Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 31.07.2013, Az.: L 3 KA 38/12
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 31.07.2013
- Aktenzeichen
- L 3 KA 38/12
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2013, 64270
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG - 08.02.2012 - AZ: S 35 KA 51/09
Rechtsgrundlagen
- § 22 Abs 2 EKV Z
- § 3 Abs 3 Anh 1 Nr II.2 Vereinbarung über das Gutachterverfahren bei der Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Aufgrund des Schiedsspruchs des Bundesschiedsamts vom 21. Mai 2007 gilt auch im Ersatzkassenbereich, dass - abweichend von § 22 Abs 2 EKV Z - die Kosten von Mängelgutachten dem Vertragszahnarzt auferlegt werden können, wenn dieser die Mängel zu vertreten hat.
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 8. Februar 2012 und der Bescheid der Beklagten vom 26. Mai 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2011 auf-gehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, gegenüber der Beigeladenen zu 1. eine Entscheidung über die Tragung der Gutachtergebühren iHv 99,-- Euro unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu treffen.
Die Beklagte trägt die Kosten beider Rechtszüge mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen zu 1. und 3., die diese selbst tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 50,-- Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Übernahme der Kosten für die Begutachtung zahnprothetischer Versorgung.
Im Dezember 2008 gliederte die zu 1. beigeladene Zahnärztin dem bei der Klägerin versicherten Patient E. eine Brücke im Bereich der Zähne 14-16 und 17 des Oberkiefers ein. Zur Begutachtung bestehender Mängel der prothetischen Versorgung beauftragte die Klägerin den Zahnarzt Dr. F.. Dieser gelangte in seinem Gutachten vom 30. Oktober 2008 und seiner ergänzenden Stellungnahme vom 10. November 2008 zu dem Ergebnis, dass die prothetische Versorgung mängelbehaftet und eine Nachbesserung nicht möglich sei. Der Sachverständige empfahl eine Neuanfertigung der Brücke und stellte der Klägerin Kosten für die Erstellung des Gutachtens iHv 99,-- Euro in Rechnung, die diese erstattete.
Mit Schreiben vom 6. Januar 2009 machte die Klägerin gegenüber der beklagten Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV) einen Erstattungsanspruch iHv insgesamt 532,41 Euro geltend. Dieser setzte sich zusammen aus dem von der Klägerin für die prothetische Versorgung übernommenen Kassenanteil von 433,41 Euro und den „Gutachtergebühren“ iHv 99,-- Euro.
Mit Bescheid vom 26. Februar 2009 gab die Beklagte dem Erstattungsantrag iHv 433,41 Euro statt und teilte mit, dass über den Antrag auf Erstattung der Gutachtergebühren (99,-- Euro) gesondert entschieden werde.
Mit Bescheid vom 26. Mai 2009 lehnte die Beklagte die Erstattung der Gutachtergebühren iHv 99,-- Euro ab. Die Kosten der Erstbegutachtung habe nach § 22 Abs 2 S 1 Ersatzkassenvertrag-Zahnärzte (EKV-Z) die zuständige Krankenkasse zu tragen. Die Regelung des Bundessschiedsamts vom 21. Mai 2007 zur Kostentragung bei Mängelgutachten im Verschuldensfall (Vereinbarung über das Gutachterverfahren bei der Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen ab dem 1. Januar 2007 zu § 25 EKV-Z) sei nichtig. Das Bundesschiedsamt habe hier eine Regelung zu einem Gegenstand getroffen, der bereits durch die Bundesvertragspartner vertraglich geregelt sei. Im Ergebnis hätten im Mängelverfahren immer die Krankenkassen die Gutachterkosten zu tragen. Nur die Obergutachterkosten könnten unter den Voraussetzungen des § 22 Abs 2 S 2 EKV-Z dem Zahnarzt auferlegt werden.
Die Klägerin hat am 22. Juni 2009 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hannover erhoben. Die Tragung der Gebühren für die Begutachtung und Oberbegutachtung von Zahnersatz richte sich zwar grundsätzlich nach § 22 Abs 2 EKV-Z. Danach trage die Ersatzkasse diese Gebühren. Die Beklagte sei aber verpflichtet, in Anwendung von Nr II.3 des Anhangs zur Vereinbarung über das Gutachterverfahren bei der Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen ab dem 1. Januar 2007 über die Übernahme der Kosten für die beiden in Auftrag gegebenen Gutachten zu entscheiden. Die Beklagte hätte bei den festgestellten vom Zahnarzt zu vertretenden Mängeln Ermessen hinsichtlich der Auferlegung der Kosten für die Begutachtung ausüben müssen. Dies habe sie nicht getan, sodass ein Ermessensnichtgebrauch vorliege.
Während des Klageverfahrens hat die Beklagte den Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2011 erlassen. Das als Prozessvoraussetzung erforderliche Widerspruchsverfahren sei nachzuholen. Insoweit gelte die Klageerhebung zugleich als Einlegung des Widerspruchs. Der Widerspruch sei zurückzuweisen. Zur Begründung hat die Beklagte auf den Bescheid vom 26. Mai 2009 verwiesen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 8. Februar 2012 abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten in Gestalt des Widerspruchsbescheides sei rechtmäßig. Die Klägerin habe keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Kosten des Gutachtens übernehme. Da die Kosten des Obergutachtens nicht abgelehnt worden seien, fehle insoweit eine die Klägerin belastende Verwaltungsentscheidung. Die Klägerin sei insoweit nicht beschwert. Rechtsgrundlage für die Ablehnung der Übernahme der Gutachterkosten sei § 22 Abs 2 S 1 EKV-Z. Diese gesamtvertragliche Regelung sei nicht durch den Spruch des Bundesschiedsamts für die vertragszahnärztliche Versorgung vom 21. Mai 2007 beseitigt worden. In dem Beschluss sei unter Nr 4 geregelt, dass dem Antrag Nr 8 der Spitzenverbände der Krankenkassen, wonach dem Vertragszahnarzt die Kosten der Begutachtung auferlegt werden könnten, wenn Mängel oder Planungsfehler festgestellt würden, die der Vertragszahnarzt zu vertreten habe, stattgegeben werde. Unter Nr 8 sei beantragt worden, im Anhang gemäß § 3 Abs 3 der Vereinbarung über das Gutachtenverfahren die Regelung einzufügen, dass dem Vertragszahnarzt bei Mängeln und Planungsfehlern, die er zu vertreten habe, die Kosten der Begutachtung aufzuerlegen seien. Der Antrag sei nicht auf Beseitigung von § 22 Abs 2 S 1 EKV-Z ausgelegt gewesen. Die Gebühren der Begutachtung von Zahnersatz trage damit nach der vertraglichen Grundnorm weiter die Ersatzkasse. Da die vertragliche Grundnorm weiterhin existiere, lasse sich der Beschluss dahingehend auslegen, dass bei verschuldeten Mängeln dem Vertragszahnarzt die Kosten des Obergutachtens auferlegt werden könnten. Der Beschluss des Schiedsamtes sei deshalb als eine die Umstände konkretisierende Regelung aufzufassen. Dabei übersehe das Gericht nicht, dass der Antrag der Ersatzkassenverbände eine andere Zielrichtung gehabt habe. Ohne Beseitigung der Grundnorm des § 22 Abs 2 S 1 EKV-Z könnten den Zahnärzten aber keine Kosten auferlegt werden. Die Kammer sei der Überzeugung, dass Normsetzungsverträge den Grundsätzen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit genügen müssten. Dies gelte umso mehr, wenn sie Rechtsgrundlage für belastende Verwaltungsakte sein sollten. Die Beseitigung des § 22 Abs 2 S 1 EKV-Z sei nicht mit hinreichender Deutlichkeit geregelt worden. Demgemäß sei es der Beklagten nicht möglich, gegen den Vertragszahnarzt die Kosten des Gutachtens festzusetzen.
Gegen das am 12. April 2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 8. Mai 2012 Berufung bei dem Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen eingelegt. Mit Einführung der befundorientierten Festzuschüsse zum 1. Januar 2005 hätten es alle Beteiligten auf der Bundesebene für sinnvoll und notwendig erachtet, ein auf die neuen Bedingungen abgestimmtes Gutachterverfahren für Zahnersatz zu vereinbaren. In einzelnen Punkten sei jedoch eine Einigung nicht erzielt worden. In der Folge sei deshalb ein Bundesschiedsamtsverfahren eingeleitet worden. Gegen die Entscheidung des Bundesschiedsamts habe keiner der Beteiligten Rechtsmittel eingelegt. Zutreffend sei, dass der Spruch des Bundesschiedsamts § 22 Abs 2 EKV-Z nicht beseitigt habe. Dies sei auch nicht notwendig gewesen. § 22 EKV-Z enthalte nämlich als Grundnorm allgemeine Regelungen. Nr II.2 des Anhangs zu der Gutachtervereinbarung habe als lex specialis für das Mängelgutachterverfahren eine von der allgemeinen Regelung des § 22 Abs 2 EKV-Z abweichende Regelung treffen wollen. Die in § 22 EKV-Z getroffenen Vereinbarungen ua über die Oberbegutachtung bei Zahnersatz entfalteten weiterhin Geltung. Mit dem von den Spitzenverbänden der Krankenkassen gestellten Antrag Nr 8 habe gerade eine Änderung der Kostentragungspflicht bei der Erstbegutachtung mängelbehafteten Zahnersatzes erreicht werden sollen. Das Schiedsamt habe dem Antrag stattgegeben und entschieden, dass ergänzend bei Mängelgutachten dem Vertragszahnarzt die Kosten der Begutachtung auferlegt werden können. Nach der Entscheidung des Bundesschiedsamtes hätten die Vertragspartner die Gutachtervereinbarung einvernehmlich als Anlagen zu den beiden Bundesmantelverträgen übernommen. Dies könne nur so interpretiert werden, dass alle Beteiligten von einer die Regelungen des EKV-Z ersetzenden bzw modifizierenden Wirksamkeit der Gutachtervereinbarung ausgegangen seien. Im Ergebnis seien die Regelungen an die entsprechende Stelle der Regelungen aus dem EKV-Z getreten, soweit dort das Gutachterverfahren für Zahnersatz betroffen sei.
Die Klägerin beantragt,
1. das Urteil des Sozialgericht Hannover vom 8. Februar 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26. Mai 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2011 aufzuheben,
2. die Beklagte zu verurteilen, gegenüber der Beigeladenen zu 1. eine Entscheidung über die Tragung der Gutachtergebühren in Höhe von 99,-- Euro unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu treffen.
Die Beklagte und die Beigeladene zu 2. beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die übrigen Beigeladenen stellen keinen Antrag.
Sie erachten die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den gesamten Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist begründet. Das Urteil des SG war aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, gegenüber der Beigeladenen zu 1. eine Entscheidung über die Tragung der Gebührenkosten iHv 99,-- Euro zu treffen.
Klagegegenstand gemäß § 95 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist der Bescheid vom 26. Mai 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 24. Februar 2011. Die hiergegen gerichtete Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage in der Sonderform der Bescheidungsklage (§ 54 Abs 1 iVm § 131 Abs 3 SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Die Klage ist auch begründet. Die Beklagte konnte im Verhältnis zur Klägerin zwar durch Verwaltungsakt über den geltend gemachten Anspruch entscheiden (Bundessozialgericht <BSG> SozR 3-5555 § 12 EKV-Z Nrn 1, 2 und 3; SozR 4-5555 § 21 Nr 2). Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 26. Mai 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2011 war aber aufzuheben. Die Klägerin hat einen Anspruch darauf, dass die Beklagte über den Antrag, die Kosten für das Mängelgutachten des Sachverständigen G. iHv 99,-- Euro der Beigeladenen zu 1) aufzuerlegen, neu entscheidet. Die Klägerin ist vorliegend dadurch beschwert, dass die Beklagte von dem ihr eingeräumten Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 54 Abs 2 S 2 SGG).
Nach § 25 Abs 1 EKV-Z (in der seit 1. Januar 2005 geltenden Fassung) kann die Ersatzkasse die Begutachtung eines beantragten - Planungsgutachten - oder bereits eingegliederten - Mängelgutachten - Zahnersatzes (einschließlich Zahnkronen) durch einen Gutachter gemäß § 22 dieses Vertrages veranlassen. § 22 EKV-Z sieht einen (Erst-) Gutachter sowie einen Obergutachter vor, der zur Überprüfung des Erstgutachtens angerufen werden kann. Hinsichtlich der Begutachtungskosten war bislang (allein) § 22 Abs 2 EKV-Z einschlägig: Nach dessen S 1 trägt die Ersatzkasse die Gebühren für die Begutachtung von Zahnersatz, kieferorthopädischer Behandlung und Parodontalbehandlung sowie die Oberbegutachtung bei Zahnersatz (zu den Kosten der Oberbegutachtung bei kieferorthopädischer und bei Parodontalbehandlung vgl § 22 Abs 3 EKV-Z). Dem Vertragszahnarzt können jedoch nach § 22 Abs 2 S 2 EKV-Z die Kosten des Zahnersatz-Obergutachtens von der KZV auferlegt werden, wenn es nach den Umständen gerechtfertigt erscheint. Eine Unterscheidung zwischen Planungs- und Mängelgutachten ist bei der Kostenregelung des § 22 Abs 2 EKV-Z nicht vorgesehen.
Diese Kostenlastverteilung im prothetischen Gutachterverfahren ist aber durch den Beschluss des Bundesschiedsamtes für die vertragszahnärztliche Versorgung vom 21. Mai 2007 mit der Konsequenz geändert worden, dass die Kosten prothetischer Mängelgutachten zwar weiterhin grundsätzlich von der Krankenkasse zu tragen sind, sie aber dem Vertragszahnarzt auferlegt werden können, wenn dieser die Mängel zu vertreten hat. Dies ergibt sich nunmehr aus Ziff II.2 (S 2) des Anhangs zu § 3 Abs 3 der „Vereinbarung über das Gutachterverfahren bei der Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen“, die Bestandteil des EKV-Z geworden ist. Die Regelung gilt sowohl für Erst- als auch für Obergutachten, mithin auch für das vorliegende Erstgutachten von Dr. Bitter.
Im Verlauf der Verhandlungen zur Festsetzung der Vereinbarung über das Gutachterverfahren bei der Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen (abgedruckt in Engelmann <Hrsg>, Aichberger - Sozialgesetzbuch, Gesetzliche Krankenversicherung/Soziale Pflegeversicherung, Nr 945) nach der Anl 12 zum Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z) und nach § 25 EKV-Z, die nach Einführung der Festzuschüsse zum Zahnersatz nach § 55 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) geführt worden sind, waren zwischen den Vertragsparteien verschiedene ehemals bereits konsentierte Inhalte streitig gewesen. Die Beigeladene zu 2. hatte deshalb am 31. Januar 2006 das Scheitern der Verhandlung erklärt und am 31. März 2006 das Bundesschiedsamt angerufen. Dem Antrag Nr 8 der Spitzenverbände der Krankenkassen, wonach im Anhang gem § 3 Abs 3 der Vereinbarung über das Gutachterverfahren die Regelung einzufügen ist, dass dem Vertragszahnarzt bei Mängeln und Planungsfehlern, die er zu vertreten hat, die Kosten der Begutachtung aufzuerlegen sind, hat das Bundesschieds-amt aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. Oktober 2006 und 20. Dezember 2006 stattgegeben (vgl Beschluss vom 21. Mai 2007, dort Nr 4). Das Bundesschieds-amt hat dabei (ausweislich der Beschlussbegründung) als entscheidend angesehen, dass die Kostenbelastung des mangelhaft arbeitenden Zahnarztes den vertragsrechtlichen Grundlagen des Behandlungsvertrags entspreche und dies auch in der Anl 6 zum BMV-Z so geregelt sei.
Damit ist diese Regelung kraft der Gestaltungsbefugnis des Bundesschiedsamtes (§ 89 Abs 1 und 4 SGB V) in die Vereinbarung über das Gutachterverfahren bzw den EKV-Z eingefügt worden. Der Schiedsspruch ist als Verwaltungsakt gegenüber den am Verfahren beteiligten Spitzenverbänden der Krankenkassen und der Beigeladenen zu 2. bestandskräftig geworden, da eine Klage (vgl § 29 Abs 4 Nr 1 SGG) gegen den Schiedsspruch nicht erhoben worden ist. Nichtigkeitsgründe nach § 40 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) sind nicht ersichtlich. Folge der Bestandskraft des Schiedsspruchs ist es, dass Einwände in Hinblick auf das rechtmäßige Zustandekommen des Schiedsspruchs auch im vorliegenden Verfahren nicht mehr geltend gemacht werden können. Denn zum einen ist es Ausdruck der damit verbundenen Tatbestandswirkung, dass die Regelungen des Schiedsspruchs Verbindlichkeit entfalten und von den Verfahrensbeteiligten, anderen Behörden, öffentlich-rechtlichen Rechtsträgern und auch den Gerichten als maßgeblich zu akzeptieren sind (Roos in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl, vor § 39 Anm 4). Zum anderen entspricht es dem in § 89 SGB V vorgesehenen Vertragsersetzungs- und Rechtsschutzsystem, dass ausschließlich die Partner der Gesamtverträge - hier der Bundesmantelverträge - die Entscheidungen des Schiedsamtes einer gerichtlichen Kontrolle daraufhin unterziehen können, ob das Schiedsamt die gesetzlichen Grenzen und Vorgaben der Festsetzung des Inhalts eines Gesamtvertrags beachtet hat (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 21 mwN). Hat aber die Beigeladene zu 2. von einer Anfechtung des Beschlusses vom 21. Mai 2007 abgesehen, kann sich nunmehr nicht die Beklagte (zB) darauf berufen, das Schiedsamt sei bei seiner Entscheidung nicht zutreffend besetzt gewesen oder eine Modifikation der in § 22 Abs 2 EKV-Z vorgesehenen Kostenregelung habe den vom Schiedsamt zu entscheidenden Streitgegenstand überschritten (so die Argumentation in dem am heutigen Tag entschiedenen Parallelverfahren L 3 KA 69/12).
Ist nach alledem Ziff II.2 (S 2) des Anhangs zu § 3 Abs 3 der Vereinbarung über das Gutachterverfahren bei der Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen Bestandteil des EKV-Z geworden, kann seiner Anwendbarkeit im vorliegenden Fall auch nicht entgegengehalten werden, die dortige Regelung stehe im Widerspruch zum - durch den Schiedsspruch nicht ausdrücklich aufgehobenen - § 22 Abs 2 EKV-Z.
Die Einfügung der Vereinbarung über das Gutachterverfahren bei der Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen in den EKV-Z führt allerdings in verschiedener Hinsicht zu Reibungen mit den sonstigen Regelungen des EKV-Z. So kann etwa das Einvernehmen des Ersatzkassenverbandes zur Bestellung der Gutachter durch die KZV nach § 22 Abs 1 S 4 EKV-Z (allgemein) aus wichtigem Grund versagt werden, während dies nach § 7 Abs 1 S 3 der Vereinbarung nur der Fall sein soll, wenn begründete Zweifel an der Eignung des vorgesehenen Gutachters bestehen oder die erforderliche Anzahl der Gutachter in einer Region überschritten wird. § 25 Abs 3 S 1 EKV-Z sieht nur vor, dass gegen die Stellungnahme eines Gutachters zum Heil- und Kostenplan ein Obergutachten bei der KZV beantragt werden kann; nach § 6 Abs 2 S 1 der Vereinbarung kann dies aber auch bei Gutachten zu ausgeführten prothetischen Leistungen erfolgen. Ferner erschließt sich nicht ohne weiteres, in welchem Verhältnis die in § 25 Abs 4 EKV-Z einerseits und die unter Ziff I.5 des Anhangs zur Vereinbarung andererseits festgesetzten Gebühren-Bewertungszahlen stehen sollen. Derartige Widersprüche führen aber nur dann zur Unanwendbarkeit vertraglicher Regelungen, wenn sie sich nicht durch die herkömmlichen Auslegungsgrundsätze bereinigen lassen, insbesondere unter den Gesichtspunkten der Spezialität oder der Derogation (lex posterior derogat legi priori).
Nach Auffassung des Senats kann der bestehende und vom SG in seinem Urteil vom 8. Februar 2012 angenommene Widerspruch zum nicht geänderten § 22 Abs 2 EKV-Z vorliegend über die Spezialität der Regelungen der Gutachtervereinbarung aufgelöst werden. Dies ergibt sich aus dem Inhalt der Vorschriften: § 22 Abs 2 EKV-Z regelt, dass die Gebühren für die Erstbegutachtung und die Oberbegutachtung von Zahnersatz von der Ersatzkasse zu tragen sind, wobei die Kosten des Obergutachtens (ausnahmsweise) dem Vertragszahnarzt auferlegt werden können, wenn es nach den Umständen gerechtfertigt erscheint. Eine Unterscheidung zwischen Planungs- und Mängelgutachten wird dort nicht getroffen, sodass die Regelung beide Fälle betrifft. Demgegenüber gilt Ziff II.2 des Anhangs zur Gutachtervereinbarung speziell für Mängelgutachten und gibt dabei vor, dass die Kosten dieser Gutachten (unabhängig, ob Erst- oder Obergutachten) dem Vertragszahnarzt auferlegt werden können, wenn Mängel festgestellt werden, die dieser zu vertreten hat. Für Mängelgutachten verdrängt damit die Spezialvorschrift der Ziff II.2 des Anhangs die allgemeinere Vorschrift in § 22 Abs 2 EKV-Z (vgl in diesem Sinne zu den Mängelansprüchen bei prothetischen Leistungen nach dem BMV-Z bereits BSG, Urteil vom 27. Juni 2001 - B 6 KA 60/00 R - juris).
Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass auch die Kostentragung für Planungsgutachten im Anhang zu § 3 Abs 3 der Gutachtervereinbarung nochmals aufgegriffen wird: Nach Ziff I.5 letzter Satz trägt die Kosten dieser Begutachtung „grundsätzlich die Krankenkasse“. Denn eine inhaltliche Konkretisierung, was in diesem Sinne „Grundsatz“ und was „Ausnahme“ sein soll, ist der Vorschrift nicht zu entnehmen. In Zusammenschau von § 22 Abs 2 EKV-Z und Ziff I.5 letzter Satz der Gutachtervereinbarung ist vielmehr davon auszugehen, dass letztere Regelung lediglich das bereits in § 22 Abs EKV-Z vorgegebene Regel-Ausnahme-Verhältnis (grundsätzliche Kostentragung der Kasse, Ausnahme nur bei Obergutachten, wenn es nach den Umständen gerechtfertigt ist) fortschreibt. Im Übrigen würde sich am vorliegenden Ergebnis auch nichts ändern, wenn man in Hinblick auf Ziff I.5 letzter Satz davon ausginge, dass der Anhang zur Gutachtervereinbarung die Kostentragung für alle prothetischen Gutachten abweichend von § 22 Abs 2 EKV-Z regelt. Denn dann hätte die spätere vertragliche Regelung - die zum 1. Januar 2007 in Kraft getretene Gutachtervereinbarung - die früher vereinbarte Regelung in § 22 Abs 2 EKV-Z derogiert.
Nach alledem hätte die Beklagte auf der Grundlage der Ziff II.2 S 2 des Anhangs zur Gutachtervereinbarung eine Ermessensentscheidung darüber treffen müssen, ob der Beigeladenen zu 1. die Kosten der Begutachtung durch G. auferlegt werden. Denn nach dem Gutachten von G. vom 30. Oktober 2008 war die streitbefangene prothetische Versorgung wegen fehlerhafter okklusaler Zuordnung mängelbehaftet, was auch die Beigeladene zu 1. (mit Schreiben vom 29. Januar 2009) eingeräumt hat und von ihr zu vertreten ist. Wenn die Beklagte dies unterlassen hat, liegt hierin ein Ermessensausfall, der gemäß § 54 Abs 2 S 2 SGG zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide führt.
Die Beklagte wird bei Erlass des neuen Verwaltungsaktes zu beachten haben, dass eine Kostentragung durch den Vertragszahnarzt bei nachgewiesenen, von ihm zu vertretenden Mängeln angesichts des in Ziff II.2 S 2 des Anhangs zur Gutachtervereinbarung zugrunde gelegten Veranlassungsprinzips der Regelfall sein wird. Eine Abweichung hiervon ist nur in besonderen Fällen gerechtfertigt, etwa wenn dem Versicherten ein erhebliches, den Vertragszahnarzt wesentlich entlastendes Mitverschulden vorgeworfen werden kann.
Insgesamt ist der Berufung stattzugeben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 154 Abs 1, 162 Abs 3 iVm § 154 Abs 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) zugelassen.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus der Anwendung des § 197a Abs 1 SGG iVm §§ 47 Abs 1 S 1, 52 Abs 1 Gerichtskostengesetz (GKG), wobei der Senat in ständiger Rechtsprechung bei umstrittenen Ermessensentscheidungen die Hälfte des maximal möglichen Leistungsbetrags zugrunde legt.