Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 09.12.2019, Az.: 10 UF 270/19

Beschwerde gegen die Bestellung eines Ergänzungspflegers; Kein Schwerpunkt der Betreuung bei einem Wechselmodell

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
09.12.2019
Aktenzeichen
10 UF 270/19
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2019, 59576
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2019:1209.10UF270.19.00

Verfahrensgang

vorgehend
AG Hannover - AZ: 618 F 4559/19

Amtlicher Leitsatz

Nehmen getrennt lebende Eltern die Betreuung ihres Kindes in der Weise vor, dass es in etwa gleich langen Phasen abwechselnd jeweils bei dem einen und dem anderen Elternteil lebt (sog. Wechselmodell), lässt sich ein Schwerpunkt der Betreuung nicht ermitteln, sodass kein Elternteil die Obhut i.S.d. § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB innehat. Für diesen Fall, dass das betroffene Kind durch keinen der beiden Elternteile in der Frage der Geltendmachung von Kindesunterhaltsansprüchen vertreten wird, kommt entweder die Bestellung eines Ergänzungspflegers in Betracht oder derjenige Elternteil, der den anderen für barunterhaltspflichtig hält, muss gem. § 1628 BGB die familiengerichtliche Übertragung der Entscheidung zur Geltendmachung von Kindesunterhalt herbeiführen.

Tenor:

Der Kindesmutter wird die für das Beschwerdeverfahren nachgesuchte VKH versagt.

Gründe

I.

Die Beteiligten sind - ohne verheiratet zu sein - die Eltern der beiden betroffenen Kinder, für die sie die elterliche Sorge gemeinsam ausüben. Die Kinder leben seit Dezember 2018 im Rahmen eines paritätischen Wechselmodels jeweils abwechselnd für eine Woche bei jedem Elternteil. Der Kindesvater hatte in der Zeit davor, als die Kinder noch überwiegend im Haushalt der Kindesmutter lebten, den von ihm für die Kinder zu leistenden Unterhalt in einer Jugendamtsurkunde tituliert. Er erstrebt nunmehr eine Anpassung der Unterhaltsregelung an die veränderten Betreuungsverhältnisse und hat zur diesbezüglichen gerichtlichen Geltendmachung die Bestellung eines Ergänzungspflegers für die betroffenen Kinder beantragt.

Das Amtsgericht hat dafür das vorliegende Verfahren eingeleitet und der Kindesmutter rechtliches Gehör gewährt. Es hat sodann mit Beschluss vom 23. Oktober 2019 das örtliche Jugendamt, das seine diesbezügliche Bereitschaft bekundet hatte, zum Ergänzungspfleger für die Vertretung der Kinder im vom Kindesvater anhängig gemachten Unterhaltsverfahren 68 F 4551/19 bestellt.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Kindesmutter, die zunächst für das Beschwerdeverfahren um Verfahrenskostenhilfe (VKH) nachsucht.

II.

Der Kindesmutter kann die für das Beschwerdeverfahren nachgesuchte VKH nicht bewilligt werden, weil ihre Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.

Angesichts der unstreitigen derzeitigen Betreuung der betroffenen Kinder in einem paritätischen Wechselmodell kann deren gesetzliche Vertretung im vom Kindesvater betriebenen Abänderungsverfahren bezüglich seiner titulierten Unterhaltsleistungen durch keinen der beiden Elternteile ausgeübt werden. Für eine Vertretung durch die Kindesmutter gemäß § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB fehlt es aufgrund des praktizierten paritätischen Wechselmodels schon am Erfordernis einer durch sie ausgeübten Obhut; im Übrigen sind beide Elternteile auch deswegen durchgreifend an der Vertretung gehindert, weil sie als gleichrangig den Kindern Unterhaltsverpflichtete insoweit jeweils eigene Interessen verfolgen. Insofern ist die von der Kindesmutter weiterhin bekämpfte Bestellung eines Ergänzungspflegers mit dem beschriebenen Aufgabenkreis rechtlich zwingend (vgl. Senatsbeschluss vom 20. August 2014 - 10 UF 163/14 -, FamRZ 2015, 590 und grundlegend Schmitz in Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 10. Auflage, § 10 Rn 44 ff., Streicher in Schwab/Ernst, Handbuch Scheidungsrecht, 8. Auflage, § 10 Rn 10, jeweils m. w. N.).