Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 09.01.2023, Az.: 11 UF 204/22

Durchführung des Versorgungsausgleichs hinsichtlich Anrechten aus dem Grundrentenzuschlag; Festsetzung des Verfahrenswerts

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
09.01.2023
Aktenzeichen
11 UF 204/22
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2023, 10227
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
AG Varel - 07.09.2022 - AZ: 2 F 400/21 S

Fundstellen

  • FamRZ 2023, 1017
  • JurBüro 2023, 205-208

Amtlicher Leitsatz

I. Anrechte aus dem Grundrentenzuschlag unterliegen dem Versorgungsausgleich. Der Grundrentenzuschlag ist gesondert zu beurteilen und zu tenorieren.

II. Bezieht die ausgleichspflichtige Person bereits Leistungen aus dem Grundrentenzuschlag und erfüllt auch die ausgleichsberechtigte Person die Voraussetzungen für den Bezug des Grundrentenzuschlags, ist der Grundrentenzuschlag grundsätzlich auszugleichen.

III. Aufgrund des jährlichen Datenabgleichs im Rahmen des Einkommensanrechnungsvorganges nach § 97a Abs. 2 Nr. 1 und 2, Abs. 6 SGB VI und der ggf. erforderlichen weiteren Klärung betreffend das Einkommen nach § 97a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 6 SGB VI ist bei der Prüfung des § 18 VersAusglG regelmäßig von einem erheblichen zusätzlichen Verwaltungsaufwand auszugehen.

IV. Bei der Festsetzung des Verfahrenswerts nach § 50 Abs. 1 Satz 1 FamGKG stellt das Anrecht aus dem Grundrentenzuschlag ein gesondertes Anrecht dar. Dabei erweist sich die wertmäßige Berücksichtigung des Grundrentenzuschlags nicht bereits aufgrund seiner sozialrechtlichen Komponente gem. § 50 Abs. 3 FamGKG als unbillig.

In der Familiensache
betreffend den Scheidungsverbund
hier: Folgesache Versorgungsausgleich
Beteiligte:
1. AA,
Antragsteller,
Verfahrensbevollmächtigte:
(...)
2. BB,
Antragsgegnerin,
Verfahrensbevollmächtigte:
(...)
3. Deutsche Rentenversicherung CC, (...)
4. Deutsche Rentenversicherung DD, (...)
Beschwerdeführerin,
hat der 11. Zivilsenat - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ...
am 5. Januar 2023
beschlossen:

Tenor:

  1. I.

    Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 4) vom 09.11.2022 wird der am 07.09.2022 verkündete Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Varel im Ausspruch zum Versorgungsausgleich geändert und hinsichtlich der Anrechte der Beteiligten zu 2) bei der Beteiligten zu 4) wie folgt ergänzt:

    Ein Ausgleich des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Versicherungsnummer ...) findet bezüglich der Entgeltpunkte in der Form des Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung nicht statt.

    Im Übrigen verbleibt es bei den Regelungen des erstinstanzlichen Beschlusses.

  2. II.

    Von der Erhebung gerichtlicher Kosten für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen, im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

  3. III.

    Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.000 € festgesetzt.

  4. IV.

    Der Verfahrenswert für die erste Instanz wird in Abänderung des am 07.09.2022 verkündeten Beschlusses für die Folgesache Versorgungsausgleich auf 1.440 €, mithin insgesamt auf 6.240 €, festgesetzt.

  5. V.

    Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Dem Beschwerdeverfahren gegenständlich ist die Regelung des von der Antragsgegnerin in der Ehezeit erworbenen Zuschlags von Entgeltpunkten für langjährige Versicherung.

Auf den am 13.01.2022 zugestellten Scheidungsantrag hat das Familiengericht mit dem am 07.09.2022 (Bl. 28ff. d. A.) verkündeten Beschluss die am TT.MM.1985 geschlossene Ehe zwischen den Beteiligten zu 1) und 2) geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt.

Die Beteiligten zu 1) und 2) beziehen eine Vollrente wegen Alters (Bl. 37 und 42 UA-VA). Der Antragsteller bezog ab dem 01.07.2020 eine Bruttorente von 1.204,49 € (Bl. 6 d. A.), die Antragsgegnerin eine solche von 636,90 € (Bl. 7 d. A.). Bei der Bemessung des erstinstanzlichen Verfahrenswerts für das Scheidungsverfahren in Höhe von 4.800 € wurde kein weiteres Einkommen in Ansatz gebracht (Bl. 27 d. A.).

Beide Beteiligten haben während der gesetzlichen Ehezeit vom TT.MM.1985 bis TT.MM.2021 (§ 3 Abs. 1 VersAusglG) gesetzliche Rentenanrechte erworben.

Das Familiengericht hat zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Bund im Wege der internen Teilung zu Gunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 4,5028 Entgeltpunkten auf deren Versicherungskonto bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, bezogen auf den TT.MM.2021, übertragen. Zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund hat es im Wege der internen Teilung zu Gunsten des Antragstellers ein Anrecht in Höhe von 3,2729 Entgeltpunkten auf dessen Versicherungskonto bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, bezogen auf den TT.MM.2021, übertragen.

In seiner Entscheidung über den Versorgungsausgleich hat das Familiengericht den Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung nicht behandelt.

Hinsichtlich der von der Beteiligten zu 2) in der gesetzlichen Ehezeit erworbenen gesetzlichen Rentenanrechte hatte die Beteiligte zu 4) in ihrer Auskunft vom 24.05.2022 (Bl. 37ff UA-VA) mitgeteilt, die Ehefrau habe in der allgemeinen Rentenversicherung einen Ehezeitanteil von 6,5458 Entgeltpunkten mit einem Ausgleichswert von 3,2729 Entgeltpunkten sowie einen Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung von 0,7304 Entgeltpunkten mit einem Ausgleichswert von 0,3652 Entgeltpunkten erworben.

Gegen die erstinstanzliche Entscheidung wendet sich die Beteiligte zu 4) mit ihrer Beschwerde vom 09.11.2022 (Bl. 47f d. A.). Zur Begründung des Rechtsmittels führt sie aus, die Anwartschaften aus der Grundrentenzeit mit einem vorgeschlagenen Ausgleichswert in Höhe von 0,3652 Entgeltpunkten seien vom Familiengericht ohne Angabe von Gründen nicht ausgeglichen worden.

Die Beschwerdeführerin beantragt,

die in der erteilten Auskunft vom 24.05.2022 vorhandenen Werte aus dem "Zuschlag für besonders langjährig Versicherte" auszugleichen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss (Bl. 29ff d. A.) und die Beschwerdebegründung vom 09.11.2022 (Bl. 47 d. A.) Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde führt dazu, dass die seitens der Antraggegnerin während der gesetzlichen Ehezeit erwirtschafteten Entgeltpunkte in der Form des Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung wegen Geringfügigkeit nicht auszugleichen sind.

Hierauf hat der Senat mit Beschluss vom 29.11.2022 hingewiesen. Der Senat hat in diesem Beschluss ausgeführt:

"Die Antragsgegnerin hat nach Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund (Versicherungsnummer ...) vom 24.05.2022 ein Anrecht in der allgemeinen Rentenversicherung in der Form des Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung erworben. Der Ehezeitanteil beträgt 0,7304 Entgeltpunkte in der Form des Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung, was einer Monatsrente von 24,97 € entspricht. Der Rentenversicherungsträger schlägt gemäß § 5 Abs. 3 VersAusglG einen Ausgleichswert in Höhe von 0,3652 Entgeltpunkten in der Form des Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung vor, was einer Monatsrente von 12,49 € entspricht. Der korrespondierende Kapitalwert beträgt 2.821,76 €.

Bei dem Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung handelt es sich um ein gem. § 2 Abs. 1 und 2 VersAusglG auszugleichendes Anrecht. Das Anrecht wurde durch Arbeit geschaffen und dient der Absicherung im Alter. Es ist - sofern es im Rahmen der wirtschaftlichen Überprüfung zu keiner Anrechnung von eigenem Einkommen oder das des Ehegatten kommt (§ 97a SGB VI) - auf eine Rente gerichtet.

Zwar sind solche Entgeltpunkte weder durch Beiträge des Versicherten noch eines Dritten beitragsfinanziert, da die Grundrente steuerfinanziert ist (vgl. auch BT DRs. 19/18473 S. 5f; BR Drs. 85/20 S. 4) und ihre Finanzierungskosten vollständig über einen erhöhten Bundeszuschuss getragen werden sollen (§ 213 Abs. 2 Satz 4 SGB VI; Ruland, Die Grundrente - Voraussetzung, Berechnung, Verfahren und Versorgungsausgleich, NZS 2021, 241ff). Ziel der Grundrente ist die Anerkennung der Lebensleistung von Menschen, die jahrzehntelang gearbeitet, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt haben. Die Anerkennung dieser seitens der Versicherten erbrachten Lebensleistung ist als Rentenzuschlag konzipiert (vgl. hierzu ausführlich Bachmann/Borth, FamRZ 2020, 1609ff). Die Grundrente soll einen Beitrag gegen die Altersarmut darstellen (vgl. hierzu https://www.bmas.de/DE/Service/Presse/Interviews/2019/2019-05-13-neue-westfaelische-zeitung.htmlBMAS - "). Der Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherte unterliegt jedoch einer besonderen Einkommensanrechnung (§ 97a SGB VI), die dazu führen kann, dass sich ein geringerer oder kein Zahlbetrag ergibt. Damit stellt die Grundrente ihrem Kern nach eine im Versorgungsausgleich systemfremde Fürsorgeleistung des Staates dar (vgl. Bachmann/Borth a.a.O.).

Gleichwohl dürften die Zuschläge an Entgeltpunkten für langjährige Versicherte dem Versorgungsausgleich unterfallen. Voraussetzung der Erlangung der Grundrentenentgeltpunkte sind mindestens 33 Jahre Grundrentenzeiten (s. hierzu im Einzelnen Bachmann/Borth a.a.O.). Damit knüpft die Begründung des Anrechts nicht nur an eine Fürsorgeleistung des Staates, sondern auch an eine beitragsorientierte Leistung des Versicherten an.

Begründet wird ein Anrecht durch alle Tatsachen, die seine Entstehung oder seinen Wertzuwachs zur Folge haben, während es aufrechterhalten wird, wenn die Voraussetzungen für den (künftigen) Anspruch wenigstens teilweise während der Ehezeit erfüllt werden (BT-Drs 7/650, 155; vgl. Norpoth/Sasse in: Erman BGB, Kommentar, § 2 Auszugleichende Anrechte, Rn. 5). Trotz der sozialrechtlichen Komponente der Grundrente unterfallen die Zuschläge an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung damit dem Versorgungsausgleich (vgl. hierzu ausführlich Bachmann/Borth, FamRZ 2020, 1609ff; Ruland, NZS 2021, 241).

Diese Entgeltpunkte für langjährig Versicherte sind gesondert auszugleichen und als solche auch zu benennen. Es handelt sich um eine besondere Entgeltpunkteart, die der Anrechnung von bestimmtem eigenen Einkommen des Versicherten und dessen Ehegatten unterliegt. Gemäß § 120f Abs. 2 Nr. 3 SGB VI dürfen diese Entgeltpunkte daher auch nicht mit den übrigen Entgeltpunktearten verrechnet werden (vgl. hierzu Bachmann/Borth a.a.O. S. 1611).

Das Anrecht ist unter Berücksichtigung der Regelung des § 19 Abs. 1 und 2 Nr. 1 und 3 VersAusglG ausgleichsreif.

Das Anrecht der Antragsgegnerin ist hinreichend verfestigt. Nach Auffassung des Senats scheidet ein Ausgleich der Entgeltpunkte für langjährig Versicherte im Wege des Wertausgleichs bei der Scheidung (§ 10 VersAusglG) regelmäßig aus, wenn die ausgleichspflichtige Person noch keine Rente bezieht. In einem solchen Fall ist es nämlich noch völlig ungewiss, ob sowie ggf. in welcher Höhe sie nach Renteneintritt jemals Leistungen aus dem Grundrentenzuschlag erhalten wird (vgl. hierzu die zu dem Aktenzeichen 11 UF 129/22 ergangene Entscheidung des Senats vom 17.11.2022 und den Beschluss vom 4. August 2022 - 11 UF 76/22 -, juris).

Vorliegend geht der Senat indes davon aus, dass die Antragsgegnerin eine Rente aus den Zuschlägen für langjährig Versicherte bezieht. Die monatliche Rente der Antragsgegnerin betrug zum 01.07.2020 brutto 636,90 €. Dies entsprach bei einem Rentenwert von 34,19 € zu dem damaligen Zeitpunkt insgesamt 18,6282 Entgeltpunkten, so war aktuell einer Bruttorente von ca. 670 € (18,6282 EP x aktueller Rentenwert 36,02 €) entspricht. Hinzu kommt seitens der Antragsgegnerin der Zufluss aus den auszugleichenden Entgeltpunkten von 1,2299 (4,5028 EP abzüglich 3,2729 EP), mithin ein weiterer Betrag von ca. 44 €. In einer wirtschaftlichen Gesamtschau ist wirtschaftlich von einem hinreichend verfestigten Anrecht auszugehen. Der Senat geht hierbei davon aus, dass die Antragsgegnerin keine anrechenbaren Einkünfte im Sinne des § 97a SGB VI erzielt.

Der Ausgleich des Anrechts ist für den Antragsteller nicht gem. § 19 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG unwirtschaftlich.

Der Ausgleich eines Anrechts ist unwirtschaftlich, wenn sich der Ausgleich voraussichtlich nicht zu Gunsten der ausgleichsberechtigten Person auswirken würde. Dies ist dann der Fall, wenn der Ausgleichsberechtigte aus dem auszugleichenden Anrecht voraussichtlich keinen Versorgungsanspruch erlangen kann (vgl. etwa Fricke in: BeckOGK, Stand: 01.05.2022, § 19 Rn. 64ff). Für die Frage der Unwirtschaftlichkeit ist maßgeblich, ob der Ausgleichsberechtigte, hier also der Beteiligte zu 1), aus dem grundsätzlich intern zu teilenden Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung selbst aller Voraussicht nach jemals Leistungen erhalten wird (vgl. hierzu ausführlich OLG Frankfurt, Beschluss vom 25.05.2022, 7 UF 4/22, juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 13.06.2022, 7 UF 183/21, juris; anders wohl OLG Nürnberg, Beschluss vom 06.05.2022, 11 UF 283/22, juris und OLG Braunschweig, Beschluss vom 30.05.2022, 2 UF 66722, juris, welche ohne Ausführungen zum Vorrang des § 19 VersAusglG zu § 18 VersAusglG den Ausgleich wegen Geringfügigkeit nicht durchgeführt haben).

Die sog. Grundrente ist als Zuschlag an Entgeltpunkten konzipiert, wobei der aus dem Zuschlag resultierende Zahlbetrag einer besonderen Einkommensanrechnung unterliegt. Nach § 97a Abs. 1 SGB VI wird auf den Rentenanteil aus dem Zuschlag an Grundrenten-Entgeltpunkten das Einkommen - hier des Beteiligten zu 1) -angerechnet. Übersteigt das anrechenbare Einkommen monatlich das 36,56fache des aktuellen Rentenwerts (entspricht aktuell 1.316,89 € (36,56 x 36,02 €)), werden von dem übersteigenden Betrag 60 % angerechnet (§ 97a Abs. 4 Satz 2 SGB VI). Anrechenbares Einkommen, das monatlich das 46,78fache des aktuellen Rentenwerts übersteigt (entspricht aktuell 1.685,02 € (46,78 x 36,02 €)), wird in voller Höhe angerechnet (§ 97a Abs. 4 Satz 3 SGB VI). Ist zu erwarten, dass aufgrund der Einkommensanrechnung keine Rentenzahlungen aus den übertragenen Grundrenten-Entgeltpunkten erfolgen werden, würde sich ein Ausgleich voraussichtlich nicht zugunsten des Ausgleichsberechtigten auswirken und somit für ihn unwirtschaftlich im Sinne des § 19 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG sein.

Am 01.07.2020 hat der Antragsteller eine Bruttorente von 1.204,49 € bezogen, was unter Ansatz des damaligen Rentenwerts von 34,19 € 35,2293 Entgeltpunkten entsprach. Unter Ansatz des aktuellen Rentenwerts von 36,02 € erzielt der Antragsteller vor Durchführung des Versorgungsausgleichs eine Bruttorente von ca. 1.268 €. Hiervon ist der Abfluss eines Betrages von ca. 44 € in Abzug zu bringen (s.o.).

Danach erzielt der Antragsteller jedenfalls kein Renteneinkommen aus der gesetzlichen Versicherung, welches zu einer Anrechnung der Grundrente führen könnte. Der Ausgleich wäre danach für den Antragsteller wirtschaftlich. Ggf. anrechenbares Einkommen ist dem Senat nicht bekannt.

Der Grundrentenzuschlag ist aber nicht auszugleichen, da das Anrecht geringfügig ist.

Für den Grundrentenzuschlag nach § 76g SGB VI ist eine gesonderte Bagatellprüfung nach § 18 VersAusglG durchzuführen, weil es sich um einen selbständigen Teil des bei der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Anrechts handelt (vgl. OLG Nürnberg, Beschluss vom 6. Mai 2022 - 11 UF 283/22 -, juris). Da der Antragsteller über kein gleichartiges Anrecht im Sinne von § 18 Abs. 1 VersAusglG verfügt, ist für die Bagatellprüfung dieses Anrechts der Antragsgegnerin gemäß § 18 Abs. 2 VersAusglG auf den korrespondierenden Kapitalwert des Anrechts im Sinne von § 18 Abs. 3 VersAusglG abzustellen. Der korrespondierende Kapitalwert beträgt 2.821,76 €. Dieser ist im Sinne von § 18 Abs. 3 VersAusglG gering, weil er nicht größer ist als 120 % der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV am Ende der Ehezeit (Bezugsgröße: 3.290,00 €; 120 % hiervon: 3.948,00 €). Der Senat gleicht dieses Anrecht in Ausübung des eingeräumten Ermessens nicht aus. Denn der Verwaltungsaufwand ist für den Versorgungsträger nicht so gering, dass dies die Durchbrechung des Halbteilungsgrundsatzes rechtfertigt. Zwar hat der Antragsteller bereits ein Konto in der gesetzlichen Rentenversicherung, so dass die computertechnische Umbuchung der Entgeltpunkte für langjährig Versicherte auf das bereits vorhandene Konto dazu keinen wesentlichen Mehraufwand darstellt.

Vorliegend ist aber vor allem zu berücksichtigen, dass der Ausgleichsberechtigte, bislang keine Grundrenten-Entgeltpunkte erworben hat. Die nach § 97a Abs. 6 SGB VI durchzuführende jährliche Einkommensanrechnung wäre also beim Ausgleichsberechtigten einzig aufgrund des durchgeführten Versorgungsausgleichs geboten.

Anders als bei der Übertragung von Entgeltpunkten (Ost), bei denen als Verwaltungsaufwand im Wesentlichen nur der Umbuchungsaufwand zu berücksichtigen ist, wenn der Ausgleichsberechtigte weitere Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben hat (vgl. BGH FamRZ 2012, 192 Rn. 48), wird bei der Übertragung von Grundrenten-Entgeltpunkten deshalb ein besonderer zusätzlicher Verwaltungsaufwand verursacht, wenngleich die Einkommensanrechnung zuvörderst auf der Grundlage der zu versteuernden Einkünfte durchgeführt wird, deren Daten von der Finanzverwaltung automatisiert abgerufen werden können (§ 97a Abs. 6 Satz 1 SGB VI). Auch wenn diese Daten automatisiert von der Finanzverwaltung abgerufen werden können, bedarf es zunächst des jährlichen Abrufs gem. § 97a Abs. 6 SGB VI und sodann der Berechnung, ob sowie ggf. in welcher Höhe es zu einer Anrechnung im Sinne des § 97a Abs. 2 SGB VI kommt. Sollte es nach dieser Prüfung zu einem Leistungsbezug kommen, bedarf es noch der weiteren Klärung betreffend das Einkommen nach § 97a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI (vgl. § 97a Abs. 6 Satz 2 SGB VI). Angesichts des Ausgleichs von nur 0,3652 Entgeltpunkten, also einer Monatsrente von derzeit knapp über dreizehn Euro sieht der Senat hier die Belange der Verwaltungseffizienz als überwiegend an (vgl. OLG Nürnberg, Beschluss vom 6. Mai 2022 - 11 UF 283/22 -, Rn. 13, juris; Beschluss vom 3. August 2022 - 7 UF 534/22 -, juris; a.A. OLG Frankfurt, Beschluss vom 06.07.2022 - 4 UF 111/22 -, juris; OLG Bamberg, Beschluss vom 02.11.2022 - 2 UF 136/22 -, juris und OLG Koblenz, Beschluss vom 04.03.2022 - 7 UF 46/22 -, juris ohne Ausführungen zum jährlichen Datenabgleich)."

Binnen gesetzter Frist zur Stellungnahme hat sich die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin mit der beabsichtigten Entscheidung einverstanden erklärt. Die weiter Beteiligten haben zu dem Hinweisbeschluss nicht Stellung genommen.

Der Senat hält nach erneuter kritischer Würdigung an seinen Ausführungen fest.

III.

Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren folgt aus §§ 40, 50 Abs. 1 Satz 1 FamGKG.

Die Änderung des Verfahrenswertes für die erste Instanz folgt aus § 55 Abs. 3 Nr. 2 FamGKG. Bei der Festsetzung des Verfahrenswertes ist zu berücksichtigen, dass vorliegend drei auszugleichende Anrechte verfahrensgegenständlich sind.

Da die Entgeltpunkte in der Form des Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung - wie ausgeführt - getrennt von anderen Entgeltpunkten behandelt und ausgeglichen werden, hat dies zugleich Auswirkungen auf die Höhe des Verfahrenswerts. Auch wenn diese besondere Form der Entgeltpunkte selbst der gesetzlichen Rentenversicherung und damit demselben Versorgungssystem zugehört, entspricht es dem Sinn und Zweck der Bewertungsvorschrift, diese im Sinne des § 50 Abs. 1 Satz 1 FamGKG als gesondertes Anrecht zu behandeln. Dies trägt dem Prinzip des Einzelausgleichs von Anrechten nach dem VersAusglG Rechnung und trägt dem Aufwand, der mit der Beurteilung "jedes einzelnen Anrechts" verbunden ist, bei der Bemessung des Verfahrenswerts Rechnung (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 8. November 2022 - 20 UF 90/22 -, Rn. 10, juris m.w.N.) Die Festsetzung des Wertes hat die gesondert zu behandelnden auszugleichenden Grundrentenentgeltpunkte zu erfassen (ebenso OLG Karlsruhe a.a.O., OLG Braunschweig, Beschluss vom 30.05.2022 - 2 UF 66/22 -, FamRZ 2022, 1354; OLG Bamberg, Beschluss v. 10.08.2022 - 2 UF 88/22 -, FamRZ 2022, 1769; OLG Celle, Beschluss vom 24.05.2022 - 10 WF 65/2 -2, FamRZ 2022, 1355). Dabei erweist sich die wertmäßige Berücksichtigung des Grundrentenzuschlags nicht bereits aufgrund seiner sozialrechtlichen Komponente gem. § 50 Abs. 3 FamGKG als unbillig (a.A. OLG Oldenburg, Beschluss vom 15.07.2022 - 4 WF 96/22 -, juris).

Gem. § 50 Abs. 1 Satz 1 FamGKG errechnet sich für die Folgesache Versorgungsausgleich mithin ein Wert von 1.440 € (4.800 € x 30 %).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 150 FamFG in Verbindung mit § 20 FamGKG.

IV.

Die Rechtsbeschwerde wird nach § 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FamFG zugelassen, weil die vorliegende Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die Frage, ob bei dem Grundrentenzuschlag eine gesonderte Bagatellprüfung durchzuführen ist, betrifft eine Vielzahl von Fällen und bedarf einer höchstrichterlichen Klärung (vgl. hierzu OLG Nürnberg, Beschluss vom 6. Mai 2022 - 11 UF 283/22 -, Rn. 13 - 15, juris; Beschluss vom 3. August 2022 - 7 UF 534/22 -, juris; a.A. OLG Frankfurt, Beschluss vom 06.07.2022 - 4 UF 111/22 -, juris OLG Bamberg, Beschluss vom 02.11.2022 - 2 UF 136/22 -, juris und OLG Koblenz, Beschluss vom 04.03.2022 - 7 UF 46/22 -, juris).