Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 27.04.2017, Az.: 2 W 91/17
Zulässigkeit der isolierten Kostenbeschwerde im Notarkostenbeschwerdeverfahren
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 27.04.2017
- Aktenzeichen
- 2 W 91/17
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2017, 14613
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2017:0427.2W91.17.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Bückeburg - 14.02.2017 - AZ: 1 OH 10/15
Rechtsgrundlagen
- GNotKG § 129
- FamFG § 81
Fundstellen
- AGS 2017, 487-488
- DNotZ 2018, 604-605
- FGPrax 2017, 190-191
- JurBüro 2017, 423-425
- NJW-Spezial 2017, 668
Amtlicher Leitsatz
Im Notarkostenbeschwerdeverfahren ist auch die isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung nicht davon abhängig, dass die Beschwer 600,00 € übersteigt.
Tenor:
Die am 17. März 2017 vorab per FAX beim Landgericht Bückeburg eingegangene Beschwerde der Kostenschuldnerin gegen den am 20. Februar 2017 zugestellten Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bückeburg vom 14. Februar 2017 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Kostenschuldnerin auferlegt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beschwerde ist gemäß § 129 Abs. 1 i. V. m. 136 Abs. 1 Nr. 2 GNotKG statthaft. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen liegen vor.
Die Beschwerde ist binnen der gesetzlichen Frist gemäß §§ 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG, 63 Abs. 1 FamFG und in der gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 FamFG vorgeschriebenen Form bei dem Landgericht eingelegt worden.
Die Kostenschuldnerin ist beschwerdeberechtigt. Beschwerdeberechtigt ist gemäß § 59 Abs. 1 FamFG i. V. m. § 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG derjenige Beteiligte, der durch die Entscheidung des Landgerichts in seinen Rechten beeinträchtigt ist (siehe Heinemann, in: HK-GNotKG, § 129 Rn. 10). Dies ist auch der Fall, wenn ein Beteiligter durch eine Entscheidung des Landgerichts hinsichtlich der Verfahrenskosten (nachteilig) beschwert ist (siehe Wudy, in: Renner/Otto/Heinze, Leipziger Gerichts- & Notarkosten-Kommentar, 2. Auflage, § 129 Rn. 20).
Eine isolierte Kostenbeschwerde ist auch unabhängig von dem Erreichen eines Beschwerdewertes zulässig (vgl. Korintenberg/Sikora, GNotKG, 19. Auflage, § 127 Rn. 21; vgl. HK-GNotKG, § 129 Rn. 9). Soweit vereinzelt die Auffassung wird, dass bei isolierten Kostenbeschwerden eine Beschwerdesumme von mehr als 600,- € erreicht sein müsse (so Wudy, in: Renner/Otto/Heinze, Leipziger Gerichts- & Notarkosten-Kommentar, 2. Auflage, § 129 Rn. 25), widerspricht dies dem eindeutigen Wortlaut von § 129 Abs. 1 GNotKG, wonach die Beschwerde ohne Rücksicht auf den Wert des Beschwerdegegenstandes Anwendung findet. Damit existiert eine dem § 61 Abs. 1 FamFG i. V. m. § 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG vorrangige Spezialregelung. Nichts anderes folgt aus der Entscheidung des OLG Zweibrücken vom 18. Juli 2011, Az.: 2 WF 92/11). Diese Entscheidung betrifft ein familienrechtliches Verfahren und keine Verfahren nach dem GNotKG bzw. der KostO.
Der Senat ist an einer Entscheidung über die Beschwerde auch nicht gehindert. Die vorgesetzte Dienstbehörde des Notars hat im Ausgangsverfahren auf eine Stellungnahme verzichtet und der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Bückeburg hat am 5. April 2017 zu der Beschwerde Stellung genommen. Weitere entscheidungserhebliche Erkenntnisse waren daher im Beschwerdeverfahren nicht zu erwarten, zumal es vorliegend nur noch um die Frage der Kostentragungspflicht geht.
Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass die Verfahrensbehandlung durch die vorgesetzte Dienstbehörde des Notars erheblichen Bedenken begegnet. Der kommentarlose Verzicht auf eine Stellungnahme beruht auf einem unzutreffenden Verständnis der Aufgaben der Dienstaufsicht im Rahmen ihrer Beteiligung im Verfahren gemäß § 128 Abs. 1 GNotKG. Die Stellungnahme des jeweiligen Landgerichtspräsidenten als dienstvorgesetzte Behörde des Notars hat im Verfahren nach § 127 GNotKG für das Gericht mindestens die Bedeutung einer gutachterlichen Äußerung und ist oft von entscheidender Bedeutung (vgl. Wudy in Renner/Otto/Heinze, Leipziger Gerichts- & Notarkostenkommentar, § 128 GNotKG, Rdnr. 12 m. w. N.). Das beruht darauf, dass die dienstvorgesetzte Behörde der Notare wegen der durchzuführenden Notarprüfungen und der Führung der allgemeinen Dienstaufsicht naturgemäß am besten geeignet ist, zu allen Streitfragen in Notarkostenverfahren Stellung zu nehmen. Die Tätigkeit der dienstvorgesetzten Behörde beschränkt sich eben nicht darauf, im Rahmen der Dienstaufsicht nur zu kostenrechtlichen Fragen Stellung zu nehmen. Auch in Notarkostenverfahren beschränken sich die Streitfragen nicht nur auf rein kostenrechtliche Fragen. Danach kann die vom Gesetz vorgesehene Beteiligung der dienstvorgesetzten Behörde des Notars gemäß § 128 Abs. 1 GNotKG nur dahin verstanden werden, dass von ihr eine Stellungnahme zu allen Streitfragen erwartet werden kann und muss (siehe Senat, Beschluss vom 1. März 2017, Az.: 2 W 46/17).
II.
In der Sache hat die Beschwerde jedoch keinen Erfolg. Die Kostenentscheidung des Landgerichts ist nicht zu beanstanden.
Die den Beteiligten des Verfahrens entstandenen Kosten kann das Gericht auf der Grundlage von § 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG i. V. m. § 81FamFG einem Beteiligten auferlegen, wenn die Voraussetzungen des § 81 FamFG erfüllt sind (siehe Korintenberg/Sikora, a. a. O.).
Gemäß § 81 Abs. 1 Satz 2 FamFG kann das Gericht (nach billigem Ermessen) aber auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. Die Kosten des Verfahrens sollen gem. § 81 Abs. 2 FamFG u. a. nur dann ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegt werden, wenn er durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat (Nr.1) oder der Antrag von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste (Nr. 2). Auch § 81 Abs. 2 Nr. 2 FamFG regelt einen Fall groben Verschuldens (Keidel/Zimmermann, FamFG, 19. Auflage, § 81 Rn. 57). Dabei ist zu berücksichtigen, dass es angesichts der unterschiedlichen Rechtsprechung und der häufigen Änderung von Gerichtsentscheidungen im Beschwerdeverfahren eher ein Ausnahmefall darstellt, dass der Antrag von vornherein keine Erfolgsaussicht hatte (vgl. Keidel/Zimmermann, a. a. O.). Einen Fall des § 81 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 FamFG hat das Landgericht zutreffend verneint. Insoweit ist im vorliegenden Fall insbesondere zu berücksichtigen, dass der Notar vor Antragstellung eine Stellungnahme der Notarkammer für den Oberlandesgerichtsbezirk Celle eingeholt hat (Bl. 27 ff. d. A.), die ihn in seiner unzutreffenden Auffassung bestärkt hat, dass auf der Grundlage des Schreibens vom 27. Februar 2015 die Abrechnung einer vom Verkäufer zu tragenden Treuhandgebühr zulässig sei.
Das Landgericht hat das ihm eingeräumte Ermessen in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Der Senat schließt sich insoweit den Ausführungen im Nichtabhilfebeschluss vom 19. April 2017 (Bl. 117 ff. d. A.) an.
Eine andere Bewertung ist auch nicht mit Rücksicht auf die Ausführungen des Kammergerichts im Beschluss vom 25. März 2015 (Az.: 9 W 42 - 46/14 u. a.) geboten. Der Senat teilt die Auffassung des Kammergerichts, dass in jedem konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung sämtlicher maßgeblichen Umstände eine Kostenentscheidung zu treffen ist und es sich hier um eine Ermessensentscheidung handelt, bei der alle für die Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte berücksichtigt werden müssen (KG, a. a. O., zitiert nach juris Rn. 18 f.). Ferner ist zutreffend, dass die Gründe der gebotenen Ermessensausübung überprüfbar offengelegt werden müssen (KG, a. a. O. zitiert nach juris Rn. 16). Der Entscheidung kann aber nicht entnommen werden, dass es in erster Linie nur auf das Obsiegen oder Unterliegen ankommt. Das Kammergericht spricht ausdrücklich nur von einer Orientierung am Erfolg der Beteiligten und von einem Regelfall. Das Kammergericht stellt einleitend selbst klar, dass auch der Anlass der Antragstellung oder das Verhalten im Verfahren zu berücksichtigende Umstände darstellen (KG, a. a. O. Rn. 25) und betont an anderer Stelle, dass es gerade nicht ausgeschlossen ist, im Einzelfall trotz Unterliegens eines Beteiligten von einer Auferlegung der Kosten abzusehen, weil besondere Umstände dies rechtfertigen (KG, a. a. O. Rn. 29). Zudem zeichnete sich die Entscheidung des Kammergerichts durch die Besonderheit aus, dass die Vorinstanz ein schuldhaftes pflichtwidriges Verhalten des Notars festgestellt hatte und es deshalb nicht nachvollziehbar war, warum das Landgericht von einer nicht so eindeutigen Rechtslage ausgegangen war (KG, a. a. O. Rn. 21). Der vorliegende Fall verhält sich insoweit aber anders, weil das Landgericht mit zutreffenden Erwägungen angenommen hat, dass dem Notar nicht zum Vorwurf gemacht werden kann, dass ihm hätte bewusst sein müssen, dass er zu Unrecht Kosten geltend gemacht hat. Denn der vorliegende Fall erhält sein besonderes Gepräge gerade dadurch, dass der Notar sich vor Erstellung der Kostenrechnung eine (positive) Auskunft der Notarkammer für den Oberlandesgerichtsbezirk Celle erhalten hat. Anders als im Fall der Kammergerichtsentscheidung ist vorliegend gerade kein Fall gegeben, in die Ermessensausübung fehlerhaft ist und dies eine eigene Ermessensentscheidung des Senats eröffnet.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 130 Abs. 3 GNotKG i. V. m. §§ 84, 81 FamFG, Nr. 19110 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GNotKG.
Von den Kosten umfasst sind gemäß § 80 Satz 1 FamFG die Gerichtskosten und die zur Durchführung des Verfahrens notwendigen Aufwendungen der Beteiligten. Anlass, von der in § 84 FamFG enthaltenen Regel abzuweichen, wonach das Gericht die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen soll, der es eingelegt hat, bestand für den Senat nicht. Es liegen keine besonderen Umstände vor, die es geboten erscheinen lassen, von der Kostenbelastung der Rechtsmittelführerin ausnahmsweise ganz oder teilweise abzusehen.
Der Festsetzung eines Beschwerdewertes bedurfte es nicht, weil für die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens eine Festgebühr erhoben wird, Nr. 19110 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GNotKG.
Die Entscheidung ist unanfechtbar. Zwar ist gemäß §§ 129 Abs. 2, 134 Abs. 1 Satz 2 GNotKG gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts die Rechtsbeschwerde zulässig. Nach § 130 Abs. 3 GNotKG sind auf das Verfahren aber die Vorschriften des Gesetzes über die Verfahren in Familiensachen (FamFG) anzuwenden, so dass die Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 1 FamFG der Zulassung durch das Oberlandesgericht bedarf (vgl. BGH - V ZB 79/16 - Beschluss vom 19. Januar 2017 Rdnr. 4, juris;). Dies entspricht der bisherigen Rechtsprechung zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde nach §§ 156 Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 Satz 3 KostO (vgl. BGH NJW-RR 2012, 209 [BGH 06.10.2011 - V ZB 52/11]), welche dem Gesetzgeber bei Erlass des GNotKG bekannt war und ersichtlich durch die Neuregelung nicht geändert werden sollte.
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert, § 70 Abs. 2 FamFG. Die Entscheidung beruht auf den tatsächlichen Besonderheiten des Einzelfalles und steht im Einklang mit der obergerichtlichen Rechtsprechung. Gegenteiliges macht der Antragsgegner mit seiner Beschwerde auch nicht geltend.