Versionsverlauf

Pflichtfeld

Abschnitt 1 VV-ROG/NROG - RROP - Rechtsaufsicht durch obere Landesplanungsbehörden

Bibliographie

Titel
Verwaltungsvorschriften zum ROG und NROG zur Genehmigung Regionaler Raumordnungsprogramme (RROP) und Ausübung der Rechtsaufsicht (VV-ROG/NROG - RROP)
Amtliche Abkürzung
VV-ROG/NROG - RROP
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
23100

1.1
Grenzen des Prüfauftrags in Genehmigungsverfahren nach § 5 Abs. 5 NROG

RROP, die von den Trägern der Regionalplanung im eigenen Wirkungskreis als Satzungen aufzustellen oder zu ändern sind (Regionalplanungspflicht, § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und § 7 Abs. 7 ROG, § 5 Abs. 1 Satz 1 und § 6 Abs. 1 NROG), sind vor Genehmigung durch das zuständige Amt für regionale Landesentwicklung als obere Landesplanungsbehörde auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen. Die Aufsicht des Landes beschränkt sich auf eine Rechtmäßigkeitskontrolle in formeller und materieller Hinsicht. Sie erstreckt sich nicht auf eine fachliche Bewertung oder Zweckmäßigkeitskontrolle.

Zum Prüfungsumfang der oberen Landesplanungsbehörde gehören in formeller Hinsicht die ordnungsgemäße Durchführung der vorgeschriebenen Verfahrensschritte sowie die Einhaltung der Formerfordernisse einschließlich der Bekanntmachungsvorgaben (siehe Nummern 2 und 3). In materieller Hinsicht umfasst die Rechtskontrolle insbesondere die Einhaltung von Mindestinhalten und Grenzen regionalplanerischer Festlegungen, die Umsetzung von Festlegungsaufträgen aus dem Landes-Raumordnungsprogramm Niedersachsen (LROP), die Vereinbarkeit regionalplanerischer Festlegungen mit höherrangigem Recht sowie die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Abwägung (zum Prüfumfang und zu Abwägungsfehlern siehe Nummern 4 und 5).

Auf Rechtsfehler, die einer Genehmigung entgegenstehen würden, sind die Regionalplanungsträger frühzeitig in geeigneter Art und Weise hinzuweisen.

1.2
Einhaltung gesetzlicher Planungsverpflichtungen und Rahmenbedingungen

1.2.1
Teilplanverbot (§ 5 Abs. 1 Satz 2 NROG)

Bei Aufstellung eines RROP ist der gesamte Planungsraum zu beplanen; räumliche oder sachliche Teilprogramme sind unzulässig. Soll ein bestehendes RROP insgesamt durch ein neues RROP abgelöst werden, darf sich das Aufstellungsverfahren nicht nur i. S. eines Teilplans auf die anders als bisher gefassten Teile beschränken. Auch zeichnerische oder textliche Festlegungen, die mit Festlegungen des bisherigen RROP wortgleich übereinstimmen, müssen im RROP-Entwurf enthalten sein.

Die Möglichkeit, ein bestehendes RROP im Änderungsverfahren bedarfsgerecht in Teilen fortzuschreiben, bleibt hiervon unberührt (§ 6 Abs. 1 Satz 2 NROG). Eine Änderung liegt vor, wenn lediglich ein Teil der Festlegungen des RROP geändert, neu gefasst oder aufgehoben wird oder weitere Festlegungen ergänzend eingefügt werden.

Die Einhaltung des Teilplanverbots ist auch zu prüfen, wenn der Träger der Regionalplanung im Rahmen der Aufstellung seines RROP bestimmte räumliche oder sachliche Festlegungen zurückstellt und nicht zur Genehmigung vorlegt, oder wenn im Genehmigungsverfahren ein Fall des § 5 Abs. 5 Satz 2 NROG vorliegt (siehe Nummer 6.3.2).

Wurden infolge einer gerichtlichen Überprüfung grundlegende Teile eines RROP für unwirksam erklärt, muss zeitnah wieder ein sachlich und räumlich vollständiger Gesamtplan für den Regionalplanungsraum geschaffen werden. Grundlegende Teile eines RROP sind jedenfalls solche, die auf einem ausdrücklich im LROP verankerten Festlegungsauftrag nach § 4 Abs. 1 Satz 1 NROG beruhen oder die aus Sicht des Regionalplanungsträgers für eine geordnete Steuerung der Raumentwicklung im Planungsraum unverzichtbar sind. Über eine gerichtliche Aufhebung regionalplanerischer Festlegungen sind die oberen Landesplanungsbehörden gemäß § 16 Abs. 3 NROG von den unteren Landesplanungsbehörden oder anderen öffentlichen Stellen (z. B. wenn im Zuge einer gerichtlichen Anfechtung von Genehmigungsbescheiden, Bauleitplänen o. a. inzident Festlegungen eines RROP überprüft werden) unverzüglich zu informieren.

1.2.2
Pflicht zur Anpassung von RROP an das LROP (§ 5 Abs. 3 Satz 3 NROG)

Die oberen Landesplanungsbehörden sollen frühzeitig auf die Einhaltung des gesetzlichen Anpassungsgebotes nach § 5 Abs. 3 Satz 3 NROG hinwirken. Danach sind RROP unverzüglich - d. h. ohne schuldhaftes Verzögern durch den Regionalplanungsträger - an Änderungen oder eine Neuaufstellung des LROP anzupassen. Das Anpassungsgebot erstreckt sich auf

  1. a)

    die Änderung von RROP-Regelungen, die inhaltlich im Widerspruch zum LROP stehen,

  2. b)

    die Umsetzung neuer LROP-Festlegungen im RROP, soweit hierfür im LROP gemäß § 4 Abs. 1 NROG für die Regionalplanung ein ausdrücklicher Handlungsauftrag normiert wurde, sowie

  3. c)

    die Anpassung des RROP an verbindliche, formale Erfordernisse nach Anlage 3 der Verordnung über das Landes-Raumordnungsprogramm Niedersachsen (z. B. Gliederung, Planzeichen).

Das NROG sieht keine Möglichkeit zur Gestattung einer Ausnahme vom Anpassungsgebot vor.

§ 5 Abs. 3 Satz 3 NROG, der ein unverzügliches Tätigwerden des Regionalplanungsträgers fordert, hat als Spezialregelung Vorrang vor der allgemeinen Regelung des § 5 Abs. 7 NROG zu einer turnusmäßigen Gesamtüberprüfung des RROP auf Aktualität mindestens alle zehn Jahre (siehe Nummer 9). Trifft das LROP neue Festlegungen, sind die Regionalplanungsträger daher dazu verpflichtet, umgehend zu prüfen, ob die Ziele und Grundsätze in ihrem RROP mit dem LROP noch im Einklang stehen oder ihm widersprechen. Notwendige Anpassungen an das LROP dürfen nicht ohne sachlichen Grund aufgeschoben und unnötig verzögert werden. Insbesondere darf die Anpassung eines RROP an erfolgte Änderungen des LROP nicht generell bis zu einer "turnusmäßigen" Aktualisierung des RROP alle zehn Jahre aufgeschoben werden. Umgekehrt ist es zulässig, mit der anlassbezogenen Überprüfung eines RROP auf LROP-Konformität auch die weitergehende Gesamtüberprüfung des RROP nach § 5 Abs. 7 NROG zu verbinden und die turnusmäßige Überprüfung zeitlich vorzuziehen.

Ist ein RROP noch nicht vollumfänglich an das bestehende LROP angepasst und wurden innerhalb eines Jahres nach Wirksamwerden neuer LROP-Festlegungen noch keine Planungsabsichten zu erforderlichen RROP-Anpassungen bekannt gemacht, soll die obere Landesplanungsbehörde den zuständigen Regionalplanungsträger auf die Rechtslage hinweisen. Sie soll den Regionalplanungsträger auffordern, erforderliche Anpassungen ohne weitere Verzögerungen vorzunehmen und den aktuellen Vorbereitungsstand sowie etwaige Gründe für eine verzögerte Anpassung mitzuteilen. Sachliche Gründe für eine (schuldlose) Verzögerung der Umsetzung notwendiger Anpassungen des RROP an das LROP sind beispielsweise die zeitintensive Erarbeitung notwendiger Planungsgrundlagen oder umfassende Abstimmungsprozesse, nicht aber eine dauerhaft fehlende personelle Leistungsfähigkeit, soweit nicht besondere Umstände hinzutreten.

Wird in einem Verfahren zur Aufstellung oder Änderung eines RROP eine gemäß § 5 Abs. 3 Satz 3 NROG notwendige Anpassung an LROP-Festlegungen nicht aufgegriffen, hat die obere Landesplanungsbehörde frühzeitig die Gründe für die verzögerte Anpassung sowie den aktuellen Vorbereitungsstand zu prüfen. Der Normzweck des § 5 Abs. 3 Satz 3 NROG ist darauf ausgerichtet, dass die auf Landesebene festgelegten Ziele und Grundsätze der Raumordnung verzögerungsfrei auf regionaler Ebene umgesetzt werden, um negative Raumentwicklungen zu vermeiden. Ungerechtfertigte Anpassungslücken stehen einer Genehmigung daher entgegen.

Im Einzelfall kann sich während eines bereits eingeleiteten Aufstellungs- oder Änderungsverfahrens kurzfristig weiterer Anpassungsbedarf ergeben, z. B. wenn während eines bereits sehr weit fortgeschrittenen RROP-Verfahrens noch ein Verfahren zur Änderung des LROP zum Abschluss gebracht wird und dadurch neue Vorgaben des Landes zu beachten sind.

Ferner sind Fallkonstellationen denkbar, bei denen in einer Vielzahl von Regionalplanungsräumen durch Umbrüche in der Rechtsprechung bestehende RROP-Regelungen (insbesondere zur Umsetzung im LROP normierter Handlungsaufträge) aufgehoben werden oder als unwirksam zu qualifizieren sind und sie keine Steuerungswirkung mehr entfalten. Entstehen dadurch überraschend und weiträumig Anpassungsdefizite an das LROP, die für eine landesweite raumordnerische Steuerung wichtiger Raumnutzungen und -funktionen von besonderer Bedeutung sind, kann auch aus Landessicht ein erhebliches Interesse daran bestehen, diese Anpassungsdefizite schnellstmöglich zu beheben.

Sollte es in derartigen Fällen dem Träger der Regionalplanung nicht möglich sein, sämtliche Anpassungen gleichzeitig vorzunehmen, ohne den Verfahrensabschluss unverhältnismäßig lange aufzuschieben, hat die obere Landesplanungsbehörde zu prüfen, ob eine Gesamtanpassung ausnahmsweise in zwei unmittelbar aufeinander folgenden Verfahren ("Anpassung in zwei Geschwindigkeiten") vorgenommen werden darf. Die Zulassung der "Anpassung in zwei Geschwindigkeiten" setzt voraus, dass sich sämtliche anpassungsbedürftigen Teile des RROP im Verfahren befinden. Soweit noch nicht erfolgt, hat der Regionalplanungsträger zeitnah - spätestens vor Abschluss des laufenden Änderungsverfahrens - allgemeine Planungsabsichten für sämtliche anpassungsbedürftigen Teile des RROP bekannt zu machen und die Gesamtanpassung an das LROP unverzüglich weiter zu verfolgen.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass sich auf Landesebene keine unvertretbaren Folgen durch den länger andauernden Prozess zur Umsetzung von LROP-Festlegungen ergeben. Will die obere Landesplanungsbehörde eine "Anpassung in zwei Geschwindigkeiten" zulassen, ist hierzu das Einvernehmen der obersten Landesplanungsbehörde als zuständiger Stelle für die Aufstellung und eine landesweit einheitliche Umsetzung des LROP einzuholen. Hierdurch ist sicherzustellen, dass eine vom Regelfall abweichende Verfahrensgestaltung landesweit auf solche besonders begründeten Einzelfälle begrenzt bleibt, die der Regelungsintention des LROP nicht entgegenstehen. Die Steuerungseffekte der vorrangig bearbeiteten RROP-Teile müssen auch unter Aspekten der landesweiten Planung von so großer Bedeutung sein, dass ihr Nutzen die Nachteile einer im Übrigen verzögerten Anpassung weiterer RROP-Teile deutlich überwiegt.

Nur unter diesen Voraussetzungen besteht im Ausnahmefall die Möglichkeit, im Rahmen der erforderlichen Gesamtanpassung an das LROP räumliche oder sachliche Teile des RROP vorweg zu genehmigen (siehe Nummer 6.3.2.3).

Die oberen Landesplanungsbehörden haben die Träger der Regionalplanung im Rahmen von Beratungen und Stellungnahmen frühzeitig zu informieren, dass eine alleinige Anpassung der RROP an das LROP nicht mit einer Gesamtüberprüfung i. S. des § 5 Abs. 7 NROG gleichzusetzen ist und daher auch keine Rechtsfolgen für die Geltungsdauer des RROP hat (zur Ausübung der Rechtsaufsicht hinsichtlich Pflichten nach § 5 Abs. 7 NROG siehe Nummer 9).

1.2.3
Grenzen im Planungsbereich kreisfreier Städte

Sieht eine kreisfreie Stadt, die die Aufgabe der Regionalplanung nicht auf einen anderen Aufgabenträger übertragen hat, gemäß § 5 Abs. 2 NROG von der Aufstellung eines RROP ab und stellt lediglich einen Flächennutzungsplan auf, ist die obere Landesplanungsbehörde hierzu nicht als Genehmigungsbehörde i. S. des NROG tätig. Sie hat dann die Belange der Raumordnung und Landesplanung im Rahmen ihrer Beteiligung nach dem BauGB umfassend wahrzunehmen. Ihr obliegt nicht nur die Prüfung, ob die Planung der kreisfreien Stadt bestehenden Zielen des LROP widerspricht, sondern auch, ob im Rahmen der Bauleitplanung den Grundsätzen und sonstigen Erfordernissen der Raumordnung, einschließlich der in Aufstellung befindlichen Ziele des LROP, sowie überörtlichen Verflechtungen Rechnung getragen wird.

Stellt eine kreisfreie Stadt ein RROP auf, unterliegt dieses dem Genehmigungserfordernis nach § 5 Abs. 5 NROG und von der oberen Landesplanungsbehörde ist die Einhaltung sämtliche formellen und materiellen Anforderungen zu prüfen.

Bei etwaigen Beratungen zur Anwendung des § 5 Abs. 2 NROG ist die amtliche Gesetzesbegründung (LT-Drs. 16/4476) heranzuziehen.