Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 30.01.2013, Az.: L 13 AS 67/11
Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende; Berücksichtigung von Kindergeld für mehr als zwei Kinder als Einkommen
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 30.01.2013
- Aktenzeichen
- L 13 AS 67/11
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2013, 36332
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2013:0130.L13AS67.11.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Oldenburg - 08.02.2011 - AZ: S 48 AS 978/10
Rechtsgrundlagen
- § 6 BKGG (1996)
- § 31 EStG
- § 66 EStG
- § 74 EStG
- § 76 EStG
- § 54 Abs. 5 SGB I
- § 11 Abs. 1 S. 1, 2, 3 SGB II
Tenor:
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichtes Oldenburg vom 8. Februar 2011 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger begehren höhere Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch 2. Buch (SGB II) unter Berücksichtigung des individuellen für sie ausgezahlten Kindergeldes im Rahmen der Einkommensanrechnung.
Die am 8. November 1997, 4. Juli 1999 und 9. Mai 2001 geborenen Kläger sind die minderjährigen Kinder der Eheleute K. und L. Kurth. Neben den drei Klägern haben die Eheleute ein weiteres Kind (M.), welches am 15. März 2004 geboren wurde. Die Familie bezieht aufgrund ihres Antrages vom 25. November 2009 Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende, wobei der Vater der Kläger mit Bescheid der Deutschen Rentenversicherung N. vom 16. November 2009 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. Juli 2009 befristet bis zum 31. Mai 2012 erhalten hat. Der Nachzahlungsbetrag wurde in Höhe von 78,92 EUR im Dezember 2009 an den Vater der Kläger ausgezahlt. Im Übrigen ist der Nachzahlungsbetrag aufgrund von Erstattungsansprüchen der Stadt O. und der AOK nicht zur Auszahlung gekommen. Weiter ist dem Vater der Kläger ab dem 27. August 2009 der Nachteilsausgleich "G" zuerkannt worden. Den entsprechenden Schwerbehindertenausweis hat er bei der Stadt O. am 15. April 2010 vorgewiesen. Mit Bescheid der Deutschen Rentenversicherung N. vom 24. Februar 2010 und weiterem Bescheid der Nationalen Pensionsversicherungsanstalt P. vom 16. Februar 2010 wurde ihm eine Rente aufgrund von in Luxemburg zurückgelegter Versicherungszeiten aus der Q. Rentenversicherung ab dem 1. Juli 2009 bewilligt.
Mit Bescheid des Arbeitsamtes R. - Familienkasse - vom 30. März 2004 wurde der Mutter der Kläger Kindergeld für die vier Kinder der Familie bewilligt. Das Kindergeld hat bis zum 31. Dezember 2009 für das erste und zweite Kind 164,00 EUR, für das dritte Kind 170,00 EUR und ab dem vierten Kind 195,00 EUR monatlich betragen. Ab dem 1. Januar 2010 hat das Kindergeld für das erste und zweite Kind 184,00 EUR, für das dritte Kind 190,00 EUR und ab dem vierten Kind 215,00 EUR monatlich betragen. Hierneben wurde der Mutter der Kläger mit Bescheiden der Familienkasse R. vom 22. Juni 2009 zunächst ein Kinderzuschlag bewilligt. Dieser ist mit Bescheid vom 11. Dezember 2009 ab November 2009 jedoch rückwirkend entzogen worden und insoweit eine Rückforderung in Höhe von 824,00 EUR geltend gemacht worden. Weiter ist der Familie mit Bescheid der Stadt O. vom 23. Juni 2009 Wohngeld für den Zeitraum vom 1. August 2009 bis zum 31. Januar 2010 bewilligt worden. Diesbezüglich hat die Stadt O. unter dem 19. April 2010 einen Erstattungsanspruch angemeldet.
Mit zwei Bescheiden vom 28. November 2009 hat die namens und im Auftrag des Beklagten handelnde Stadt O. der Familie Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 17. November 2009 bis zum 30. April 2010 bewilligt. Im Rahmen der Einkommensanrechnung der Kinder hat der Beklagte dabei bei allen vier Kindern jeweils den Durchschnittsbetrag des insgesamt bezogenen Kindergeldes berücksichtigt. Einzelne Änderungen hinsichtlich der Leistungshöhe erfolgten mit Bescheiden vom 7. Dezember 2009, 14. Dezember 2009, zwei Bescheiden vom 18. Dezember 2009, 19. Januar 2010, 18. Februar 2010 und 18. März 2010 aufgrund der zu unterschiedlichen Zeitpunkten zugeflossenen Rentenleistungen für den Vater der Kläger. Hierneben hat die Mutter der Kläger Einkommen aus einem Lotteriegewinn erzielt, der von dem Beklagten auf die Monate Januar bis April 2010 aufgeteilt wurde. Die Anrechnung des Kindergeldes hingegen war von diesen Änderungsbescheiden nicht betroffen.
Gegen diese Bescheide haben die Kläger jeweils rechtzeitig Widerspruch erhoben, mit denen sie unter anderem die Art der Anrechnung des Kindergeldes gerügt haben.
Mit zwei Widerspruchsbescheiden vom 20. April 2010 hat der Beklagte für den Monat November 2009 weitere 248,44 EUR und für den Monat Dezember 2009 weitere 44,30 EUR bewilligt. Im Übrigen hat er die Widersprüche zurückgewiesen. Der Beklagte hat hierbei eine Rückforderung der Familienkasse hinsichtlich des Kinderzuschlages berücksichtigt. Weiter hat er einen Mehrbedarf für den Vater der Kläger aufgrund des Merkzeichens "G" anerkannt. Darüber hinaus hat der Beklagte Korrekturen bei der Höhe des Abzuges für eine Warmwasserpauschale und bei den Abzügen des Einkommens des Vaters der Kläger vorgenommen. Letztlich hat er die Kosten der Unterkunft in der Höhe der tatsächlich entstandenen Aufwendungen übernommen. Eine individuelle Anrechnung des Kindergeldes hat der Beklagte hingegen abgelehnt. Die gleichmäßige Aufteilung sei rechtmäßig, da das Kindergeld keinem bestimmten Kind, sondern dem Gesamthaushalt der Familie zu Gute kommen solle.
Die Kläger haben am 27. April 2010 jeweils gegen die beiden Widerspruchsbescheide vom 20. April 2010 Klagen vor dem Sozialgericht (SG) Oldenburg erhoben, die sie nicht begründet haben. Das SG hat beide Verfahren (S 48 AS 978 und 979/10) mit Beschluss vom 28. April 2010 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Mit Einverständnis der Beteiligten hat das SG am 8. Februar 2011 durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden und die Klagen abgewiesen. Eine gleichmäßige Aufteilung des Kindergeldes auf alle vier Kinder sei nicht zu beanstanden. Es bestehe kein individueller Anspruch des Kindes auf das Kindergeld. Vielmehr sei ein "Gesamtanspruch" des entsprechenden Elternteils gegeben. Zunächst sei das Kindergeld nach den Regelungen des Kindergeldrechts grundsätzlich als Einkommen der Eltern anzusehen und erst sodann nach dem sGB II zu verteilen.
Gegen das am 11. Februar 2011 zugestellte Urteil haben die Kläger am 18. Februar 2011 die zugelassene Berufung eingelegt. Sie wenden sich gegen die Art der Anrechnung des Kindergeldes im Zeitraum zwischen dem 1. Dezember 2009 und dem 30. April 2010. Anstatt des jeweils angerechneten Durchschnittsbetrages in Höhe von 173,25 EUR habe sich der für die Kläger zu 1 und 2 erhaltene Betrag lediglich auf 164,00 EUR und für den Kläger zu 3 auf lediglich 170,00 EUR belaufen. Ihr Leistungsanspruch gegen den Beklagten sei um die Differenz dieser Beträge zu erhöhen.
Die Kläger beantragen nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,
1. das Urteil des Sozialgerichtes Oldenburg vom 8. Februar 2011 aufzuheben,
2. die Bescheide des Beklagten vom 28. November 2009 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 7. Dezember 2009, 14. Dezember 2009, 18. Dezember 2009, 19. Januar 2010, 18. Februar 2010 und 18. März 2010 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 20. April 2010 abzuändern und
3. ihnen höhere Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1. Dezember 2009 bis zum 30. April 2010 unter Berücksichtigung des individuellen für sie erhaltenen Kindergeldes zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und nimmt zur Begründung im Wesentlichen auf die Ausführungen aus den Widerspruchsbescheiden Bezug. Er hält die gleichmäßige Aufteilung des Kindergeldes im Rahmen der Einkommensanrechnung für rechtmäßig. Es bestehe kein individueller Kindergeldanspruch des einzelnen Kindes. Das Kindergeld stelle vielmehr eine Leistung an die Familie insgesamt dar.
Zum weiteren Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat hat ohne mündliche Verhandlung entschieden, da die Beteiligten auf eine mündliche Verhandlung verzichtet haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgemäß eingelegte Berufung ist zulässig, denn sie ist im Urteil des Sozialgerichtes (SG) Oldenburg zugelassen worden (§ 144 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Zutreffend hat das SG Oldenburg die Klagen abgewiesen. Nach ihrem Antrag begehren die Kläger höhere Leistungen nur für den Zeitraum vom 1. Dezember 2009 bis zum 30. April 2010. Für diesen Zeitraum hat der Beklagte Leistungen mit den Bescheiden vom 28. November 2009, 7. Dezember 2009, 14. Dezember 2009, 18. Dezember 2009, 19. Januar 2010, 18. Februar 2010 und 18. März 2010 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 20. April 2010 bewilligt. Die mit diesen Bescheiden erfolgte Bewilligung von Leistungen an die Kläger in Höhe von jeweils 225,10 EUR für den Monat Dezember 2009, 141,22 EUR für den Monat Januar 2010, 112,00 EUR für den Monat Februar 2010, 112,99 EUR für den Monat März 2010 und 113,84 EUR für den Monat April 2010 ist rechtmäßig. Insbesondere haben Kläger keinen Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen aufgrund einer individuellen Anrechnung von Kindergeld. Die vom Beklagten vorgenommene gleichmäßige Aufteilung des Kindergeldes ist rechtmäßig.
1. Die Kläger waren im streitgegenständlichen Zeitraum hilfebedürftig im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1, § 9 Abs. 1 SGB II, denn sie konnten ihren Lebensunterhalt auch nicht unter Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens von mit ihnen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen decken. Dies ist unter den Beteiligten auch nicht im Streit.
2. Den individuellen Bedarf der Kläger hat der Beklagte für die streitgegenständlichen Monate mit jeweils 399,81 EUR errechnet. Hiergegen haben die Kläger Einwendungen nicht erhoben. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich.
3. Dem Bedarf von jeweils 399,81 EUR stand ein bedarfsdeckendes Einkommen der Bedarfsgemeinschaft bestehend aus den Klägern, ihren Eltern sowie ihrem Bruder M. nicht gegenüber, so dass ein Leistungsanspruch verblieb.
a) Im Rahmen der Einkommensanrechnung hat der Beklagte zutreffend das Kindergeld bei den Klägern berücksichtigt. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind Einnahmen in Geld oder Geldwert als Einkommen zu berücksichtigen. Das Kindergeld ist dabei gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II als Einkommen des zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden Kindes zu berücksichtigen, soweit es zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigt wird. Zutreffend hat der Beklagte diese Anrechnung durch eine gleichmäßige Aufteilung des insgesamt an die Mutter der Kläger gezahlten Kindergeldes vorgenommen. Entgegen der Ansicht der Kläger wäre eine individuelle Anrechnung des Kindergeldes rechtswidrig.
b) Dass im Sinne der Kläger eine individuelle Anrechnung des Kindergeldes auch der Höhe nach bei dem jeweiligen Kind zu erfolgen hat, ist dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II nicht zu entnehmen. Soweit § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 2 SGB II bestimmt, dass Kindergeld als Einkommen des jeweiligen - zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden - Kindes anzurechnen ist, so handelt es sich hierbei lediglich um eine Zurechnungsregel, die eine Abweichung zum kindergeldrechtlichen Grundsatz bestimmt, nach dem das Kindergeld an den kindergeldberechtigten Elternteil ausgezahlt wird (vgl. Klaus in: GK SGB II, Stand Dezember 2011, § 11 Rdn. 56). Hinsichtlich der jeweils anzurechnenden Höhe des Kindergeldes bestimmt § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II lediglich, dass Kindergeld bei dem jeweiligen Kind anzurechnen ist, soweit es von diesem zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigt wird. Diese Regelung bezieht sich nicht auf die Frage, in welcher Höhe das Kindergeld bei dem jeweiligen Kind einzustellen ist, sondern nur auf den maximal anzurechnenden Teil des eingestellten Kindergeldes. Insofern lässt der Wortlaut des Gesetzes durchaus die gleichmäßige Aufteilung des Kindergeldes auf alle Kinder zu, für die Kindergeld bezogen wird. Denn auch in diesem Falle erfolgt die Anrechung des Kindergeldes als Einkommen des jeweiligen Kindes. Weitere Regelungen zur Anrechnung des Kindergeldes sind weder im SGB II noch in der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung - ALG II - V) enthalten.
Es folgt hingegen nach Ansicht des Senats aus dem Sinn und Zweck des § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II dass das Kindergeld gleichmäßig auf alle Kinder der Bedarfsgemeinschaft aufzuteilen ist, für die Kindergeld bezogen wird. Denn der Sinn und Zweck dieser Norm besteht darin, den Lebensunterhalt minderjähriger Kinder zunächst im Rahmen der Bedarfsgemeinschaft zu sichern (BSG, Urteil vom 19. März 2008 - B 11b AS 7/06 R - in: SozR 4-4200 § 11 Nr. 10). Durch die Zuordnung des Kindergeldes als Einkommen des Kindes kann die Abhängigkeit des Kindes vom Sozialgeld bzw. Arbeitslosengeld beseitigt werden (vgl. Gesetzesbegründung BT-Drucks. 15/1516, S. 53). Durch diese Änderung der bloßen Zurechnung im Gegensatz zum Kindergeldrecht (§ 62 Einkommenssteuergesetz - EStG bzw. § 1 Bundeskindergeldgesetz - BKGG), wird der Zweck des Kindergeldes nicht geändert. Der steuerrechtliche Zweck des Kindergeldes besteht darin, eine steuerliche Freistellung eines Einkommensbetrages in Höhe des Existenzminimums eines Kindes zu bewirken (§ 31 EStG). Mit diesem Zweck wird Kindergeld nicht dem Kind selbst (vertreten durch die Eltern) als Einkommen zur Sicherung seines Existenzminimums gewährt, sondern es bleibt der Teil des Einkommens der Eltern steuerfrei, den diese zur Existenzsicherung ihres Kindes benötigen (LSG Saarland, Urteil vom 25. Mai 2010 - L 9 AS 9/07 - zit. nach Juris). Maßgeblich ist damit auch im Kindergeldrecht die Sicherung des Lebensunterhalts des Kindes. Gerade dieser Zweck wird im Bereich des SGB II dadurch erreicht, dass das Kindergeld von vornherein bei dem Kind als Einkommen anzurechnen ist. Unabhängig davon ist es, dass das Kindergeld nicht an das Kind, sondern an den kindergeldberechtigten Elternteil ausgezahlt wird. Die Bestimmung zur Leistungssicherung ist jedoch auf den Kindergeldanspruch einer Familie mit mehreren Kindern insgesamt bezogen, nicht auf das individuelle Kind. Das Kindergeld drückt nicht den individuellen Bedarf eines einzelnen Kindes aus, sondern es ist eine Leistung an die Familie insgesamt für den Betreuungs- und Unterhaltsaufwand, weil typischerweise "aus einem Topf" in der Familie gewirtschaftet wird (BGH, Urteil vom 21. Juli 2004 - XII ZR 203/01 - in: NJW 2004, 3111 [BGH 21.07.2004 - XII ZR 203/01]; vgl. auch § 31 EStG). Trotz unterschiedlicher Konzeption gilt dies sowohl für das Kindergeld nach dem BKGG als auch für das Kindergeld nach dem EStG (Felix, Kindergeldrecht, 1. Auflage 2005, Einf. Rdn. 10 f.). In dem Anstieg des Kindergeldes ab dem dritten Kind gegenüber dem ersten und zweiten Kind wird daher ein nicht individuell ansteigender Bedarf des jeweiligen Kindes ab dem dritten Kind, sondern ein steigender Betreuungs- und Unterhaltsaufwand für die Familie insgesamt berücksichtigt (Felix, Kindergeldrecht, 1. Auflage 2005, § 66 EStG Rdn. 1). Die in § 66 EStG bzw. § 6 BKGG, in denen die Höhe des Kindergeldes geregelt ist, angelegte Aufzählung ist nicht an die individuelle Stellung des jeweiligen Kindes innerhalb der Familie geknüpft. Die "Rangfolge" unter den Kindern ist dabei ohnehin nicht statisch, sondern kann sich im Falle des Hinzukommens weiterer Kinder (z.B. Adoptivkinder, Stiefkinder) oder des Wegfalls (z.B. durch Auszug) ändern (Felix, Kindergeldrecht, 1. Auflage 2005, § 66 EStG Rdn. 12, § 6 BKGG Rdn. 7).
Diese Grundsätze des Kindergeldrechts gelten auch im Rahmen des SGB II und sind bei der Einkommensanrechnung zu berücksichtigen. Dies erfolgt im Rahmen der Zurechnungsregelung § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II dadurch, dass eine gleichmäßig Aufteilung der Familienleistung "Kindergeld" bei allen Kindern der Bedarfsgemeinschaft vorzunehmen ist, für die Kindergeld erhalten wird (so auch: LSG Saarland, Urteil vom 25. Mai 2010 - L 9 AS 9/07 - zit. nach Juris; OVG Bremen, Urteil vom 17. September 2010 - 1 B 140/10 - in: InfAuslR 2011, 14; Hengelhaupt in: Hauck/Nofts, SGB II, Stand 6/10, § 11 Rdn. 365; Geiger in: LPK-SGB II, 4. Auflage 2011, Anm. 5.2; Schmidt in: Oestreicher, SGB II/SGB XII, Stand: Oktober 2010, § 11 Rdn. 53a; a.A.: Striebinger in: Gagel, SGB II/SGB III, Stand: Oktober 2012, § 11 SGB II, Rdn. 38; Dauber in: Mergler/Zink, SGB II, Stand: Januar 2012, § 11 Rdn. 32 f., Löns in: Löns/Herold-Tews, SGB II, 3. Auflage 2011, § 11 Rdn. 17).
Es besteht insofern nach Ansicht des Senats auch kein Grund, die vom Bundessozialgericht zu § 11 Abs. 1 Satz 4 SGB II a.F. (jetzt § 11a Abs. 3 Satz 2 SGB II) für Pflegekinder aufgestellten Grundsätze (vgl. BSG, Urteil vom 23. Mai 2012 - B 14 AS 148/11 R - in: NZS 2012, 912) nicht auch auf das Kindergeld zu übertragen (so auch LSG Saarland, Urteil vom 25. Mai 2010 - L 9 AS 9/07 - zit. nach Juris). Das Bundessozialgericht hat hier im Bereich der Pflegekinder dargelegt, dass die Erziehungsbeiträge mit dem Durchschnittesbetrag aller empfangener Erziehungsbeiträge in die Einkommensberechnung einzustellen sind. Denn auch der Erziehungsbeitrag ist keine Leistung, die an die Ordnungszahl eines bestimmten Kindes anknüpft, die mehr oder weniger zufällig ist. Sinn und Zweck der gemäß § 23 SGB VIII gezahlten Erziehungsbeiträge ist es, die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen zu fördern. Diese aber setzt nicht an eine bestimmte Reihenfolge der Kinder an (BSG, Urteil vom 23. Mai 2012, aaO.). Diese Erwägungen gelten entsprechend für den Bereich des Kindergeldes, denen auch hier durch ein Abstellen auf den Durchschnittsbetrag Rechnung zu tragen ist.
Dieser Rechtsgedanke steht in Übereinstimmung mit den Regelungen im Bereich der Pfändung im Sozialgesetzbuch 1. Buch (SGB I) bzw. den entsprechenden Regelungen des Einkommenssteuergesetzes (EStG). Gemäß § 54 Abs. 5 SGB I können Kinder ihre gesetzlichen Unterhaltsansprüche nach den dort näher genannten weiteren Voraussetzungen im Weg der Pfändung durchsetzen. Die Höhe des zu pfändenden Betrages ergibt sich gemäß § 54 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 SGB I aus einer betragsmäßig gleichmäßigen Aufteilung des dem Berechtigten insgesamt zustehenden Kindergeldes auf alle Zahlkinder. Eine gleichlautende Vorschrift besteht in § 76 EStG für den Bereich des Kindergeldes nach dem Einkommenssteuergesetz. Entsprechend dieser Pfändungsvorschrift bestimmt § 74 EStG für den Fall der sogenannten Abzweigung (Zahlung des Kindergeldes direkt an das Kind), dass sich der Anspruch des einzelnen Kindes betragsmäßig nach dem Durchschnittsbetrag des für alle Zahlkinder gezahlten Kindergeldes berechnet.
c) Auch die übrige Einkommensanrechnung des Beklagten ist für die streitgegenständlichen Monate zutreffend erfolgt. Der Beklagte hat jeweils Renteneinnahmen des Vaters der Kläger sowie in den Monaten Januar bis April 2010 Einnahmen der Mutter der Kläger aus Lotteriegewinnen im Rahmen der sog. horizontalen Berechnungsmethode anteilig auf alle fünf Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft aufgeteilt. Weitere Rechtsfehler sind weder gerügt worden, noch ersichtlich.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 1 und Abs. 2 SGG liegen nicht vor.