Oberlandesgericht Braunschweig
Beschl. v. 01.02.2007, Az.: 2 W 185/06

Bibliographie

Gericht
OLG Braunschweig
Datum
01.02.2007
Aktenzeichen
2 W 185/06
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2007, 59273
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGBS:2007:0201.2W185.06.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Braunschweig - AZ: 1 O 534/06

In der Beschwerdesache

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig durch den Richter am Oberlandesgericht als Einzelrichter am 1. Februar 2007 beschlossen:

Tenor:

  1. Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Braunschweig vom 10.10.2006 - Geschäftsnummer: 1 O 534/06 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

    Der Beschwerdewert wird auf die Streitwertstufe bis 300,00 EUR festgesetzt.

Gründe

1

Die gemäß § 104 Abs. 3 S.1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

2

Dabei kann dahinstehen, ob die vom Beklagten geltendgemachte Differenzverfahrensgebühr aus Ziffer 3101 Nr. 2 VV RVG entstanden ist. Selbst wenn eine derartige Gebühr entstanden sein sollte, kann diese mit Rücksicht auf die in dem zwischen den Parteien geschlossenen Vergleich getroffene Kostengrundentscheidung vorliegend im Kostenfestsetzungsverfahren nicht berücksichtigt werden. Dazu im Einzelnen:

3

1. Inhaltlich stellt das Kostenfestsetzungsverfahren ein selbstständiges Verfahren mit der Besonderheit dar, dass es an die vorausgegangene Kostengrundentscheidung anknüpft. Der Rechtspfleger ist daher im Rahmen seiner Entscheidung an diese Kostengrundentscheidung gebunden (OLG Koblenz MDR 2000, 113). Ihm ist es deshalb insbesondere verwährt, Kosten zu berücksichtigen, die aufgrund der Kostengrundentscheidung nicht ausgleichsfähig sind.

4

Zulässig ist lediglich eine Auslegung der Kostengrundentscheidung durch den Rechtspfleger, sofern diese auslegungsbedürftig ist. Dieses kann z. B. bei einer im Rahmen eines Vergleichs getroffenen Kostenvereinbarung, aber auch bei gerichtlichen Kostenentscheidungen der Fall sein, sofern diese inhaltlich unklar oder unzulässig sind (Zöller/Herget, ZPO, 25. Auflage, § 104 Rd.-Nr. 21, Stichwort "Auslegung"). Maßgeblich für eine Auslegung ist aber allein der Text der Kostengrundentscheidung; eine Beweisaufnahme erfolgt insoweit ebenfalls nicht. (vergleiche OLG Hamm, Juristisches Büro 1968, 297 sowie Zöller/Herget, a.a.O., § 104 Rd.-Nr. 21, Stichwort "Auslegung" mit weiteren Nachweisen).

5

2. In dem Prozessvergleich vom 17.12.2006 (Blatt 139 d. A./Seite 2 des Sitzungsprotokolls vom 12.07.2006) haben die Parteien unter Ziffer 4 vereinbart, dass die Klägerin die Gerichtskosten trägt, die Kosten des Vergleiches gegeneinander aufgehoben werden und die sonstigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens entsprechend einer dort näher bestimmten Quote zwischen den Parteien verteilt werden. Bei derartigen Kostenvereinbarungen entspricht es ständiger Rechtssprechung und der herrschenden Meinung, dass die ehemals als Prozessdifferenzgebühr gemäß § 32 Abs. 2 BRAGO entstehende Gebühr bzw. nunmehr die Terminsdifferenzgebühr gemäß Nr. 3101 VV RVG inhaltlich den Kosten des Vergleichs zuzurechnen sind (vergleiche OLG München, FamRZ 2006, 1995, 1996 mit weiteren Nachweisen) und damit vorliegend wegen der zwischen den Parteien insoweit getroffenen Kostenaufhebung nicht erstattungsfähig ist. Insoweit ist zu nämlich berücksichtigten, dass diese Art von Gebühren nur durch den Abschluss des Vergleichs selbst verursacht wird, indem die vom Einigungswillen getragenen Parteien zur Vermeidung weiterer Rechtsstreitigkeiten zusätzliche Angelegenheiten in den Vergleich miteinbeziehen. Schließlich handelt es sich insoweit um Angelegenheiten, die selbst nicht Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens waren und nur aufgrund der Einigung im Rahmen des Vergleiches bzw. der Vergleichsgespräche Berücksichtigung gefunden haben. Es ist sachgerecht und entspricht auch dem tatsächlichen Willen der Parteien, wenn diese Kosten deshalb rechtlich den Vergleichskosten zuzuordnen sind Hinzu kommt, dass in einem Anwaltsprozess den beteiligten Prozessbevollmächtigten diese höchstrichterliche Rechtssprechung bekannt sein muss und deshalb davon auszugehen ist, dass sie bei einem abweichenden Willen bei der Kostenregelung einen Sprachgebrauch wählen, der diesen abweichenden Willen zum Ausdruck bringt. So ist es nicht unüblich, dass Parteien, die bzgl. einer derartigen Gebühr eine gesonderte Kostenregelung wollen, im Rahmen des Vergleiches ausdrücklich aufnehmen, dass z.B. die Prozessdifferenzgebühr bzw. nunmehr die Terminsdifferenzgebühr entsprechend der für die außergerichtlichen Kosten gewählten Kostenquote ebenfalls erstattet werden muss. Zutreffend weisen deshalb auch Gerold/Schmidt/Müller-Rabe (vergleiche RVG, 17. Auflage, VV 3100 Rd.-Zf. 171) darauf hin, dass die Parteien, wenn sie derartiges wollen, dieses entsprechend zu vereinbaren haben.

6

Auch die Ausführungen des Beklagtenvertreters im Schriftsatz vom 15.12.2006 rechtfertigen keine andere Entscheidung. Das oben genannte Auslegungsverständnis entspricht dem üblichen Sprachgebrauch, der auch in sämtlichen Kommentierungen und auch in zahlreichen höchstrichterlichen Entscheidungen so seinen Niederschlag gefunden hat (vergleiche OLG München, a.a.O. mit weiteren Nachweisen). Soweit der Beklagte anführt, dass eine abweichende Absprache bzw. ein abweichender Konsens zum obigen Auslegungsergebnis bestanden habe, lässt sich dieses im Rahmen eines Kostenfestsetzungsverfahrens nicht feststellen. Maßgebend für die Auslegung ist allein der Text der Kostengrundentscheidung (vergleiche OLG Hamm, a.a.O.). Infolge dessen können Überlegungen und Erklärungen der Parteien, die in diesem Text keinen Niederschlag gefunden haben, zur Auslegung nicht herangezogen werden. Auch erfolgt insoweit keine Beweisaufnahme (OLG Hamm, a.a.O.). Müsste der Kostenbeamte im Streitfall Beweis über tatsächliche Vorgänge erheben, wird die Kostenfestsetzung erschwert und verliert ihren Charakter als Mittel zum zügigen Ausgleich von Verfahrenskosten. Infolge dessen hat auch der Bundesgerichtshof (NJW 2002, 3713 [BGH 26.09.2002 - III ZB 22/02]) entschieden, dass die für die Entstehung einer Gebühr maßgeblichen Tatsachen im Kostenfestsetzungsverfahren feststehen müssen und nicht durch eine Beweisaufnahme erst geklärt werden können.

7

Die Kostenentscheidung in diesem Beschluss beruht auf § 97 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Festsetzung des Beschwerdestreitwertes orientiert sich am Interesse des Beklagten an der Abänderung der Entscheidung.