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Abschnitt 10 VV-ROG/NROG - RROP - Fragen der Planerhaltung (§ 11 ROG, § 7 NROG)

Bibliographie

Titel
Verwaltungsvorschriften zum ROG und NROG zur Genehmigung Regionaler Raumordnungsprogramme (RROP) und Ausübung der Rechtsaufsicht (VV-ROG/NROG - RROP)
Amtliche Abkürzung
VV-ROG/NROG - RROP
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
23100

Nicht jede Verletzung von Vorschriften bei der Aufstellung und -änderung eines RROP führt zu seiner Unwirksamkeit. Von der Rechtswirksamkeit eines Plans ist seine Rechtmäßigkeit zu unterscheiden. Die obere Landesplanungsbehörde ist bei der Prüfung und Genehmigung eines RROP verpflichtet, auch die Behebung von unbeachtlichen Fehlern zu verlangen. Im Rahmen der formellen und materiellen Prüfung eines RROP-Entwurfs erkannte Rechtsverstöße sind daher grundsätzlich von der für die Genehmigung zuständigen oberen Landesplanungsbehörde zu rügen, auch wenn sie im Zuge einer späteren gerichtlichen Normenkontrolle für den Bestand des RROP unbeachtlich bleiben würden. Regionalplanungsträger sind bei Bedarf darauf hinzuweisen, dass die Regelungen des § 11 ROG und § 7 NROG lediglich in dem Fall heranziehbar sind, wenn nach Abschluss des Genehmigungsverfahrens Fehler gerügt werden, z. B. im Rahmen einer gerichtlichen Überprüfung.

10.1
Beachtliche Fehler

Beachtliche Fehler in einem Raumordnungsplan führen zu dessen Unwirksamkeit und können nur durch ergänzendes Verfahren geheilt werden. Soweit für bestimmte beachtliche Fehler ausdrücklich ein "Unbeachtlich werden" gesetzlich geregelt ist, führen diese Fehler nur dann zur Unwirksamkeit des Raumordnungsplans, wenn sie innerhalb eines Jahres schriftlich geltend gemacht werden und bei der Bekanntmachung ein Hinweis auf diese fristgebundene Rügemöglichkeit erfolgt ist. Ein unterlassener oder fehlerhafter Hinweis verhindert den Beginn der Rügefrist, sodass Verfahrens- oder Formfehler unbefristet geltend gemacht werden können; die allgemeinen Grenzen einer Verwirkung bleiben unberührt. Zur Rüge ist jedermann berechtigt; pauschale Rügen ohne die Benennung konkreter Anknüpfungspunkte reichen nicht aus.

Als derart befristet beachtliche Fehler benennen § 11 Abs. 1 und Abs. 4 ROG und § 7 NROG Regelungen über die Verfahrens- oder Formvorschriften wie

  • Fehler bei der Auswahl der zu beteiligenden Behörden,

  • bei Verfahrensabläufen in der Umweltprüfung (z. B. unterbliebenes Screening oder Scoping),

  • bei der Auslegung von Planunterlagen,

  • unzulässige Fristverkürzungen,

  • unterbliebene erneute Beteiligung bei Planänderungen oder

  • Fehler im Zusammenhang mit der Erörterung oder bei der Begründung eines Raumordnungsplans,

ohne dass es dabei um planerische Inhalte oder um die Abwägung geht.

Fehler im Zusammenhang mit den allgemeinen Planungsabsichten sind nur insofern beachtlich, wie sie die in § 9 Abs. 1 ROG genannten bundesrechtlichen Erfordernisse nicht einhalten, also überhaupt keine frühzeitige Unterrichtung der Öffentlichkeit und der berührten öffentlichen Stellen stattfindet oder keine Aufforderung zur Stellungnahme an die öffentlichen Stellen zu den in § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 ROG genannten Aspekten ergeht. Andere Fehler im Zusammenhang mit allgemeinen Planungsabsichten, die lediglich das NROG berühren würden (beispielsweise eine fehlerhafte Bekanntmachung) sind weiterhin nach § 7 Abs. 2 NROG unbeachtlich.

Fehler im Zusammenhang mit der Bekanntmachung der Genehmigung des RROP sowie Fehler bei der Auslegung, bei der Ausfertigung oder bei einem erforderlichen Beitrittsbeschluss sind dauerhaft beachtlich. Ebenso dauerhaft beachtlich ist die Verletzung der Vorgabe, dass Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan des Landes zu entwickeln sind, wenn hierbei die sich aus dem LROP ergebende geordnete Entwicklung beeinträchtigt worden ist (§ 11 Abs. 2 Nr. 1 ROG).

Bei Fehlern in Bezug auf die Abwägung ist zwischen Fehlern im Abwägungsvorgang und Fehlern im Abwägungsergebnis zu unterscheiden. Während Fehler im Abwägungsvorgang unter bestimmten Voraussetzungen unbeachtlich sein können (Nummer 10.2), sind die einer Rechtskontrolle unterliegenden Fehler im Abwägungsergebnis dauerhaft beachtlich.

10.2
Unbeachtliche Fehler

Fehler nach § 11 Abs. 1, 2 und 4 ROG und § 7 NROG, die von vornherein unbeachtlich sind, führen niemals zur Unwirksamkeit des Raumordnungsplans; sie bedürfen weder einer Rüge noch einer Heilung. Die obere Landesplanungsbehörde ist bei der Prüfung und Genehmigung eines RROP verpflichtet, auch die Behebung von unbeachtlichen Fehlern zu verlangen.

Unbeachtlich sind Verfahrensfehler im Zusammenhang mit der Beteiligung, wenn einzelne Stellen nicht beteiligt wurden, ihre entscheidungserheblichen Belange aber gleichwohl berücksichtigt wurden.

Unbeachtlich ist die Unvollständigkeit der Begründung eines Raumordnungsplans. Unvollständigkeit liegt vor, wenn sich aus der Begründung nicht für alle Festlegungen die maßgeblichen Erwägungen entnehmen lassen. Fehlt die Begründung hingegen vollständig oder ist sie nur floskelhaft, ist der Fehler beachtlich und kann nur nach Ablauf der Jahresfrist unbeachtlich werden (§ 11 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 ROG).

Von der Unbeachtlichkeit ausgenommen ist der Teil der Begründung, der sich auf die Umweltprüfung bezieht. Der Begründung des Raumordnungsplans ist gemäß § 10 Abs. 3 ROG eine zusammenfassende Erklärung beizufügen, die Angaben darüber enthalten muss, wie Umwelterwägungen in die Planung einbezogen wurden, wie der Umweltbericht, die im Beteiligungsverfahren abgegebenen Stellungnahmen und die Konsultationen berücksichtigt wurden und welche Gründe nach Abwägung mit den zu prüfenden anderweitigen Planungsmöglichkeiten für die Festlegungen des Raumordnungsplans entscheidungserheblich waren. Enthält die zusammenfassende Erklärung diesbezüglich Lücken, sind diese Fehler beachtlich und können nur nach Ablauf der Jahresfrist unbeachtlich werden (§ 11 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 ROG).

Unbeachtlich sind Abwägungsmängel (siehe Nummer 5), die weder offensichtlich noch auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind.

Offensichtlichkeit ist nur gegeben, wenn konkrete Umstände eindeutig und aus Akten oder Unterlagen heraus offen erkennbar auf unzutreffende Erwägungen hindeuten. Ein vollständiger Abwägungsausfall ist immer beachtlich.

Ursächlichen Einfluss hat ein Mangel auf das Abwägungsergebnis immer dann, wenn aus den Planungsunterlagen oder anderen Umständen hergeleitet werden kann, dass sich ohne den Mangel im Abwägungsvorgang auch ein anderes Abwägungsergebnis konkret angeboten hätte. Der Beweis einer definitiv anderen Abwägung ist nicht zu führen; ebenso wenig reicht die bloße abstrakte Möglichkeit einer irgendwie anderen Planung aus.

10.3
Unbeachtlichwerden von Fehlern (§ 11 Abs. 5 ROG, § 7 NROG)

Werden

  1. a)

    beachtliche Verfahrens- und Formfehler nach § 11 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 ROG (§ 11 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 ROG),

  2. b)

    beachtliche Mängel des Abwägungsvorgangs (Mängel sind offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss, § 11 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 ROG; beachtliche Fehler im Abwägungsergebnis können hingegen niemals unbeachtlich werden),

  3. c)

    beachtliche Verletzung der Vorschriften über die Umweltprüfung (wesentliche Unvollständigkeit des Umweltberichts und der zusammenfassenden Erklärung oder fehlerhaftes Screening i. S. des § 11 Abs. 4, § 11 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 ROG),

  4. d)

    beachtliche Verfahrens- oder Formfehler nach § 7 Abs. 1 Satz 1 NROG

nicht form- und fristgerecht gerügt, werden sie nach Ablauf eines Jahres unbeachtlich, d. h. der Raumordnungsplan ist mit Fristablauf endgültig wirksam. Die Unbeachtlichkeit tritt auch ein, wenn die Rüge nicht gegenüber der in § 7 NROG benannten zuständigen Stelle geltend gemacht wurde.

Eine Unbeachtlichkeit kann nicht eintreten, wenn die Bekanntmachungsvorgaben nach § 11 Abs. 5 Satz 2 ROG und § 7 Abs. 1 Satz 3 NROG nicht eingehalten wurden.

10.4
Ergänzendes Verfahren zur Behebung von Mängeln (§ 11 Abs. 6 ROG)

Nach § 11 Abs. 6 ROG kann zur Behebung beachtlicher Fehler ein ergänzendes Verfahren durchgeführt werden. Bis zum Abschluss des ergänzenden Verfahrens ist der Raumordnungsplan schwebend unwirksam. Im ergänzenden Verfahren sind sämtliche Verfahrensschritte ab dem Zeitpunkt zu wiederholen, zu dem der Fehler aufgetreten ist. Ein rückwirkendes Inkraftsetzen des Raumordnungsplans ist zulässig.

Die umfassenden Regeln zur Planerhaltung gelten auch für RROP, die vor dem 29. 11. 2017 in Kraft getreten sind (§ 27 Abs. 2 ROG).