Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 23.04.2013, Az.: 15 K 60/12
Ausbildung eines volljährigen Kindes ohne Vollendung des 25. Lebensjahres als Soldat auf Zeit mit der Ausbildung zum Reserveoffizier für einen Beruf nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a) EStG
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 23.04.2013
- Aktenzeichen
- 15 K 60/12
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2013, 38869
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2013:0423.15K60.12.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 08.05.2014 - AZ: III R 41/13
Rechtsgrundlagen
- § 2 Abs. 2 EStG
- § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a) EStG
- § 62 Abs. 1 EStG
- § 63 Abs. 1 S. 2 EStG
- § 24 Abs. 1 SLV
Fundstelle
- EFG 2013, 1141-1142
Amtlicher Leitsatz
Ein volljähriges Kind, das noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und als Soldat auf Zeit zum Reserveoffizier ausgebildet wird, wird nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG für einen Beruf ausgebildet.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte (Familienkasse) die Festsetzung des Kindergeldes für den volljährigen Sohn des Klägers (S), der sich seit Juli 2011 im Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit (SaZ) als Reserveoffizier-Anwärter in der Offizierausbildung befindet, für die Monate August 2011 bis Februar 2012 aufheben durfte.
Der Kläger ist der Vater zweier Kinder, hierunter der im Jahre 1991 geborene Sohn S. S erlangte im Juni 2011 die allgemeine Hochschulreife. (...)
Zum 1. Juli 2011 begann S seinen Dienst in der Bundeswehr, und zum 7. Juli 2011 wurde ihm unter Berufung in das Dienstverhältnis eines SaZ bei einer Offizieranwärter-Einheit der unterste Mannschaftsdienstgrad verliehen. S wird seit Dienstantritt zum Reserveoffizier ausgebildet, und zwar zunächst als sog. ROA-Bewerber und seit 1. Januar 2012 als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere der Reserve des Truppendienstes. Dementsprechend ordnete die zuständige Bundeswehr-Dienststelle an, dass S ab 1. Januar 2012 "im Schriftverkehr den Dienstgrad Obergefreiter (ROA) zu führen" habe. Die Ausbildung begann im Juli 2011 mit dem sechsmonatigen Offizieranwärterlehrgang.
S erzielte im Jahre 2011 Einkünfte i. S. des § 2 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von mehr als 10.000,00 €.
Die Familienkasse hob die Festsetzung des Kindergeldes für S ab August 2011 unter Hinweis auf § 70 Abs. 2 EStG auf. Die Voraussetzungen für die Berücksichtigung eines volljährigen Kindes beim Kindergeld lägen nicht vor. Insbesondere befinde sich S seit Beendigung der Schulausbildung nicht mehr in Ausbildung. Zugleich forderte die Familienkasse das für die Monate August bis November 2011 gezahlte Kindergeld in Höhe von 736,00 € zurück.
Den hiergegen eingelegte Einspruch wies die Familienkasse als unbegründet zurück. Die Ausbildung als Reserveoffizier-Anwärter könne nicht als Berufsausbildung i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG anerkannt werden, weil das Dienstverhältnis eines SaZ bei zweijähriger Dienstzeit (SaZ 2) weder unmittelbar auf die Ausbildung eines SaZ zum Offizier des Truppendienstes ausgerichtet sei noch mit der Ernennung zum Unteroffizieranwärter ende.
Zur Begründung seiner hiergegen erhobenen Klage verweist der Kläger auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 16. April 2002 VIII R 58/01 (BFHE 199, 111, BStBl II 2002, 523 [BFH 16.04.2002 - VIII R 58/01]). Hiernach befinde sich ein Kind, das in der Dienststellung eines SaZ als Offizieranwärter zum Offizier ausgebildet werde, i. S. von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG in Berufsausbildung. Nichts anderes könne für seinen Sohn - dessen Dienstzeit im Jahre 2012 auf drei Jahre verlängert wurde - als Reserveoffizier-Anwärter gelten. Die Ausbildung und die abzulegenden Prüfungen seien für Offizieranwärter und Reserveoffizier-Anwärter identisch. Dadurch werde sein Sohn für die Ausübung des Offizierberufs befähigt. S könne sich bei der Bundeswehr über die zwei- bzw. dreijährige Dienstzeit hinaus weiterverpflichten und dann den Beruf des Offiziers ausüben.
Die Familienkasse ist der Klage entgegen getreten und nimmt zur Begründung im Wesentlichen auf die Einspruchsentscheidung Bezug. Ergänzend macht die Familienkasse geltend, die Tätigkeit als Reserveoffizier könne nicht als Erwerbsgrundlage gegen Entgelt ausgeübt werden. Anders als der Offizier des Truppendienstes scheide der Reserveoffizier regelmäßig kurz nach Abschluss seiner Ausbildung aus dem aktiven Dienst aus und werde Reservist. Daher diene die Ausbildung nicht der Vorbereitung auf ein Berufsziel, sondern der Gewinnung von geeigneten Reserveoffizieren für die Beorderungsreserve. Die erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen seien keine Grundlage für die Ausübung eines zivilen Berufes. (...)
Der Berichterstatter hat gemäß § 79 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) von der für Ausbildungsfragen zuständigen Bundeswehr-Dienststelle (im Folgenden: die B) eine Auskunft zu Dauer, Ablauf und Inhalten der Ausbildung der Reserveoffizier-Anwärter beim Deutschen Heer angefordert. B hat hierauf mitgeteilt, dass die Ausbildung der Reserveoffizier-Anwärter seit der Neuordnung im Jahre 2010 der Ausbildung der Offizieranwärter des Truppendienstes ohne Studium entspreche. Die Ausbildung der Offizieranwärter und der Reserveoffizier-Anwärter sei gleichwertig. Die Ausbildung erstrecke sich auf 36 Monate. Anschließend erfolge die Ernennung zum Offizier (Leutnant bzw. Leutnant der Reserve). Bislang habe S die vorgesehenen Ausbildungsabschnitte absolviert. Die Reserveoffizier-Anwärter (SaZ 2 oder SaZ 3) hätten die Möglichkeit, sich als Offizieranwärter des Truppendienstes weiter zu verpflichten. In der Praxis mache ein Teil der Reserveoffizier-Anwärter hiervon Gebrauch.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet, soweit der Kläger die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung für die Monate Januar und Februar 2012 anficht. Dagegen hat die Klage für die Monate August bis Dezember 2011 keinen Erfolg.
1. Die Aufhebung des Kindergeldes für die Monate Januar und Februar 2012 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in dessen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Dem Kläger steht für diese Monate Kindergeld für S zu.
a) Durch den angefochtenen Bescheid hat die Familienkasse auch die Kindergeldfestsetzung für die Monate Januar und Februar 2012 aufgehoben.
Klagegegenstand ist der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 8. Dezember 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1. Februar 2012 (vgl. § 44 Abs. 2 FGO). Hierdurch hat die Familienkasse eine Regelung des Kindergeldanspruchs bis zum Ende des Monats der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung getroffen. Dieser zeitliche Regelungsumfang des Aufhebungsbescheides ist durch die Klageerhebung nicht verändert worden (vgl. BFH-Urteil vom 22. Dezember 2011 III R 41/07, BFHE 236, 144, BStBl II 2012, 681, unter II. 2. b); BFH-Beschluss vom 2. November 2012 III B 88/12, BFH/NV 2013, 234, unter II. 3).
b) Entgegen der von der Familienkasse vertretenen Auffassung steht dem Kläger für die Monate Januar und Februar 2012 Kindergeld für S zu. Denn S wurde in dieser Zeit gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG für einen Beruf ausgebildet.
aa) Für ein volljähriges Kind besteht nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG Anspruch auf Kindergeld, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird. In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Dieser Vorbereitung dienen alle Maßnahmen, bei denen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen erworben werden, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind. Die Ausbildungsmaßnahme braucht Zeit und Arbeitskraft des Kindes nicht überwiegend in Anspruch zu nehmen (ständige Rechtsprechung, z. B. BFH-Urteile vom 2. April 2009 III R 85/08, BFHE 224, 546, BStBl II 2010, 298; vom 26. Oktober 2012 VI R 102/10, BFH/NV 2013, 366 [BFH 26.10.2012 - VI R 102/10]). Nach der vom Kläger in Bezug genommenen BFH-Rechtsprechung - der sich der erkennende Senat anschließt - erfüllt ein Kind, das im Dienstverhältnis eines SaZ als Offizieranwärter zum Offizier des Truppendienstes ausgebildet wird, die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG. Dem steht der dienstrechtliche Status des Anwärters als eines SaZ deshalb nicht entgegen, weil hierdurch die auf die Ausbildung zum Offizier gerichtete Dienstverpflichtung des Anwärters nicht berührt wird (BFH-Urteil in BFHE 199, 111, BStBl II 2002, 523, unter 2. b) aa).
bb) Werden diese Grundsätze auf den Streitfall übertragen, befand sich der Sohn des Klägers in den Monaten Januar und Februar 2012 in Berufsausbildung.
(1) Die Ausbildung zum Offizier ist in ihren Grundzügen in § 24 der Soldatenlaufbahnverordnung (SLV) geregelt. Hiernach dauert die Ausbildung mindestens drei Jahre. In dieser Zeit, und zwar im Regelfall nach 30 Monaten können die Anwärter den Dienstrang eines Oberfähnrichs erreichen. Die Anwärter haben eine Offizierprüfung mit Erfolg abzulegen. Bei Nichtbestehen können sie einmal zur Wiederholung der Prüfung zugelassen werden (§ 24 Abs. 2 SLV). Die Ausbildung endet mit der Beförderung zum Leutnant (§ 24 Abs. 3 Satz 1 SLV), und zwar nach 36 Monaten (§ 24 Abs. 1 SLV). Die Ausbildung endet auch dann, wenn der Anwärter zur Wiederholung der Prüfung nicht zugelassen wird oder die Wiederholungsprüfung nicht besteht (§ 24 Abs. 3 Satz 2 SLV).
Für die Beförderung der Reserveoffizier-Anwärter im Wehrdienstverhältnis gilt § 24 Abs. 1 SLV entsprechend (§ 43 Abs. 4 Satz 1 SLV). Auch die Reserveoffizier-Anwärter haben vor der Beförderung zum Leutnant eine Offizierprüfung mit Erfolg abzulegen, die bei Nichtbestehen einmal wiederholt werden kann (§ 43 Abs. 4 Satz 3 und 4 SLV).
Nach der Auskunft der B besteht die Offizierausbildung im Einzelnen aus folgenden Abschnitten:
1. Offizieranwärterlehrgang: | 6 Monate | |
---|---|---|
2. Offizierlehrgang 1 mit Offizierprüfung: | 3 Monate | |
3. Offizierlehrgang 2: | 3 Monate | |
4. Truppenkommando: | 3 Monate | |
5. Sprachausbildung Englisch: | 3 Monate | |
6. Offizierlehrgang 3: | 13 Monate | |
7. Truppenpraktikum: | 5 Monate | |
Gesamtdauer: | 36 Monate. |
Nach der eingeholten Auskunft entspricht die Ausbildung zum Reserveoffizier, was Ablauf, Inhalte und Dauer angeht, der Ausbildung der aktiven Offizieranwärter des Truppendienstes ohne Studium.
Im Streitfall hat S nach Eintritt in die Bundeswehr am Offizieranwärterlehrgang (Juli bis Dezember 2011), am Offizierlehrgang 1 (Januar bis März 2012) und am Offizierlehrgang 2 erfolgreich teilgenommen. Das bedeutet, dass er jedenfalls bis dahin dieselbe Ausbildung absolviert hat wie ein Offizieranwärter des Truppendienstes. Der Ausbildungsgang ist somit Grundlage für die Ausbildungsziele "Offizier des Truppendienstes" wie auch "Reserveoffizier". Für die Ausbildung zum Offizier oder Reserveoffizier ist es unerheblich, dass die Anwärter die Dienststellung von Zeitsoldaten innehaben.
Ebenfalls ohne Belang ist es, dass der Sohn des Klägers in den Monaten Januar und Februar 2012 den dienstrechtlichen Status eines SaZ 2, noch nicht aber eines SaZ 3 hatte. Denn nach der Auskunft der B hätte S auch als SaZ 2 sein Ziel, Reserveoffizier zu werden, erreichen können. In diesem Fall hätte er die Ausbildung ohne den Offizierlehrgang 3 absolviert. Aufgrund der Verlängerung der Dienstzeit auf 3 Jahre ist nach der Auskunft der B die Teilnahme an diesem Lehrgang jedoch für die Zeit von Januar 2013 bis Januar 2014 vorgesehen.
(2) Der Umstand, dass der Sohn des Klägers durch die Teilnahme an der Ausbildung der Offizieranwärter und Reserveoffizier-Anwärter nicht die Ernennung zum "Leutnant", sondern zum "Leutnant der Reserve" anstrebt, steht der Anerkennung der Ausbildung als Berufsausbildung i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG nicht entgegen. Nicht nur "Offizier des Truppendienstes", sondern auch "Reserveoffizier" ist ein Beruf i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG.
Laufbahnrechtlich ist es nach § 43 Abs. 6 und 7 SLV möglich, dass Reserveoffizier-Anwärter als Offizieranwärter übernommen bzw. Reserveoffiziere zu Berufsoffizieren ernannt werden. Nach der Auskunft der B macht ein Teil der Anwärter bzw. Reserveoffiziere von dieser Möglichkeit tatsächlich Gebrauch. Das bedeutet, dass es auch dem Sohn des Klägers grundsätzlich offensteht, seine Dienstzeit zu verlängern und nach der Beförderung zum Leutnant den Beruf des Offiziers des Truppendienstes auszuüben. Für diesen Beruf wurde S auch in den Monaten Januar und Februar 2012 ausgebildet.
Im Übrigen verlangt § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG nicht die Absicht des Kindes, im erlernten Beruf tatsächlich tätig zu werden.
cc) Für die Frage, ob S im Jahre 2012 beim Kindergeld zu berücksichtigen ist, kommt es nach § 32 EStG in der ab 1. Januar 2012 geltenden Fassung nicht darauf an, ob und ggf. in welcher Höhe der Sohn des Klägers eigene Einkünfte und Bezüge hat. Die Regelung über den sog. Jahresgrenzbetrag (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG in der bis 31. Dezember 2011 geltenden Fassung) ist durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 vom 1. November 2011 (BGBl I 2011, 2131) mit Wirkung ab 1. Januar 2012 aufgehoben worden.
dd) Nach alledem steht dem Kläger für die Monate Januar und Februar 2012 Kindergeld für S zu.
2. Die Klage ist unbegründet, soweit der Kläger hierdurch die Aufhebung des Kindergeldes für die Monate August bis Dezember 2011 anficht. Die Einkünfte und Bezüge des S überstiegen den für das Jahr 2011 geltenden Grenzbetrag.
a) Eine Kindergeldfestsetzung ist nach § 70 Abs. 4 EStG in der für das Jahr 2011 geltenden Fassung aufzuheben oder zu ändern, wenn nachträglich bekannt wird, dass die Einkünfte und Bezüge des Kindes den Grenzbetrag über- oder unterschreiten. Ein volljähriges Kind wird beim Kindergeld gemäß § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG in der für das Jahr 2011 geltenden Fassung nur berücksichtigt, wenn es Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht mehr als 8.004,00 € im Kalenderjahr hat. Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 oder 2 EStG an keinem Tag vorliegen, ermäßigt sich der Jahresgrenzbetrag um ein Zwölftel (§ 32 Abs. 4 Satz 7 EStG in der für das Jahr 2011 geltenden Fassung).
Der Begriff der Einkünfte i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG entspricht dem in § 2 Abs. 2 EStG gesetzlich definierten Begriff und ist je nach Einkunftsart als Gewinn oder als Überschuss der Einnahmen über die Betriebsausgaben oder Werbungskosten zu verstehen. Erzielt das Kind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sind daher von den Einnahmen die Werbungskosten abzuziehen (ständige Rechtsprechung, z. B. BFH-Urteile vom 21. Oktober 2010 III R 18/10, BFH/NV 2011, 251; vom 17. Juni 2010 III R 59/09, BFHE 230, 142, BStBl II 2011, 121; vom 8. November 2012 V R 57/10, BFH/NV 2013, 456).
Zu den Bezügen i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG in der im Jahre 2011 geltenden Fassung gehören alle Zuflüsse in Geld oder Naturalleistungen, die nicht im Rahmen der einkommensteuerrechtlichen Einkünfteermittlung erfasst werden (z. B. BFH-Urteile vom 28. Mai 2009 III R 8/06, BFHE 225, 141, BStBl II 2010, 346; vom 24. Januar 2013 V R 42/11, [...]), soweit sie zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind. Bezüge, die für besondere Ausbildungszwecke bestimmt sind, bleiben hierbei außer Ansatz; Entsprechendes gilt für Einkünfte, soweit sie für solche Zwecke verwendet werden (§ 32 Abs. 4 Satz 5 EStG in der im Jahre 2011 geltenden Fassung).
b) Werden diese Grundsätze auf den Streitfall übertragen, war die Familienkasse berechtigt, für die Monate August bis Dezember 2011 die Festsetzung des Kindergeldes aufzuheben.
Maßgeblich ist im Streitfall der volle Jahresgrenzbetrag von 8.004,00 €. Denn der Sohn des Klägers, der bereits im Jahre 2009 das 18. Lebensjahr vollendet hatte, erfüllte im Jahre 2011 in jedem Monat die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG. In den Monaten Januar bis Juni 2011 befand er sich in der Schulausbildung, und in den Monaten Juli bis Dezember 2011 wurde er als Anwärter zum Reserveoffizier ausgebildet. (...)
Da S im Jahre 2011 Einkünfte und Bezüge in Höhe von mehr als 8.004,00 € hatte, ist er als über 18 Jahre altes Kind im Jahre 2011 von einer Berücksichtigung beim Kindergeld gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG ausgeschlossen.
Die Familienkasse war nach § 70 Abs. 4 EStG verpflichtet, die Kindergeldfestsetzung wegen Überschreitung der Einkünfte und Bezüge aufzuheben. Deshalb ist es unschädlich, dass sowohl im Aufhebungsbescheid als auch in der Einspruchsentscheidung auf die im Streitfall nicht einschlägige Rechtsgrundlage des § 70 Abs. 2 EStG hingewiesen wird.
c) Die Beklagte ist nach § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) berechtigt, das für S in den Monaten August bis November 2011 gezahlte Kindergeld vom Kläger zurückzufordern. Dadurch, dass die Familienkasse die Festsetzung auch für diese Monate aufgehoben hat, hat der Kläger das Kindergeld ohne Rechtsgrund erhalten.
3. Der Senat konnte gemäß § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Die Beteiligten haben sich hiermit einverstanden erklärt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 3, Abs. 1 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 115 Abs. 2 FGO) liegen nicht vor.