Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 25.10.2006, Az.: 6 A 892/05

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
25.10.2006
Aktenzeichen
6 A 892/05
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2006, 44761
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGOLDBG:2006:1025.6A892.05.0A

Tenor:

  1. Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben (Promotionszeit festgesetzt auf 2 Jahre) und soweit die Klägerin die Klage zurück genommen hat (Tätigkeit am C-S-Gymnasium).

    Der Beklagte wird verpflichtet, im Rahmen der Festsetzung der Versorgungsbezüge der Klägerin die Zeit ihrer Lehrtätigkeit an der Universität O. vom 22. Februar 1990 bis zum 31. März 1991 anteilig als ruhegehaltfähige Dienstzeit zu berücksichtigen. Der Festsetzungsbescheid des Beklagten vom 9. März/27. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchs­bescheides vom 3. Februar 2005 sowie des Änderungsbe­scheides vom 1. März 2006 wird

    aufgehoben, soweit er dem entgegensteht.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 2/3, der

    Beklagte zu 1/3.

    Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

    Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

1

Tatbestand :

2

Die Klägerin, eine Universitätsprofessorin a.D., begehrt von dem Beklagten höhere Versorgungsleistungen durch eine weitergehende Berücksichtigung früherer Lehrtätigkeiten als ruhegehaltfähige Zeit.

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Die am 20. Oktober 19.. in S./C. geborene Klägerin legte am 23./24. Mai 19.. das Theologische Abschlussexamen an der H.-Universität in Ost-Berlin ab. Nach ihrer Flucht nach West-Berlin im Jahre 1961 lebte sie von 1962 bis 1967 in Brüssel, wo sie in der Zeit vom 15. September 1962 bis 31. August 1965 an der Europaschule mit einer halben Stelle evangelische Religion unterrichtete. Dort reifte auch ihr Entschluss zu promovieren. Nach ihrem Umzug nach Frankfurt/Main und Geburt ihrer ersten Tochter D. im Jahre 19.. war sie von 1967 bis 1972 an der J. W. G.-Universität in Frankfurt/Main immatrikuliert. Dort übte sie in den Zeiten vom 1. November 1971 bis 30. September 1972 sowie vom 1. Januar 1973 bis 28. Februar 1973 im Umfang einer halben Stelle eine Lehrtätigkeit als Akademische Tutorin aus. Daneben unterrichtete sie in der Zeit vom 1. September 1971 bis 30. Juni 1973 als Teilzeitlehrkraft das Fach Religion an dem C-S-Gymnasium in Frankfurt/Main. Für beide Tätigkeiten wurden Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge abgeführt; die Unterrichtstätigkeit an dem C-S-Gymnasium war infolge einer Anhebung der maßgeblichen Entgeltgrenze ab dem 1. Januar 1973 versicherungsfrei.

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Nach ihrem Umzug nach O. im Jahre 1974 übte die Klägerin in der Zeit vom 1. Juli 1974 bis zum 31. März 1976 mit einer halben Stelle eine Lehrtätigkeit als Akademische Tutorin/Wissenschaftliche Hilfskraft an der Universität O. aus. 1975 war ihre zweite Tochter Juliane geboren worden. In der Folgezeit arbeitete sie an ihrer Dissertation. Nach erfolgreichem Promotionsverfahren verlieh ihr die J. W. G.-Universität am 11. Juli 1979 den Grad eines Doktors der Philosophie. In der Zeit vom 1. April 1980 bis zum 31. März 1991 unterrichtete sie als Lehrbeauftragte an der Universität O., wobei nach den Unterlagen in ihrer Personalakte (Beiakte A Tasche) ihr Lehrauftrag in der Zeit vom 1. April bis 30. September 1980 zwei Semesterwochenstunden, in der Zeit vom 1. Oktober 1980 bis 31. März 1982 vier Semesterwochenstunden, in der Zeit vom 1. April 1982 bis 30. September 1983 zwei Semesterwochenstunden, in der Zeit vom 1. Oktober 1983 bis 30. September 1985 vier Semesterwochenstunden und in der Zeit vom 1. Oktober 1985 bis 31. März 1991 zwei Semesterwochenstunden umfasste. Am 27. Juni 1990 erkannte die J. W. G.-Universität der Klägerin die Habilitation für das Fach Kirchengeschichte mit Wirkung vom 21. Februar 1990 zu. Mit Wirkung vom 1. April 1991 wurde die Klägerin mit der Verwaltung der Stelle eines Universitätsprofessors (BesGr. C 3) für evangelische Theologie an der Universität O. beauftragt. Im Mai 1991 wurde sie zur Universitätsprofessorin ernannt und unter gleichzeitiger Übertragung des Amtes einer Universitätsprofessorin an der Universität O. in eine Planstelle der Besoldungsgruppe - BesGr. - C 3 eingewiesen. Nach Vollendung ihres 65. Lebensjahres trat die Klägerin mit Ablauf des 31. März 2004 in den Ruhestand.

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Seit dem 1. April 2004 erhielt die Klägerin Versorgungsbezüge nach Maßgabe des Bescheides des Beklagten vom 9. März 2004 i.d.F. seines Änderungsbescheides vom 27. September 2004. Darin berechnete er einen Ruhegehaltssatz von 57,25 v.H.. Die Tätigkeit der Klägerin als Lehrkraft am C-S-Gymnasium vom 1. September 1971 bis 30. Juni 1973 wertete er als nebenamtlich und erkannte sie nicht als ruhegehaltfähige Dienstzeit an. Für die Promotion berücksichtigte er ein Jahr und 181 Tage (12. Januar 1978 bis 11. Juli 1979) als ruhegehaltfähige Dienstzeit. Schließlich erkannte er die Zeit einer Lehrtätigkeit an der Universität O. lediglich mit zwei Jahren und 182,50 Tagen (1. Oktober 1980 bis 30. September 1985) zur Hälfte als ruhegehaltfähig an.

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Den gegen den Festsetzungsbescheid eingelegten Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Bescheid vom 3. Februar 2005 zurück.

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Am 3. März 2005 hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie zunächst die Berücksichtigung weiterer ruhegehaltfähiger Dienstzeit (Lehrtätigkeit an dem C-S-Gymnasium, längere Promotionszeit und Lehrtätigkeit an der Universität O.) begehrt hat.

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Mit Bescheid vom 1. März 2006 hat der Beklagte dem Begehren der Klägerin insoweit abgeholfen, als er nunmehr die Promotionszeit mit zwei Jahren (d.h. nunmehr zusätzlich vom 12. Juli 1977 bis 11. Januar 1978) als ruhegehaltfähig berücksichtigt. Gleichzeitig hat er seinen Festsetzungsbescheid vom 3. März/27. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 2005 mit Wirkung vom 1. April 2006 teilweise insoweit zurückgenommen, als er die Lehrtätigkeit der Klägerin an der Universität O. in der Zeit vom 1. April 1982 bis 30. September 1983 nicht mehr zur Hälfte als ruhegehaltfähige Dienstzeit anerkannte. Zudem hat er darauf hingewiesen, dass sich hierdurch keine Änderung des festgesetzten Ruhegehaltssatzes (57,25 v.H.) ergebe. Zur Begründung hat er ausgeführt, die ursprüngliche Anerkennung sei rechtswidrig gewesen, da es auch insoweit an einer hauptberuflichen Tätigkeit i.S.v. § 67 Abs. 2 Satz 4 BeamtVG fehle. Denn die Klägerin habe mit lediglich zwei statt der regelmäßigen acht Semesterwochenstunden nur 25 v.H. des vollen Lehrdeputats geleistet. Vertrauensschutz stehe der Rücknahme nicht entgegen, da die Festsetzung noch nicht unanfechtbar sei und die bisherige Anerkennung allein auf Angaben der Klägerin beruhe. Die Klägerin habe keine schutzwürdigen Belange, die das öffentliche Interesse an der gesetzmäßigen Verwaltung und dem Gebot sachgemäßer Verwaltung öffentlicher Mittel überwiegen würde. Da sich weder der Ruhegehaltssatz noch die Höhe der Versorgungsbezüge änderten, liege auch keine besondere Härte vor.

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Über den hiergegen eingelegten Widerspruch hat der Beklagte unter Hinweis auf das schwebende Klageverfahren bislang noch nicht entschieden.

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Am 14. Juni 2006 hat die Klägerin ihre Klage insoweit erweitert, als sie sich auch gegen den Bescheid des Beklagten vom 1. März 2006 wendet, soweit damit die Zeit der Lehrtätigkeit an der Universität O. vom 1. April 1982 bis 30. September 1983 nicht mehr als ruhegehaltfähig angesehen wird.

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Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor: Sie könne die Berücksichtigung weiterer Lehrtätigkeiten an der Universität O. als ruhegehaltfähige Dienstzeit verlangen, weil sie ungeachtet eines Lehrauftrags von lediglich zwei Semesterwochenstunden hauptberuflich i.S.v. § 67 Abs. 2 Satz 4 BeamtVG tätig gewesen sei. Die hierfür maßgeblichen Lehraufträge seien in der Tasche der Personalakte dokumentiert und würden durch ihre Aufstellung anhand der Vorlesungsverzeichnisse bestätigt. Infolge der Finanznot ihres Instituts habe sie häufig - trotz eines Bedarfs und ihres Interesses - keine weiteren Lehraufträge erhalten. Ihre Lehrtätigkeit sei mit den Aufgaben von Professoren vergleichbar gewesen. Ungeachtet des teilweise geringen Umfangs ihrer Lehrtätigkeit sei sie im gesamten Zeitraum als Lehrbeauftragte Mitglied des Lehrkörpers der Hochschule gewesen (vgl. Erklärungen der emeritierten Professoren Dr. Vierzig und Dr. Roth vom 6. Oktober bzw. 22. September 2006). Wie reguläre Professoren habe sie Seminarscheine erteilt, Aufgaben für das Landesprüfungsamt wahrgenommen und Examenshausarbeiten gestellt. Unabhängig von der geringen Abgeltung habe ihre Tätigkeit stets das Gewicht einer Halbtagstelle gehabt. Ihre Seminare und Vorlesungen zu aktuellen kirchengeschichtlichen Themen hätten jeweils aufwändiger Vorbereitung bedurft. Im Übrigen hätten ihre Tätigkeiten ihrer Habilitation und ihrer angestrebten späteren Professur gedient. Die besondere Kontinuität ihrer Lehrtätigkeit müsse berücksichtigt werden. Nebenbei habe sie unentgeltlich Vorträge vor Kirchengemeinden und anderen Einrichtungen gehalten. Als ihre jüngere Tochter in die Schule gekommen sei, habe deren Betreuung und Erziehung einen Teil der Arbeitskraft beansprucht, zumal seinerzeit nur Vormittagsunterricht und das häufig nur stundenweise angeboten worden sei. Die teilweise Rücknahme zuvor anerkannter ruhegehaltfähiger Dienstzeit für ihre Lehrtätigkeit in der Zeit vom 1. April 1982 bis 30. September 1983 verstoße im Übrigen gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Mit einer nachträglichen Verschlechterung bei der Berücksichtigung ihr bereits zugestandener ruhegehaltfähiger Dienstzeiten habe sie nicht gerechnet.

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Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, soweit es um die Berücksichtigung zusätzlicher Zeit zur Vorbereitung der Promotion (12. Juli 1977 bis 11. Januar 1978) als ruhegehaltfähig geht, und die Klägerin ihre Klage hinsichtlich der Berücksichtigung der Zeiten ihrer Lehrtätigkeit am Carl-Schurz-Gymnasium (1. September 1971 bis 30. Juni 1973) zurückgenommen hat, beantragt die Klägerin,

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den Beklagten zu verpflichten, im Rahmen der Festsetzung der Versorgungsbezüge auch die Zeiten ihrer Lehrtätigkeit an der Universität O. vom 1. April 1980 bis 30. September 1980, 1. April 1982 bis 30. September 1983, 1. Oktober 1985 bis 21. Februar 1987 und vom 22. Februar 1990 bis 31. März 1991 anteilig als ruhegehaltfähige Dienstzeit zu berücksichtigen, und den Festsetzungsbescheid des Beklagten vom 9. März/27. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 2005 sowie des Änderungsbescheides vom 1. März 2006 aufzuheben, soweit er dem entgegensteht.

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Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

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Er bezieht sich auf seine Bescheide und erwidert ergänzend: Der Änderungsbescheid vom 1. März 2006 könne auch ohne Abschluss des Vorverfahrens in das Klageverfahren einbezogen werden, da es im Wesentlichen um dieselben Sach- und Rechtsfragen wie beim vorausgegangenen Vorverfahren gehe. Nach § 67 Abs. 2 Satz 4 BeamtVG seien nur Zeiten einer hauptberuflichen Tätigkeit berücksichtigungsfähig, also grds. nur, wenn die Arbeitskraft des Beschäftigten mit mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit beansprucht werde (Nr. 10.1.12.1 der Verwaltungsvorschriften - VwV - zu § 10 BeamtVG). Ausweislich der in der Personalakte vorhandenen Arbeitsverträge sei die Klägerin in den insoweit streitigen Zeiten lediglich im Umfang von zwei Semesterwochenstunden beschäftigt gewesen, was allenfalls 25 v.H. der regelmäßigen Arbeitszeit von Professoren entspreche. Dabei bleibe zudem unberücksichtigt, dass Lehrbeauftragte - anders als Professoren - nicht vergleichbar zur Forschung und zur Verwaltung eines Lehrstuhls verpflichtet seien. Auch nach der fortentwickelten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG - zur Hauptberuflichkeit von Vordienstzeiten könne weitere Lehrtätigkeit in diesem geringen Umfang nicht als hauptberuflich anerkannt werden. § 87a Abs. 1 NBG lasse in Niedersachsen - von Ausnahmen in der Elternzeit abgesehen - keine Teilzeitbeschäftigung unterhalb einer halben Stelle zu. Im vom BVerwG entschiedenen Fall habe der Beamte Vordiensttätigkeiten im Umfang von etwas weniger als einer halben Stelle entfaltet. Als Lehrbeauftragte habe die Klägerin auch nicht zum Lehrkörper der Universität O. gezählt (§ 44 Abs. 2 Nr. 6, 54 Abs. 2 NHG a.F.), was gegen eine hauptberufliche Tätigkeit spreche. Nach eigenem Vorbringen sei die Klägerin keineswegs infolge der tatsächlichen Betreuung oder Pflege eines Angehörigen gehindert gewesen, weitere Arbeitskraft der Universität O. oder einem anderen Dienstherrn/Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen. Ihre Belastung durch die Betreuung und Erziehung ihrer Töchter habe sie nur nachrangig erwähnt.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Das Verfahren war entsprechend bzw. gem. § 92 Abs. 3 Satz 2 VwGO einzustellen, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben (volle Berücksichtung der Promotionszeit von zwei Jahren durch im Änderungsbescheid vom 1. März 2006 zusätzlich zuerkannter Zeit vom 12. Juli 1977 bis 11. Januar 1978) und soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat (ursprünglich begehrte Berücksichtigung ihrer Lehrtätigkeit am C-S-Gymnasium).

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Im Übrigen ist die Klage zulässig, aber nur in dem im Tenor genannten Umfang erfolgreich.

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Die am 14. Juni 2006 erfolgte Erweiterung der ursprünglich gegen den Festsetzungsbescheid des Beklagten vom 9. März/27. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 2005 gerichteten Klage um den Änderungsbescheid des Beklagten vom 1. März 2006 ist nach § 91 Abs. 1 VwGO zulässig, da der Beklagte in diese Klageänderung eingewilligt hat und das Gericht sie im Übrigen auch für sachdienlich hält. Dieser Änderungsbescheid konnte auch ohne Abschluss des Vorverfahrens (§ 126 Abs. 3 BRRG) in das Klageverfahren einbezogen werden, weil er im Wesentlichen die selben Sach- und Rechtsfragen wie das bereits vorausgegangene Vorverfahren zum Gegenstand hat (vgl. Kopp/Schenke, VwGO 14. Aufl. 2005, § 68 Rdnr. 23 m. w. N).

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In der Sache kann die Klägerin lediglich die anteilige Berücksichtigung der Zeit ihrer Lehrtätigkeit an der Universität O. vom 22. Februar 1990 bis 31. März 1991 als ruhegehaltfähige Dienstzeit und dementsprechend teilweise die Aufhebung der angefochtenen Bescheide verlangen. Im Übrigen ist die versagte Anerkennung weiterer ruhegehaltfähiger Vordienstzeit rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 VwGO).

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Rechtsgrundlage für die Berechnung der Ruhegehaltsbezüge der Klägerin ist § 4 Abs. 3 des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG) in der zum Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 16. März 1999 (BGBl. I S. 322, ber. S 847 und 2033), geändert durch Gesetz vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3926). Da das Beamtenverhältnis, aus dem die Klägerin in den Ruhestand getreten ist, bereits am 31. Dezember 1991 bestanden hat, erhält sie gemäß § 85 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 BeamtVG Ruhegehalt nach der sogenannten Mischberechnung nach § 85 Abs. 1 BeamtVG. Das Klagebegehren ist gemäß § 85 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 Sätze 1 und 2 BeamtVG entsprechend der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Rechtslage für die Anrechnung der Lehrtätigkeit nach § 67 Abs. 2 BeamtVG i. d. F. vom 12. Februar 1987 (BGBl. I S. 570, 1339) zu beurteilen.

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Nach § 4 Abs. 3 BeamtVG wird das Ruhegehalt auf der Grundlage der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge und der ruhegehaltfähigen Dienstzeit berechnet. Die ruhegehaltfähige Dienstzeit ist regelmäßig nur die im Beamtenverhältnis verbrachte Dienstzeit; grundsätzlich besteht ein Anspruch auf Versorgung entsprechend der Dauer des öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnisses (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG). Unter Durchbrechung dieses Grundsatzes sehen §§ 10 und 11 BeamtVG - und speziell für Professoren an Hochschulen auch § 67 BeamtVG - vor, auch Zeiten zu berücksichtigen, die außerhalb eines Beamtenverhältnisses zurückgelegt worden sind. Die Anrechnung solcher Vordienstzeiten hat Ausnahmecharakter. Ihre Berücksichtigung ist sachlich gerechtfertigt, weil sie ein besonders qualifiziertes Verhältnis zum später erreichten Beamtenstatus aufweisen. Während dieser Zeiten haben die Beamten entweder Erfahrungen und Kenntnisse erworben, die förderlich für die Ausübung ihres Amtes waren, oder ihre Tätigkeit außerhalb des Beamtenstatus war derjenigen vergleichbar, die sie später als Beamte ausgeübt haben. Durch die Anrechnung soll dem Beamten annähernd diejenige Versorgung ermöglicht werden, die er erhalten hätte, wenn er sich während der Zeit, in der er die für die Wahrnehmung seines späteren Amtes erforderliche Qualifikation erworben hat, bereits im Beamtenverhältnis befunden hätte. Hierdurch werden unbillige Benachteiligungen gegenüber sogenannten "Nur"-Beamten ausgeglichen (BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2004 - 2 C 38.03 - ZBR 2005, 164 = IÖD 205, 178).

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Soweit die Klägerin die weitere Berücksichtung ihrer Lehrtätigkeiten an der Universität O. vor ihrer Habilitation begehrt (1. April 1980 bis 30. September 1980, 1. April 1982 bis 30. September 1983 und 1. Oktober 1985 bis 21. Februar 1987), kommt allein eine Anrechnung nach § 67 Abs. 2 Satz 3 BeamtVG in der hier maßgeblichen alten Fassung (entspricht § 67 Abs. 2 Satz 4 BeamtVG in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. März 1999, aaO) in Frage. Danach soll die nach erfolgreichem Abschluss eines Hochschulstudiums vor der Ernennung zum Professor, Hochschuldozenten, Oberassistenten, Oberingenieur, Wissenschaftlichen oder Künstlerischen Assistenten liegende Zeit einer hauptberuflichen Tätigkeit, in der besondere Fachkenntnisse erworben wurden, die für die Wahrnehmung des Amtes förderlich sind, im Falle des § 44 Abs. 1 Nr. 4 b des Hochschulrahmengesetzes als ruhegehaltfähig berücksichtigt werden; im Übrigen kann sie als ruhgehaltfähig berücksichtigt werden. Eine Berücksichtung der Lehrtätigkeiten der Klägerin kommt nach dieser Vorschrift nicht in Betracht, weil die Klägerin in den geltend gemachten Zeiten keine hauptberufliche Tätigkeit ausgeübt hat.

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Das sowohl in § 10 Abs. 1 Nr. 1 und § 11 als auch in § 67 Abs. 2 Satz 3 BeamtVG geforderte Merkmal der Hauptberuflichkeit wird gesetzlich nicht umschrieben. Als hauptberuflich ist bislang eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt angesehen worden, wenn sie die Arbeitskraft des Beschäftigten mit mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit beansprucht. Hinsichtlich der unterhälftigen Beschäftigung hat das Bundesverwaltungsgericht seine bisherige Rechtsprechung fortentwickelt (Urteil vom 25. Mai 2005 - 2 C 20.04 - NVwZ-RR 2005, 730 und Urteil vom 29. September 2005 - 2 C 44.04 - NVwZ 2006, 349 = BVerwGE 124, 227): In Übereinstimmung mit dem allgemeinen Sprachgebrauch wird eine Tätigkeit hauptberuflich ausgeübt, wenn sie entgeltlich ist, gewolltermaßen den Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit darstellt, in der Regel den überwiegenden Teil der Arbeitskraft beansprucht und dem durch Ausbildung und Berufswahl geprägten Berufsbild entspricht oder nahe kommt. Die hauptberufliche Tätigkeit ist durch diese Merkmale von einer Tätigkeit abzugrenzen, die die Arbeitkraft nur nebenbei beansprucht oder neben einer hauptberuflichen Tätigkeit nur als Nebentätigkeit, Nebenamt oder Nebenbeschäftigung ausgeübt werden kann. Da sich die Regelungen über die Teilzeitbeschäftigung der Beamten zwischenzeitlich wesentlich geändert haben und der Bund wie auch die Länder von der Herabsetzung der regulären Arbeitszeit auf höchstens die Hälfte abgerückt sind, übt auch ein teilzeitbeschäftigter Beamter mit weniger als der Hälfte der Regelarbeitszeit sein Amt hauptberuflich aus, wenn er mindestens ein Kind unter 18 Jahren oder einen pflegebedürftigen Angehörigen tatsächlich betreut oder pflegt. Dadurch wird berücksichtigt, dass ein Beamter, dem die Betreuung oder Pflege seiner Angehörigen obliegt, objektiv daran gehindert ist, seine volle Arbeitskraft dem Dienstherrn zur Verfügung zu stellen, wie es dem Leitbild des vollzeitig beschäftigten Beamten entspricht, der sich seinem Beruf mit voller Hingabe zu widmen hat (BVerwG, aaO).

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Hiervon ausgehend hat die Klägerin nicht zur Überzeugung der Kammer dargetan, dass sie in den genannten streitigen Zeiträumen hauptberuflich tätig gewesen ist. Ob dies bereits daraus folgt, dass - anders als im vom BVerwG durch Urteil vom 25. Mai 2005 entschiedenen Fall - § 87 a Abs. 1 NBG in Niedersachsen - von Ausnahmen in der Elternzeit abgesehen - keine unterhälftige Teilzeitbeschäftigung zulässt, erscheint sehr zweifelhaft. Denn das Bundesverwaltungsgericht hat seine Definition der Hauptberuflichkeit allgemein und ohne Einschränkungen gefasst, sich dabei auf bundesweit wesentliche Änderungen der Regelungen über die Teilzeitbeschäftigung der Beamten berufen und in dem entschiedenen Fall das hessische Beamtengesetz beispielhaft erwähnt. Die Frage braucht aber nicht abschließend entschieden zu werden, weil sich schon nicht feststellen lässt, dass die Lehrtätigkeit in den streitigen Zeiträumen "in der Regel den überwiegenden Teil der Arbeitskraft" der Klägerin beansprucht hat. Diesbezüglich ist auf die jeweiligen Lebensumstände des Betroffenen abzustellen und im Einzelfall zu fragen, ob er seine Arbeitskraft im Rahmen des objektiv Möglichen ausgeschöpft und dem Dienstherrn/Arbeitgeber zur Verfügung gestellt hat. Mit dem Bundesverwaltungsgericht sind dabei Teilzeit-Tätigkeiten nur insoweit privilegiert, als der spätere Beamte durch eine tatsächliche Betreuung oder Pflege eines minderjährigen Kindes oder eines pflegebedürftigen Angehörigen an einer weitergehenden Tätigkeit gehindert war; andere Umstände für das Nichtausschöpfen der verbleibenden Arbeitskraft haben in versorgungsrechtlicher Hinsicht außer Betracht zu bleiben.

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In den genannten streitigen Zeiträumen umfasste der Lehrauftrag der Klägerin an der Universität O. nach den Unterlagen in ihrer Personalakte (Beiakte A Tasche) zwei Semesterwochenstunden, was nur 25 v. H. des Lehrdeputats eines Universitätsprofessors (8 Semesterwochenstunden Lehrverpflichtung) entspricht. Trotz ihrer dargelegten Nebenverpflichtungen und Einbindungen in den Lehrstuhl darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass sie als Lehrbeauftragte - anders als reguläre Professoren - nicht zur Forschung und zur Verwaltung eines Lehrstuhls verpflichtet war. Auch nach eigener Darstellung verfügte die Klägerin trotz der Teilzeittätigkeit und familiärer Pflichten über weitere Arbeitskapazität. Nach ihren Darlegungen erhielt sie in erster Linie wegen der Finanznot des Universitätsinstituts in bestimmten Semestern keine über zwei Semesterwochenstunden hinausgehende Lehraufträge, obwohl der Fachbereich einen Bedarf an Unterricht in den von ihr unterrichteten Fächern und sie ein Interesse an weiterer Lehrtätigkeit hatte. Weitere entgeltliche Nebentätigkeiten nahm sie in den streitigen Zeiträumen nicht wahr. Vielmehr bereitete sie in vergleichsweise aufwändiger Weise ihre Seminare und Vorlesungen zu jeweils aktuellen kirchengeschichtlichen Themen vor und ließ sich - unabhängig von einem weiteren Entgelt - in Verwaltungs- und Prüfertätigkeiten der Universität einbinden. Ihre Tätigkeiten, die für sie das Gewicht einer Halbtagsstelle hatten, dienten im Übrigen ihrer Habilitation und der angestrebten späteren Professur. Die Kammer versteht, dass die Klägerin daher aus ihrer Sicht die Lehrtätigkeit im gesamten Zeitraum vom 1. April 1980 bis zum 31. März 1991 einheitlich als hauptberufliche Tätigkeit ansieht. Aus der hier maßgeblichen versorgungsrechtlichen Sicht kommt es hingegen auf die durch entgeltliche Lehraufträge belegte Tätigkeiten in den einzelnen Zeitabschnitten - hier den jeweiligen Semestern - an. Dabei hatte die Klägerin in den hier streitigen Zeiten weitere verfügbare Arbeitskraft, die sie durchaus auch für entgeltliche und vorsorgerelevante Tätigkeiten hätte verwenden können. Dies wird auch dadurch belegt, dass sei nebenbei unentgeltlich Vorträge vor Kirchengemeinden und anderen Einrichtungen hielt.

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Die Klägerin hat auch nicht zur Überzeugung der Kammer dargelegt, dass sie hauptsächlich infolge der Betreuung, Erziehung oder Pflege eines Angehörigen objektiv gehindert gewesen wäre, in den streitigen Zeiträumen mehr verbleibende Arbeitkraft einem Dienstherrn/Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen. In der mündlichen Verhandlung erwähnte sie erst nachrangig, dass auch die Betreuung und Erziehung ihrer Töchter - insbesondere nachdem ihre 1975 geborene Tochter zur Schule gegangen sei - einen Teil ihrer Arbeitskraft beanspruchten. Angesichts des Alters der 1967 und 1975 geborenen Töchter der Klägerin in den hier streitigen Zeiträumen spricht auch wenig für einen besonderen Betreuungsbedarf, der der Klägerin objektiv keine weitere Arbeitskraft beließ. Im Übrigen hätte die Klägerin auch plausibel begründen können müssen, warum ein solcher Betreuungsbedarf in den Zeiten nicht bestand, in denen sie Lehraufträge im Umfang von vier Semesterwochenstunden wahrnahm.

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Folglich erweist sich die Nichtberücksichtigung der Lehrtätigkeit als ruhegehaltfähige Dienstzeit während der genannten streitigen Zeiträume als rechtmäßig. Soweit demgegenüber in dem ursprünglichen Festsetzungsbescheid vom 9. März/27. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 2005 die Lehrtätigkeit in der Zeit vom 1. April 1982 bis 30. September 1983 zur Hälfte als ruhgehaltfähige Dienstzeit anerkannt war, durfte der Beklagte dies gem. § 48 Abs. 1 VwVfG i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nds. VwVfG durch teilweise Rücknahme korrigieren. Zur Begründung verweist die Kammer insoweit gem. § 117 Abs. 5 VwGO auf die Ausführungen in diesem Bescheid. Darin wird zutreffend dargelegt, dass Vertrauensschutz dieser Rücknahme nicht entgegensteht. Denn die Festsetzung war noch nicht unanfechtbar und die bisherige Anerkennung beruhte maßgeblich auf den - bislang nicht näher hinterfragten - Angaben der Klägerin. Ohne Rechtsfehler sind ferner die Erwägungen, dass die Klägerin keine schutzwürdigen Belange hat, die das öffentliche Interesse an der gesetzmäßigen Verwaltung und dem Gebot sachgemäßer Verwendung öffentlicher Mittel überwiegen, und dass mangels Änderung des Ruhegehaltssatzes und der Höhe der Versorgungsbezüge keine besondere Härte vorliegt.

29

Allerdings sind die angefochtenen Bescheide insoweit rechtswidrig, als sie die Lehrtätigkeit der Klägerin an der Universität O. in der Zeit vom 22. Februar 1990 bis 31. März 1991 nicht als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigen. Insoweit ergibt sich ein Anspruch auf Berücksichtigung nach § 67 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG, der eine spezielle Regelung für Lehrtätigkeiten an einer Hochschule nach abgeschlossener Habilitation enthält. Danach ist ruhgehaltsfähig auch die Zeit, in der die Professoren, Hochschuldozenten, Oberassistenten, Oberingenieure, Wissenschaftliche oder Künstlerische Assistenten nach der Habilitation dem Lehrkörper einer Hochschule angehört haben. Anders als bei § 67 Abs. 2 Satz 3 BeamtVG wird eine Hauptberuflichkeit und damit ein bestimmter Umfang der Lehrtätigkeit nicht gefordert. Vielmehr ist nach der gesetzgeberischen Festlegung zwingend die Zeit der Angehörigkeit zum Lehrkörper einer Hochschule anzurechnen.

30

Die Klägerin hat zur Überzeugung der Kammer dargetan, dass sie nach erfolgreicher Habilitation in der Zeit vom 22. Februar 1990 bis zum 31. März 1991 dem Lehrkörper der Universität O. angehört hat. Sie nahm in den entsprechenden Semestern Lehraufträge im Umfang von zwei Semesterwochenstunden wahr. Ihrer Aufstellung anhand der Vorlesungsverzeichnisse ist zu entnehmen, dass sie aufeinander aufbauende Vorlesungen zu "Kirchengeschichtlichen Grundkenntnissen" abhielt, die zu dem Kernstudium der Studenten der Fakultät zählten. Auch im Übrigen war sie in dieser Phase in besonderer Weise in die Fakultät eingebunden, indem sie etwa Scheine für Seminare und Vorlesungen erteilte, Aufgaben für das Landesprüfungsamt wahrnahm und Examenshausarbeiten stellte. Demgegenüber lässt sich nicht mit Erfolg einwenden, dass sie als Lehrbeauftragte nicht Mitglied, sondern nur Angehörige der Universität O. gewesen ist (vgl. § 44 Abs. 2 Nr. 6, 54 Abs. 2 des Nds. Hochschulgesetzes - NHG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Oktober 1981 [Nds. GVBl. S. 263]). Im Hinblick auf die Besonderheiten der in § 67 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG geregelten Vordienstzeit lässt sich aus den Bestimmungen des Hochschulrechts keine Einschränkung für die Auslegung des Merkmals "Angehöriger des Lehrkörpers einer Hochschule" ableiten. Angesichts der nahtlosen Weiterbeschäftigung der Klägerin an der Universität O. ab dem 1. April 1991 - zunächst als mit der Verwaltung der Stelle eines Universitätsprofessors Beauftragte und schließlich als Universitätsprofessorin - entspricht es auch Sinn und Zweck der Anrechnungsvorschrift in § 67 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG, diese Zeit anteilig als ruhegehaltfähig zu berücksichtigen. In Anlehnung an die hälftige Berücksichtigung der Zeiten ihrer Lehrtätigkeit im Umfang von 4 Semesterwochenstunden durch den Beklagten ist insoweit für diesen Zeitraum die Berücksichtung im Umfang von ? vorzunehmen.

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Im Rahmen einer einheitlichen Kostenentscheidung waren die Kosten des Verfahrens gem. §§ 155 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2, 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO der Klägerin zu 2/3 und dem Beklagten zu 1/3 aufzuerlegen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 ZPO.

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Gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO war die Berufung zuzulassen, weil die Rechtssache (Berücksichtigung einer unterhälftigen Teilzeitbeschäftigung als ruhegehaltfähige Vordienstzeit bei Universitätsprofessoren) grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO hat.