Amtsgericht Neustadt am Rübenberge
Beschl. v. 13.01.2004, Az.: 37 F 21/03 WH

Rücknahme eines Antrags auf Zuweisung einer Ehewohnung nach dem Gewaltschutzgesetz (GewSchG); Frist für die Rücknahme; Verfahrensrechtliche Konsequenz einer Antragsrücknahme

Bibliographie

Gericht
AG Neustadt am Rübenberge
Datum
13.01.2004
Aktenzeichen
37 F 21/03 WH
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2004, 36562
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGNEUST:2004:0113.37F21.03WH.0A

Tenor:

  1. I.

    Es wird festgestellt, dass

    die einstweilige Anordnung vom 7.11.2003 außer Kraft getreten ist,

    der Beschluss vom 13.11.2003 wirkungslos geworden ist,

  2. II.

    Die Antragstellerin trägt die Gerichtskosten und ihre außergerichtlichen Kosten. Außergerichtliche Kosten des Antragsgegners werden nicht erstattet.

Gründe

1

Die Antragstellerin hatte zu Protokoll der Rechtsantragstelle vom 18.8.2003 die Zuweisung der Ehewohnung nach dem Gewaltschutzgesetz beantragt. Diesem Antrag wurde mit Beschluss vom 18.8.2003 (Amtsgericht Neustadt 38 F 207/03) zunächst im Wege der einstweiligen Anordnung befristet bis zum 31.10.2003 entsprochen. Mit Schriftsatz vom 20.8.2003 nahm die Antragstellerin den Antrag zurück.

2

Am 5.11.2003 stellte sie erneut zu Protokoll der Rechtsantragstelle einen Antrag die Ehewohnung betreffend nach dem Gewaltschutzgesetz, dem im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung befristet mit Beschluss vom 7.11.2003 und im Hauptsacheverfahren mit Beschluss vom 13.11.2003, dem Antragsgegner zugestellt am 20.11.2003, entsprochen wurde. Mit am Tag der Zustellung eingegangenem Schriftsatz vom 18.11.2003 nahm die Antragstellerin den Antrag wiederum zurück und führte zur Begründung aus, der Antragsgegner sei ein guter aufrichtiger Mensch, der nur Negatives erlebt und nie die Chance gehabt habe, sich zu bewähren. Dieser Schriftsatz wurde dem Antragsgegner mit dem Hinweis zugestellt, es werde nach Ablauf von zwei Wochen mangels anderweitiger Äußerung davon ausgegangen, dass er der Antragsrücknahme zustimme.

3

Die Rücknahme des Antrags ist zulässig. In Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit kann die Antragsrücknahme bis zur Wirksamkeit der erlassenen Entscheidung erfolgen (Keidel/Kuntze/Winkler/Schmidt, 15. Aufl. § 12 FGG Rdn. 41). Der Beschluss vom 13.11. 2003 war bei Antragsrücknahme noch nicht rechtskräftig und damit gem. § 64 b Abs. 2 Satz 1 FGG noch nicht wirksam. Ob in echten Streitverfahren nach mündlicher Verhandlung entsprechend § 269 Abs. 1 ZPO für die Antragsrücknahme die Einwilligung des Antragsgegners erforderlich ist (dafür Keidel/Kuntze/Winkler/Schmidt, 15. Aufl. § 12 FGG Rdn. 40, dagegen noch Jansen, 2. Aufl. Vor § 8 FGG Rdn. 20) kann dahinstehen, da jedenfalls eine unterstellte Einwilligung des Antragsgegners vorliegt. Dieser hat der Mitteilung, es werde nach Ablauf von zwei Wochen mangels anderweitiger Äußerung davon ausgegangen, dass er der Antragsrücknahme zustimme, nicht widersprochen.

4

Die Antragsrücknahme führt zur Beendigung des Verfahrens. Eine bereits ergangene aber noch nicht wirksame Entscheidung braucht nicht aufgehoben zu werden (Keidel/Kuntze/Winkler/Schmidt, 15. Aufl. § 12 FGG Rdn. 41). Eine der Hauptsacheentscheidung vorangehende einstweilige Anordnung tritt ohnehin gem. §§ 64b Abs. 3 S. 2 FGG, 620f Abs. 1 S. 1 ZPO mit Rücknahme des Antrages im Hauptsacheverfahren außer Kraft. Diese Wirkungen bräuchten an und für sich gem. § 269 Abs. 4 ZPO in entsprechender Anwendung und §§ 64b Abs. 3 S. 2 FGG, 620f Abs. 1 S. 2 ZPO nur auf Antrag des Antragsgegners festgestellt zu werden. Ein solcher Antrag ist hier nicht gestellt worden.

5

Dennoch erscheint ein klarstellender Beschluss angebracht. Denn nach § 4 Satz 1 GewSchG stellt der Verstoß gegen eine vollstreckbare Anordnung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 GewSchG eine Straftat dar. Eine derartige Anordnung war mit dem Verbot, sich der Ehewohnung zu nähern ergangen. Auch wenn diese Anordnung nicht vollstreckbar ist, weil die Hauptsacheentscheidung noch nicht wirksam war und die einstweilige Anordnung außer Kraft getreten ist, besteht für den Antragsgegner die Gefahr der - unberechtigten - Strafverfolgung. Entscheidungen nach dem Gewaltschutzgesetz sind gem. § 17 Abs. 3 Satz 2 des Niedersächsischen Gefahrenabwehrgesetzes unverzüglich der Polizei mitzuteilen. Von der Antragsrücknahme hat die Polizei dagegen keine Kenntnis. Es ist daher notwendig, die Folgen der Antragsrücknahme durch Beschluss festzustellen und auch diesen Beschluss der Polizei mitzuteilen.

6

Bei der Kostenentscheidung ist nunmehr die Antragsrücknahme zu berücksichtigen. Zwar führt die Zurücknahme des Antrages in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht notwendig zur Kostenpflicht (Keidel/Kuntze/Winkler/Schmidt, 15. Aufl. § 12 FGG Rdn. 42). Hier ist aber zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit einen Antrag gestellt und unmittelbar darauf zurückgenommen hat. Es ist daher gerechtfertigt, dass die Antragstellerin nach §§ 100a Abs. 3 KostO die Gerichtskosten und gem. § 13a Abs. 1 FGG ihre eigenen außergerichtlichen Kosten trägt. Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners ist eine Erstattungspflicht nach § 13a Abs. 1 FGG dagegen nicht anzuordnen. Der Kostenentscheidung steht nicht entgegen, dass der Beschluss vom 13.11.2003 eine anderweitige Regelung getroffen hatte. Denn dieser Beschluss ist wirkungslos geworden. Aus dem Rechtsgedanken des § 269 Abs. 3 ZPO folgt, dass die Kostenentscheidung eines nach Rücknahme wirkungslos gewordenen Beschlusses keine Geltung mehr beanspruchen kann.

Dr. Giers