Landgericht Oldenburg
Urt. v. 22.08.1996, Az.: 11 O 138/96
Missbrauch der Klagebefugnis bei Abmahnung durch einen Anwalt; Werbung für Lebensmittel die Wirkung auf Krankheiten beschreiben; Erzeugen einer gedanklichen Verbindung zwischen einem Lebensmittel und einer Krankheit
Bibliographie
- Gericht
- LG Oldenburg
- Datum
- 22.08.1996
- Aktenzeichen
- 11 O 138/96
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1996, 15839
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGOLDBG:1996:0822.11O138.96.0A
Rechtsgrundlagen
- § 13 Abs. 5 UWG
- § 18 LMBG
- § 1 UWG
In dem Rechtsstreit
hat die 11. Zivilkammer - 1. Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Oldenburg
auf die mündliche Verhandlung vom 25. Juli 1996
durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht ... und
die Handelsrichter ... und ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken für frische Eier wie folgt zu werben:
- a)
"Das Ei für alle, die sich cholesterinbewußt ernähren."
- b)
"Diese (mehrfach ungesättigten Fettsäuren) verhalten sich cholesterin-neutral, d.h. sie wirken einer Erhöhung des Cholesterin-Spiegels entgegen."
Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird der Beklagten Ordnungsgeld bis zu 500.000,00 DM angedroht ersatzweise Ordnungshaft.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000 - DM vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Der Kläger mißbraucht seine Klagebefugnis nicht. Die Beklagte will dies aus der Abmahnung herleiten, die von einem Anwalt stammt, der mit Gebühren belasten wollte. Dies allein läßt nicht den Rückschluß zu, der in der Satzung genannte Vereinszweck sei nur ein Vorwand, es gehe dem Kläger vorwiegend darum Gebühren einzuziehen (§ 13 Abs. 5 UWG). Daß sich Verbände zur Förderung gewerblicher Verbände von Anwälten beraten und dann bei der Abmahnung auch vertreten lassen, ist weder ungewöhnlich noch verdächtig. Ob der Unterlassungsschuldner dann für die Anwaltskosten aufkommen muß, mag zweifelhaft sein. Ein Gläubiger der dies verlangt, gibt damit aber noch nicht zu erkennen daß es ihm vorwiegend hierauf ankommt. Aus dem bereits erwähnten Jahresbericht ist vielmehr zu erkennen, daß der Kläger nicht nur abmahnt sondern Wettbewerbsverstöße auch in Prozessen verfolgt.
Die Klage ist begründet.
Die Beklagte darf die beanstandete Werbung nicht wiederholen. Sie verstößt gegen § 18 LMBG und ist daher nach § 1 UWG zu unterlassen.
Nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 LMBG ist es verboten in der Werbung für Lebensmittel Aussagen zu verwenden die sich auf die Beseitigung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten beziehen. Das geschieht nach Ansicht der Kammer mit den beanstandeten Äußerungen (Ziffer 1 und 3 des Klageantrags).
"Cholesterin" ist zwar keine Krankheit. Die Werbung darf jedoch auch nicht auf Wirkungen von Lebensmitteln hinweisen, die Verbraucher mit bestimmten Krankheiten in Verbindung bringen können (vgl. Zipfel, Lebensmittelrecht, C 100, Rdnr. 19 zu § 18 LMBG). Das ist hier der Fall. Ein flüchtiger Durchschnittsverbraucher kann die Behauptung, bestimmte Lebensmittel dienten der "cholesterinbewußten Ernährung" oder "wirkten einer Erhöhung des Cholesterinspiegels entgegen" so verstehen sie beugten einem erhöhten Cholesterinspiegel und damit Herz- und Kreislaufkrankheiten vor. So haben das auch die beiden Handelsrichter aufgefaßt, die selbst Verbraucher sind. Ganz unvernünftig und von vornherein abwegig kann diese Vorstellung dann wohl nicht sein. Eine solche gedankliche Verbindung mit Krankheiten darf die Werbung nicht herstellen. Die Beklagte hat zwar im Verhandlungstermin zu Recht darauf hingewiesen, daß z.B. die Werbung für eine "kalorienbewußte Ernährung" erlaubt ist. Die Kammer sieht den Unterschied darin, daß der Begriff "Kalorien" - anders als "Cholesterin" - nicht auf bestimmte Krankheiten hindeutet.
Ob die beanstandeten Werbebehauptungen überdies nicht hinreichend wissenschaftlich gesichert und daher irreführend im Sinne des § 17 Abs. 1 Nr. 5 LMBG sind, kann hiernach offenbleiben.
Die Androhung der Ordnungsmittel beruht auf § 890 ZPO.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91, 91 a ZPO. Soweit die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, waren die hierauf entfallenden Kosten ebenfalls der Beklagten aufzuerlegen (§ 91 a ZPO). Sie wäre ohne die strafbewehrte Unterlassungserklärung unterlegen, weil der Hinweis auf den zu hohen Cholesteringehalt von über 60 % der Bundesbürger geeignet war. Angstgefühle von Verbrauchern auszunutzen, und daher verboten war (§ 18 Abs. 1 Nr. 6 LMBG).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.