Verwaltungsgericht Osnabrück
Beschl. v. 01.07.2004, Az.: 1 B 12/04

Betriebseinstellung; Bar; Barbetrieb; Begründungspflicht; Beihilfe; Betriebsschliessung; Betriebsstilllegung; Bordellbetrieb; Gaststätte; Gaststättenerlaubnis; Gewerbsmäßigkeit; illegaler Aufenthalt; intendiertes Ermesssen; Prognose; Prostitution; Schliessungsanordnung; Sofortvollzug; Unzuverlässigkeit; Widerruf; wirtschaftliche Folgen

Bibliographie

Gericht
VG Osnabrück
Datum
01.07.2004
Aktenzeichen
1 B 12/04
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2004, 50836
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Zur gaststättenrechtlichen Unzuverlässigkeit wegen der Begehung von Straftaten

2. Zur Beachtlichkeit von Straftaten außerhalb des Gaststättenbetriebes, für den die Erlaubnis widerrufen wird

Gründe

1

I. Der Antragsgegner erteilte dem am 30.10.1954 geborenen Antragsteller unter dem 18.09.2000 die Erlaubnis, in dem Gebäude D. E., F. G., eine Schankwirtschaft in der Betriebsart „Barbetrieb“ zu betreiben. Der Antragsteller hatte den Barbetrieb bereits aufgrund einer vorläufigen Erlaubnis vom 23.02.1999 aufgenommen. Die Bar führt er unter dem Namen „Club H.“. Im März 2001 erteilte ihm der Landkreis I. für Räumlichkeiten auf dem Grundstück J. K., L. M., ebenfalls eine gaststättenrechtliche Erlaubnis für die Betriebsart „Barbetrieb“. Diese Bar führt er unter dem Namen „N.“.

2

Am 21.03.2001 wurde die Bar „Club H.“ polizeilich überprüft. Nach den polizeilichen Feststellungen hielten sich in der Bar unter anderem vier Ausländerinnen - mutmaßlich zur Ausübung der Prostitution - auf, die zum Aufenthalt im Bundesgebiet nicht berechtigt waren, jeweils einen Schlüssel für die verschlossene Etagentür zu den Zimmern in der ersten Etage des Gebäudes besaßen und in diesen Zimmern ihre persönlichen Sachen - wie Pässe, Toilettenartikel usw. - hatten. Das daraufhin gegen den Antragsteller wegen des Verdachts der Beihilfe zu Verstößen gegen das Ausländergesetz eingeleitete Strafverfahren wurde vom Amtsgericht Bersenbrück durch Beschluss vom 10.04.2002 gemäß § 153 a Abs. 2 StPO eingestellt, nachdem der Antragsteller die Auflage, 2.500,00 € an die Landeskasse zu zahlen, erfüllt hatte.

3

Der Antragsgegner wurde durch das Polizeikommissariat E. über das Ergebnis der am 21.03.2001 durchgeführten polizeilichen Überprüfung sowie einer bereits am 25.11.1999 durchgeführten Überprüfung in Kenntnis gesetzt. Bei der am 25.11.1999 durchgeführten Überprüfung war in der Bar eine nicht zur Erwerbstätigkeit in der Bundesrepublik berechtigte polnische Staatsangehörige angetroffen worden, die dort - wahrscheinlich - ebenfalls der Prostitution nachgegangen und deshalb durch Verfügung der Ausländerabteilung des Antragsgegners vom 26.11.1999 ausgewiesen worden war.

4

Veranlasst durch die Mitteilung des Polizeikommissariats E. wies der Antragsgegner den Antragsteller unter dem 12.06.2001 darauf hin, dass wiederholte Verstöße gegen ausländerrechtliche Bestimmungen den Schluss auf eine gaststättenrechtliche Unzuverlässigkeit zuließen, und gab ihm Gelegenheit zur Äußerung. Der Antragsteller nahm dazu dahin Stellung, dass der Vorfall vom 21.03.2001 noch nicht aus der „Ermittlungsphase“ herausgekommen sei und er ihn bestreite und der Vorfall vom 25.11.1999 mit seinem Freispruch geendet habe und deshalb aus den Akten „gestrichen“ werden müsse.

5

Am 15.05.2002 wurde eine polizeiliche und ausländerbehördliche Überprüfung des Barbetriebes „N.“ durchgeführt. Nach den polizeilichen Feststellungen hielten sich dort mehrere Ausländerinnen ohne Berechtigung zum Aufenthalt im Bundesgebiet auf und gingen dort mußmaßlich der gewerbsmäßigen Prostitution nach. Das daraufhin gegen den Antragsteller wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen das Ausländergesetz eingeleitete staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren wurde gemäß § 153 a Abs. 1 StPO eingestellt, nachdem der Antragsteller die Auflage, 500 € an die Landeskasse zu zahlen, erfüllt hatte.

6

Am 04.02.2003 wurde durch die Polizei und das Gewerbeaufsichtsamt eine erneute Überprüfung des Barbetriebes „Club H.“ durchgeführt. Bei der Überprüfung wurden in dem Betrieb 6 Ausländerinnen angetroffen, die sich illegal in der Bundesrepublik Deutschland aufhielten. Der Antragsteller räumte ein, die Ausländerinnen, deren illegaler Aufenthalt ihm bewusst gewesen sei, in seinem Barbetrieb zur Unterhaltung der Gäste, nicht aber zur Prostitution, beschäftigt zu haben und ihnen die oberen Räume gegen Entgelt für die Übernachtung belassen zu haben. Durch Urteil des Amtsgerichts E. vom 10.12.2003 - 6 Ds 710 Js O. - wurde er wegen gewerbsmäßiger Beihilfe zum Verstoß gegen das Ausländergesetz zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. In dem Urteil heißt es unter anderem wie folgt:

7

"Aufgrund der nach § 251 Abs. 1 Ziffer 1 StPO verlesenen richterlichen Aussage der sich an einem unbekannten Ort aufhaltenden Zeugin P. Q. steht für das Gericht fest, dass die in den Räumen des Angeklagten angetroffenen und oben genannten Ausländerinnen dort der Prostitution nachgingen. Die Zeugin Q. hat in ihrer richterlichen Vernehmung vor dem Abschiebehaftrichter angegeben, dass sie für ihre Dienste von dem Angeklagten täglich 40,00 € erhalten habe. Dabei sei es auch ihre Aufgabe gewesen, mit Gästen in die oben befindlichen Separees zu gehen und dort sexuellen Verkehr gegen Entgelt auszuführen. Die Gäste hätten den Lohn bei dem Barmann beglichen.

8

Aufgrund der Zeugenangaben steht für das Gericht auch fest, dass der Angeklagte hierdurch einen erheblichen Teil seiner Einnahmen erzielte. Hinzu kommt, dass der Angeklagte trotz der hohen Pacht von 5.200,00 € monatlich nach eigenen Angaben noch einen Gewinn von 2.000,00 bis 2.500,00 € erzielt. Dies ist allein mit Getränkeumsatz nicht zu erwirtschaften.

9

III. Damit ist der Angeklagte der gewerbsmäßigen Beihilfe zum Verstoß gegen das Ausländergesetz nach den §§ 92 a Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit § 92 Abs. 1 Nr. 1 Ausländergesetz in sechs tateinheitlich begangenen Fällen schuldig. Das Gericht ist der Überzeugung, dass der Angeklagte in Kenntnis der Tatsache, dass die Ausländerinnen aufgrund ihrer Erwerbstätigkeit nicht über die erforderliche Aufenthaltsgenehmigung oder -duldung verfügten, diese entgeltlich beschäftigt hat. Hierdurch hat der Angeklagte den weiteren illegalen Aufenthalt der Ausländerinnen ermöglicht.

10

Der Angeklagte hat nach Überzeugung des Gerichts einen erheblichen Vermögensvorteil durch die Beschäftigung der Ausländerinnen erhalten, in dem er diese zu einem Lohn beschäftigt hat, der weit unter dem einer vergleichbaren deutschen Arbeitnehmerin liegt. So hat er ohne Zahlung von Sozialabgaben lediglich ca. 35,00 € täglich an eine Arbeitnehmerin gezahlt. Insofern steht auch fest, dass der Angeklagte gewerbsmäßig gehandelt hat.

11

IV. Nach der einschlägigen Rechtsvorschrift des § 92 a Ausländergesetzes wird ein solches Vergehen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu 10 Jahren bestraft. Bei Bemessung der Strafe hat das Gericht berücksichtigt, dass der Angeklagte die Tat eingestanden hat. Auf der anderen Seite hat er gleich sechs Ausländerinnen illegal beschäftigt und dadurch einen hohen Vermögensvorteil erhalten. Auch hat das Gericht in der Hauptverhandlung feststellen müssen, dass bereits im Februar 2000 und im März 2001 Ausländerrinnen, die sich illegal im Bundesgebiet aufgehalten haben, in der Bar des Angeklagten angetroffen wurden. Die daraufhin eingeleiteten Strafverfahren, deren Akten beigezogen worden sind, sind in bzw. vor einer Hauptverhandlung gemäß § 153 a StPO mit der Auflage eingestellt worden, 2.500,00 DM bzw. 2.500,00 € an eine gemeinnützige Einrichtung zu zahlen. Offenbar hat der Angeklagte sich diese vorangegangene Verfahren nicht zur Warnung dienen lassen.

12

Vor diesem Hintergrund hat das Gericht eine Freiheitsstrafe von 10 Monaten für erforderlich, aber auch ausreichend angesehen, um die Tat des Angeklagten angemessen zu ahnden.“

13

Durch Bescheid vom 07.05.2004 widerrief der Antragsgegner die erteilte Gaststättenerlaubnis vom 18.09.2000 und gab dem Antragsteller auf, den Barbetrieb ab dem 24.05.2004 geschlossen zu halten und dies bis zum 27.05.2004 zu bestätigen. Zugleich ordnete er die sofortige Vollziehung der Verfügung an. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: Die Gaststättenerlaubnis sei zu widerrufen, weil Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass der Antragsteller die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitze. Die dem Urteil des Amtsgerichts E. vom 10.12.2003 zugrunde liegenden Verstöße gegen das Ausländergesetz und die am 15.05.2002 im Barbetrieb „N.“ in K. getroffenen polizeilichen Feststellungen begründeten erhebliche Zweifel daran, dass der Antragsteller seinen Gaststättenbetrieb zukünftig ordnungsgemäß führen werde. Es bestehe vielmehr die hohe Wahrscheinlichkeit, dass er auch in Zukunft seine Barbetriebe in bisheriger Weise, nämlich durch Beschäftigung von Prostituierten, die sich illegal im Bundesgebiet aufhielten, fortsetzen und dabei Straftaten nach dem Ausländergesetz begehen werde. Diese Gefahr bestehe, da der Antragsteller einen erheblichen Teil seiner Einnahmen aus der Beschäftigung illegaler Prostituierter erziele. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Widerrufs der Gaststättenerlaubnis überwiege, da die bisherige Betriebsführung des Antragstellers den dringenden Verdacht begründe, er werde auch in Zukunft strafbare Handlungen begehen. Diese Gefahr für die Öffentlichkeit sei evident. Sie führe zu einem Vorrang vor den wirtschaftlichen Interessen des Antragstellers an der Fortführung seines Barbetriebes. Der Gewährung einer zweiwöchigen Frist zur Geschäftsabwicklung liege die Ermessungserwägung zugrunde, dass dem Antragsteller trotz angeordneter sofortiger Vollziehung noch eine ausreichend bemessene Gelegenheit zur Abwicklung noch nicht abgeschlossener Geschäfte und zur Auflösung etwaiger Vertragsverhältnisse der bei ihm beschäftigten Personen sowie zur Auflösung und Übergabe des Betriebes gegeben werden solle.

14

Dagegen erhob der Antragsteller unter dem 13.05.2004 Widerspruch und beantragte bei der erkennenden Kammer am 25.05.2004 die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs. Zur Begründung macht er im Wesentlichen folgendes geltend: Die sofortige Schließung des Barbetriebes würde seine Existenz vernichten. Sei der Betrieb einmal geschlossen, sei der Negativeffekt in der Bevölkerung und bei seinen Kunden so groß, dass ein Neuanfang aussichtslos wäre. Für den Barbetrieb sowie den Bistro- und die Imbissstube habe er monatliche Pachtzahlungen in Höhe von 5.250,00 € zu leisten und zwar noch für weitere sechs Jahre. Der Verpächter werde die Erfüllung des langfristigen Pachtvertrages verlangen und er - der Antragsteller - müsse in die Insolvenz gehen. Er müsse seine Lebensgefährtin und ihr gemeinsames Kind unterhalten. Die beiden anderen Kinder seiner Lebensgefährtin müsse er ebenfalls versorgen, da deren leibliche Väter ihren Verpflichtungen nicht nachkämen. Bei einer Schließung des Betriebes würde mithin auch seiner Lebensgefährtin und den Kindern die finanzielle Existenz entzogen. In Ansehung dieser Folgen wäre eine Schließung des Betriebes nur gerechtfertigt, wenn besonders schwerwiegende Verstöße dies erforderlich machten. Derartiges sei hier jedoch nicht gegeben. Es seien keine hygienischen oder sonstigen Missverhältnisse festgestellt worden. Ihm werde einzig vorgeworfen, Beihilfe zur illegalen Beschäftigung von Ausländerinnen geleistet zu haben. Dabei sei zu berücksichtigen, dass es nur in einem einzigen Verfahren zu einer Verurteilung gekommen sei und dass vor und nach diesem Verfahren vier oder fünf Kontrollen durchgeführt worden seien, die zu keinen negativen Feststellungen geführt hätten. Die Sachlage stelle sich auch vielmehr folgendermaßen dar: Von den Beschäftigten sei er oft nicht über die Illegalität ihres Aufenthaltes aufgeklärt worden und oft sei es auch so gewesen, dass die angetroffenen Personen gar nicht bei ihm tätig gewesen seien, sondern sich nur vorgestellt hätten und dann gleich in eine Überprüfung hineingeraten seien. Es sei auch schon so gewesen, dass Ausländerinnen nur als Besucherinnen in der Bar gewesen seien, um sich dort mit anderen Damen zu unterhalten. Das ihm angelastete Fehlverhalten sei aber ohnehin nicht so schwerwiegend, dass es bei Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes eine Schließung des Betriebes und eine Existenzvernichtung rechtfertigen könnte. Es sei mit der unerlaubten Beschäftigung von Ausländern in der Landwirtschaft in Handwerksbetrieben und in Fleischwarenfabriken vergleichbar. In jenen Fällen käme es jedoch niemals zu einer Betriebsschließung. Es sei ausreichend, wenn er abgemahnt oder ihm eine Frist zur Bewährung gesetzt würde.

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Der Antragsteller beantragt,

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die aufschiebende Wirkung seines gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 07.05.2004 erhobenen Widerspruchs wiederherzustellen.

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Der Antragsgegner beantragt,

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den Antrag abzulehnen.

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Er ist der Auffassung, die angefochtene Verfügung sei rechtmäßig und das öffentliche Interesse gebiete den Sofortvollzug. Die Hartnäckigkeit, mit der der Antragsteller sein strafbares Verhalten fortgesetzt habe, führe zu der Prognose, dass dieser sich auch in Zukunft als gaststättenrechtlich unzuverlässig erweisen würde.

20

Durch einen seit dem 13.05.2004 rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts E. vom 19.02.2004 (CS 810 Js R. - 6 CS S.) wurde dem Antragsteller zur Laste gelegt, mindestens 21 Flaschen Spirituosen für 80,00 oder 90,00 € in der Kenntnis, dass es sich dabei um Diebesgut handele, und in Bereicherungsabsicht angekauft zu haben. Wegen Hehlerei (§ 259 StGB) wurde eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen festgesetzt.

21

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen auf die von dem Antragsgegner vorgelegten Verwaltungsvorgänge verwiesen.

22

II. Der Antrag ist unbegründet.

23

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines infolge einer Sofortvollzugsanordnung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO keine aufschiebende Wirkung entfaltenden Widerspruchs ganz oder teilweise wiederherstellen. Bei der vom Gericht nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Abwägung der Interessen des Antragstellers einerseits und des öffentlichen Sofortvollzugsinteresses andererseits sind insbesondere auch die Erfolgsaussichten des gegen den Verwaltungsakt eingelegten Rechtsbehelfs insoweit zu berücksichtigen, als sie sich bereits bei summarischer Prüfung beurteilen lassen. - Hier ist bei summarischer Prüfung davon auszugehen, dass sich die angefochtene Verfügung als rechtmäßig erweisen wird und deshalb der dagegen erhobene Widerspruch und eine etwaige Klage keine Erfolgsaussichten haben.

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Nach § 15 Abs. 2 GastG ist die zum Betrieb eines Gaststättengewerbes erteilte Erlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die die Versagung der Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG rechtfertigen würden. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG ist die Erlaubnis unter anderem zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. § 15 Abs. 2 GastG eröffnet der Behörde bei Vorliegen der Widerrufsvoraussetzungen kein Ermessen, sondern verpflichtet sie zum Widerruf. Demgemäß ist es für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung nach § 15 Abs. 2 GastG im Falle des tatsächlichen Vorliegens von Widerrufsgründen auch unerheblich, ob die Behörde selbst die Widerrufsgründe zutreffend in den Blick genommen und gewürdigt hat oder ob die von ihr für den Widerruf herangezogenen Umstände bereits allein die Entscheidung rechtfertigen. Infolgedessen sind im Rahmen der gerichtlichen Entscheidung auch nachträglich eingetretene Umstände, wie etwa der seit dem 13.05.2004 rechtskräftige Strafbefehl des Amtsgerichts E. vom 19.02.2004 (CS 810 Js R. - 6 CS S.) und der diesem Strafbefehl zugrundeliegende Sachverhalt, zu beachten.

25

Hier rechtfertigen die tatsächlichen Verhältnisse die Annahme, dass es dem Antragsteller wahrscheinlich an der erforderlichen gaststätten- bzw. gewerberechtlichen Zuverlässigkeit mangelt. Dabei führen bereits die von dem Antragsgegner selbst herangezogenen Umstände und Gesichtspunkte zu der Annahme, dass der Antragsteller künftig seinen Barbetrieb nicht ordnungsgemäß führen wird.

26

Der Antragsteller hat wiederholt und hartnäckig gegen die Bestimmungen des Ausländergesetzes verstoßen und ist schließlich durch Urteil vom 10. Dezember 2003 wegen gewerbsmäßiger Beihilfe zum Verstoß gegen das Ausländergesetz zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt worden. Auch durch die bereits am 12.06.2001 - wegen Verstoßes gegen das Ausländergesetz - erfolgte Einleitung des Widerrufsverfahrens hat er sich nicht beeindrucken lassen. Die Fortsetzung seines strafbaren Verhaltens lässt befürchten, dass er nicht bereit ist, die Rechtsordnung zu beachten und sie auch dann für sich als verbindlich anzuerkennen, wenn sie seinen Wünschen und Zielen entgegensteht (vgl. dazu OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25.06.1991 - 4 A 504/90 - GewArch 1991, 437). Dabei ist hier auch insbesondere zu berücksichtigen, dass die Straftaten des Antragstellers unmittelbar im Zusammenhang mit dem Barbetrieb bzw. den Barbetrieben gewerbsmäßig erfolgt sind und der Antragsteller im Zusammenhang mit diesen Rechtsverstößen einen erheblichen Teil seiner Einnahmen erzielt hat. Das Amtsgericht Bersenbrück hat in seinem Urteil vom 10.12.2003 überzeugend dargelegt, dass eine Pacht von 5.200 € monatlich und ein monatlicher Gewinn von 2.000 bis 2.500 € nicht allein mit dem Getränkeumsatz zu erwirtschaften seien, sondern dass dies nur durch die Einnahmen aus der Prostitution der Ausländerinnen, zu deren illegalen Aufenthalt er gewerbsmäßig Beihilfe geleistet hat, zu erreichen gewesen war. Dass die sich illegal aufhaltenden Ausländerinnen in den Räumen des Antragstellers der Prostitution nachgegangen sind und der Antragsteller daraus einen wesentlichen Teil seiner Einnahmen erzielt hat, kann angesichts der vorliegenden polizeilichen Ermittlungsberichte, der im Verwaltungsvorgang dokumentierten Zeugenaussagen und der Ausführungen des Urteils des Amtsgerichts Bersenbrück vom 10.12.2003 nicht zweifelhaft sein. Die Einwendungen des Antragstellers erweisen sich demgegenüber als bloße Schutzbehauptungen. Seine Behauptung, er habe die Ausländerinnen zwar beschäftigt, diese seien jedoch für ihn nicht als Prostituierte tätig gewesen, ist bereits ebenso durch die Zeugenaussagen widerlegt wie seine Einlassung, die Ausländerinnen seien oft nur zum Besuch oder zum Vorstellen erschienen. Es gehört im Übrigen zu den gewerberechtlichen Aufsichtspflichten eines Gastwirts, rechtzeitig zu klären, ob den bei ihn angetroffenen ausländischen Prostituierten der Aufenthalt für solche Erwerbstätigkeit ausländerrechtlich erlaubt ist (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 02.07.2002 - 1 SN 74/00 - NVwZ-RR 2002, 739 [VG Frankfurt am Main 11.12.2001 - 9 G 3224/01(1)]). Nach seinem - sich in dem Verwaltungsvorgang widerspiegelnden - Erscheinungsbild handelt es sich bei dem Barbetrieb des Antragstellers um den typischen Fall eines illegalen Bordellbetriebes, in dem Ausländerinnen ohne Aufenthaltsgenehmigung oder Duldung für den Betreiber eines Bordells der Prostitution nachgehen. Für den Betreiber eines Bordells ist die Ausübung der Prostitution durch sich illegal aufhaltende Ausländerinnen deshalb besonders lukrativ, weil - wie allgemein bekannt ist und wie es sich auch aus dem Urteil das Amtsgericht Bersenbrück ergibt - diese sich mit einem Bruchteil dessen zufrieden geben bzw. zufrieden geben müssen, den eine vergleichbare Prostituierte mit legalem Aufenthalt und der Berechtigung zur Prostitutionsausübung erhalten würde. Das muss den Antragsteller veranlasst haben, die illegale Beschäftigung ausländischer Prostituierter trotz der ihm dadurch drohenden straf-, gewerbe- und vermögensrechtlichten Konsequenzen hartnäckig fortzusetzen, und zwar nun bereits in zwei Barbetrieben. Daraus erschließt sich zugleich eine hinreichend hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Antragsteller dieses Verhalten fortsetzen würde, wenn er den Barbetrieb fortführen dürfte. Der Antragsteller ist nicht bereit, die Rechtsordnung zu beachten und als für sich verbindlich anzuerkennen, sondern offenbar gewillt, sie zu brechen, wenn sie seinen Wünschen und Zielen entgegensteht.

27

Soweit der Antragsteller versucht, das Gewicht der Verfehlungen durch einen Vergleich mit ausländerrechtlichen Verstößen in anderen Beschäftigungsbereichen zu bagatellisieren, verdeutlichen schon das Strafmaß der abgeurteilten Tat und der durch § 92 a Abs. 2 AuslG vorgegebene Strafrahmen von 6 Monaten bis zu 10 Jahren, dass es sich hierbei um recht schwerwiegende Vergehen handelt. Dabei unterliegt es auch keinen Zweifeln, dass vergleichbare Straftaten in anderen Beschäftigungsbereichen beispielsweise auch die (allgemeine) gewerberechtliche Zuverlässigkeit ausschließen können. Im Übrigen ist der Antragsteller selbst mehrfach in den Genuss einer Verfahrenseinstellung nach § 153 a StPO gekommen, ohne sich dies - wie dargelegt - allerdings eine hinreichende Warnung sein zu lassen. An der Unterbindung eines Aufenthalts von Ausländerinnen und Ausländern, der ausländerrechtlich illegalen Erwerbszwecken dient, besteht ein hohes öffentliches Interesse.

28

Erweist sich der Erlaubnisinhaber als gaststättenrechtlich unzuverlässig und ist mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auch eine zukünftige Unzuverlässigkeit zu prognostizieren, ist die Gaststättenerlaubnis zu widerrufen, ohne dass noch Raum dafür wäre, die wirtschaftlichen Folgen des Widerrufs zugunsten des Erlaubnisinhabers zu berücksichtigen. Selbst wenn der Antragsteller infolge des Widerrufs seiner Gaststättenerlaubnis insolvent werden sollte und er, seine Lebensgefährtin sowie die drei Kinder in Zukunft auf Sozialhilfeleistungen angewiesen sein sollten, ist allein entscheidend, dass es die Rechtsordnung nicht zulässt, einem unzuverlässigen Gaststättenbetreiber sein Gewerbe weiter ausüben zu lassen.

29

Im Übrigen bestätigt auch der rechtskräftige Strafbefehl vom 19.02.2004 die Prognose, dass der Antragsteller auch zukünftig nicht bereit sein wird, die Rechtsordnung zu beachten und für sich als verbindlich auch dann anzuerkennen, wenn sie seinen Wünschen und Zielen entgegensteht. Die dem Strafbefehl zugrunde liegende Tat, der hehlerische Ankauf von mindestens 21 Flaschen Spirituosen, hat offenbar wiederum einen Bezug zu seiner Gewerbeausübung.

30

Die gleichzeitig verfügte Schließung des Betriebes beruht auf § 31 GastG, 15 Abs. 2 Satz 1 GewO und ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden. Zwar eröffnet § 15 Abs. 2 Satz 1 GewO der Behörde ein Ermessen. Widerruft die Behörde eine Gaststättenerlaubnis mit sofortiger Wirkung, stellt die Anordnung der sofortigen Betriebseinstellung im Regelfall - im Sinne eines sogenannten intendierten Ermessens - die einzig sachgerechte Entscheidung nach § 31 GastG, 15 Abs. 2 Satz 1 GewO dar. Anstelle einer näheren Begründung reicht für eine solche Anordnung regelmäßig der behördliche Hinweis auf die maßgeblichen Rechtsvorschriften (vgl. dazu Hess. VGH, Beschluss vom 20.02.1996 - 14 TG 43/95 - GewArch 1996, 291).

31

Hier enthält die streitgegenständliche Verfügung unter dem Abschnitt „Begründung“ allerdings lediglich Ausführungen zum Widerruf der Gaststättenerlaubnis und nicht auch zur Anordnung der Betriebsschließung. Angesprochen wird die Betriebsschließung einzig unter der Rubrik „Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung“, und zwar unter dem Gesichtspunkt, dass dem öffentlichen Interesse „an der sofortigen Vollziehung der Betriebsstilllegung“ regelmäßig das Übergewicht gegenüber dem privaten Interesse des Gastwirts gebühre. In den Ausführungen dazu wird der Sofortvollzug der Widerrufsverfügung mit der Betriebsschließung bzw. deren Anordnung gleichgesetzt und darin wird auch ausgeführt, aus welchen Erwägungen dem Antragsteller (durch die Festlegung des Zeitpunktes der Schließung auf den 24.05.2004) eine zweiwöchige Frist für die Geschäftsabwicklung eingeräumt werde. Angaben zu den Rechtsgrundlagen der §§ 31 GastG, 15 Abs. 2 Satz 1 GewO sind auch hier nicht gemacht worden. Unter der Rubrik „Rechtsquellen“ werden das Gaststättengesetz und die Verwaltungsgerichtsordnung pauschal ohne Angabe der Paragraphen und die Gewerbeordnung überhaupt nicht aufgeführt.

32

Diese Darlegung der Begründung führt zwar nicht zur Rechtswidrigkeit der Sofortvollzugsanordnung, da diese zweifelsfrei dem bloß formalen Erfordernis des § 80 Abs. 3 VwGO hinreichend Rechnung trägt. Sie ist aber - auch nach den dargelegten eingeschränkten Voraussetzungen - keine hinreichende Begründung für die Entscheidung nach §§ 31 GastG, 15 Abs. 2 Satz 1 GewO. Die Verletzung der Begründungspflicht führt zu Rechtswidrigkeit der Schließungsanordnung §§ 39, 40 VwVfG i.V.m. § 1 Nds. VwVfG). Dieser Fehler ist jedoch gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG i.V.m. § 1 Nds. VwVfG bis zum - hier noch bevorstehenden - Abschluss des Widerspruchsverfahrens heilbar. Eine Heilung des Begründungsmangels bis zum Abschluss des Vorverfahrens kann deshalb angenommen werden (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 20.02.1996 - 14 TG 430/95 -aaO.).

33

Nach alledem konnte der Antrag keinen Erfolg haben.

34

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

35

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 20 Abs. 3 GKG i.V.m. § 13 Abs. 1 GKG. Dabei orientiert sich die Kammer an dem Vorschlag des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (vgl. I Nr. 7 i.V.m. II Nr. 14.1).