Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 06.04.2017, Az.: 8 U 166/16

Wirksamkeit der Auszahlung des Rückkaufswerts einer Kapitallebensversicherung an den Abtretungsempfänger

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
06.04.2017
Aktenzeichen
8 U 166/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2017, 14610
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2017:0406.8U166.16.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 19.09.2016 - AZ: 2 O 74/16

Fundstellen

  • NJW-RR 2017, 1315-1317
  • VersR 2017, 1323

Amtlicher Leitsatz

Die Regelung des § 409 BGB setzt die Verfügungsbefugnis des bisherigen Gläubigers der Forderung voraus; sie ist also unanwendbar, wenn der von ihm angezeigten Abtretung ein Abtretungsverbot entgegensteht (BGH, Beschluss vom 12. Juli 2012 - IX ZR 210/11 -, juris-Rn. 12). Hingegen ist § 409 BGB anwendbar, wenn der bisherige Gläubiger verfügungsbefugt war und nur die konkrete Abtretungsvereinbarung und das zugrunde liegende Kausalgeschäft wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig sind (§ 134 BGB).

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 19. September 2016 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des Landgerichts sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird für die erste Instanz - insoweit unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Landgerichts in dem angefochtenen Urteil - und für die Berufungsinstanz auf jeweils bis zu 25.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Feststellung des Fortbestehens eines bei der Beklagten abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrages.

Der Kläger unterhielt bei der Beklagten eine Kapitallebensversicherung (s. Versicherungsschein vom ... Juli 1988, Anlage B 1, Bl. 56 d. A., und Nachtrag zum 1. Januar 2009, Anlage K 8), die zum 1. Januar 2025 ablaufen sollte. Zum Vertragsstand vom 1. Januar 2009 war ein monatlicher Beitrag von 182,18 € zu zahlen; die Versicherungssumme belief sich zuletzt auf 58.622,87 €. Diese sollte zum Teil bereits vor dem Ablaufdatum - in Teilauszahlungen nach 12, 15, 20, 25 und 30 Jahren - ausgezahlt werden.

Dem Versicherungsvertrag lagen die Allgemeinen Bedingungen für die kapitalbildende Lebensversicherung (AVB) der Beklagten zu Grunde (Anlage B 5, Bl. 132 f. d. A.).

In § 13 der AVB ("Wer erhält die Versicherungsleistung?") heißt es:

"(...)

(3) Sie können Ihre Rechte aus dem Versicherungsvertrag auch abtreten oder verpfänden.

(4) (...) eine Abtretung oder Verpfändung von Ansprüchen aus dem Versicherungsvertrag sind uns gegenüber erst dann wirksam, wenn sie uns vom bisherigen Berechtigten schriftlich angezeigt worden sind. Der bisherige Berechtigte sind im Regelfall Sie; es können aber auch andere Personen sein, sofern Sie bereits vorher Verfügungen vorgenommen haben."

Die S. ... AG (im Folgenden: S. AG) war geschäftlich im Bereich des Ankaufs von Lebens- und Rentenversicherungen tätig. Sie ließ sich von den Verkäufern die Ansprüche aus den Verträgen übertragen und sodann die Rückkaufswerte von den Versicherern auszahlen. Den Kaufpreis sollten die Verkäufer nicht sofort, sondern nach einer längeren Vertragslaufzeit erhalten, wobei die Verkäufer zwischen verschiedenen Auszahlungsmodalitäten wählen konnten. Über eine Erlaubnis zum Betrieb von Einlagengeschäften nach dem Gesetz über das Kreditwesen (Banklizenz) verfügte die S. AG nicht.

Unter dem ... August 2009 schloss der Kläger mit der S. AG einen "Kaufvertrag L. ...2..." (Anlage K 2), wonach der Kläger den vorgenannten Lebensversicherungsvertrag unter Abtretung sämtlicher Rechte an die S. AG verkaufte. Vereinbart war ein Kaufpreis von 41.000 €, der jedoch erst nach 8 Jahren an den Kläger ausgezahlt werden sollte. Für den Fall, dass das von der Versicherung an die S. AG ausgezahlte Guthaben nicht den dabei zu Grunde gelegten Rückkaufswert von ca. 20.500 € erreicht, sollte der Kaufpreis angepasst werden. Der neue Kaufpreis sollte sich aus dem tatsächlich vom Versicherer an die S. AG ausgezahlten Guthaben errechnen und sich auf das Doppelte dieses Betrages belaufen.

Zusammen mit dem Kaufvertrag unterzeichneten der Kläger und die S. AG eine "Anzeige der Abtretung der bestehenden Versicherungspolice" zur Vorlage bei der Beklagten (Bestandteil der Anlage K 6). Darin erklärte der Kläger als Versicherungsnehmer die Abtretung aller Rechte und Ansprüche aus dem Versicherungsverhältnis, soweit diese ohne Zustimmung der Versicherungsgesellschaft übertragbar sind, u. a. auch des Kündigungsrechts. Die S. AG erklärte, die Übertragung der Rechte anzunehmen.

Mit Schreiben vom 7. August 2009 teilte die S. AG der Beklagten mit, dass der Kläger die Lebensversicherung an sie übertragen habe (s. Anlage K 6). Dem Schreiben war die vorgenannte Abtretungsanzeige des Klägers beigefügt.

Mit Schreiben vom 14. August 2009 erklärte die S. AG gegenüber der Beklagten die Kündigung der Versicherung zum nächstmöglichen Termin und bat um Überweisung des Auszahlungsbetrages auf ihr Konto (Anlage B 2, Bl. 57 d. A.). In dem Kündigungsschreiben heißt es, dass die Original-Police beigefügt sei.

Außer den beiden vorgenannten Schreiben erhielt die Beklagte keine Informationen über das zwischen dem Kläger und der S. AG abgeschlossene Geschäft.

Die Beklagte zahlte an die S. AG am 29. September 2009 einen Rückkaufswert in Höhe von 22.043,23 € aus (s. a. EDV-Ausdruck, Bl. 58 d. A.).

Im Februar 2012 vereinbarten der Kläger und die S. AG einen Nachtrag zu dem Kaufvertrag, wonach der Kaufpreis sich - nach dem verdoppelten Auszahlungsbetrag der Beklagten - auf 44.086,46 € beläuft (Anlage K 3).

Nach Auffassung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) stellte der Ankauf von Kapitallebensversicherungen durch die S. AG ein unerlaubtes Einlagengeschäft dar. Mit Bescheid vom ... Mai 2014 bestellte die BaFin einen Abwickler für die Abwicklung des unerlaubt betriebenen Einlagengeschäftes. Dies gab sie am ... Juni 2014 im Internet bekannt.

Am ... Juli 2015 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der S. AG eröffnet.

Mit Anwaltsschreiben vom 21. Dezember 2015 forderte der Kläger daraufhin die Beklagte zu der Bestätigung auf, dass das Versicherungsverhältnis zwischen den Parteien nicht beendet sei (Anlage K 5). Dies verweigerte die Beklagte mit Schreiben vom 5. Februar 2016 (Anlage K 6).

Der Kläger hat gemeint, der Kaufvertrag sowie die Abtretungsvereinbarung seien gemäß § 134 BGB nichtig, weil es sich bei dem von der S. AG betriebenen Versicherungsankauf um ein gemäß § 32 Abs. 1, § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG) unerlaubtes Einlagengeschäft und außerdem um eine gemäß § 3, § 2 Abs. 2 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) verbotene Rechtsdienstleistung handele. Der Kläger müsse die Abtretung auch nicht gemäß § 409 Abs. 1 Satz 1 BGB gegen sich gelten lassen. Die Regelung sei nicht anwendbar, wenn die Abtretung gegen ein gesetzliches Verbot verstoße, was bei der gemäß § 134 BGB nichtigen Abtretung der Fall sei.

Auch auf die Legitimationswirkung des Versicherungsscheins könne sich die Beklagte nicht berufen. Hierzu hat der Kläger behauptet, die Beklagte habe Kenntnis von der mangelnden Verfügungsbefugnis der S. AG gehabt. Außerdem hat er gemeint, eine etwaige Unkenntnis sei jedenfalls grob fahrlässig gewesen. Ein Versicherer sei verpflichtet, die Wirksamkeit der angezeigten Abtretung zu prüfen. Hierzu hat er auf vorgelegte Presseartikel verwiesen (Anlagenkonvolut K 10) und vorgetragen, im Versicherungswesen sei bekannt gewesen, dass dubiose Aufkäufer illegal Lebensversicherungen erwerben würden. Außerdem sei es untypisch und nicht verständlich, dass der Käufer einer Lebensversicherung diese sofort kündige und sich den Rückkaufswert auszahlen lasse. Die Beklagte habe sich daher schadensersatzpflichtig gemacht.

Der Kläger hat erstinstanzlich - nach Rücknahme eines Hilfsantrages - zuletzt beantragt (Bl. 2, 180 d. A.),

1. festzustellen, dass die zwischen der Beklagten als Versicherer und dem Kläger als Versicherungsnehmer geschlossene Kapitalversicherung mit der Nummer ... unverändert zwischen den Parteien mit allen zugunsten des Klägers damit verbundenen Ansprüchen fortbesteht und insbesondere nicht durch Kündigung der S. AG erloschen ist,

2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger auf [richtig: von der] Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.965,88 € freizustellen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Hilfsweise, für den Fall des Fortbestehens des Versicherungsvertrages, hat die Beklagte im Wege der Widerklage beantragt (Bl. 60 d. A.),

1. den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte 15.418,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von jeweils 192,73 € seit dem 15. jeden Monats beginnend am 15.10.2009 bis zum 15.05.2016 zu zahlen,

2. den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte weitere 22.043,23 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

weiter hilfsweise, für den Fall, dass der mit dem Widerklageantrag zu 2. geltend gemachte Anspruch nicht besteht,

3. festzustellen, dass die Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte aus dem Kapitallebensversicherungsvertrag Nr. ... durch die Auszahlung des Rückkaufswertes an die S. AG in Höhe von 22.043,23 € erloschen sind.

Der Kläger hat beantragt (Bl. 94 d. A.),

die Hilfswiderklage abzuweisen.

Die Beklagte hat gemeint, der Kläger müsse sich die Kündigung jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Rechtsscheinhaftung gemäß §§ 172 Abs. 1, 174 BGB zurechnen lassen.

Zudem sei die Abtretung wirksam. Ein etwaiger Verstoß gegen § 32 Abs. 1 KWG führe nicht zur Nichtigkeit, weil § 32 Abs. 1 KWG kein Verbotsgesetz i. S. d. § 134 BGB sei. Ein Verstoß gegen § 3 RDG liege nicht vor, weil es sich nicht um eine Inkassozession handele.

Außerdem müsse sich der Kläger gemäß § 409 BGB die Abtretungsanzeige entgegenhalten lassen. Die Beklagte sei zum Zeitpunkt der Abtretungsanzeige redlich gewesen. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 32 KWG habe sie keinen Anlass gehabt, von einer Unwirksamkeit der Abtretung auszugehen. Recherchen oder Nachforschungen habe sie hierzu nicht anstellen müssen.

Zudem habe sie gemäß § 4 Abs. 1 VVG, § 808 BGB i. V. m. § 11 ihrer AVB die S. AG als Inhaberin des Versicherungsscheins als berechtigt ansehen dürfen, über die Rechte aus dem Versicherungsvertrag zu verfügen. Hierzu hat die Beklagte behauptet, der Kündigung der S. AG sei die Originalpolice beigefügt gewesen.

Für den Fall des Fortbestehens des Versicherungsvertrages hat die Beklagte hilfsweise im Wege der Widerklage die Zahlung der monatlichen Versicherungsbeiträge in Höhe von jeweils 192,73 € für die Monate Oktober 2009 bis Mai 2016 verlangt (Widerklageantrag zu 1) sowie einen Schadensersatzanspruch in Höhe des ausgezahlten Rückkaufswertes von 22.043,23 € geltend gemacht (Widerklageantrag zu 2). Ihren Hilfswiderklageantrag zu 3 hat die Beklagte darauf gestützt, dass sie den Rückkaufswert an die S. AG leistungsbefreiend habe auszahlen können, weil diese zuvor den Versicherungsschein - als qualifiziertes Legitimationspapier gemäß § 4 Abs. 1 VVG, § 808 BGB - vorgelegt habe.

Mit Urteil vom 19. September 2016 (Bl. 183 ff. d. A.) hat das Landgericht Hannover die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat ausgeführt, die Abtretung der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag sei nicht nichtig. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob der Erwerb der Versicherung durch die S. AG gegen § 32 KWG verstoßen habe und infolgedessen gemäß § 134 BGB nichtig sei. Eine Nichtigkeit des Grundgeschäfts habe nicht das Verhältnis zu der Beklagten berührt. Letztlich sei § 409 BGB auch auf Abtretungen anwendbar, die wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig seien. Zwar werde teilweise vertreten, dass der Schuldner nicht schutzwürdig sei, wenn die fehlende Legitimation des Zessionars ganz offensichtlich sei. Ein solcher Fall liege hier aber nicht vor, weil die Anwendbarkeit von § 32 KWG und die Folgen keineswegs so offensichtlich seien.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seine erstinstanzlichen Klageanträge in vollem Umfang weiterverfolgt (Bl. 243 d. A.). Er sei weiterhin Inhaber der unverändert fortbestehenden Kapitallebensversicherung. Entgegen der Auffassung des Landgerichts könne sich die Beklagte nicht auf den Schutz des § 409 Abs. 1 BGB berufen. Denn bei einer Nichtigkeit der Abtretung sei der Schuldner - unabhängig von seiner Kenntnis - nicht von dieser Vorschrift geschützt. Unter umfangreicher Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrags führt der Kläger aus, dass das Rechtsgeschäft zwischen ihm und der S. AG wegen eines Verstoßes gegen das KWG nichtig sei, was das Landgericht zu Unrecht habe dahinstehen lassen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts habe dies auch die Nichtigkeit der Abtretung zur Folge gehabt. Vollkommen unbeachtet gelassen habe das Landgericht, dass nach dem Vortrag des Klägers die Abtretung auch wegen eines Verstoßes gegen das RDG nichtig sei.

Die Beklagte, die die Zurückweisung der Berufung beantragt (Bl. 295 d. A.), verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags. Auf Nachfrage des Senats hat die Beklagte mitgeteilt, dass die Originalpolice nach dem Einscannen vernichtet worden sei und daher nur ein Ausdruck vorgelegt werden könne.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils sowie auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Klägers ist unbegründet.

Im Ergebnis beruht das angefochtene Urteil weder auf einem Rechtsfehler (§ 513 Abs. 1, 1. Alt., § 546 ZPO), noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1, 2. Alt. ZPO).

Der gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässige Feststellungsantrag ist unbegründet.

Der Versicherungsvertrag wurde durch die von der S. AG erklärte Kündigung wirksam beendet. Den hieraus resultierenden Anspruch auf Auszahlung des Rückkaufswerts erfüllte die Beklagte durch die an die S. AG geleistete Zahlung.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Abtretung der versicherungsvertraglichen Ansprüche an die S. AG wirksam erfolgt ist. Denn gegenüber der Beklagten als Schuldnerin galt die S. AG jedenfalls gemäß § 409 Abs. 1 BGB als berechtigt, über die an sie abgetretenen Ansprüche und Rechte aus dem Lebensversicherungsvertrag zu verfügen.

Gemäß § 409 Abs. 1 BGB muss der bisherige Gläubiger die Abtretung - unabhängig von ihrer Wirksamkeit - gegen sich gelten lassen, wenn er die Abtretung gegenüber dem Schuldner angezeigt hat oder der neue Gläubiger dem Schuldner eine entsprechende, von dem bisherigen Gläubiger ausgestellte Abtretungsurkunde vorgelegt hat.

Diese Regelung findet im vorliegenden Fall Anwendung.

1. Die S. AG hatte der Beklagten vor ihrer Kündigungserklärung unstreitig die "Anzeige der Abtretung der bestehenden Versicherungspolice" (s. Anlage K 6) übersandt. Diese erfüllte die Anforderungen an eine Abtretungsurkunde im Sinne von § 409 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Abtretungsurkunde muss von dem bisherigen Gläubiger ausgestellt worden sein und den neuen Gläubiger bezeichnen. Dies war hier der Fall. Die Urkunde, die zugleich die Abtretungsvereinbarung zwischen dem Kläger und der S. AG enthält, war von dem Kläger unterzeichnet worden.

2. Die Regelung des § 409 Abs. 1 BGB ist nur anwendbar, wenn der bisherige Gläubiger befugt war, über die Forderung zu verfügen. Dies war hier in Bezug auf den Kläger der Fall.

a) Die Vorschrift geht davon aus, dass der Gläubiger, der die Abtretungsanzeige oder Abtretungsurkunde ausstellt, über die Forderung verfügen kann; nur dann ist es nämlich gerechtfertigt, ihn trotz der Unwirksamkeit der angezeigten Abtretung an seiner Erklärung festzuhalten (BGH, Beschluss vom 12. Juli 2012 - IX ZR 210/11 -, juris-Rn. 12, m. w. N.). Die Erklärung eines nicht verfügungsberechtigten Gläubigers kann diese Wirkung ebenso wenig haben wie eine Erklärung, die ein Nichtgläubiger abgibt. Die Regelung des § 409 BGB ist also unanwendbar, wenn der angezeigten Abtretung ein Abtretungsverbot entgegensteht (aaO.).

Danach ist § 409 Abs. 1 BGB z.B. nicht anwendbar, wenn der Forderungsgläubiger als Insolvenzschuldner infolge einer Anordnung des Insolvenzgerichts nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InsO nicht mehr verfügungsbefugt war (aaO.). Gleiches gilt grundsätzlich für unpfändbare Forderungen, weil für diese ebenfalls ein gesetzliches Abtretungsverbot besteht (§ 400 ZPO).

Durch diese Einschränkung soll verhindert werden, dass durch § 409 Abs. 1 BGB die Rechtsfolgen einer Abtretung noch bewirkt werden können, obwohl der bisherige Gläubiger über die Forderung gar nicht (mehr) wirksam verfügen konnte. Der Vertrauensschutz des Schuldners, den die Regelung gewährleisten soll, soll erst dann eingreifen, wenn der bisherige Gläubiger noch Inhaber der Forderung und als solcher befugt war, über die Forderung zu verfügen. Anderenfalls könnte jedes Abtretungsverbot auf dem Wege des § 409 BGB umgangen werden (Staudinger/Jan Busche (2012), § 409 BGB Rn. 9).

b) Im vorliegenden Fall steht diese Einschränkung der Anwendung von § 409 Abs. 1 BGB nicht entgegen. Der Kläger war uneingeschränkt befugt, über die abgetretenen Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag zu verfügen. Es bestand weder ein gesetzliches noch ein vertragliches Abtretungsverbot.

(1) Der Versicherungsvertrag ließ die Abtretung ausdrücklich zu (§ 13 Abs. 3 AVB). Die hierzu gemäß § 13 Abs. 4 AVB erforderliche schriftliche Abtretungsanzeige des Klägers hat die Beklagte erhalten. Hierzu genügt, dass die S. AG - als Bote - der Beklagten die schriftliche Abtretungsanzeige des Klägers zukommen ließ (vgl. Winter in Bruck/Möller, VVG, § 159 Rn. 324).

(2) Auch die Voraussetzungen eines gesetzlichen Abtretungsverbots sind insoweit weder dargetan noch sonst ersichtlich.

In diesem Zusammenhang kann dahingestellt bleiben, ob die hier getroffene Abtretungsvereinbarung wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig war (§ 134 BGB). Denn es stünde einem Abtretungsverbot nicht gleich, wenn der bisherige Gläubiger verfügungsbefugt war und nur die konkrete Abtretungsvereinbarung gegen ein gesetzliches Verbot im Sinne von § 134 BGB verstieß. Im vorliegenden Fall könnten die in Rede stehenden Verstöße gegen das KWG und das RDG - allenfalls - die Nichtigkeit der konkreten Abtretungsvereinbarung und des zugrunde liegenden schuldrechtlichen Kausalgeschäfts zur Folge haben. Sie führten jedoch nicht zum Verlust der Verfügungsbefugnis des Forderungsinhabers. Es ist daher unzutreffend, wenn der Kläger die geltend gemachte Nichtigkeit der Abtretungsvereinbarung mit einem gesetzlichen Abtretungsverbot gleichsetzt.

Die Nichtigkeit der Abtretung nach § 134 BGB stellt lediglich einen Unwirksamkeitsgrund für die Abtretung dar. Es handelt sich um einen von verschiedenen möglichen Gründen dafür, dass die angezeigte Abtretung nicht wirksam i. S. d. § 409 BGB ist. Auch für diesen Unwirksamkeitsgrund ist die Regelung des § 409 BGB sowohl nach ihrem Wortlaut als auch nach ihrem Sinn und Zweck anwendbar. Der Schuldner, der den zur Unwirksamkeit führenden Sachverhalt regelmäßig nicht kennt bzw. nicht sicher rechtlich zu bewerten vermag, soll sich auf die Richtigkeit der angezeigten Abtretung verlassen können und an den neuen Gläubiger schuldbefreiend leisten dürfen. Dem steht nicht entgegen, dass der Schuldner weiterhin berechtigt ist, sich - auf eigenes Kostenrisiko - auf die Unwirksamkeit der Abtretung zu berufen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 2017 - IV ZR 340/13 -, Rn. 33 ff.).

Entsprechend steht der Anwendung von § 409 Abs. 1 BGB auch die Nichtigkeit einer Abtretungsvereinbarung gemäß § 138 BGB nicht entgegen, weil diese mit einem gesetzlichen Abtretungsverbot nicht gleichzusetzen ist (BAG, NJW 1991, 2038). Gleiches gilt für eine gemäß § 307 BGB unwirksame Abtretungsvereinbarung (BGH, Urteil vom 18. November 2009 - IV ZR 134/08 -, juris-Rn. 15).

3. Der Kläger hat des Weiteren behauptet, die Beklagte habe die Unwirksamkeit der Abtretung gekannt; jedenfalls sei ihre Unkenntnis grob fahrlässig gewesen. Auch dies steht der Anwendung von § 409 Abs. 1 BGB im Ergebnis nicht entgegen.

a) Nach wohl herrschender Meinung kann sich der Schuldner auch dann noch auf den Schutz des § 409 BGB berufen, wenn er die Unwirksamkeit der Abtretung kennt (BeckOK-BGB/Rohe, 41. Edition, § 409 BGB Rn. 8, mwN). Hierfür wird angeführt, dass § 409 Abs. 2 BGB eine einfache Zerstörung des Rechtsscheins durch den Gläubiger nicht erlaube. Auch liege es im Interesse des Schuldners, an den Scheingläubiger leisten zu können, da er u. U. von diesem in Anspruch genommen werde und hierbei ein Prozessrisiko eingehe, das er durch eine freiwillige Zahlung vermeiden könne (Rosch in Herberger/Martinek/Rüßmann, jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 409 BGB Rn. 19).

Teilweise wird unter Hinweis auf § 410 BGB die Einschränkung vorgenommen, dass § 409 BGB bei einer Kenntnis von der Unwirksamkeit der Abtretung nur dann anwendbar sei, wenn dem Schuldner - wie hier - eine Abtretungsurkunde vorlag; eine nur mündliche Abtretungsanzeige soll dann nicht genügen (Roth/Kieninger in MüKoBGB, 7. Aufl. 2016, § 409 Rn. 12 BGB, zustimmend: Staudinger/Jan Busche, Stand 2012, § 409 BGB Rn. 29).

Darüber hinaus soll § 409 BGB nicht anzuwenden sein, wenn die Nichtberechtigung des Scheinzessionars offensichtlich ist (BeckOK BGB, aaO.) oder der Schuldner arglistig handelt bzw. kollusiv mit dem Zessionar zusammenwirkt (MüKoBGB, aaO.; Staudinger, aaO., Rn. 30).

b) Im Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob die Abtretung gemäß § 134 BGB unwirksam war und unter welchen Voraussetzungen der Schuldner den Schutz des § 409 BGB verlieren kann, wenn er hiervon Kenntnis hat.

Denn im vorliegenden Fall kann nicht einmal davon ausgegangen werden, dass der Beklagten die - unterstellte - Unwirksamkeit der Abtretung bekannt war. Es obliegt dem Kläger, solche Umstände darzutun und ggf. zu beweisen, die ausnahmsweise einer Anwendung des § 409 BGB entgegenstehen. Einen Beweis für die behauptete Kenntnis der Beklagten hat der Kläger nicht erbracht. Auch die Umstände lassen nicht den Schluss auf eine Kenntnis der Beklagten zu. Ohne den Kaufvertrag, der der Beklagten unstreitig nicht vorlag, ließ sich gar nicht beurteilen, ob das von dem Kläger mit der S. AG abgeschlossene Rechtsgeschäft gegen das KWG oder das RDG verstieß. Zudem stellen sich in Bezug auf die mögliche Nichtigkeit schwierige rechtliche Fragen, die sich nicht ohne intensive juristische Prüfung beurteilen lassen (insbesondere, ob § 32 KWG ein Verbotsgesetz i. S. d. § 134 BGB ist und ob die Forderungseinziehung durch die S. AG nicht als zulässige Nebenleistung im Sinne von § 5 RDG anzusehen ist).

Darüber hinaus ist hier auch kein Fall ersichtlich, in dem der Beklagten nach dem vorstehend dargestellten Meinungsstand - selbst bei unterstelltem Vorsatz - der Schutz des § 409 BGB zu versagen wäre.

c) Der Kläger kann der Beklagten auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass sie die Wirksamkeit der Abtretung nicht geprüft habe.

Der Schuldnerschutz des § 409 BGB setzt keine solche Prüfung durch den Schuldner voraus. Nach dem Schutzzweck der Regelung soll sich der Schuldner vielmehr ohne weiteres auf die Wirksamkeit der angezeigten Abtretung verlassen können.

Im Übrigen bestand auch keine vertragliche Nebenpflicht der Beklagten zur Überprüfung der Wirksamkeit der Abtretung. Die Beurteilung des ersichtlich hochriskanten Kapitalanlagegeschäfts oblag allein dem Kläger. Die Beklagte war versicherungsvertraglich nicht gehalten, den Kläger vor den Folgen seiner Anlageentscheidung zu schützen.

4. Muss der Kläger somit die angezeigte Abtretung seiner Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag gegen sich gelten lassen, dann betrifft dies auch das gleichzeitig an die S. AG übertragene Kündigungsrecht.

Das Kündigungsrecht (§ 168 VVG) ist ein unselbstständiges Gestaltungsrecht, das nur zugleich mit der Forderung auf den Rückkaufswert auf den neuen Gläubiger übergehen kann (Winter in: Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2013, § 168 VVG, Rn. 29). Wenn der Schuldner sich hinsichtlich der Abtretung der Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag auf den Schutz des § 409 BGB berufen kann, muss dies folgerichtig auch für das zugleich übertragene Kündigungsrecht gelten. Dies gebietet der Schutzzweck der Regelung.

III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

2. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor.

3. Der Streitwert beläuft sich in beiden Instanzen auf bis zu 25.000 €.

Für die Streitwertfestsetzung ist das wirtschaftliche Interesse des Klägers an dem Rechtsstreit maßgeblich. Dieses geht dahin, den Rückkaufswert der streitgegenständlichen Versicherung selbst zu vereinnahmen.

Entgegen der Ansicht des Klägers beläuft sich das wirtschaftliche Interesse hier nicht auf die volle Versicherungssumme; die von dem Kläger hierzu zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs betreffen keinen vergleichbaren Sachverhalt (s. z. B. BGH, Beschluss vom 29. Juni 1994 - IV ZR 9/94 -, Rn. 7, wo es um eine Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung bei behaupteter Berufsunfähigkeit ging). Denn wenn der Vertrag fortbesteht, muss der Kläger im Gegenzug bis zum Vertragsende im Jahr 2025 die Versicherungsbeiträge weiterzahlen. Außerdem ist davon auszugehen, dass der Kläger bereits - nach Maßgabe der vertraglichen Vereinbarung (s. Nachtrag zum Versicherungsschein, K 8, sowie Aufstellung der beitragsfreien Versicherungssumme, Anlage K 1) - erhebliche Teile der Versicherungssumme ausgezahlt erhalten hat. Zudem zeigt der streitgegenständliche Verkauf, dass der Kläger auch gar kein Interesse mehr daran hatte, die Versicherung bis zum Ablaufdatum fortzuführen.

Im Ergebnis ist daher von dem Rückkaufswert auszugehen, den die Lebensversicherung zum Zeitpunkt der Einreichung der Klage hatte. Im September 2009 belief sich der Rückkaufswert auf 22.043,23 €. Bei Einreichung der Klage würde er sich dann - bei einer ruhenden Versicherung zzgl. geschätzter 4 % Zinsen u. Zinsenzinsen für 7 Jahre - in einer geschätzten Größenordnung von 29.000 € bewegt haben. Abzüglich des Feststellungsabschlags von 20 % ergibt sich ein eine Gebührenstufe von bis zu 25.000 €. Die Schriftsätze des Klägers vom 31. März 2017 und 5. April 2017 führen zu keiner anderen Beurteilung.