Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 17.10.2016, Az.: 7 W 35/16 (L)
Gerichtsgebühren für die Entgegennahme und Prüfung der negativen Hofeserklärung durch das Landwirtschaftsgericht und das Grundbuchamt
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 17.10.2016
- Aktenzeichen
- 7 W 35/16 (L)
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2016, 27635
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2016:1017.7W35.16L.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Winsen (Luhe) - 12.05.2016 - AZ: 7 Lw 67/15
Rechtsgrundlagen
- HöfeO § 1 Abs. 1
- HöfeVfO § 3 Abs. 1 Nr. 2
- GNotKG § 3 Abs. 2 Anlage Nr. 15112
Fundstellen
- ErbR 2017, 180-181
- FamRZ 2017, 1422
- MDR 2017, 178-179
- ZEV 2016, 723
Amtlicher Leitsatz
Die landwirtschaftsgerichtliche Tätigkeit bei Entgegennahme und Prüfung der negativen Hofeserklärung ist ebenso wie die anschließende grundbuchamtliche Tätigkeit gebührenfrei, unterfällt also nicht dem Gebührenauffangtatbestand der Nr. 15112 KV-GNotKG (Aufgabe der bisherigen gegenteiligen Senatsrechtsprechung, vgl. OLG Celle, Beschluss vom 28. Januar 2015 - 7 W 1/15 (L) -, juris; Anschluss an Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 31. Mai 2016 - 60 L WLw 22/15 -, juris).
Tenor:
Auf die Beschwerde der Eigentümerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Winsen (Luhe) vom 12. Mai 2016 abgeändert und wie folgt neugefasst:
Auf die Beschwerde der Eigentümerin wird die Kostenrechnung vom 22. April 2016 aufgehoben.
Gründe
I.
Mit der angefochtenen Kostenrechnung vom 22. April 2016 hat die Kostenbeamtin beim Amtsgericht eine Gebühr für das Verfahren im Übrigen nach Nr. 15112 des Kostenverzeichnisses zum GNotKG (KV-GNotKG) in Höhe von 146,50 € festgesetzt. Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel der Eigentümerin.
Gemäß notariell beurkundetem "Grundstückübertragungsvertrag von landwirtschaftlichen Flächen einschließlich Landmaschinenhalle" vom 30. Juni 2014 sowie Auflassung vom 16. Juni 2015 (UR-Nr. 637/2014 und UR-Nr. 528/2015) übertrug die Eigentümerin ihren landwirtschaftlichen Grundbesitz im Wege der vorweggenommenen Erbfolge an ihre Tochter S. H.. Der Urkundsnotar beantragte die Genehmigung dieser Übertragung gemäß § 2 Grundstücksverkehrsgesetz bei dem zuständigen Landkreis. Dieser leitete die Sache an das Landwirtschaftsgericht weiter, zur Prüfung, ob es sich bei dem landwirtschaftlichen Grundbesitz um einen Hof handele und die Höfeordnung anzuwenden sei. Ein Hofvermerk im Grundbuch war bis dahin nicht eingetragen. Die Eigentümerin gab daraufhin im Rahmen ihrer Anhörung die notariell beglaubigte Erklärung vom 23. Juli 2015 ab, dass ihr Grundbesitz kein Hof im Sinne der Höfeordnung sein solle (UR-Nr. .../2015 des Notars U. in St.).
Das Landwirtschaftsgericht informierte anschließend das Grundbuchamt im Hause, dass die Eigentümerin eine negative Höfeerklärung im Sinne von § 1 Abs. 4 HöfeO abgegeben habe. Dies bedeute, dass der im Grundbuch verzeichnete Grundbesitz, der aus Rechtsgründen trotz fehlenden Hofvermerkes bisher ein Hof im Sinne der Höfeordnung gewesen sein dürfte, nunmehr definitiv kein Hof im Sinne der Höfeordnung mehr sei (Bl. 24 d. A.). Im Anschluss daran wurde mit der angefochtenen Kostenrechnung vom 22. April 2016, wie oben bereits dargelegt, eine Gebühr in Höhe von 146,50 € nach Nr. 15112 KV-GNotKG erhoben. Hiergegen legte die Eigentümerin gemäß Schreiben des Urkundsnotars vom 10. Mai 2016 "Rechtsmittel ein, da es für die vorgenannte Kostenrechnung keine Kostenrechtsgrundlage gibt".
Durch den angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - das als Erinnerung gegen die Kostenrechnung aufzufassende Rechtsmittel zurückgewiesen und zugleich die Beschwerde gegen diesen Beschluss zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, früher sei sowohl das Verfahren der Löschung des Hofvermerks auf der Grundlage einer vom Landwirt abgegebenen negativen Höfeerklärung als auch das Verfahren des Absehens von der Eintragung eines Hofvermerks, weil der Landwirt, wie vorliegend, im Rahmen der Anhörung zur Eintragung eines Hofvermerks eine negative Höfeerklärung abgegeben habe, kostenfrei gewesen. Zum 1. August 2013 seien die einschlägigen Gebührentatbestände indes durch das GNotKG neu geregelt worden. Nach dem Senatsbeschluss vom 28. Januar 2015 - 7 W 1/15 (L) - sei für das Ersuchen des Landwirtschaftsgerichts an das Grundbuchamt, aufgrund der Erklärung des Eigentümers den Hofvermerk im Grundbuch zu löschen, eine 0,5 Gebühr nach Nr. 15112 KV-GNotKG zu erheben. An diese Rechtsprechung des Senats sei das Landwirtschaftsgericht gebunden. Mithin müsse die halbe Gebühr nach Nr. 15112 KV-GNotKG auch dann anfallen, wenn die an sich erforderliche Eintragung eines Hofvermerks aufgrund einer negativen Hoferklärung zu unterlassen sei. Wegen der Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss vom 12. Mai 2016 Bezug genommen (Bl. 29 ff. d. A.).
Gegen diesen Beschluss hat die Eigentümerin durch Schriftsatz des Urkundsnotars vom 18. Mai 2016 Beschwerde eingelegt (Bl. 35 d. A.).
Der Senat hat die Bezirksrevisorin beim Oberlandesgericht Celle angehört. Diese hat dahin Stellung genommen, eine Gesetzeslücke, die auszufüllen sei, sei nicht zu erkennen. Aus Sicht der Landeskasse sei die bisherige Rechtsprechung des erkennenden Senats, wonach eine Gebühr nach Nr. 15112 GNotKG für die richterliche Prüfung bei Löschung des Hofvermerks anzusetzen sei, beizubehalten.
II.
Die Beschwerde der Eigentümerin ist nach § 81 Abs. 2 Satz 2 GNotKG zulässig und darüber hinaus auch in der Sache begründet.
Zwar stimmt der Senat der Schlussfolgerung des Landwirtschaftsgerichts zu, wenn für das Ansinnen auf Löschung des Hofvermerks aufgrund einer negativen Hoferklärung eine halbe Gebühr nach Nr. 15112 KV-GNotKG anfalle, so müsse dies auch für das Ansinnen gelten, die Eintragung eines Hofvermerks aufgrund einer negativen Hoferklärung zu unterlassen. Jedoch hält der Senat an seiner mit dem Beschluss vom 28. Januar 2015 - 7 W 1/15 (L) - vertretenen Auffassung, für das Ersuchen des Landwirtschaftsgerichts an das Grundbuchamt, aufgrund der Erklärung des Eigentümers den Hofvermerk im Grundbuch zu löschen, sei eine 0,5 Gebühr nach Nr. 15112 KV-GNotKG zu erheben, nicht länger fest. Vielmehr schließt sich der Senat - nach nochmaliger Überprüfung und Überlegung - der gegenteiligen Auffassung des AG Ratzeburg und des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts an, wonach nicht nur die Löschung des Hofvermerks durch das Grundbuchamt, sondern auch das vorangegangene landwirtschaftsgerichtliche Prüfungsverfahren insgesamt gerichtsgebührenfrei sind (Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 31. Mai 2016 - 60 L WLw 22/15 -, juris).
Der Senat war hinsichtlich der Frage, ob für die der Löschung im Grundbuch durch das Grundbuchamt vorangehende richterliche Prüfung eine Gebühr "im Übrigen" nach dem Auffangtatbestand gemäß Nr. 15112 KV-GNotKG zu erheben sei, der Auffassung in der Kommentarliteratur gefolgt, wonach zwischen der ausdrücklich gebührenfrei gestellten, im Hauptabschnitt 4, Abschnitt 1 geregelten Tätigkeit des Grundbuchamtes und der im Hauptabschnitt 5, Abschnitt 1, Nrn. 15110 ff. KV-GNotKG geregelten richterlichen Tätigkeit zu unterscheiden sei. Letzterer sei im Hinblick auf die bei der Abgabe der negativen Hofeserklärung vorzunehmende richterliche Prüfung jedoch nicht ausdrücklich gebührenfrei gestellt worden. Sofern der Gesetzgeber demgegenüber die Absicht gehabt haben sollte, das gesamte Eintragungsverfahren einschließlich des landwirtschaftsgerichtlichen Löschungsersuchens gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 HöfeVfO nach Abgabe der negativen Hofeserklärung gebührenfrei zu stellen, was sich der zugehörigen BT-Drucksache nicht zweifelsfrei entnehmen lasse, so müsse er dies durch eine entsprechende Korrektur in Nr. 15112 KV-GNotKG ausdrücklich anordnen (OLG Celle, Beschluss vom 28. Januar 2015 - 7 W 1/15 (L) -, juris, Rdnr. 13, 14).
Demgegenüber haben das AG Ratzeburg in erster Instanz und das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht im Beschwerdeverfahren gemäß dem vorstehend zitierten Beschluss die Auffassung vertreten, dass Ersuchen des Landwirtschaftsgerichts an das Grundbuchamt, aufgrund der Erklärung des Eigentümers, dass seine Besitzung kein Hof im Sinne der Höfeordnung sein solle, den Hofvermerk im Grundbuch zu löschen, sei wie auch die Löschung des Hofvermerks durch das Grundbuchamt gerichtsgebührenfrei. Zwar sei dem Wortlaut nach für die Tätigkeit des Landwirtschaftsgerichts Nr. 15112 KV-GNotKG einschlägig. Aus der Gesetzesbegründung ergebe sich jedoch, dass die Gebührenfreiheit nach der bisherigen Bestimmung des § 18 HöfeVfO für die Tätigkeit des Grundbuchamts und auch für die Tätigkeit des Landwirtschaftsgerichts gewollt sei.
Entgegen der Auffassung des erkennenden Senats lasse die Gesetzesbegründung bei verständiger Würdigung erkennen, dass die bisherige Gebührenfreiheit für Eintragungen und Löschungen aufgrund Ersuchens des Landwirtschaftsgerichts gemäß § 69 Abs. 2 KostO und § 18 HöfeVfO beibehalten werden sollte und es auf einer planwidrigen Regelungslücke beruhe, dass § 18 HöfeVfO aufgehoben worden sei, ohne im Hauptabschnitt 5 in der Vorbemerkung 1.5.1 ausdrücklich klarzustellen, dass das Ersuchen des Landwirtschaftsgerichts auf Eintragung oder Löschung eines Hofes gebührenfrei sei. Offenbar habe der Gesetzgeber nicht bedacht, dass das Löschungsverfahren zweiteilig sei, nämlich einerseits aus einem Ersuchen des Landwirtschaftsgerichts und andererseits aus dessen Vollzug durch das Grundbuchamt bestehe, sondern sei davon ausgegangen, mit der Einfügung des Satzes 2 in Nr. 14160 Nr. 3 das Erforderliche getan zu haben, um hinsichtlich aller Tatbestände des § 18 HöfeVfO die bisherige Gebührenfreiheit beizubehalten (Schleswig-Holsteinisches OLG, a. a. O., Rdnr. 34).
Der Senat hat - auch im Hinblick auf diese Entscheidung - die Bezirksrevisorin beim Oberlandesgericht Celle angehört. Diese hat dahin Stellung genommen, eine Gesetzeslücke, die mit dem OLG Schleswig auszufüllen sei, sei nicht zu erkennen. Aus Sicht der Landeskasse sei die bisherige Rechtsprechung des erkennenden Senats, wonach eine Gebühr nach Nr. 15112 GNotKG für die richterliche Prüfung bei Löschung des Hofvermerks anzusetzen sei, beizubehalten.
Gleichwohl hält der Senat an seiner Rechtsprechung nicht länger fest, sondern folgt der gegenteiligen Auffassung des AG Ratzeburg und des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts. Die Regelungslücke erschließt sich - erst - bei Beachtung der Motive des historischen Gesetzgebers und dem daraus abzuleitenden Sinn und Zweck der Gebührenfreistellung. Insoweit hat das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht überzeugend ausgeführt, die Gebührenfreiheit nach § 18 HöfeVfO sei vom Gesetzgeber seinerzeit damit begründet worden, "dass die Eintragung und Löschung des Hofvermerks auch einem öffentlichen Interesse diene (vgl. Regierungsentwurf eines zweiten Gesetzes zur Änderung der Höfeordnung, BT-Drs. 7/1443 vom 13. Dezember 1973, Seite 31; vgl. ebenso Faßbender/Hötzel, von Jeinsen/Pikalo, Höfeordnung, 3. Auflage, § 18 HöfeVfO Rdnr. 1)". Daran, dass die Eintragung und Löschung des Hofvermerks als äußeres Zeichen für die Begründung bzw. Aufhebung der Hofeigenschaft auch einem öffentlichen Interesse an der Erkennbarkeit der Anwendbarkeit des allgemeinen Erbrechts oder des Sondererbrechts der Höfeordnung diene, so weiter das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht, habe sich weiterhin nichts geändert. Anhaltspunkte dafür, dass die Motive des historischen Gesetzgebers, die in der Vergangenheit zur Gebührenfreiheit geführt hatten, aus Sicht des Gesetzgebers bei Einführung des 2. KostRMoG keine maßgebende Bedeutung mehr haben sollten, fänden sich in der Gesetzesbegründung nicht. Vielmehr spreche angesichts der Übernahme der Regelung des § 69 Abs. 2 KostO in Vorbemerkung 1.4 Abs. 2 Nr. 2 der Anlage 1 zum GNotKG, der Übernahme von § 18 1. Alt. HöfeVfO in Nr. 14160 Nr. 3 Halbsatz 2 und der zitierten Gesetzesbegründung, wonach die Gebührenfreiheit gemäß § 18 2. Alt. HöfeVfO nicht explizit geregelt werden müsse, weil sie sich im Umkehrschluss daraus ergebe, dass die Gebührenpflicht nicht ausdrücklich angeordnet worden sei, alles dafür, dass sich aus Sicht des Gesetzgebers an der Richtigkeit der Beweggründe für die Einführung der Gebührenfreiheit gemäß § 18 HöfeVfO nichts geändert habe und der Umstand, dass die Eintragung und Löschung des Hofvermerks (genau wie die Vereinigung der zu einem Hof gehörenden Grundstücke/Grundstück) dem öffentlichen Interesse dient, weiterhin der Grund für die Gebührenfreiheit sei sollte.
Vor diesem überzeugend und zutreffend dargelegten Hintergrund erschließt sich die Auffassung, dass es bei der Gebührenfreiheit auch für das richterliche Verfahren bleiben sollte und es sich bei der gesetzlichen Neuregelung insoweit um eine planwidrige Unvollständigkeit handelt, die im Wege teleologischer Reduktion des Auffangtatbestands (Nr. 15112 KV-GNotKG) entsprechend der Gesetzesbegründung dahin auszufüllen ist, dass die vormals von § 18 HöfeVfO erfassten Verfahren nicht unter dem Begriff der "Verfahren im Übrigen" fallen. Der erkennende Senat hält deshalb an seiner gegenteiligen Auffassung nicht länger fest, sondern schließt sich der dargelegten Auffassung des AG Ratzeburg und des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts an, wonach auch die landwirtschaftsgerichtliche Tätigkeit bei Entgegennahme und Prüfung der negativen Hofeserklärung ebenso wie die anschließende grundbuchamtliche Tätigkeit gebührenfrei ist, also nicht dem Gebührenauffangtatbestand der Nr. 15112 KV-GNotKG unterfällt.
III.
1. Eine Entscheidung über Gebühren und Kosten ist nicht veranlasst, weil das Verfahren gemäß § 81 Abs. 8 und § 83 Abs. 3 GNotKG gebührenfrei ist und Kosten nicht erstattet werden.
2. Der Beschluss ist gemäß § 81 Abs. 4 Satz 1 sowie § 83 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 81 Abs. 4 Satz 1 GNotKG nicht anfechtbar.