Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 30.01.2013, Az.: L 3 U 371/09

Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung als Nothelfer bei einem Verkehrsunfall

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
30.01.2013
Aktenzeichen
L 3 U 371/09
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2013, 36333
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2013:0130.L3U371.09.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Hannover - 05.11.2009 - AZ: S 36 U 29/07

Fundstelle

  • NZS 2013, 467

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hannover vom 5. November 2009 geändert.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte zuständiger Unfallversicherungsträger für den Arbeitsunfall der Beigeladenen zu 1. vom 30. Oktober 1996 ist. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 180,44 Euro zu erstatten.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Kosten des Klage- und des Berufungsverfahrens werden unter den Hauptbeteiligten gegeneinander aufgehoben.

Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 30.271 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Streitig sind die Zuständigkeit als Unfallversicherungsträger und die Erstattung verauslagter Kosten.

Die 1965 geborene Beigeladene zu 1. war am 30. Oktober 1996 mit ihrem Kraftfahrzeug auf der Bundesstraße G. in Richtung H. unterwegs, als in Höhe der Einmündung I. ein ihr entgegenkommender Pkw mit einem aus der Einmündung herausfahrenden Pkw zusammenstieß. Nachdem die Beigeladene zu 1. ihr Fahrzeug abgestellt hatte, begab sie sich zur Unfallstelle. Auf Nachfrage teilten die Unfallbeteiligten mit, dass niemand verletzt sei und die Polizei geholt werden solle. Daraufhin ging die Beigeladene zu 1. zu einer ca 150 Meter entfernten Polizeidienststelle und meldete dort den Verkehrsunfall. Auf dem Rückweg zum Unfallort wurde sie auf dem Fußgängerweg von einem abgeschleppten Pkw erfasst, dessen Abschleppseil sich gelöst hatte. Dabei erlitt die Beigeladene zu 1. eine Tibiakopffraktur rechts mit einer Innenbandruptur im Kniegelenk sowie eine Schädelprellung mit Monokelhämatom (Durchgangsarztbericht vom 5. November 1996).

Die Klägerin erkannte das Ereignis als Arbeitsunfall (AU) nach § 550 Abs 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) an und gewährte der Beigeladenen zu 1. wegen der gesundheitlichen Folgen Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung iHv insgesamt 25.270,97 Euro (Erstattung von Behandlungskosten, Verletztengeld, Reisekosten). Die Gewährung einer Verletztenrente lehnte die Klägerin hingegen ab (Bescheid vom 8. Juni 1998). Der hiergegen von der Beigeladenen zu 1. eingelegte Widerspruch blieb bislang unbeschieden.

Im Juni 1999 übersandte die Klägerin den gesamten Vorgang zuständigkeitshalber an die Beklagte und forderte diese auf, ihr die für den AU erbrachten Aufwendungen zu erstatten. Dies lehnte die Beklagte ab, weil ihre Zuständigkeit als Unfallversicherungsträger nicht ersichtlich sei. Im Übrigen sei der Anspruch der Klägerin nach § 111 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ausgeschlossen.

Die Klägerin hat am 19. September 2002 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Schwerin erhoben und dort geltend gemacht, dass die Beigeladene zu 1. sich zum Unfallzeitpunkt nicht auf einem versicherten Weg befunden habe. Ihre Handlungstendenz sei darauf ausgerichtet gewesen, eine Unfallstelle durch Information der nahegelegenen Polizeidienststelle zu sichern und dadurch eine für die Allgemeinheit bestehende Gefahrenquelle zu beseitigen. Dies sei eine versicherte Tätigkeit nach § 539 Abs 1 Nr 9a RVO, für die die Beklagte (und nicht die Klägerin) der zuständige Unfallversicherungsträger sei. Die Beklagte müsse daher auch die von der Klägerin für das Unfallereignis bisher verauslagten Ausgaben erstatten.

Nach der Verweisung des Rechtsstreits hat das SG Hannover die Klage mit Gerichtsbescheid vom 5. November 2009 abgewiesen. Die Beklagte sei nicht der zuständige Unfallversicherungsträger für den AU vom 30. Oktober 1996. Nach § 539 Abs 1 Nr 9a RVO seien nur solche Personen unfallversichert, die bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus gegenwärtiger Lebensgefahr oder erheblicher gegenwärtiger Gefahr für Körper oder Gesundheit zu retten unternehmen. Dies sei hier nicht der Fall. Der von der Beigeladenen zu 1. beobachtete Verkehrsunfall habe keine erhebliche Gefahr für Personen oder Sachen begründet. Es habe sich um einen Bagatellunfall gehandelt, von dem keine Gefahr für weitere Fahrzeuge, die die Unfallstelle hätten passieren müssen, ausgegangen sei. Auch eine gemeine Gefahr habe nicht vorgelegen. Insbesondere habe keine Zwangslage bestanden, die ein sofortiges Eingreifen erforderlich gemacht hätte.

Gegen den Gerichtsbescheid (zugestellt am 12. November 2009) wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung vom 10. Dezember 2009 und verweist im Wesentlichen auf ihren erstinstanzlichen Vortrag. Ergänzend macht sie geltend, dass die Beigeladene zu 1. zum Unfallzeitpunkt uU auch als eine Wie-Beschäftigte nach § 539 Abs 2 RVO tätig gewesen sein könnte. Sie habe sich nämlich erst auf Bitte eines der Unfallbeteiligten zur nächstgelegenen Polizeidienststelle begeben. Der Erstattungsanspruch der Klägerin sei auch nicht nach § 111 SGB X ausgeschlossen.

Die Klägerin beantragt,

1. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hannover vom 5. November 2009 aufzuheben und

2. festzustellen, dass die Beklagte - hilfsweise die Beigeladene zu 2. - die zuständige Unfallversicherungsträgerin für den Arbeitsunfall der Beigeladenen zu 1. vom 30. Oktober 1996 ist,

3. die Beklagte - hilfsweise die Beigeladene zu 2. - zu verurteilen, ihr die für den Arbeitsunfall der Beigeladenen zu 1. vom 30. Oktober 1996 verauslagten Kosten in Höhe von 25.270,97 Euro zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Die Beigeladenen stellen keine Anträge.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Klägerin verwiesen. Die Akten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet.

Das SG hat ihre Klage - gerichtet auf die Feststellung, dass die Beklagte zuständige Unfallversicherungsträgerin für den AU vom 30. Oktober 1996 ist - zu Unrecht, die weitere Klage hingegen - gerichtet auf die Erstattung verauslagter Kosten in Höhe von 25.270,97 Euro - im Wesentlichen zutreffend abgewiesen.

1. Die statthafte und im Übrigen zulässige Feststellungsklage (§ 55 Abs 1 Nr 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) der Klägerin hat auch in der Sache Erfolg. Die Beigeladene zu 1. hat unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden, als sie am 30. Oktober 1996 ein abgeschlepptes Fahrzeug auf dem Fußgängerweg erfasst hat. Sie hat zum Unfallzeitpunkt sowohl bei einer gemeinen Gefahr als auch zur Unterstützung bei einer Diensthandlung Hilfe geleistet; die für diese versicherten Tätigkeiten zuständige Unfallversicherungsträgerin ist die Beklagte (dazu 2.).

Die ebenfalls statthafte und im Übrigen zulässige Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) der Klägerin kann in der Sache (bis auf einen Restbetrag über 180,44 Euro) aber keinen Erfolg haben. Eine Erstattung der von der Klägerin für den AU vom 30. Oktober 1996 bereits erbrachten Aufwendungen ist weitestgehend ausgeschlossen (dazu 3.).

2. Vorliegend bestimmt sich der Anspruch auf Feststellung des zuständigen Unfallversicherungsträgers materiell-rechtlich noch nach den Vorschriften der RVO, da der hierfür maßgebliche AU am 30. Oktober 1996 und damit vor dem Inkrafttreten des Siebten Sozialgesetzbuchs (SGB VII) eingetreten ist (§ 212 SGB VII). Nach § 655 Abs 2 Nr 3 RVO (heute: § 128 Abs 1 Nr 7 SGB VII, vgl im Übrigen § 133 Abs 1 SGB VII) ist das Land (und damit die J.) ua in den Fällen des § 539 Abs 1 Nr 9a und 9b RVO Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Nach der Nr 9a sind Personen gegen einen Arbeitsunfall versichert, die bei Unglücksfällen, gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten. Nach der Nr 9b besteht Unfallversicherungsschutz für Personen, die einem Bediensteten des Bundes oder eines Landes Hilfe leisten, der sie zur Unterstützung bei einer Diensthandlung heranzieht. Diesen versicherten Tätigkeiten ist die Beigeladene zu 1. nachgegangen, als sie am 30. Oktober 1996 verunfallte.

a) Anders als von der Vorinstanz angenommen, ist von dem Verkehrsunfall auf der Bundesstrasse G., der dem AU vom 30. Oktober 1996 unmittelbar vorausgegangen ist, eine gemeine Gefahr iS von § 539 Abs 1 Nr 9a RVO ausgegangen.

Unter einer Gefahr iS der Vorschrift ist ein Zustand zu verstehen, in dem nach den objektiven Umständen der Eintritt eines Schadens als wahrscheinlich gelten kann. Eine gemeine Gefahr liegt vor, wenn sie die Allgemeinheit - also eine Mehrzahl von Personen und Sachen - bedroht. Die Gefahr muss demnach in einem Bereich bestehen, der der Allgemeinheit zugänglich ist - wobei es aber genügt, dass nur eine einzelne Person gefährdet erscheint (vgl zu alledem BSG SozR 3-2200 § 539 Nr 19 mwN). Eine in diesem Sinne gemeine Gefahr ist von der Rechtsprechung ua bei dem Entfernen eines liegengebliebenen Kraftfahrzeugs aus dem Bereich des fließenden Verkehrs bei schlechten Sicht- und Witterungsverhältnissen angenommen worden (vgl hierzu BSG SozR 2200 § 539 Nr 116).

Nach diesen Maßgaben bestehen keine Zweifel daran, dass von dem Verkehrsunfall auf der Bundesstrasse 105 eine entsprechende Gefährdung für andere Verkehrsteilnehmer ausgegangen ist. Dies ergibt sich bereits aus den äußeren Umständen. Zum Unfallzeitpunkt (gegen 18:30 Uhr) haben am Unfallort nämlich schlechte Sicht- und Witterungsverhältnisse bestanden. Es ist bereits dunkel gewesen und hat geregnet, auf der Bundesstrasse hat sich Herbstlaub befunden und in beiden Fahrtrichtungen hat dichter Verkehr geherrscht (vgl hierzu die Angaben auf Blatt 67 bzw 85 bis 87 der Verwaltungsunterlagen). Ferner hat sich unmittelbar nach dem Verkehrsunfall - wegen des dichten Verkehrs - auf beiden Fahrbahnseiten ein Fahrzeugstau gebildet. Hierzu entspricht es der allgemeinen und auch gerichtsbekannten Lebenserfahrung, dass es bei der Staubildung auf einer stark befahrenen Bundesstrasse häufig zu weiteren und für andere Verkehrsteilnehmer gefährlichen Verkehrssituationen kommen kann. Dies gilt insbesondere im Bereich eines (uneinsichtigen) Stauendes, bei dem die erhöhte Gefahr eines zusätzlichen Auffahrunfalls besteht. Auch das langsame Passieren einer "frischen" Unfallstelle durch andere Verkehrsteilnehmer kann - gerade bei ungünstigen Sicht- und Witterungsverhältnissen - sowohl für die Unfallbeteiligten als auch für andere Verkehrsteilnehmer die Gefahr einer weiteren Verletzung von Gesundheit oder Eigentum in sich bergen. In dieser Einschätzung fühlt sich der Senat durch den vorliegenden Sachverhalt bestätigt, weil sich hier zu Lasten der Beigeladenen zu 1. die mit dem beschriebenen Verkehrsunfall einhergehende (gemeine) Gefahrenlage tatsächlich realisiert hat.

b) Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die Beigeladene zu 1. auch bei der Beseitigung der von dem Verkehrsunfall ausgehenden gemeinen Gefahr Hilfe geleistet, als sie die nächstgelegene Polizeidienststelle über das Unfallgeschehen informiert hat.

Aus Sicht des Senats ist bei einem Verkehrsunfall die Benachrichtigung eines Arztes, der Polizei oder des Rettungsdienstes regelmäßig als eine Hilfeleistung anzusehen, die geeignet ist, Dritte vor einem weiteren Schaden aufgrund einer für die Allgemeinheit bestehenden (Unfall-)Gefahr zu bewahren. Dies ergibt sich schon daraus, dass eine solche Benachrichtigung als eine allgemein zumutbare Hilfspflicht im Rahmen der unterlassenen Hilfeleistung nach § 323c Strafgesetzbuch (StGB) angesehen wird (vgl hierzu Sternberg-Lieben/Hecker in: Schönke-Schröder, Kommentar zum StGB, 28. Aufl 2010, § 323c Rn 16 mwN) und auch geeignet ist, aufgrund der Fachkenntnisse und technischen Fertigkeiten der Rettungskräfte/Polizei zur Abwehr weiterer Gefahren beizutragen. Dies gilt insbesondere bei Verkehrsunfällen, die - wie hier - ein Hindernis für den fließenden Verkehr bilden. Hier können herbeigerufene Polizeibeamte regelmäßig dazu beitragen, dass der Verkehr möglichst gefahrlos und zügig die Unfallstelle passieren kann. Dies verhindert auch eine weitere Staubildung, die - wie dargelegt - mit Gefahren für die übrigen Verkehrsteilnehmer verbunden wäre.

c) Auch wenn man mit der Beklagten unterstellt, dass von dem Verkehrsunfall auf der Bundesstrasse 105 keine gemeine Gefahr (mehr) ausgegangen ist, als die Beigeladenen zu 1. selbst verunfallte, ist sie (noch) einer nach § 539 Abs 1 Nr 9a RVO versicherten Tätigkeit nachgegangen, als sie auf dem Rückweg von der nächstgelegenen Polizeidienststelle von einem abgeschleppten Pkw erfasst worden ist. So hat das BSG in einem vergleichbaren Fall sogar das Verabschieden eines Unfallhelfers - nachdem ein verunfalltes Fahrzeug aus dem Gefahrenbereich entfernt worden ist - als eine der vorangegangenen Hilfeleistung zuzurechnende und damit unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehende Handlung angesehen (vgl hierzu BSG SozR 2200 § 539 Nr 116). Für den Umfang des Versicherungsschutzes hinsichtlich der Hilfeleistung der Beigeladenen zu 1. kann nichts anderes gelten. Denn der Weg von der Unfallstelle zur Polizeidienststelle (als eigentliche Hilfeleistung), der Rückweg von der Polizeidienststelle (als deren notwendiger Gegenakt) und der erneute Gang zur Unfallstelle, um von der Meldung bei der Polizei zu berichten (als Abschluss der Hilfeleistung), stellen bei lebensnaher Betrachtung einen einheitlichen Vorgang dar.

d) Damit ist die Beigeladene zu 1. der versicherten Tätigkeit einer Unfallhelferin (§ 539 Abs 1 Nr 9a RVO) nachgegangen, als sie auf dem Rückweg von der aufgesuchten Polizeidienststelle selbst verunfallte. Zu diesem Zeitpunkt hat ferner Versicherungsschutz bestanden, weil sie zuvor auf der Polizeidienststelle zur Unterstützung bei einer Diensthandlung - hier: der Verkehrsunfallaufnahme - herangezogen worden ist (§ 539 Abs 1 Nr 9b RVO). Tatsächlich hat die Beigeladene zu 1. den Rückweg von der Polizeidienststelle nicht nur deshalb angetreten, um im Anschluss die Hilfeleistung zu beenden und den unterbrochenen Weg von ihrer damaligen Arbeitsstätte zu ihrem Wohnort wieder aufzunehmen. Vielmehr hat sie sich auf Bitte eines Beamten der Polizeidienststelle nochmals zur Verkehrsunfallstelle begeben wollen, damit ihre persönlichen Daten als Zeugin vor Ort aufgenommen werden können. Deutlich wird dies daran, dass sie kurz vor dem AU vom 30. Oktober 1996 noch die Straßenseite gewechselt hat, um dort die am Verkehrsunfallort bereits eingetroffenen Polizeibeamten aufzusuchen. Welcher der Versicherungstatbestände der gesetzlichen Unfallversicherung hier vorrangig einschlägig ist, kann aus Sicht des Senats aber dahingestellt bleiben. In beiden Fällen ist zuständiger Unfallversicherungsträger die Beklagte, die jetzt umgehend über den bislang unbeschiedenen Widerspruch der Beigeladenen zu 1. - gerichtet gegen die Ablehnung einer unfallbedingten Verletztenrente (Bescheid der Klägerin vom 8. Juni 1998) - zu entscheiden hat.

e) Dabei lässt der Senat die praxisrelevante (und von der Klägerin im Berufungsverfahren ausdrücklich angesprochene) Frage, ob Hilfsangebote von Unfallzeugen auch den Versicherungstatbestand einer Wie-Beschäftigung nach § 2 Abs 1 S 1 SGB VII erfüllen können, offen. Für die Beigeladenen zu 1. ist zum Unfallzeitpunkt erkennbar die Bitte des Polizeibeamten maßgeblich gewesen, sich als Unfallzeugin nochmals zur Verkehrsunfallstelle zu begeben. Deshalb hat sie auch kurz vor dem AU am 30. Oktober 1996 die Straßenseite gewechselt. Das zeitlich davor liegende Hilfsangebot der Beigeladenen zu 1. an die Unfallbeteiligten tritt demgegenüber in den Hintergrund.

3. Die von der Klägerin darüber hinaus begehrte Erstattung der von ihr für den AU vom 30. Oktober 1996 verauslagten Kosten ist aber (bis auf einen Restbetrag von 180,44 Euro) nach § 111 S 1 SGB X ausgeschlossen, weil der Erstattungsanspruch im Wesentlichen erst nach Ablauf der im Gesetz genannten Frist von 12 Monaten geltend gemacht worden ist. Zwar ist der zum 1. Januar 2001 in Kraft getretene § 111 S 2 SGB X, der unter bestimmten Umständen eine Prolongation der Ausschlussfrist nach § 111 S 1 SGB X vorsieht, gemäß § 120 Abs 2 SGB X auch auf Erstattungsverfahren anzuwenden, die - wie hier - am 1. Juni 2000 noch nicht abschließend entschieden gewesen sind. Hierzu ist aber in der Rechtsprechung des BSG geklärt, dass dies nicht für Erstattungsansprüche von Sozialversicherungsträgern desselben Versicherungszweigs gelten kann. Hintergrund ist, dass die Regelung in § 111 S 2 SGB X voraussetzt, dass der erstattungspflichtige Leistungsträger gegenüber dem leistungsberechtigten Versicherten noch eine Entscheidung über seine Leistungspflicht zu treffen hat. Allerdings besteht - soweit zwei Versicherungsträger desselben Versicherungszweigs betroffen sind - für den zuständigen Leistungsträger keine Befugnis mehr, gegenüber dem Versicherten nochmals eine materiell-rechtliche Entscheidung über den Anspruch auf die bereits gewährten Leistungen zu treffen. Denn sein Anspruch gegenüber dem zuständigen Leistungsträger ist bereits nach dem Gesetzwortlaut in § 107 Abs 1 SGB X als erfüllt anzusehen (vgl zu alledem BSG SozR 4-1300 § 111 Nr 3). Da insoweit eine materiell-rechtliche Entscheidung der Beklagten (oder der Beigeladenen zu 2.) hinsichtlich des AU vom 30. Oktober 1996 gegenüber der Beigeladenen zu 1. von vornherein ausscheidet, kommt ein späterer (und damit uU klagbegründender) Beginn der Ausschlussfrist von § 111 S 1 SGB X hier nicht in Betracht.

Vorliegend hat die Klägerin erstmals mit Schreiben vom 29. Juni 1999 ihren Erstattungsanspruch in Höhe von 25.270,97 Euro gegenüber der Beklagten (dort eingegangen am 1. Juli 1999) geltend gemacht. Innerhalb der Ausschlussfrist von einem Jahr liegen aber nur ein der Beigeladenen zu 1. erstatteter Aufwendungsersatz über 17,49 Euro, Physiotherapiekosten über 15,77 Euro sowie Gutachterkosten über 147,18 Euro (jeweils umgerechnet, vgl hierzu Blatt 118, 120 und 126 der Verwaltungsunterlagen).

Nach diesen Maßgaben errechnet sich der tenorierte Erstattungsbetrag in Höhe von 180,44 Euro. Im Übrigen war die Berufung zurückzuweisen.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 154 Abs 2 und 3, 162 Abs 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs 2 SGG), liegen nicht vor.

5. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm den §§ 47 Abs 1 S 1, 52 Abs 1 Gerichtskostengesetz und setzt sich aus der geltend gemachten Erstattungsforderung sowie dem Regelstreitwert nach § 52 Abs 2 GKG für das Feststellungsbegehren zusammen.