Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 10.04.2019, Az.: 1 B 12/19
Cannabis; Cannabiskonsum; einmaliger Verstoß; Gebot der Trennung von Konsum und Fahren
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 10.04.2019
- Aktenzeichen
- 1 B 12/19
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2019, 70069
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 11 Abs 7 FeV
- § 14 Abs 2 S 3 FeV
- § 46 Abs 1 S 1 Fev
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Die Kammer hält an ihrer bisherigen Rechtsprechung fest, wonach einem Fahrerlaubnisinhaber, der gelegentlich Cannabis konsumiert, bereits bei erstmaligem Verstoß gegen das Gebot der Trennung von Cannabiskonsum und Fahren von Kraftfahrzeugen ohne weitere Aufklärungsmaßnahmen die Fahrerlaubnis entzogen werden kann.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis und die damit verbundene Aufforderung zur Abgabe seines Führerscheines.
Ihm wurde im Januar 2017 erstmals die Fahrerlaubnis auf Probe für die Klasse B erteilt. Bei einer Verkehrskontrolle des Antragstellers als Fahrzeugführer eines Personenkraftwagens am 29. September 2018 gegen 20.20 Uhr wurde ihm eine Blutprobe entnommen. Im Zuge einer Durchsuchung wurden im Handschuhfach des Fahrzeugs ein Glas sowie in einer auf der Rückbank des Fahrzeugs befindlichen Tasche zwei Klemmleistenbeutel und ein Zerkleinerer jeweils mit Substanzen festgestellt. Die Untersuchung der Blutprobe durch das Institut für Rechtsmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover vom 26. Oktober 2018 ergab einen THC-Wert von 17 ng/ml und eine THC-Carbonsäure-Wert von 81 ng/ml. Die Untersuchung der Asservate mit einen ESA-Schnelltest verlieft jeweils positiv auf Cannabis. In dem vom Antragsteller genehmigten Protokoll vom 18. Dezember 2016 über seine Vernehmung als Beschuldigter findet sich dessen Erklärung: „Ich habe den Beamten gegenüber offen eingestanden, dass ich am Vortag wohl einen Joint geraucht habe. Das tue ich hin und wieder.“
Bei einer weiteren Verkehrskontrolle des Antragstellers als Fahrzeugführer eines Personenkraftwagens am 11. November 2018 gegen 0.20 Uhr wurde ihm eine Blutprobe entnommen. Deren Untersuchung durch das Institut für Rechtsmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover vom 6. Dezember 2018 ergab einen THC-Wert von 0,7 ng/ml und eine THC-Carbonsäure-Wert von 2,2 ng/ml. Außerdem findet sich der Vermerk: „Entgegen dem Protokoll handelt es sich bei dem eingesendeten Material nicht um eine Serum-, sondern um eine Fluorid-Venüle.“
Der Antragsgegner entzog dem Antragsteller nach vorherigen Anhörung durch Bescheid vom 25. Februar 2019 die Fahrerlaubnis, ordnete die sofortige Vollziehung dieser Verfügung an, forderte ihn zur Abgabe seines Führerscheines innerhalb von 3 Tagen nach Zustellung auf. Zur Begründung führte er aus, dass die Kraftfahreignung des Antragstellers aufgrund des wiederholten und gelegentlichen Konsums von Cannabis nicht gegeben sei, wobei der Antragsteller das Führen von Kraftfahrzeugen und den Konsum von Drogen nicht sicher trennen könne, wie die Fahrt unter Drogen am 29. September 2018 mit 17 ng/ml THC belege.
Dagegen hat der Antragsteller am 15. März 2019 Klage erhoben und zugleich um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Er macht im Wesentlichen geltend, dass das gegen ihn wegen des Vorfalls vom 29. September 2018 eingeleitete Strafverfahren noch nicht abgeschlossen sei und deshalb die Sperrwirkung des § 3 Abs. 3 Straßenverkehrsgesetz eingreife. Weiter werde der angefochtene Bescheid damit begründet, dass er am 11. November 2018 (erneut) ein Fahrzeug unter Drogeneinfluss geführt habe. Die Auswertung der aus Anlass dieser Fahrt genommenen Blutprobe habe einen THC-Wert von lediglich 0,7 ng/ml ergeben. Aufgrund dieses THC-Wertes könne nicht angenommen werden, dass er zwischen dem Führen eines Kraftfahrzeuges und dem Konsum von Betäubungsmitteln nicht trennen könne. Im Übrigen dürfte die am 11. November 2018 genommene Blutprobe nicht verwertbar sein. Die Medizinische Hochschule Hannover habe insoweit auf Unregelmäßigkeiten hingewiesen, dass das Blut einer Fluorid-Venüle untersucht worden sei. Zudem sei festzustellen, dass der Entzug der Fahrerlaubnis bei einmaliger Teilnahme am Straßenverkehr unter Wirkung von Betäubungsmitteln in Widerspruch zu § 14 FeV stehe. Ferner sei seit dem Vorfall vom 29. September 2018, der der Sperrwirkung unterliege, ein Zeitraum von annähernd sechs Monaten vergangen, ohne dass es zu weiteren relevanten Zuwiderhandlungen gekommen sei. Daher sei der Entzug der Fahrerlaubnis unter besonderer Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nicht gerechtfertigt.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Abgabe des Führerscheins wiederherzustellen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung nimmt er auf seine Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid Bezug und hebt hervor, dass aufgrund der Fahrt unter Drogeneinfluss am 29. September 2018 der Antragsteller belegt habe, dass er den Konsum von Drogen und das Führen von Kraftfahrzeugen nicht sicher trennen könne. Da beim Antragsteller etwa sechs Wochen später erneut der Konsum von Drogen nachgewiesen worden sei, lägen Erkenntnisse vor, die auf einen gelegentlichen Konsum von Drogen hinwiesen. Dabei sei unerheblich, dass der THC-Wert beim zweiten Vorfall unter 1,0 ng/ml gelegen habe. Insoweit sei auch nicht erheblich, ob die Blutprobe mittels einer Fluorid-Venüle genommen worden sei. Eine Sperrwirkung nach § 3 Abs. 3 StVG bestehe nicht. Soweit der Antragsteller auf die Regelung in § 14 FeV verweise, sei hier - bei gelegentlichem Drogenkonsum - eine Begutachtung des Antragstellers (statt einer Entziehung der Fahrerlaubnis) nicht vorgesehen.
II.
Der zulässige Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die vom Antragsgegner verfügte Entziehung der Fahrerlaubnis und Abgabe des Führerscheins ist unbegründet.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung der Klage ganz oder teilweise wiederherstellen. Ist die sofortige Vollziehung von der Behörde den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügend angeordnet worden, so entscheidet das Gericht nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage auf der Grundlage einer eigenen Abwägung des Interesses des Antragstellers, von der Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes bis zur endgültigen Entscheidung über seine Rechtmäßigkeit verschont zu bleiben, gegen das besondere öffentliche Interesse an dessen sofortiger Vollziehung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.12.2014 - 7 VR 5.14 -, juris Rn. 9; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 10.9.2014 - 8 ME 87/14 -, juris Rn. 2). Im Rahmen der Interessenabwägung haben die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs eine entscheidende Bedeutung. Ergibt sich bei der im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber grundsätzlich auch ausreichenden (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 16.8.2017 - 13 ME 173/17 -, juris Rn. 4, vgl. auch Beschl. v. 24.1.2018 - 7 ME 110/17 -, juris Rn. 28) summarischen Überprüfung, dass der Rechtsbehelf in der Hauptsache keinen Erfolg haben wird, weil sich der angegriffene Verwaltungsakt als offensichtlich rechtmäßig erweist, so überwiegt regelmäßig das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts. Erweist sich der Rechtsbehelf bei summarischer Überprüfung demgegenüber als offensichtlich erfolgreich, überwiegt regelmäßig das Interesse des Adressaten des Verwaltungsaktes, von dessen Vollziehung vorerst verschont zu bleiben. Stellen sich die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs hingegen bei der allein gebotenen summarischen Überprüfung als offen dar, so ist eine Abwägung der widerstreitenden Interessen erforderlich, bei der in Rechnung zu stellen ist, welche Gründe bei bestehender Unsicherheit im Hinblick auf die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs für und gegen eine Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes sprechen (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 10.5.2010 - 13 ME 181/09 -, juris Rn. 4). Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die voraussichtliche Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes für sich allein nur das allgemeine Interesse an seiner Vollziehung begründet, nicht aber zugleich auch deren, für die behördliche Anordnung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO erforderliche Dringlichkeit (vgl. grundlegend BVerfG, Beschl. v. 27.4.2005 - 1 BvR 223/05 -, NVwZ 2005, 1303; Beschl. v. 18.7.1973, - 1 BvR 23/73 -, BVerfGE 35, 382, 402; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 10.9.2014, a.a.O.; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl., Rn. 757 f. m.w.N.).
Nach Maßgabe dessen ist der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage unbegründet.
Zunächst genügt die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung den sich aus § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ergebenden Anforderungen. Erforderlich für das Vorliegen einer hinreichenden schriftlichen Begründung im Sinne dieser Vorschrift ist eine auf den konkreten Einzelfall abstellende Darlegung des besonderen öffentlichen Interesses dafür, dass ausnahmsweise die sofortige Vollziehbarkeit notwendig ist und dass hinter dieses erhebliche öffentliche Interesse das Interesse des Betroffenen zurücktreten muss, zunächst von dem von ihm angegriffenen Verwaltungsakt verschont zu werden. Dem Begründungserfordernis ist nicht erst dann Genüge getan, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung tatsächlich vorliegt; ausreichend ist vielmehr – wie bei der Begründung eines Verwaltungsaktes nach § 39 Abs. 1 Satz 2 VwVfG –, dass die Behörde die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitteilt, die sie im konkreten Einzelfall zu der Annahme des Vorliegens eines besonderen Vollzugsinteresses und damit zur Anordnung der sofortigen Vollziehung bewogen haben. Da sich diese Begründung auf das besondere öffentliche Interesse an der Vollziehung zu beziehen hat, ist eine gesonderte Darstellung der diesem Interesse entgegenstehenden Interessen des von der sofortigen Vollziehung nachteilig Betroffenen keine Voraussetzung der formalen Ordnungsmäßigkeit der Begründung. In diesem Zusammenhang ist nicht entscheidungserheblich, ob bereits die von dem Antragsgegner getroffene Entscheidung über den Sofortvollzug auf einer auch inhaltlich tragfähigen, materiell ausreichenden Abwägung beruhte (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 7.3.2017 - 12 ME 12/17 -, n.v.). Die Begründung des Antragsgegners für die Anordnung der sofortigen Vollziehung genügt diesen Anforderungen. Der Antragsgegner begründete seine Anordnung der sofortigen Vollziehung hinreichend, indem er die Notwendigkeit der sofortigen Vollziehbarkeit seiner Verfügung auf die mit einer weiteren Teilnahme des als Kraftfahrer ungeeigneten Antragstellers am Straßenverkehr einhergehende erhebliche Gefährdung der Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer stützte.
Die Abwägung des Interesses des Antragstellers, von der Vollziehung der Fahrerlaubnisentziehung bis zur endgültigen Entscheidung über ihre Rechtmäßigkeit verschont zu bleiben, gegen das besondere öffentliche Interesse an dessen sofortiger Vollziehung fällt zu Ungunsten des Antragstellers aus. Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage wird die Klage des Antragstellers gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis voraussichtlich keinen Erfolg haben, weil diese Verfügung rechtmäßig ist.
Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis ist § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) in Verbindung mit § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV -). Danach ist die Fahrerlaubnis zwingend zu entziehen, wenn sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Ungeeignet ist gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere derjenige, bei dem Erkrankungen oder Mängel nach der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Nach Ziffer 9.2.1 der Anlage 4 FeV ist die Fahreignung bei einer regelmäßigen Einnahme von Cannabis im Regelfall (vgl. Vorbemerkung Nr. 3 der Anlage 4 FeV sowie BVerwG, Urt. v. 26.2.2009 - 3 C 1.08 -, juris Rn. 20) nicht gegeben, bei gelegentlicher Einnahme ist sie nach Ziffer 9.2.2 der Anlage 4 FeV nur dann gegeben, sofern Konsum und Fahren getrennt werden und kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen, keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust vorliegen. Nach diesen Maßgaben war dem Antragsteller die Fahrerlaubnis zu entziehen, weil er sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen im Sinne der Ziffer 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV erwiesen hat. Denn der Antragsteller konsumierte gelegentlich Cannabis und vermochte nicht sicher zwischen dem Konsum dieser Droge und dem Fahren von Kraftfahrzeugen zu trennen.
Eine “gelegentliche“ Einnahme von Cannabis im Sinne der Ziffer 9.2.2 der Anlage 4 FeV ist bereits bei zwei selbständigen Konsumvorgängen anzunehmen, wenn sie einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.10.2014 - 3 C 3.13 -, juris Rn. 20; Bayerischer VGH, Urt. v. 10.4.2018 - 11 BV 18.259 -, juris Rn. 20; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 15.3.2017 - 16 A 432/16 -, juris Rn. 32; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 7.6.2012 - 12 ME 31/12 -, juris Rn. 6, und Beschl. v. 4.12.2008 - 12 ME 298/08 -, juris Rn. 10). Dies war hier mit den Einnahmen von Cannabis im Vorfeld der Fahrten am 29. September 2018 und 11. November 2018 der Fall. Dies folgt für die Kammer aus den Untersuchungsberichten des Instituts für Rechtsmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover vom 26. Oktober 2018 und 6. Dezember 2018, wonach in dem am 29. September 2018 entnommenen Venenblut des Antragstellers 17 ng/ml THC und in der am 11. November 2018 vom Antragsteller genommenen Blutprobe von THC-Wert von 0,7 ng/ml festgestellt wurden. Dass die Blutprobe vom 11. November 2018 in einer Fluorid-Venüle genommen wurde, stellt nicht den Beweiswert für einen Cannabis-Konsum am Vortag als solchen infrage. Denn es ist davon auszugehen, dass zum Nachweis von sonstigen berauschenden Mittels neben Alkohol eine Venüle mit Natriumfluorid zu verwenden ist (vgl. Nr. 4.5.1 des Gem. RdErl. zur Feststellung von Alkohol und anderen berauschenden Mitteln bei Straftaten und Ordnungswidrigkeiten des Landes Nordrhein-Westfalen vom 27.4.2015, MBl. NRW 2015, S. 311). Die beiden Konsumvorgänge weisen auch den erforderlichen zeitlichen Zusammenhang auf, liegen sie nur etwa sechs Wochen auseinander.
Unabhängig davon räumte der Antragsteller in seiner polizeilichen Vernehmung am 18. Dezember 2018 nach vorheriger Belehrung ein, dass er „hin und wieder“ und damit gelegentlich einen Joint geraucht hatte (Seite 2 des Protokolls, Bl. 39 der Beiakte). Die Richtigkeit dieser Aussage wird dadurch gestützt, dass am 29. September 2018 im Fahrzeug des Antragstellers ein Glas, zwei Klemmleistenbeutel und ein Zerkleinerer jeweils mit Resten von Haschisch bzw. Marihuana vorgefunden wurden.
Entgegen dem Vorbringen des Antragstellers durfte der Antragsgegner in dem für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheids diese Sachverhalte bei seiner Entscheidung berücksichtigen. Gegenteiliges kann aus § 3 Abs. 3 Satz 1 StVG nicht hergeleitet werden. Nach dieser Vorschrift darf die Fahrerlaubnisbehörde einen Sachverhalt, der Gegenstand eines Strafverfahrens ist, in dem die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB in Betracht kommt, in einem Entziehungsverfahren nicht berücksichtigten, solange gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis dieses Strafverfahren anhängig ist. Eine Entziehung der Fahrerlaubnis kommt nach § 69 Abs. 1 StGB allein in den Fällen eines Vergehens der Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c StGB), des verbotenen Kraftfahrzeugrennens (§ 315d StGB), der Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB), des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142 StGB) oder des Vollrausches (§ 323a StGB) in Betracht. Hier hat die Staatsanwaltschaft Lüneburg das gegen den Antragsteller gerichtete Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts einer Straftat nach § 316 StGB durch Verfügung vom 22. Januar 2019 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt und den Vorgang an die zuständige Bußgeldstelle abgegeben (Bl. 51 der Beiakte). Hinsichtlich des Vorgangs am 11. November 2018 war ein Strafverfahren aufgrund des beim Antragsteller an diesem Tag festgestellten zu geringen THC-Wertes nicht anhängig.
Der Antragsteller zeigte zudem, dass er den Konsum von Cannabis und das Fahren von Kraftfahrzeugen nicht sicher zu trennen vermochte. Denn er führte am 29. September 2018 unter erheblichem Einfluss von Cannabis ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr.
Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht geht mit dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Urt. v. 23.10.2014 - 3 C 3.13 -, juris Rn. 32 und 36) davon aus, dass eine ausreichende Trennung, die eine gelegentliche Einnahme von Cannabis im Hinblick auf die Verkehrssicherheit noch als hinnehmbar erscheinen lässt, nur dann vorliegt, wenn der Betroffene – anders als hier – Konsum und Fahren in jedem Fall in einer Weise trennt, dass durch eine vorangegangene Einnahme von Cannabis eine Beeinträchtigung seiner verkehrsrelevanten Eigenschaften unter keinen Umständen eintreten kann (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 7.4.2017 - 12 ME 49/17 -, juris Rn. 7; vgl. auch OVG Bremen, Urt. v. 30.4.2018 - 2 B 75/18 -, juris Rn. 16 f.). Aufgrund der Höhe des bei dem Antragsteller festgestellten THC-Wertes ist von einem zeitnahen Cannabiskonsum vor dem Antritt der Fahrt am 29. September 2018 mit einer entsprechenden Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit auszugehen. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts kann bereits bei THC-Werten, die den Wert von 1 ng/ml übersteigen, auf einen zeitnahen Cannabiskonsum mit einer entsprechenden Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit und einem mangelnden Vermögen zur Trennung des Cannabiskonsums vom Führen eines Kraftfahrzeuges geschlossen werden, ohne dass es auf die Feststellung konkreter Ausfallerscheinungen ankommt (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 11.9.2008 - 12 ME 227/08 -, juris Rn. 5; vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 31.8.2018 - 3 M 290/18 -, juris Rn. 6; OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 27.6.2018 - 4 MB 45/18 -, juris Rn. 6; Hamburgisches OVG, Beschl. v. 15.11.2017 - 4 Bs 180/17 -, Rn. 23; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 4.12.2017 - 16 B 390/17 -, juris Rn. 3). Dies rechtfertigt nach der Ziffer 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV die Annahme der fehlenden Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 11.9.2008 - 12 ME 227/08 -, juris Rn. 5; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 23.10.2014, a.a.O., Rn. 41 m.w.N.). Personen, die gelegentlich Cannabis einnehmen und zwischen dessen Konsum und dem Fahren von Kraftfahrzeugen nicht trennen, sind nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV in der Regel ohne Weiteres, insbesondere ohne vorherige medizinisch-psychologische Untersuchung auf ihr Trennungsvermögen, als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen, selbst wenn nur eine einzelne Fahrt unter Cannabiseinfluss feststeht (Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 7.4.2017 - 12 ME 49/17 -, juris Rn. 7; vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 31.8.2018 - 3 M 290/18 -, juris Rn. 7).
Soweit der Antragsteller geltend macht, bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten die Fahrerlaubnis könne nicht schon nach einer erstmaligen Fahrt mit einem Kraftfahrzeug unter der Wirkung von Cannabis auf Grundlage des § 11 Abs. 7 FeV ohne weitere Aufklärungsmaßnahme von der Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgegangen werden, und sich insoweit auf die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (Urt. v. 25.4.2017 - 11 BV 17.33 -, DAR 2017, 417) beruft, folgt die Kammer dieser Auffassung nicht. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung der Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (Beschl. v. 7.4.2017 - 12 ME 49/17 -, juris Rn. 7), des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (Beschl. v. 7.3.2017 - 10 S 328/17, juris Rn. 4), des OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 28.6.2017 - OVG 1 S 27.17 -, juris Rn. 10); des OVG Bremen, Beschl. v. 30.4.2018 - 2 B 75/18, juris Rn. 17); des Oberverwaltungsgerichts Hamburg - Beschl. v. 15.11.2017 - 4 Bs 180/17 -, juris Rn. 23; des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (Beschl. v. 21.9.2017 - 2 D 1471/17 -, juris Rn. 12); des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (Urt. v. 15.3.2017 - 16 A 432/16 -, juris Rn. 143 ff.), des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (Beschl. v. 1.3.2018 - 10 B 10060/18 -, juris Rn. 9); des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts (Beschl. v. 26.1.2018 - 3 B 384/17 -, juris Rn. 7; des OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 31.8.2018 - 3 M 290/18, juris Rn. 7 und des Oberverwaltungsgerichts Schleswig-Holstein (Beschl. v. 27.6.2018 - 4 MB 45/18 -, juris Rn. 5) und hält an ihrer Rechtsprechung fest.
Besondere Umstände, die es – abweichend vom Regelfall der Ziffer 9.2.2 der Anlage 4 FeV – ausnahmsweise gerechtfertigt erscheinen ließen, von einer fortbestehenden Fahreignung des Antragstellers auszugehen (vgl. dazu auch Vorbemerkung Nr. 3 zur Anlage 4 zur FeV; BVerwG, Urt. v. 26.2.2009 - 3 C 1.08 -, juris Rn. 20; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 30.6.2009 - 12 ME 112/09 -, juris Rn. 9) liegen hier nicht vor. Vielmehr belegt die Fahrt vom 11. November 2018, dass die Polizeikontrolle vom 29. September 2018 nicht zu einem durchgreifenden Umdenken beim Antragsteller dahin führte, dass er seinen Konsum und das Fahren von Kraftfahrzeug in jedem Fall in einer Weise trennt, dass durch eine vorangegangene Einnahme von Cannabis eine Beeinträchtigung seiner verkehrsrelevanten Eigenschaften unter keinen Umständen eintreten kann.
Im Übrigen räumen § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV der Fahrerlaubnisbehörde kein Ermessen ein, ob die Fahrerlaubnis zu entziehen ist oder nicht, sondern sehen dies als zwingende Folge vor, wenn sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen hat. Vor diesem Hintergrund kommt es auch auf etwaige im Zusammenhang mit der Entziehung der Fahrerlaubnis befürchteten Nachteile, etwa im beruflichen Bereich, nicht an. Die (absehbaren) Folgen einer Fahrerlaubnisentziehung muss jeder Betroffene hinnehmen, wenn – wie hier – hinreichender Anlass zu der Annahme besteht, dass aus seiner aktiven Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr eine Gefahr für dessen Sicherheit resultiert (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 19.3.2004 - 1 M 2/04 -, juris Rn. 33; vgl. auch Hamburgisches OVG, Beschl. v. 15.11.2017 - 4 Bs 180/17 -, juris Rn. 30).
Die verfügte Abgabe des Führerscheines ist die nach § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG in Verbindung mit § 47 Abs. 1 FeV vorgesehene Folge der Entziehung der Fahrerlaubnis. Sie unterliegt keinen rechtlichen Bedenken.
Schließlich ist auch ein besonderes Vollzugsinteresse gegeben, das in der Wahrung der Sicherheit des Straßenverkehrs zu sehen ist. Die von einem – voraussichtlich zu Recht – als zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet angesehenen Fahrerlaubnisinhaber ausgehenden Gefahren für den Straßenverkehr sind zu groß, als dass sie im Interesse seiner erleichterten und erweiterten Teilnahme im Straßenverkehr vorläufig hingenommen werden könnten (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 23.12.2016 - 12 ME 186/16 -, juris Rn. 19). Auch unter dem Blickwinkel der Verhältnismäßigkeit der Auswirkungen der Anordnung der sofortigen Vollziehung auf den Antragsteller sind dessen Interessen nicht von höherem Gewicht. Denn angesichts der Gefahren für die Teilnehmer am öffentlichen Straßenverkehr, die von einem Kraftfahrer ausgehen, der sich – wie der Antragsteller – als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen hat, müssen solche privaten Belange zurückstehen (vgl. hierzu auch: Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 7.4.2017 - 12 ME 49/17 -, juris Rn. 9, und Beschl. v. 21.10.2011 - 12 ME 185/11 -, juris Rn. 9). Im Übrigen kann die sofortige Vollziehbarkeit des Fahrerlaubnisentzuges nur dann Wirksamkeit erlangen, wenn auch der Führerschein unmittelbar eingezogen wird. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass sich der Antragsteller - trotz bestehender, sofort vollziehbarer Entziehung der Fahrerlaubnis - unberechtigterweise als Fahrerlaubnisinhaber ausweisen könnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an Nr. 46.3 und Nr. 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichts-barkeit (NordÖR 2014, 11).