Klägerin, wonach der Beklagte Tierzucht in erheblichem Umfang auf engstem Raum betreibt, die nicht mit der Ausnutzung von Ländereien im Zusammenhang steht. Denn nach dem durch eine Bescheinigung der Landschaftlichen Buchstelle belegten Vortrag des Beklagten betreibt dieser neben der Schweinmast eine Sauenhaltung und eine Ferkelaufzucht und bewirtschaftet ca. 58 ha. Daraus folgt der Betrieb eines landwirtschaftlichen Unternehmens, das seinen Ertrag aus der Ausnutzung des Bodens zieht. Betriebe mit Viehwirtschaft und Viehzucht gehören zur Landwirtschaft. Etwas anderes gilt nur für Mastbetriebe, die im Wesentlichen mit fremdem, gekauftem Futter arbeiten (Röhricht/Graf von Westfalen, HGB, 2. Aufl., § 3 Rdnr. 4, 5). Eine derartige Sachlage hat die Klägerin jedoch nicht dargetan und nachgewiesen. Vielmehr hat sie den Beklagten in der vorprozessualen Korrespondenz als Landwirt bezeichnet, wie das Angebot vom 25.08.2010 deutlich macht. Selbst wenn der Beklagte Umsätze von über einer Million EUR pro Jahr erzielt, folgt aus dem Sinn des Gesetzes kein Ausschluss der Regelung in § 3 HGB. Auf die Größe des Betriebes ist nicht abzustellen, wenn große Flächen bewirtschaftet und mit der Landwirtschaft hohe Umsätze erzielt werden. Auch wenn aus steuerlichen Gründen unterschieden wird zwischen einem Betrieb der Schweinemast und einem Betrieb mit landwirtschaftlicher Flächenbewirtschaftung sowie Sauenhaltung und Ferkelaufzucht führt dies nicht zu einer Verneinung der landwirtschaftlichen Tätigkeit des Beklagten. Im Rahmen des § 3 HGB ist eine Gesamtschau vorzunehmen, die bereits bei der Größe der bearbeiteten Fläche für eine Ausnutzung des Bodens auch für Zwecke der Tierhaltung spricht. Dieser Eindruck entstand auch für die Klägerin, die Schreiben an den Beklagten als Landwirt adressierte. Ferner hat die Klägerin nicht den Nachweis geführt, dass die Erzeugnisse aus der Bewirtschaftung der Flächen nur für die Gewinnung von Treibstoff eingesetzt werden.

5

In Ermangelung einer wirksamen Gerichtsstandvereinbarung nach § 38 ZPO war der Rechtsstreit auf den Hilfsantrag der Klägerin an das Landgericht Osnabrück gem. § 281 ZPO zu verweisen.