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Abschnitt 10 VV-NROG/ROG - Fragen der Planerhaltung

Bibliographie

Titel
Verwaltungsvorschriften zur Genehmigung Regionaler Raumordnungsprogramme (RROP) und Ausübung der Rechtsaufsicht nach dem NROG sowie dem ROG (VV-NROG/ROG - Teil: RROP-Rechtsaufsicht)
Redaktionelle Abkürzung
VV-NROG/ROG,NI
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
23100

Nicht jede Verletzung von Vorschriften bei der Aufstellung und -änderung eines RROP führt zu seiner Unwirksamkeit. Von der Rechtswirksamkeit eines Plans ist seine Rechtmäßigkeit zu unterscheiden. Die obere Landesplanungsbehörde ist bei der Prüfung und Genehmigung eines RROP verpflichtet, auch die Behebung von unbeachtlichen Fehlern zu verlangen. Im Rahmen der formellen und materiellen Prüfung eines RROP-Entwurfs erkannte Rechtsverstöße sind daher grundsätzlich von der für die Genehmigung zuständigen oberen Landesplanungsbehörde zu rügen, auch wenn sie im Zuge einer späteren gerichtlichen Normenkontrolle für den Bestand des RROP unbeachtlich bleiben würden. Regionalplanungsträger sind bei Bedarf darauf hinzuweisen, dass die Regelungen des § 12 ROG und § 7 NROG lediglich in dem Fall heranziehbar sind, wenn nach Abschluss des Genehmigungsverfahrens Fehler gerügt werden, z. B. im Rahmen einer gerichtlichen Überprüfung.

10.1
Beachtliche Fehler (§ 12 Abs. 1, 3 und 4 ROG, § 7 Abs. 1 NROG)

§ 12 Abs. 1 und Abs. 4 ROG und § 7 NROG enthalten Regelungen über die Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften wie Fehler bei der Auswahl der zu beteiligenden Behörden, bei Verfahrensabläufen in der Umweltprüfung (z. B. unterbliebenes Screening oder Scoping), bei der Auslegung von Planunterlagen, unzulässige Fristverkürzungen, unterbliebene erneute Beteiligung bei Planänderungen oder Fehler im Zusammenhang mit der Erörterung oder bei der Begründung eines Raumordnungsplans, ohne dass es dabei um planerische Inhalte oder um Abwägung geht.

Verfahrens- oder Formfehler sind beachtlich und führen zur Unwirksamkeit des Raumordnungsplans, wenn sie innerhalb eines Jahres schriftlich geltend gemacht werden und bei der Bekanntmachung ein Hinweis auf diese fristgebundene Rügemöglichkeit erfolgt ist. Ein unterlassener oder fehlerhafter Hinweis verhindert den Beginn der Rügefrist, sodass Verfahrens- und Formfehler unbefristet geltend gemacht werden können. Zur Rüge ist jedermann berechtigt; pauschale Rügen ohne die Benennung konkreter Anknüpfungspunkte reichen nicht aus.

Fehler im Zusammenhang mit der Bekanntmachung der Genehmigung des RROP sowie Fehler bei der Auslegung eines in Kraft getretenen RROP sind immer beachtlich und können nur durch ergänzendes Verfahren geheilt werden.

Bei Fehlern in Bezug auf die Abwägung ist zwischen Fehlern im Abwägungsvorgang und Fehlern im Abwägungsergebnis zu unterscheiden. Während Fehler im Abwägungsvorgang unter bestimmten Voraussetzungen unbeachtlich sein können (s. u.), sind die einer Rechtskontrolle unterliegenden Fehler im Abwägungsergebnis immer beachtlich.

10.2
Unbeachtliche Fehler (§ 12 Abs. 1 bis 4 ROG und § 7 NROG)

Fehler nach § 12 Abs. 1, 2 und 4 ROG und § 7 NROG, die von vornherein unbeachtlich sind, führen niemals zur Unwirksamkeit des Raumordnungsplans; sie bedürfen weder einer Rüge noch einer Heilung. Die obere Landesplanungsbehörde ist bei der Prüfung und Genehmigung eines RROP verpflichtet, auch die Behebung von unbeachtlichen Fehlern zu verlangen.

Unbeachtlich sind Verfahrensfehler im Zusammenhang mit der Beteiligung, wenn einzelne Stellen nicht beteiligt wurden, ihre entscheidungserheblichen Belange aber gleichwohl berücksichtigt wurden.

Unbeachtlich ist die Unvollständigkeit der Begründung eines Raumordnungsplans. Unvollständigkeit liegt vor, wenn sich aus der Begründung nicht für alle Festlegungen die maßgeblichen Erwägungen entnehmen lassen. Fehlt die Begründung hingegen vollständig oder ist sie nur floskelhaft, ist der Fehler beachtlich und kann nur nach Ablauf der Jahresfrist unbeachtlich werden (§ 12 Abs. 5 Nr. 1 ROG).

Von der Unbeachtlichkeit ausgenommen ist der Teil der Begründung, der sich auf die Umweltprüfung bezieht. Der Begründung des Raumordnungsplans ist gemäß § 11 Abs. 3 ROG eine zusammenfassende Erklärung beizufügen, die Angaben darüber enthalten muss, wie Umwelterwägungen in die Planung einbezogen wurden, wie der Umweltbericht, die im Beteiligungsverfahren abgegebenen Stellungnahmen und die Konsultationen berücksichtigt wurden und welche Gründe nach Abwägung mit den zu prüfenden anderweitigen Planungsmöglichkeiten für die Festlegungen des Raumordnungsplans entscheidungserheblich waren. Enthält die zusammenfassende Erklärung diesbezüglich Lücken, sind diese Fehler beachtlich und können nur nach Ablauf der Jahresfrist unbeachtlich werden (§ 12 Abs. 5 Nr. 4 ROG).

Unbeachtlich sind Abwägungsmängel (siehe Nummer 5), die weder offensichtlich noch auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind.

Offensichtlichkeit ist nur gegeben, wenn konkrete Umstände eindeutig und aus Akten oder Unterlagen heraus offen erkennbar auf unzutreffende Erwägungen hindeuten. Ein vollständiger Abwägungsausfall ist immer beachtlich.

Ursächlichen Einfluss hat ein Mangel auf das Abwägungsergebnis immer dann, wenn aus den Planungsunterlagen oder anderen Umständen hergeleitet werden kann, dass sich ohne den Mangel im Abwägungsvorgang auch ein anderes Abwägungsergebnis konkret angeboten hätte. Der Beweis einer definitiv anderen Abwägung ist nicht zu führen; ebenso wenig reicht die bloße abstrakte Möglichkeit einer irgendwie anderen Planung aus.

10.3
Unbeachtlichwerden von Fehlern (§ 12 Abs. 5 ROG, § 7 NROG)

Werden

  1. a)

    beachtliche Verfahrens- und Formfehler nach § 12 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 ROG (§ 12 Abs. 5 Nr. 1 ROG),

  2. b)

    eine beachtliche Verletzung der Vorgabe, dass Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan des Landes entwickeln sind (Beachtlichkeit liegt vor, wenn die sich aus dem LROP ergebende geordnete räumliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist, § 12 Abs. 5 Nr. 2 ROG),

  3. c)

    beachtliche Mängel des Abwägungsvorgangs (Mängel sind offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss, § 12 Abs. 5 Nr. 3 ROG; beachtliche Fehler im Abwägungsergebnis können hingegen niemals unbeachtlich werden),

  4. d)

    beachtliche Verletzung der Vorschriften über die Umweltprüfung (wesentliche Unvollständigkeit des Umweltberichts und der zusammenfassenden Erklärung oder fehlerhaftes Screening i. S. des § 12 Abs. 4, § 12 Abs. 5 Nr. 4 ROG),

  5. e)

    beachtliche Verfahrens- oder Formfehler nach § 7 Abs. 1 Satz 1 NROG

nicht form- und fristgerecht gerügt, werden sie nach Ablauf eines Jahres unbeachtlich, d. h. der Raumordnungsplan ist mit Fristablauf endgültig wirksam. Die Unbeachtlichkeit tritt auch ein, wenn die Rüge nicht gegenüber der in § 7 NROG benannten zuständigen Stelle geltend gemacht wurde.

Eine Unbeachtlichkeit kann nicht eintreten, wenn die Bekanntmachungsvorgaben nach § 12 Abs. 5 Satz 2 ROG und § 7 Abs. 1 Satz 3 NROG nicht eingehalten wurden.

10.4
Ergänzendes Verfahren zur Behebung von Mängeln (§ 12 Abs. 6 ROG)

Nach § 12 Abs. 6 ROG kann zur Behebung beachtlicher Fehler ein ergänzendes Verfahren durchgeführt werden. Bis zum Abschluss des ergänzenden Verfahrens ist der Raumordnungsplan schwebend unwirksam. Im ergänzenden Verfahren sind sämtliche Verfahrensschritte ab dem Zeitpunkt zu wiederholen, zu dem der Fehler aufgetreten ist. Ein rückwirkendes Inkraftsetzen des Raumordnungsplans ist zulässig.

Die umfassenden Regeln zur Planerhaltung gelten nur für RROP, die ab dem 30. 6. 2009 in Kraft getreten sind (§ 28 ROG). Für Pläne, die vor dem 30. 6. 2009 in Kraft getreten sind, gelten die eingeschränkten Planerhaltungsvorschriften nach § 28 Abs. 2 ROG i. V. m. § 10 NROG i. d. F. vom 7. 6. 2007 (Nds. GVBl. S. 223), geändert durch Artikel 13 des Gesetzes vom 13. 10. 2011 (Nds. GVBl. S. 353), in der bis zum 31. 8. 2012 geltenden Fassung , die weder ein Unbeachtlichwerden von Fehlern nach Jahresfrist noch ein rückwirkendes Inkraftsetzen zulassen.