Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 14.12.2011, Az.: 4 UF 119/11

Anspruch eines im öffentlichen Dienst stehenden Elternteils gegen den anderen Elternteil auf einen familienrechtlichen Ausgleich bei Erhalt des erhöhten kindbezogenen Familienzuschlags

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
14.12.2011
Aktenzeichen
4 UF 119/11
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2011, 36236
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:2011:1214.4UF119.11.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Oldenburg (Oldenburg) - 02.05.2011 - AZ: 73 F 37/11 UK

Fundstellen

  • FamFR 2012, 251
  • FamRZ 2012, 1876-1877
  • FuR 2012, 447

Redaktioneller Leitsatz

Im Fall, dass beide Eltern im öffentlichen Dienst stehen, ein Elternteil den erhöhten kindbezogenen Familienzuschlag erhält und dieses Ungleichgewicht nicht durch die Zahlung von Unterhalt zwischen den Elternteilen kompensiert wird, hat jener Ehegatte, der den Zuschlag nicht von seinem Dienstherren erhält, einen familienrechtlichen Ausgleichsanspruch gegen den Empfänger des Zuschlags.

In der Familiensache
...
hat der 4. Zivilsenat - 1. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg auf die mündliche Verhandlung vom 23.11.2011 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ...
beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts Oldenburg, Familiengericht, vom 02. Mai 2011 geändert und

  1. 1.

    die Antragstellerin verpflichtet, dem Antragsteller 95,13 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.01.2011 zu zahlen,

  2. 2.

    festgestellt, dass die Antragsgegnerin verpflichtet ist, dem Antragsteller jährlich, beginnend mit dem Jahr 2010, die Hälfte des Nettobetrages der ihr vom Land Niedersachsen gezahlten FZ-Kind-Bestandteile ihrer Dienstbezüge sowie der mit den Dienstbezügen für Dezember eines jeden Jahres ausbezahlten kindbezogenen Sonderzahlungen für die 3 Töchter A..., geboren am ...1993, J..., geboren am ....1995, und I..., geboren am ...1997, auszukehren, endend mit dem Monat des Eintritts der Volljährigkeit des jeweiligen Kindes,

  3. 3.

    die Antragsgegnerin verpflichtet, dem Antragsteller 229,55 € außergerichtliche Anwaltskosten zu zahlen.

Die Anschlussbeschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

1

I.

Der Antragsteller ist Richter im Dienste des Landes Niedersachsen, die Antragsgegnerin Beamtin des Landes Niedersachsen. Die Parteien sind geschieden und Eltern dreier Kinder, für welche die Antragsgegnerin mit ihrem Gehalt den Familienzuschlag erhält. Betreuungsunterhalt schuldet der Antragsteller der Antragsgegnerin nicht mehr.

2

Der Antragsteller meint, er habe gegen die Antragsgegnerin einen familienrechtlichen Ausgleichsanspruch auf hälftige Auskehrung des kinderbezogenen Familienzuschlages, der ihr mit ihrem Gehalt monatlich und einmal jährlich als Sonderzahlung ausgezahlt werde.

3

Das Amtsgericht hat das Begehren mit dem angefochtenen Teilbeschluss, auf den Bezug genommen wird, zurückgewiesen.

4

Dagegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers.

5

Er beantragt,

den Teilbeschluss des Amtsgerichts Oldenburg vom 02.05.2011 zu ändern und zu entscheiden wie erkannt.

6

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen und im Wege der Anschlussbeschwerde, den Antragsteller zu verpflichten, den Teil-Beschluss des AG Oldenburg vom 02.05.2011 zu Ziff. 2 aufzuheben und den Antragsteller durch gerichtliche Entscheidung zu verpflichten, an die Antragsgegnerin 229,55€ außergerichtliche Anwaltskosten zzgl. 5 Prozentpunkten Zinsen seit Zustellung des Schriftsatzes vom 21.03.2011 an den Antragsteller zu zahlen,

7

hilfsweise

den Antragsteller zu verpflichten, die Antragsgegnerin von der Verpflichtung freizustellen, an ihre Verfahrensbevollmächtigten außergerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 229,55 € für deren vorgerichtliche Tätigkeit gegen den Antragsteller zu zahlen.

8

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Antragsteller hat einen entsprechenden Zahlungsanspruch und kann Feststellung begehren. Da die Antragsgegnerin unter dem 13.01.2011 alle Ansprüche durch ihren Verfahrensbevollmächtigten zurückgewiesen hat, kann der Antragsteller zudem Verzinsung seit dem 14.01. 2011 verlangen.

9

Der Senat teilt die Ansicht, dass es sich um einen familienrechtlichen Ausgleichsanspruch handelt, auch wenn in der Sache Ungleichgewichte ausgeglichen werden, die ihren Ursprung in Vorschriften des Verwaltungsrechts, nämlich in § 40 Abs. 5 BBesG haben, denn die Regelung in § 40 BBesG fußt auf der familienrechtlichen Eltern-/Kindbeziehung.

10

In der Sache kann der Antragsteller die hälftige Beteiligung an dem kindbezogenen Familienzuschlag verlangen. Die Regelung aus§ 40 Abs.5 BBesG weist zwar den gesamten kindbezogenen Familienzuschlag jenem Elternteil zu, dem das Kindergeld zusteht, was regelmäßig derjenige ist, in dessen Obhut die Kinder leben. Indessen geschieht diese Zuweisung aus Gründen der Zahlungsvereinfachung, nicht etwa weil diesem Elternteil der gesamte Zuschlag dauerhaft auch im Verhältnis zum anderen Elternteil zustehen sollte. Zwar ist anerkannt, dass es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, dass der Besoldungsgesetzgeber sich entschlossen hat, parallel zum Kindergeld dem betreuenden Elternteil den kindbezogenen Familienzuschlag zukommen zu lassen, um sicherzustellen, dass dieses Geld bei jenem Elternteil ankommt, der die Betreuung der Kinder gewährleistet (BVerfG DöD 2004, 207). Damit ist jedoch nichts darüber gesagt, wie dieser Gehaltsbestandteil im Verhältnis der Ehegatten zueinander zu berücksichtigen ist, insbesondere wenn der andere Elternteil seinen Unterhaltspflichten gegenüber den Kindern nachkommt.

11

Den Umstand, dass der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung zum Kindesunterhaltsgesetz (BT-Drucks 13/7338 S. 28 li Sp) ausführt, eine Anrechnung des kindbezogenen Anteils am Familienzuschlag auf den Kindesunterhaltsanspruch unterbleibe nur aus Gründen der Vereinfachung, weil andernfalls das erstrebte Regelungsziel nicht erreicht werde (denn der kindbezogene Familienzuschlag hängt anders als das Kindergeld bekanntermaßen von der individuellen Steuersituation ab und ist demgemäß von Person zu Person unterschiedlich) grundsätzlich stehe dem nicht-betreuenden Elternteil aber der entsprechende Anteil zu, versteht der Senat im o.g. Sinne, dass nämlich die besoldungsrechtliche Auszahlungsmodalität nichts über die dauerhafte Zuweisung des Familienzuschlags zwischen den Ehegatten besagt.

12

Deshalb schließt sich der Senat jenen Stimmen im Schrifttum an, die für diesen Fall, dass nämlich beide Eltern im öffentlichen Dienst stehen, ein Elternteil den erhöhten kindbezogenen Familienzuschlag erhält und dieses Ungleichgewicht nicht durch die Zahlung von (Betreuungs) Unterhalt zwischen den Elternteilen kompensiert wird, jener Ehegatte, der den Zuschlag nicht von seinem Dienstherren erhält, einen familienrechtlichen Ausgleichsanspruch gegen den Empfänger des Zuschlags hat (Dose in Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 8 Aufl., § 1 Rn.74; Schumacher / Grün FamRZ 1998, 778, 784 li Sp.). Es sind auch keine Billigkeitsgesichtspunkte ersichtlich, warum der entsprechende Anteil beim betreuenden Elternteil verbleiben sollte, soweit der barunterhaltspflichtige Elternteil seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber den Kindern nachkommt.

13

Soweit die Antragstellerin sich in diesem Zusammenhang für ihre Rechtsansicht auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 03.11.1982 (IVb ZR 322/81- [...]) beruft, übersieht sie, dass der Bundesgerichtshof über die Konstellation zu entscheiden hatte, ob der Familienzuschlag analog dem Kindergeld zwischen den Ehegatten auszugleichen ist, wenn nur einer von beiden im Öffentlichen Dienst beschäftigt ist. Einen solchen allgemeinen Ausgleich hat der Bundesgerichtshof unter Hinweis darauf, dass der Familienzuschlag nur mit Rücksicht auf das mit dem Empfänger bestehende Beamtenverhältnis geleistet werde, abgelehnt (a.a.O. [...] Rn.14). Diese Überlegung passt erkennbar nicht, wenn beide Eltern Beamte oder Richter sind.

14

Auch die im Übrigen angeführten Entscheidungen und Fundstellen betreffen entweder die Konstellation, dass nur ein Ehegatte im Beamtenverhältnis steht, oder die Frage, ob eine Anrechnung des Familienzuschlags auf den Kindesunterhalt in Frage kommt, was zu verneinen ist, aber nichts für die hier zu entscheidende Frage hergibt, ob ein Ausgleich außerhalb der Abwicklung des Kindesunterhalts stattzufinden hat.

15

Aus den genannten Gründen konnte die Anschlussbeschwerde keinen Erfolg haben.