Oberlandesgericht Braunschweig
Urt. v. 14.02.2007, Az.: 3 U 136/05
Bibliographie
- Gericht
- OLG Braunschweig
- Datum
- 14.02.2007
- Aktenzeichen
- 3 U 136/05
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 59277
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGBS:2007:0214.3U136.05.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Göttingen - 31.08.2005 - AZ: 4 O 130/03
- nachfolgend
- BGH - 26.02.2008 - AZ: II ZR 50/07
In dem Rechtsstreit
...
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Landgericht ... auf die mündliche Verhandlung vom 24. Januar 2007 für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts ... Ort vom 31. August 2005 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollsteckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf die Wertstufe bis zu 35 000,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Kläger behauptet, er habe im Januar 1998 mit dem Rechtsvorgänger der Beklagten Herrn ... einen Vertrag über eine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts geschlossen und verlangt im Wege der Stufenklage die Aufstellung der Schlussabrechnung und die Zahlung der Hälfte des sich daraus ergebenden Auseinandersetzungsguthabens abzüglich eines Betrages von 51 129,19 €.
Das Landgericht ... Ort hat die Klage durch Urteil vom 31.08.2005 abgewiesen. Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen und der rechtlichen Bewertungen des Landgerichts wird auf das Urteil Bezug genommen.
Der Kläger hat gegen das ihm am 02.09.2005 zugestellte Urteil fristgerecht am 04.10.2005 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 02.12.2005 mit einem an diesem Tage eingegangenen Schriftsatz begründet.
Der Kläger trägt vor:
Das Landgericht habe den Sachverhalt unzutreffend gewürdigt. Es sei allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass der Erblasser in seinem Testament vom 01.06.2002 eine laienhaft gefasste Zustandsbeschreibung gegeben habe, indem er formuliert habe, dass dem Kläger "die Hälfte des Drehbereichs gehört (Beteiligung)". Das Landgericht habe auch berücksichtigt, dass der Erblasser zu verschiedenen Gelegenheiten Dritten gegenüber davon gesprochen habe, dem Kläger gehöre die Hälfte des Drehbereichs, der Kläger und er seien im Drehbereich gleichberechtigt, der Kläger sei Teilhaber. Eine belastbare Begründung, warum das Landgericht gleichwohl nicht von dem Zustandekommen einer Innengesellschaft zwischen dem Kläger und dem Erblasser ... und dem Bestehen einer solchen zum Zeitpunkt seines Todes ausgegangen sei, enthielten die Entscheidungsgründe indessen nicht.
Die Würdigung des Landgerichts, dass sich nicht der geringste Anhalt für ein Gesamthands- oder auch gemeinschaftliches Vermögen oder Eigentum des Erblassers und des Klägers ergeben habe, spreche nicht gegen eine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts. Denn die Innengesellschaft sei gerade dadurch gekennzeichnet, dass der Innengesellschafter nicht dinglich am Vermögen des Vertragspartners mitberechtigt sei, er aber einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Vertragspartner habe, im Rahmen des rechtlich Möglichen so gestellt zu werden, als ob er gesamthänderisch an dem zum Gegenstand der Innengesellschaft gehörenden Vermögen des Vertragspartners beteiligt wäre ( BGH WM 1973, 296). Genau darin habe das Interesse des Klägers und des Erblassers gelegen, gerade weil der Kläger vor der Zusammenarbeit mit dem Erblasser mit der ... GmbH wirtschaftlich Schiffbruch erlitten gehabt habe.
Es müsse auch nochmals betont werden, dass der Kläger Darlehen der Zeugen G.... und B.... beschafft habe, die von den Gewinnanteilen des Klägers durch den Erblasser zurückerstattet worden seien, so dass der Kläger auch insoweit über seine Arbeitsleistung Beiträge zu der Innengesellschaft geleistet habe. Die genannten Darlehen stellten sich damit sehr wohl als Einlagen des Klägers dar.
Weiter habe das Landgericht unbeachtet gelassen, dass allein der Kläger das technische Können für den Betrieb des Drehbereichs gehabt habe, und dass er die Kundschaft dafür akquiriert bzw. mitgebracht habe, was auch durch die Aussagen der Zeugen K.... und H.... bestätigt worden sei.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und
- 1.
die Beklagten zu verurteilen, für die ... und ... D.M.... Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Schlussabrechnung aufzustellen;
- 2.
die Hälfte des sich daraus ergebenden Auseinandersetzungsguthabens der und ... D.M.... Gesellschaft bürgerlichen Rechts an ihn aus der Gesellschaftskasse auszuzahlen, abzüglich eines Betrages von 51 129,19 €.
Hilfsweise beantragt der Kläger
- 1.
festzustellen, dass zwischen dem Kläger und den Beklagten als Gesamtrechtsnachfolgern nach dem am 03.06.2002 verstorbenen Herrn eine Gemeinschaft nach Bruchteilen gemäß §§ 741 ff. BGB im Hinblick auf das gesamte Inventar des Drehbereichs der Firma ... K.M...., Ort ..., (Drehmaschinen, 3D-Messmaschinen, Messplatz, Kompressor inklusive Zubehör, EDV-Anlage einschließlich Software, Büroeinrichtung, Werkzeughalter, Werkzeuge, Wendeplatten, Spiralbohrer, Fräser, Zählwaage, Werkzeugschränke, Spänewagen, Elektroinstallation, Spulenkerne, Spulenhülsen, Spulenkörper, Spulenkapseln, Formteile, Druckstücke, Exzenter, Achsen, Gleitrohre und sonstige Rohmaterialien, etc.) bestanden hat.
- 2.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, dem Kläger Auskunft über den Bestand des Drehbereichs der Firma ... K.M.... zum Stichtag 03.06.2002 zu erteilen.
- 3.
Die Beklagten werden verurteilt, Rechenschaft zu legen über den Gebrauch des Inventars des Drehbereichs der Firma ... K.M.... seit dem 03.06.2002, indem sie Auskunft über den Vertriebsweg der mit dem Inventar des Drehbereichs der Firma ... K.M.... seit dem 03.06.2002 hergestellten Erzeugnisse erteilen, insbesondere unter Angabe der Namen und Anschriften der Lieferanten, der Abnehmer oder Auftraggeber sowie unter Angabe der Menge der hergestellten und ausgelieferten Erzeugnisse und zwar unter Vorlage eines Verzeichnisses der Herstellungsmengen und Herstellungszeiten sowie der einzelnen Lieferungen unter Angabe der Liefermengen, Typenbezeichnungen, Artikelnummern, Lieferzeiten, Lieferpreise und Namen und Anschriften der Abnehmer, der Gestehungskosten unter Nennung der einzelnen Kostenfaktoren sowie des erzielten Gewinns.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil und treten dem Berufungsvorbringen des Klägers entgegen. Es sei dem Kläger nicht gelungen, die Existenz einer Innengesellschaft zu beweisen. Die Behauptung des Klägers, die von ihm erstinstanzlich genannten Darlehen seien "von den Gewinnanteilen des Klägers durch den Erblasser zurückerstattet worden" stelle ein verspätetes, neues Vorbringen dar. Im Übrigen sei diese Behauptung falsch und werde bestritten.
Hinsichtlich des berufungsinstanzlichen Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf die zwischen ihnen im zweiten Rechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu, weil zwischen ihm und dem Erblasser eine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts hinsichtlich des Drehbereichs nicht bestanden hat.
Unstreitig ist ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag zwischen dem Kläger und dem Erblasser nicht abgeschlossen worden.
Soweit der Kläger schriftsätzlich behauptet hat, es habe Anfang 1998 über Tage hinweg zwischen ihm und dem Verstorbenen Herrn ... K.... Gespräche gegeben, in denen es um ihre Zusammenarbeit gegangen sei, hat der Kläger diese Angaben bei seiner mündlichen Anhörung vom 24.01.2007 dahin eingeschränkt, dass es keine Gespräche über Tage hinweg gegeben habe, die zum Abschluss eines Gesellschaftsvertrages geführt hätten. Man spreche darüber und dann packe man es an. Nach diesen Angaben ist es auch nicht zu einem mündlichen Vertragsschluss gekommen, sondern lediglich zu der Einigung, dass man künftig zusammenarbeiten wolle.
Aus den Umständen ergibt sich auch nicht ein stillschweigendes Zustandekommen einer Innengesellschaft im Drehbereich. Zwar sprechen einzelne Umstände dafür, ein entscheidender Umstand spricht jedoch dagegen.
Für ein konkludentes Zustandekommen einer Innengesellschaft spricht zwar, dass der Erblasser in seinem Testament vom 01.06.2002 seine Auffassung zum Ausdruck gebracht hat, dass dem Kläger "die Hälfte des Drehbereichs gehört (Beteiligung)". Diese Auffassung hatte der Erblasser nach den glaubhaften Angaben mehrerer Zeugen schon vorher bei verschiedenen Gelegenheiten geäußert, indem er diesen gegenüber angegeben hat, dem Kläger gehöre die Hälfte des Drehbereichs, der Kläger und er seien im Drehbereich gleichberechtigt, der Kläger sei Teilhaber (vgl. die Angaben der Zeugen ... und ... K...., Bl. 120, 123, 125, 209 d.A.).
Für ein stillschweigendes Zustandekommen einer Innengesellschaft spricht auch die Profitcenterberechnung 2001 (Anlagenband Bl. 116f), wonach das verteilbare Ergebnis des Drehbereichs dem Kläger und dem Erblasser zu gleichen Teilen (50/50) zustehen sollte.
Dagegen lässt sich für einen konkludenten Vertragsschluss nichts aus der erstmalig in der Berufungsbegründung erhobenen Behauptung des Klägers herleiten, die von den Zeugen G.... und B.... gewährten Darlehen seien "von den Gewinnanteilen des Klägers" durch den Erblasser zurückerstattet worden. Insoweit handelt es sich um neues gem. § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht zuzulassendes Vorbringen, das zudem bestritten und von dem Kläger nicht unter Beweis gestellt worden ist.
Der Annahme einer durch schlüssiges Verhalten errichteten Innengesellschaft stehen die zwischen dem Kläger und dem Erblasser ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen über Arbeitsleistungen des Klägers für den Erblasser entgegen.
Die Annahme einer durch schlüssiges Verhalten errichteten Innengesellschaft darf nach allgemeinen Grundsätzen nicht mit den von den Beteiligten ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen im Widerspruch stehen. Dies entspricht dem allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass der Wille der Beteiligten maßgeblich bestimmt, wie sie ihre Rechtsbeziehungen gestalten wollen. Haben sie ihren Rechtsgestaltungs- und Rechtsfolgewillen klar und unzweideutig artikuliert, dann ist kein Raum für die Annahme eines davon abweichenden Willens, der sich schlüssig aus ihrem Verhalten ergeben könnte ( BGH NJW 1995, 3383, 3384 [BGH 26.04.1995 - XII ZR 132/93], vgl. auch BGHZ 165, 1, 6 ).
Das ist hier der Fall. Der Kläger war auf Grund des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 27.03.1998 (Anlagenband Bl. 91) ab 01.04.1998 im Betrieb des Erblassers als Produktionsmitarbeiter bei einem Monatsgehalt von 3 200,00 DM brutto tätig. Mit Schreiben vom 30.03.1999 kündigte der Erblasser das Arbeitsverhältnis zum 30.04.1999. Auf der Grundlage einer Monatsvergütung von 630,00 DM brutto war der Kläger in der Folgezeit weiter für den Erblasser tätig. Auf Grund des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 18.08.2000 war der Kläger vom 01.09.2000 bis zum 30.06.2001 als CNC-Fachkraft bei einem Monatsgehalt von 3 000,00 DM brutto für den Erblasser tätig. Ab 1. Juli 2001 war der Kläger freier Mitarbeiter des Erblassers. In der Folgezeit erteilte er dem Erblasser monatliche Rechnungen für Beratungsleistungen unter dem Briefkopf " D.M.... -Industrieberatung, Zerspanung und Arbeitsvorbereitung". Seine Arbeitszeit rechnete er mit einem Stundensatz von 100,00 DM bzw. 55 € zzgl. Mehrwertsteuer ab.
Grundlage für die Zusammenarbeit des Klägers mit dem Erblasser waren demnach die zwischen ihnen getroffenen Vereinbarungen über die Erbringung von Arbeitsleistungen bzw. ab 01.07.2001 die Vereinbarung, dass der Kläger als freier Mitarbeiter für den Erblasser tätig sein sollte. Dass die Arbeitsverträge bzw. das freie Mitarbeiterverhältnis die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger und dem Erblasser verbindlich regeln sollten und auch tatsächlich geregelt haben, folgt auch aus den Angaben des Klägers bei seiner mündlichen Anhörung vom 24.01.2007. Der Kläger hat u.a. angegeben, der Arbeitsvertrag vom 01.04.1998 (richtig: 27.03.1998) sei so praktiziert worden. Ab dem 30.04.1999 sei der Arbeitsanfall nicht so hoch gewesen, so dass er seine Tätigkeit auf der Basis eines Monatsgehalts von 630,00 DM fortgesetzt habe mit zusätzlichen Leistungen für besondere Tätigkeiten. Ab 01.09.2000 habe die Arbeit wesentlich angezogen, so dass deshalb dann ein neuer Arbeitsvertrag zum 01.09.2000 geschlossen worden sei. Am Himmelfahrtstag des Jahrs 2001 habe ein Gespräch über die Gründung einer GmbH stattgefunden. Es sei dabei vereinbart worden, dass er, der Kläger, ein Gewerbe anmelden solle und bis zur Gründung der GmbH seine Tätigkeit als freier Mitarbeiter abrechnen solle. So sei in der Zeit ab 01.07.2001 auch verfahren worden. Er habe seine Einnahmen entsprechend den Arbeitsverträgen als Gehalt und später, nachdem er das Gewerbe angemeldet gehabt habe, als Einkommen aus Gewerbebetrieb versteuert.
Hieraus folgt, dass die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger und dem Erblasser durch Arbeitsverträge und die spätere Vereinbarung eines freien Mitarbeiterverhältnisses verbindlich geregelt und entsprechend praktiziert worden waren. Damit scheidet die Annahme einer zwischen dem Kläger und dem Erblasser bestehenden Innengesellschaft mit der Folge aus, dass dem Kläger weder ein gesellschaftsrechtlicher noch ein gemeinschaftsrechtlicher Auseinandersetzungsanspruch zusteht. Hieran ändert sich auch dadurch nichts, dass dem Kläger der hälftige Gewinn des Drehbereichs unter Anrechnung der von ihm bezogenen Vergütungen zustehen sollte. Insoweit handelt es sich lediglich um eine Modifizierung der vereinbarten Entgelte. Überstieg das hälftige verteilbare Jahresergebnis die von dem Kläger innerhalb des Jahres bezogenen Entgelte, so sollte er den Differenzbetrag gleichsam als Erfolgsprämie zusätzlich erhalten. War das hälftige verteilbare Jahresergebnis dagegen geringer als die von dem Kläger bezogenen Vergütungen, so sollte er zur Rückzahlung des Differenzbetrages verpflichtet sein. Diese Regelung sollte für den Kläger offenbar einen Anreiz bieten, sich um den wirtschaftlichen Erfolg des Drehbereichs in besonderem Maße zu bemühen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision ist gem. § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Streitwertbeschluss:
Der Streitwert für den Berufungsrechtszug ist gem. § 3 ZPO unter Berücksichtigung der Streitwertberechnung des Klägers in der Klageschrift festgesetzt.