Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 19.06.2002, Az.: L 4 SF 002/02

Umsatzsteuerpflichtigkeit eines Gutachtens über den Kausalzusammenhang zwischen einem rechtserheblichen Tatbestand und einer Gesundheitsstörung

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
19.06.2002
Aktenzeichen
L 4 SF 002/02
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2002, 33065
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2002:0619.L4SF002.02.0A

Amtlicher Leitsatz

Ein Arzt hat keinen Anspruch auf zusätzliche Ersetzung der ggf. anfallenden Umsatzsteuer auf seine Entschädigung für einen Befundbericht nach Nr. 3 der Anlage zu § 5 ZSEG.

In der Kostensache
...
hat der 4. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen
am 19. Juni 2002
in Celle
durch
die Richterin Schimmelpfeng-Schütte - Vorsitzende -
den Richter Wolff und den Richter Schreck
beschlossen:

Tenor:

Die Entschädigung für den Befundbericht des Antragstellers wird auf 46,03 EURO festgesetzt.

Gründe

1

I.

In dem Rechtsstreit vor dem Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen B. gegen die Tiefbau-BG - Az.: L 6 U 189/00 - erstattete der Antragsteller (Ast) auf Anforderung des LSG gemäß gerichtlicher Verfügung den Befundbericht vom 8. Januar 2002. Mit Rechnung vom 9. Januar 2002 machte der Ast folgende Entschädigung geltend:

Ärztlicher Befundbericht52,92 Euro
Schreibauslagen für Original10,25 Euro
Mehranfertigung für Gericht5,10 Euro
Mehranfertigung für Arzt2,55 Euro
Porto1,53 Euro
Zwischensumme72,35 Euro
zuzüglich 16 % Umsatzsteuer11,58 Euro
Rechnungsbetrag83.93 Euro
2

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des LSG hat diese Forderung mit Verfügung vom 15. Januar 2002 auf 46,03 Euro wie folgt gekürzt:

Befundbericht:35,- Euro
Pauschale:2,00 Euro
Durchschriften:7,50 Euro
Portokosten:1,53 Euro
Gesamtbetrag:46,03 Euro
3

Mit Schreiben vom 6. Februar 2002 hat der Ast die richterliche Festsetzung seiner Entschädigung beantragt. Er rügt lediglich die Nichtzahlung der Umsatzsteuer. Hierzu verweist er auf die Umsetzung einer EG-Richtlinie (zitiert nach Deutsches Ärzteblatt 2002, Seite 308). Danach seien auch Gutachten über den Kausalzusammenhang zwischen einem rechtserheblichen Tatbestand und einer Gesundheitsstörung umsatzsteuerpflichtig.

4

II.

Der nach § 16 Abs 1 des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen - ZSEG - gestellte Antrag auf richterliche Festsetzung ist zulässig, aber nicht begründet.

5

Gegenstand des Festsetzungsverfahrens ist der Antrag des Ast, ihm die Umsatzsteuer zu erstatten.

6

Der Ast ist im gerichtlichen Verfahren vor dem LSG als sachverständiger Zeuge herangezogen worden. Die von ihm erteilte schriftliche Auskunft entspricht den Anforderungen an eine Aussage eines sachverständigen Zeugen. Der Ast hat Auskunft über Tatsachen - Anamnese, Diagnose und Befunderhebungen - erteilt, die er aufgrund seiner medizinisch-ärztlichen Fachkunde in der Vergangenheit wahrgenommen hatte, und deren Richtigkeit durch seine Unterschrift bestätigt (vgl § 414 Zivilprozessordnung - ZPO -). Auf sachverständige Zeugen kommen die Vorschriften über den Zeugenbeweis zur Anwendung (ebda). Dementsprechend ist die schriftliche Auskunft eines sachverständigen Zeugen nach § 2 ZSEG wie die eines Zeugen zu entschädigen, sofern im ZSEG nichts Abweichendes bestimmt ist. Eine abweichende Regelung ist in § 5 ZSEG für den Fall getroffen, soweit der sachverständige Zeuge Verrichtungen der in der Anlage zu § 5 ZSEG bezeichneten Art erbringt. Nach § 5 Abs 1 ZSEG richtet sich die Entschädigung dann nach der Anlage. In Nr 3 der Anlage zu § 5 ZSEG sind ärztliche Verrichtungen angeführt, nämlich die Ausstellung eines Befundscheines (Befundbericht) oder die Erteilung einer schriftlichen Auskunft ohne nähere gutachtliche Äußerung. Für diese Leistungen erhält der sachverständige Zeuge eine Pauschalentschädigung zwischen 10,-- und 20,-- Euro, bei einer außergewöhnlich umfangreichen Tätigkeit erhält der Arzt bis zu 35,-- Euro. Der Ersatz sonstiger Aufwendungen, insbesondere auch von Schreibauslagen, ist in § 11 ZSEG einheitlich für Zeugen und Sachverständige geregelt. Daraus ergibt sich, dass der Sachverständige oder sachverständige Zeuge nur noch in den Fällen des § 5 Abs 2 ZSEG besondere Aufwendungen nach § 8 und 11 ZSEG ersetzt erhalten kann. Soweit der Arzt deshalb kein Gutachten im Sinne des § 8 ZSEG erstattet, sondern nur einen Befundbericht geliefert hat, kann neben der Entschädigung im Sinne der Nr. 3 der Anlage zu § 5 ZSEG nur für nachgewiesene besondere Aufwendungen nach § 11 ZSEG eine Erstattung verlangt werden (vgl auch Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 9. Februar 2000 = B 9 SB 10198 R = SozR 3-1 925 § 5 ZSEG Nr 1). Die für Sachverständigengutachten vorgesehene Erstattungsregelung für die auf seine Entschädigung entfallende Umsatzsteuer in § 8 Abs 1 Nr 4 ZSEG ist hier nicht anzuwenden. Sie ist auch nicht entsprechend auf sachverständige Zeugen anwendbar, denn insoweit besteht keine planwidrige, ausfüllungsbedürftige Gesetzeslücke, denn das ZSEG enthält insoweit ein in sich geschlossenes stimmiges Entschädigungssystem (BSG, aaO).

7

Eine Umsatzsteuererstattung ist gem § 8 Abs 1 Nr 4 ZSEG ausschließlich für Sachverständige vorgesehen, soweit sie überhaupt der Umsatzsteuerpflicht unterliegen (so auch LSG für das Land Brandenburg, Beschluss vom 3. Mai 2001 - L 2 SF 13/01 -). Der Senat hat nicht darüber zu befinden, inwieweit das Erstellen von Befundberichten überhaupt der Umsatzsteuerpflicht unterliegt (vgl hierzu Hidien, Zur Umsatzsteuerpflichtigkeit der ärztlichen Gutachtertätigkeit, MedR 2002, 252; BMF - Schreiben vom 8. November 2001 IV D 1 - S 7170- 201/01 abgedruckt in NZS 2002, 248, 249).

8

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 16 Abs. 2 Satz 4 ZSEG; § 177 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Schimmelpfeng- Wolff
Schreck