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Abschnitt 4 VV-ROG/NROG - RROP - Überprüfung der inhaltlichen Anforderungen an Festlegungen in RROP

Bibliographie

Titel
Verwaltungsvorschriften zum ROG und NROG zur Genehmigung Regionaler Raumordnungsprogramme (RROP) und Ausübung der Rechtsaufsicht (VV-ROG/NROG - RROP)
Amtliche Abkürzung
VV-ROG/NROG - RROP
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
23100

Die notwendigen Kerninhalte von Raumordnungsplänen sind Festlegungen zur Siedlungs-, Freiraum- und Infrastruktur. Die in § 13 Abs. 5 ROG genannten Kerninhalte und Beispiele sind nicht abschließend, RROP können zusätzliche Inhalte aufnehmen. Ihre Festlegung in einem RROP erfolgt als Grundsätze der Raumordnung oder als Ziele der Raumordnung. Sowohl Grundsätze als auch Ziele der Raumordnung können textlich und/oder zeichnerisch dargestellt werden. Grundsätze und Ziele der Raumordnung unterscheiden sich wesentlich in ihrer Bindungswirkung. Bei der Genehmigung der RROP ist zu prüfen, ob das RROP eindeutig erkennen lässt, ob es sich bei einer Festlegung um einen Grundsatz oder ein Ziel der Raumordnung handelt; besondere Bedeutung hat dies bei der Übernahme von Aussagen aus raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen anderer Stellen in das RROP (näher dazu Nummern 4.1.1 und 4.1.2).

4.1
Inhalte von RROP

4.1.1
Übernahme und Konkretisierung der Ziele des LROP, Entwicklungs- und Anpassungsgebot (§ 13 Abs. 2 Satz 1 ROG, § 5 Abs. 3 NROG)

Nach § 13 Abs. 2 Satz 1 ROG sind die RROP aus dem LROP zu entwickeln. Diese Regelung wird durch § 5 Abs. 3 NROG dahingehend ergänzt, dass im RROP diejenigen Ziele der Raumordnung festzulegen sind, die durch das LROP dem RROP vorbehalten sind.

Im LROP festgelegte Ziele sind einer erneuten Abwägung auf Ebene der Regionalplanung entzogen. Sie können vom Regionalplanungsträger räumlich und sachlich bedarfsgerecht konkretisiert werden. Art und Umfang der näheren Festlegung hängen dabei von der jeweiligen fachlichen Zielaussage ab. Die nähere Konkretisierung bezieht sich sowohl auf textlich als auch zeichnerisch normierte Ziele. Die nähere Festlegung im RROP darf den Zielsetzungen des LROP nicht widersprechen.

Bei der Konkretisierung von im LROP festgelegten Vorranggebieten besteht aufgrund der bindenden Kopplung von räumlichen und sachlichen Vorgaben ein vergleichsweise geringer Ausgestaltungsspielraum, der lediglich auf den unterschiedlichen Maßstabsebenen von LROP und RROP oder auf im LROP enthaltenen Ausnahmeregelungen basiert.

Die nähere Festlegung zeichnerisch festgelegter Ziele umfasst sowohl die räumliche Entflechtung, als auch die räumliche Konkretisierung.

Die räumliche Entflechtung betrifft sich gegenseitig ausschließende Raumansprüche, die im LROP maßstabsbedingt oder aufgrund der Art des Planzeichens überlagernd dargestellt erscheinen (z. B. sich im Abgrenzungsbereich überlagernde flächenhafte Vorranggebiete oder die Überlagerung von flächenhaften Vorranggebieten mit linienhaften Vorranggebieten für Verkehrswege oder Leitungstrassen). Bei kleinräumiger Betrachtung überlagern sich diese Gebiete nicht, sodass eine Entflechtung möglich ist.

Die räumliche Konkretisierung betrifft die in der zeichnerischen Darstellung des LROP generalisiert vorgenommenen Festlegungen, wie z. B. eine konkretere Linienführung eines Verkehrsweges oder die räumlich genauere Abgrenzung eines Vorranggebietes. Bei der näheren Festlegung sowie bei ergänzenden Festlegungen muss der rahmensetzende, überörtliche Charakter raumordnerischer Aussagen gewahrt bleiben.

Die nähere Festlegung zeichnerisch festgelegter Ziele ist als Ergebnis einer planerischen Abwägung in der Begründung des RROP, beispielsweise im Kontext mit den korrespondierenden textlichen Regelungen, zu dokumentieren.

Der Träger der Regionalplanung kann auch rein textliche Ziele aus dem LROP wortgleich im RROP als eigene Ziele festlegen und sie mit weiterführenden regionalen Zielen und Grundsätzen konkretisieren. Der planerische Abwägungsspielraum beschränkt sich auf zusätzliche Erwägungen und bezieht sich in erster Linie auf die Bewertung des Mehrwertes, den eine zusätzliche wortgleiche Normierung auf Regionalplanungsebene hätte. Eine Festlegung als Ziel der Regionalplanung ohne eigene Abwägung wäre fehlerhaft.

Ziele und Grundsätze des LROP können alternativ wortgleich rein nachrichtlich ("inhaltlich ungeprüft") in ein RROP übernommen werden. Sie haben dann allein Hinweisfunktion ohne die Bindungswirkungen eines Ziels oder Grundsatzes der Regionalplanung. Nachrichtlich übernommene Ziele und Grundsätze des LROP unterliegen den Kennzeichnungspflichten nach § 7 Abs. 1 Satz 4 ROG und Anlage 3 der Verordnung über das Landes-Raumordnungsprogramm Niedersachsen und müssen zudem im RROP als nachrichtliche Übernahme erkennbar sein. Die rein nachrichtliche Übernahme von LROP-Festlegungen ist in aller Regel nur bei textlichen Zielen möglich, nicht aber bei zeichnerischen Zielen. Die Darstellung von zeichnerisch festgelegten LROP-Zielen in der RROP-Karte erfordert immer einen Maßstabswechsel von 1 : 500 000 zu 1 : 50 000. Mit diesem Maßstabswechsel ist zwangsläufig eine räumliche Konkretisierung und Befassung mit räumlichen Entflechtungen verbunden.

Soweit das LROP Regelungsaufträge nach § 4 Abs. 1 NROG für den regionalen Planungsraum enthält, ist deren vollständige Umsetzung durch den Träger der Regionalplanung Voraussetzung für die Genehmigung der Aufstellung oder Änderung des RROP. Ist ein Regelungsauftrag im LROP als Soll-Vorschrift ausgestaltet und sind die Träger der Regionalplanung Adressaten dieser Vorschrift, aber eine Umsetzung wird im RROP ausnahmsweise nicht vorgesehen, müssen die Gründe hierfür im Rahmen der Begründung des RROP oder begleitender Unterlagen für das RROP-Genehmigungsverfahren nachvollziehbar dargelegt werden. Gleiches gilt, wenn die LROP-Vorgabe an bestimmte Tatbestandsmerkmale gebunden ist und diese in einem Regionalplanungsraum nicht zutreffen; ist dies offenkundig, kann die Begründung entfallen. Sind Festlegungen nach § 4 Abs. 1 NROG im LROP als Kann-Vorschrift ausgestaltet, besteht keine Umsetzungspflicht, sondern eine Umsetzung liegt allein im Ermessen der Regionalplanungsträger.

Im Übrigen wird auf Nummer 1.2.2 verwiesen, wonach Defizite bei der Anpassung eines RROP an das LROP nach § 5 Abs. 3 Satz 3 NROG einer Genehmigung grundsätzlich entgegenstehen.

4.1.2
Übernahme von Aussagen aus anderen raumbedeutsamen Plänen und aus anderen Verfahren (§ 7 Abs. 4 ROG)

Über § 7 Abs. 4 ROG haben die Träger der Regionalplanung den Auftrag, erforderlichenfalls Aussagen aus raumbedeutsamen Plänen und anderen Verfahren in Raumordnungspläne zu integrieren. Bedeutsame Festlegungen sind beispielsweise

  1. a)

    Regelungen in Fachplänen nach Verkehrs-, Wasser- oder Immissionsschutzrecht,

  2. b)

    die raumbedeutsamen Erfordernisse und Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege z. B. in Landschaftsprogrammen, Landschaftsrahmenplänen und Landschaftsplänen aufgrund der Vorschriften des BNatSchG,

  3. c)

    die raumbedeutsamen Erfordernisse und Maßnahmen der forstlichen Rahmenpläne auf Grund der Vorschriften des Bundeswaldgesetzes,

  4. d)

    die raumbedeutsamen Erfordernisse und Maßnahmen der Abfallwirtschaftsplanung nach den Vorschriften des KrWG,

  5. e)

    die raumbedeutsamen Erfordernisse und Maßnahmen der Vorplanung nach den Vorschriften des GAK-Gesetzes,

  6. f)

    Darstellungen aus Flächennutzungsplänen.

Bedeutsam sind weiterhin die Ergebnisse aus Raumordnungsverfahren oder anderen Verfahren.

Der Träger der Regionalplanung kann unter Berücksichtigung von Ziffer 03 der Anlage 3 der Verordnung über das Landes-Raumordnungsprogramm Niedersachsen entscheiden, ob und wie fachplanerische Aussagen oder Verfahrensergebnisse in seinen Raumordnungsplan aufgenommen werden. Eine planerische Auseinandersetzung mit der "Soll"-Vorgabe des ROG ist erforderlich und in der Begründung zu dokumentieren (siehe Nummer 3.5).

Ergebnisse aus anderen Fachplanungen, aus Raumordnungsverfahren oder anderen Verfahren können in die RROP übernommen werden, indem sie als Ziele oder Grundsätze der Regionalplanung festgelegt werden (§ 7 Abs. 4 ROG). Nur durch diese (zusätzliche) Festlegung als Ziele oder als Grundsätze der Raumordnung erhalten fachliche Aussagen eine zusätzliche raumordnerische Bindungswirkung. Eine solche Übernahme fachlicher Festlegungen erfordert eine inhaltliche Befassung und Abwägung des Trägers der Regionalplanung mit den anderen bei Aufstellung des Raumordnungsplans zu berücksichtigenden Belangen, Planungen und Maßnahmen. Die planerische Abwägung umschließt dabei insbesondere die Frage, ob und aus welchen Gründen eine Aussage aus einem anderen Plan mit der ggf. weiterreichenden Bindungswirkung eines Ziels der Raumordnung ausgestattet werden soll. Dies ist bei der Genehmigung zu prüfen.

Wird eine Festlegung als Ziel der Raumordnung deklariert, obgleich sie lediglich ungeprüft aus einem anderen Plan übernommen wurde (z. B. reine Übernahme von Windenergieflächen aus der Bauleitplanung ohne eigenen regionalen Kriterienkatalog/Windenergiekonzept), leidet sie unter beachtlichen Abwägungsmängeln, die zur Unwirksamkeit dieses Teils des Raumordnungsplans führen. Eine "Umdeutung" eines fehlerhaften Ziels in einen Grundsatz oder in ein sonstiges Erfordernis der Raumordnung ist nicht zulässig.

Die ungeprüfte Übernahme von Inhalten eines anderen Plans sowie von Ergebnissen eines Raumordnungsverfahrens oder eines anderen Verfahrens muss daher eindeutig als rein nachrichtliche Übernahme erkennbar sein. Solche Aussagen haben jedoch allein Hinweisfunktion ohne die Bindungswirkungen eines Ziels oder Grundsatzes der Regionalplanung nach § 4 ROG.

4.1.3
Weitere regionalplanerische Festlegungen, Festlegungen aus Regionalen Entwicklungskonzepten, Leitbildaussagen

Sofern sie dem LROP nicht widersprechen, können darüber hinaus weitere Ziele und Grundsätze im RROP festgelegt werden (einschließlich Kategorien von Vorrang- und Vorbehalts-gebieten, die nicht im LROP genannt sind).

Inhalte regionaler Entwicklungskonzepte, die nach § 14 ROG auf freiwilliger Basis (formlos) aufgestellt wurden, können durch Integration in ein RROP Rechtswirksamkeit erlangen. Dazu müssen die entsprechenden Festlegungen Bestandteil des Entwurfs des RROP werden und ordnungsgemäß das Verfahren zur Aufstellung des RROP einschließlich Umweltprüfung durchlaufen. Soweit die Entwicklungsvorstellungen als Ziele oder Grundsätze der Raumordnung mit Bindungswirkung nach § 4 ROG festgelegt werden sollen, müssen sie den hierfür geltenden Anforderungen entsprechen (siehe Nummer 4.3) und unterliegen dabei einer erneuten Abwägung. Die alleinige Erwähnung eines Regionalen Entwicklungskonzeptes in der RROP-Begründung reicht nicht aus, um ihm die Bindungswirkungen von Zielen oder Grundsätzen der Raumordnung zu verleihen.

Gleiches gilt für Regionale Einzelhandelskonzepte, die Verbindlichkeit i. S. des Abschnitts 2.3 LROP haben sollen.

Werden in der o. a. Weise Bestandteile solcher Konzepte für grenzüberschreitende Räume zu anderen Bundesländern oder den Niederlanden in ein RROP integriert, können sich die entsprechenden Festlegungen nur auf den niedersächsischen Regionalplanungsbereich beziehen und nur in Niedersachsen Bindungswirkung entfalten.

Dem RROP können leitbildartige Aussagen zur räumlichen und strukturellen regionalen Entwicklung vorangestellt oder in anderer geeigneter Weise beigefügt werden. Diese haben keine Verbindlichkeit i. S. des ROG.

4.2
Grenzen regionalplanerischer Festlegungen

Die oberen Landesplanungsbehörden haben zu prüfen, ob (geplante) Festlegungen in RROP nicht über die raumordnerische Regelungskompetenz hinausgehen. Derartige Festlegungen in RROP sind nicht genehmigungsfähig.

RROP können über das Fachrecht hinausgehende Anforderungen (z. B. zugunsten des Wohnumfeldschutzes) normieren, dürfen aber Fachrecht nicht ersetzen, sondern sind auf den Regelungsauftrag der Raumordnung gemäß § 1 ROG beschränkt. Damit dürfen raumordnerische Festlegungen im RROP auch andere Regelungen treffen als bundesgesetzliches Fachrecht, dürfen jedoch nicht gegen gesetzliche Regelungen verstoßen und nicht im Widerspruch zu höherrangigem Raumordnungsrecht (insbesondere Vorgaben des LROP) stehen.

RROP können Festlegungen treffen, damit fachplanerische Vorhaben nicht später durch anderweitig eingetretene Entwicklungen unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden (Vorsorgeauftrag der Raumordnung). Durch eine Vorsorgefestlegung kann ein Fachplanungsträger oder Vorhabenträger nicht gebunden werden, die raumbedeutsame Planung oder Maßnahme auch tatsächlich zu realisieren. Ob eine Realisierung durch raumordnerischen Vertrag abgesichert werden kann oder soll, hat keine Auswirkung auf die Genehmigungsfähigkeit des RROP.

Nach § 5 Abs. 3 Satz 2 NROG dürfen regionale Grundsätze und Ziele für den Planungsraum den rahmensetzenden Charakter der Raumordnung nicht verletzen und müssen mit den Grundsätzen des § 2 ROG und § 2 NROG sowie den Grundsätzen und Zielen des LROP in Einklang stehen. Regionale Grundsätze und Ziele müssen in ihren Auswirkungen regional begrenzt sein und dürfen keine Regelungsinhalte haben, die auf Landes- oder Bundesebene zu regeln wären.

Regionale Ziele und Grundsätze dürfen nicht unzulässig in die kommunale Planungshoheit, insbesondere in die Bauleitplanung, eingreifen. Sie dürfen keine Regelungen über die Nutzung von Flächen i. S. der Bauleitplanung enthalten, die als Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft (ohne überörtlichen, regionalen Bezug) ebenso wirksam auf Ebene der Bauleitplanung getroffen werden können. Kleinteilige Festlegungen (z. B. in Bezug auf kleinflächige Boden- oder Naturdenkmale, einzelne Landschaftsbestandteile o. ä.) müssen durch überörtliche Bedeutung gerechtfertigt sein (z. B. Festlegungen, die der großräumigen ökologischen Vernetzung oder anderen überörtlichen Fachbelangen dienen).

§ 4 Abs. 1 NROG beinhaltet eine Ermächtigungsgrundlage, um im LROP ausdrückliche Regelungsaufträge in Bezug auf Festlegungen in RROP zu treffen. Eine vergleichbare Ermächtigungsgrundlage, die RROP erlaubt, ausdrückliche Regelungsaufträge an die Bauleitplanung zu richten, besteht hingegen nicht.

Detaillierte Bestimmungen zur technischen Gestaltung, Bauausführung oder zum sicheren Betrieb von Infrastruktureinrichtungen oder baulichen Anlagen obliegen ebenfalls nicht der Regionalplanung, sondern sind den maßgeblichen Zulassungsverfahren für die Errichtung und den Betrieb von Anlagen vorbehalten. Nicht durch den im ROG formulierten Auftrag der Regionalplanung gedeckt sind ferner Regelungen ohne Raumbezug, sowie zur Wirtschaftlichkeit oder Auslastung von Infrastruktureinrichtungen (z. B. Takte im ÖPNV, Schülerzahlen je Klasse etc.).

Zeitlich gestaffelte Festlegungen, aufschiebende oder auflösende Bedingungen oder eine Befristung von Festlegungen für raumbedeutsame Nutzungen und Funktionen sind ebenso zulässig wie die Festlegung von Folge- oder Zwischennutzungen, weil Raumordnungsplanung als mittel- und langfristige Vorsorgeplanung eine zeitliche Dimension umschließt (§ 7 Abs. 1 Satz 2 ROG).

4.3
Materielle Anforderungen an Ziele und Grundsätze der Raumordnung

4.3.1
Ziele der Raumordnung (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG i. V. m. § 4 ROG)

Ziele der Raumordnung sind von öffentlichen Stellen bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu beachten. Aufgrund ihrer Bindungswirkung müssen Ziele der Raumordnung sachlich und räumlich hinreichend bestimmt oder bestimmbar sein und müssen vom Träger der Raumordnungsplanung abschließend abgewogen worden sein. Ergibt sich aus der Maßstabsebene des RROP die Notwendigkeit einer räumlichen Konkretisierung von Zielen auf nachfolgenden Planungsstufen, bleibt insoweit - auch ohne besondere Regelung im RROP - eine (begrenzte) räumliche Ausgestaltung möglich.

Dem RROP selbst müssen sämtliche für die Zielanwendung erforderlichen Aspekte eindeutig zu entnehmen sein. Vorgaben, die allein in der Begründung, nicht aber in der beschreibenden oder zeichnerischen Darstellung des RROP enthalten sind, genügen den Bestimmtheitsanforderungen nicht.

Die Bestimmtheit und Bindungswirkung von Zielen ist auch sprachlich in den Raumordnungsplänen zu verdeutlichen. Formulierungen wie "müssen" oder "sind" sind nur für Ziele zu verwenden. Formulierungen wie "sollten", "können" oder "grundsätzlich" sind vorzugsweise für Grundsätze der Raumordnung zu verwenden. Die Formulierung "sollen" kann für Grundsätze oder sog. "Sollziele" sprechen; das RROP muss - unabhängig von der Darstellungsform - eindeutig erkennen lassen, ob ein Grundsatz oder ein Sollziel gemeint ist. Die obere Landesplanungsbehörde hat im Rahmen von Beratungen und Stellungnahmen frühzeitig auf Bestimmtheitserfordernisse hinzuweisen.

4.3.2
Ausnahmen von Zielen der Raumordnung (§ 6 Abs. 1 ROG)

Da Ziele der Raumordnung abschließend abgewogen sind, sind sie in nachfolgenden Planungen oder Genehmigungsverfahren keiner inhaltlichen Modifizierung oder Abdingbarkeit zugänglich. Das RROP kann gemäß § 6 Abs. 1 ROG Ausnahmen vorsehen, unter denen vom Regelfall abgewichen werden kann. Sie müssen im Einzelnen zweifelsfrei im RROP geregelt sein. Planerisch geregelte Ausnahmen sind Bestandteil der abgewogenen Zielfestlegung und selbst abschließend abgewogene, bindende Zielaussage; sie können planerisch erforderlich sein, um die Verhältnismäßigkeit eines Ziels der Raumordnung zu wahren.

Geregelte Ausnahmen für vorhergesehene Fallkonstellationen unterscheiden sich vom Zielabweichungsverfahren i. S. des § 6 Abs. 2 ROG. Zielabweichungen dienen dazu, nicht beabsichtigte Regelungslücken im atypischen Einzelfall zu überwinden.

4.3.3
Grundsätze der Raumordnung (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 ROG i. V. m. § 4 ROG)

Grundsätze der Raumordnung sind von öffentlichen Stellen bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen in Abwägungs- und Ermessensentscheidungen zu berücksichtigen. Um die im Vergleich zu Zielen schwächere Bindungswirkung auch sprachlich in den Raumordnungsplänen deutlich zu machen, sind für Grundsätze Formulierungen wie "sollen", "sollten", "können" oder "grundsätzlich" zu verwenden.

4.3.4
Allgemeine Bestimmtheitsanforderungen

Werden im RROP Begriffe verwendet, die weder durch Legaldefinitionen noch durch Rechtsprechung hinreichend bestimmt sind, sind in der beschreibenden Darstellung des RROP Begriffsbestimmungen - als Bestandteil des jeweiligen Ziels oder Grundsatzes - erforderlich. Die in § 3 ROG und § 1 NROG gesetzlich definierten Begriffe dürfen ausschließlich i. S. des definierten Inhalts verwendet werden.

Festlegungen, die nicht eindeutig erkennen lassen, ob es sich um ein Ziel oder einen Grundsatz der Raumordnung handelt (z. B. weil Wortlaut und Darstellungsform nicht korrespondieren, der Umfang der getroffenen Abwägung unklar bleibt oder die vorgesehenen Adressaten nicht den Bindungswirkungen des § 4 ROG unterliegen), sind nicht genehmigungsfähig (zu Nebenbestimmungen und Maßgaben siehe Nummer 6.3.1).

4.3.5
Vorranggebiete, Eignungsgebiete (§ 7 Abs. 3 ROG)

Für Vorranggebiete und Eignungsgebiete gelten aufgrund ihres Gebietsbezugs zusätzliche Anforderungen.

Vorranggebiete i. S. des § 7 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ROG (einschließlich sog. Vorrangstandorte) sichern als Ziel der Raumordnung die Vorrangnutzungen innerhalb des Gebietes strikt gegen andere raubedeutsame Nutzungen nur ab, wenn ihnen eine abschließende sachliche und räumliche Abwägung zugrunde liegt. Vorranggebiete haben nicht automatisch Ausschlusswirkung bezüglich der vorrangigen Nutzung für den restlichen Planungsraum. Im RROP kann jedoch vorgesehen werden, dass eine innerhalb eines bestimmten Gebietes vorgesehene Nutzung oder Funktion außerhalb dieses Gebietes ausgeschlossen ist (Ausschlusswirkung, § 7 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 ROG). Diese Ausschlusswirkung ist auf nachfolgenden Planungsebenen sowie bei Zulassung von privilegierten raumbedeutsamen Außenbereichsvorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB als Ziel der Raumordnung zu beachten.

Eignungsgebiete gemäß § 7 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ROG sollen zur Steuerung von raumbedeutsamen Maßnahmen (Außenbereichsvorhaben) nach § 35 Abs. 1 Nrn. 2 bis 6 BauGB beitragen. Innergebietlich ist aufgrund der festgestellten Eignung des Gebietes für eine bestimmte Nutzung eine Bündelung dieser Nutzung anzustreben; es bleibt jedoch für nachfolgende Planungsstufen Spielraum für eine Abwägung mit anderen konkurrierenden Nutzungen. Deshalb wird dem Eignungsgebiet in der Rechtsprechung nur zum Teil eine innergebietliche Zielqualität zugesprochen. Eignungsgebiete normieren immer eine Ausschlusswirkung bestimmter raumbedeutsamer Maßnahmen (Außenbereichsvorhaben) außerhalb ihres Gebietes.

Vorranggebiete und Eignungsgebiete sind erforderlich zur Legitimation einer planerischen Ausschlusswirkung. Die Einhaltung der inhaltlichen und methodischen Anforderungen der Rechtsprechung an Planungskonzepte zur Erzielung einer Ausschlusswirkung, insbesondere die Unterscheidung zwischen sog. harten und weichen Tabuzonen, zählt zu den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Abwägung und ist von der oberen Landesplanungsbehörde bei der Genehmigung eines RROP zu prüfen. Die Anforderungen sind in erster Linie für Windenergiekonzepte praxisrelevant, gelten aber auch für andere raumbedeutsame Außenbereichsvorhaben i. S. des § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB, sofern hierfür planerisch eine Ausschlusswirkung i. S. des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB festgelegt werden soll.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Festlegung der Ausschlusswirkung für privilegierte Vorhaben im Außenbereich i. S. des § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB nur zulässig, wenn sich die ausgeschlossene Nutzung auf anderen Flächen ("Positivflächen") im Planungsraum durchsetzen kann und ihr dabei in "substanzieller Weise" Raum geschaffen wird. Eignungsgebiete allein können keinen rechtssicheren substanziellen Ausgleich von Ausschlussflächen gewährleisten, da sie darin trotz ihrer Eignung für eine bestimmte Nutzung dieser keinen absoluten Vorrang vor anderen konkurrierenden Nutzungen einräumen.

Abweichungen des Planungsträgers von seinem eigenen Planungskonzept sind genehmigungsrelevant und nur zulässig, wenn der Planungsträger

  1. a)

    für bestimmte Fallkonstellationen (z. B. bei Windenergieplanungen zum Repowering) eine ausdrückliche Ausnahmeregelung von der Ausschlusswirkung gemäß § 6 Abs. 1 ROG regelt, deren Inhalt und Reichweite klar bestimmt sein muss oder

  2. b)

    im Planungskonzept selbst einzelflächenbezogen darlegt, aus welchen konkreten Gründen er in konkret benannten Konfliktfällen von seinen planerischen Abwägungsmaßstäben abweicht; ein Verstoß gegen das Willkürverbot ist als Abwägungsfehler genehmigungsrelevant.