Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 30.11.1998, Az.: 4 M 4495/98

Festzuschuss; Krankenhilfe; Nachrang; Notwendigkeit; Sozialhilfe; Zahnersatz

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
30.11.1998
Aktenzeichen
4 M 4495/98
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1998, 34905
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1998:1130.4M4495.98.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Osnabrück - AZ: 4 B 72/98

Amtlicher Leitsatz

1. Krankenhilfe für die medizinisch notwendige Versorgung mit Zahnersatz kommt auch insoweit in Betracht, als die Kosten den Festzuschuss, den die Krankenkasse in einem Härtefall gewährt, übersteigen.

2. Die vom Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen festgesetzten Festzuschüsse für die Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen gemäß § 30 a Abs. 2 und 3 SGB V (Bundesanzeiger 1998, S. 14090) sind nicht geeignet, als generelles Indiz für die Notwendigkeit der Höhe von Kosten von Zahnersatzbehandlungen herangezogen zu werden.

3. Ein Verweis auf das Nachrangprinzip des § 2 Abs. 1 BSHG ist nicht möglich, wenn die Krankenkasse nicht bereit ist, sich mit mehr als dem "100 %-igen" Festzuschuß für Härtefälle gemäß § 61 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 SGB V an den Kosten der Zahnersatzbehandlung zu beteiligen. Nach der ständigen Rechtsprechung der Sozialgerichte in Niedersachsen ist die Beantragung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung gegen die Krankenkasse vor den Sozialgerichten nicht erfolgversprechend.

4. Zur Versorgung von Härtefällen gemäß § 61 SGB V mit Zahnersatz nach Einführung der Festzuschußregelung der §§ 30, 30 a SGB V seit dem 3. Januar 1998.

Gründe

1

Die durch Beschluss des Senates vom 2. Oktober 1998 - 4 M 4243/98 - zugelassene Beschwerde ist nicht begründet.

2

Das Verwaltungsgericht hat die Antragsgegnerin zu Recht durch Erlass einer einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Teil der Zahnersatzbehandlungskosten lt. Heil- und Kostenplan vom 30. April 1998, der durch den von der DAK Osnabrück bestimmten Festzuschuss (für einen Härtefall im Sinne des § 61 SGB V ) nicht gedeckt ist, vorläufig zu übernehmen.

3

Soweit die Antragsgegnerin meint, durch die Formel im angefochtenen Beschluss dazu verpflichtet worden zu sein, vorbehaltlos eine Beihilfe bis zur Höhe von 377,58 DM bereits vor Durchführung der Zahnbehandlung zu bewilligen, ohne dass eine Überprüfung der Zahnarztrechnung vor ihrer Bezahlung sichergestellt wäre, ist der Beschlussformel eine solche Verpflichtung nicht zu entnehmen. Aus der Formulierung "für die Begleichung der Restkosten ... bis zu 377,58 DM zu bewilligen" ergibt sich nicht die Verpflichtung, die ungedeckten Kosten der Zahnersatzbehandlung der Antragstellerin schon vor Vorlage einer abschließenden Rechnung über diese Behandlung zu begleichen. Vielmehr entstehen diese "Restkosten" erst mit der Durchführung der entsprechenden zahnärztlichen Behandlung. Darüber hinaus ergibt sich aus dem seit dem 3. Januar 1998 geltenden § 30 Abs. 4 Satz 2 2. Halbs. SGB V, dass der Vertragszahnarzt seine Leistungen nicht von einer Vorleistung des Versicherten abhängig machen darf. Dieses gilt auch für den Fall, dass ein Träger der Sozialhilfe die von einem Versicherten zu tragenden Kosten zu übernehmen hat. Diese Neuregelung der Kostenerstattung durch Festzuschüsse bei Zahnersatz gemäß §§ 30, 61 Abs. 1 Nr. 2 SGB V ist durch das Zweite Gesetz nur Neuordnung von Selbstverwaltung und Eigenverantwortung in der gesetzlichen Krankenversicherung (2. GKV-Neuordnungsgesetz - 2. GKV-NOG) vom 23. Juni 1997 (BGBl I S. 1520) eingeführt worden und gemäß Art. 19 Abs. 4 dieses Gesetzes mit Veröffentlichung der Festzuschüsse im Bundesanzeiger (1998, Nr. 1, S. 2) am 3. Januar 1998 in Kraft getreten.

4

Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO liegen vor. Die Antragstellerin hat sowohl den erforderlichen Anordnungsgrund, als auch den Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht; insoweit wird gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts verwiesen. Ergänzend weist der Senat auf folgendes hin:

5

Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin kann der Anordnungsgrund, d.h. die Eilbedürftigkeit für die begehrte Regelung, nicht mit dem Argument verneint werden, die zahnärztliche Versorgung und damit die eigentliche Bedarfsdeckung sei sichergestellt, weil gemäß § 30 Abs. 4 Satz 2 SGB V der Kassenzahnarzt, der die gesetzliche Festzuschuss- Regelung nicht respektiere und höhere Gebühren in Rechnung stelle, nicht berechtigt sei, eine Patientin, die seine Gebührenforderung nicht vor der Behandlung akzeptiere, nicht zu behandeln oder die Behandlung von einer Vorauszahlung abhängig zu machen. Eine derartige Verpflichtung des Zahnarztes läßt sich dem § 30 Abs. 4 Satz 2 SGB V nicht entnehmen. Vielmehr ist im zweiten Halbsatz dieser Regelung nur ausgeführt, dass der Vertragszahnarzt seine Leistungen nicht von einer Vorleistung des Versicherten abhängig machen darf. Durch diese Regelung ist es dem Zahnarzt jedoch nicht verwehrt, den Beginn der Behandlung davon abhängig zu machen, dass zuvor geklärt wird, ob die von ihm begehrten Kosten für diese Behandlung auch übernommen werden.

6

Der Anspruch der Antragstellerin auf Übernahme der (bisher) nicht gedeckten Restkosten für die bei ihr inzwischen durchgeführte Zahnersatzbehandlung ergibt sich aus § 37 Abs. 1 und 2 BSHG. Zum Anwendungsbereich dieser Vorschrift hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt: § 37 Abs. 2 Satz 2 BSHG steht der Übernahme (restlicher) Kosten des Zahnersatzes durch den Träger der Sozialhilfe nicht entgegen. Wenn es in dieser Regelung heißt, dass Leistungen der Krankenhilfe in der Regel den Leistungen entsprechen sollen, die nach den Vorschriften über die gesetzliche Krankenversicherung gewährt werden, so bedeutet dies nur, dass der Sozialhilfeträger darauf beschränkt ist, das als Bedarf an Krankenhilfe anzuerkennen, was nach dem Leistungsrahmen der gesetzlichen Krankenversicherung in diesem Versicherungszweig seiner Art nach und hinsichtlich der näheren Leistungsmodalitäten als Bedarf anerkannt werden kann. Eine Begrenzung des Leistungsumfangs auch dahin, dass Sozialhilfe nur in der Höhe gewährt werden kann, in der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung in Betracht kommen, ist § 37 Abs. 2 Satz 2 BSHG dagegen nicht zu entnehmen. Während in der gesetzlichen Krankenversicherung Teilleistungen und damit ein dem Versicherten verbleibender Eigenanteil gerechtfertigt sein mögen, ist im Sozialhilferecht die Hilfeleistung so zu bemessen, dass der Hilfebedürftige seinen notwendigen Bedarf tatsächlich in vollem Umfang befriedigen kann. Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, durch die dieser Bedarf nicht in voller Höhe gedeckt wird, können deshalb zwar - im Hinblick auf den Vorrang dieser Leistungen ( § 2 Abs. 2 BSHG ) - zur Kürzung, nicht aber zum gänzlichen Wegfall der Sozialhilfe führen ( BVerwG, Urt. v. 17.6.1993 - 5 C 11.91 - BVerwGE 92, 336 = NDV 1993, 480 = FEVS 44, 265; Urt. v. 30.9.1993 - 5 C 49.91 - BVerwGE 94, 211 = NDV 1994, 150).

7

Diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beschränkt sich entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin nicht auf Fallgestaltungen, in denen von vornherein damit zu rechnen ist, dass die Krankenkassenleistungen nicht zur Deckung der Behandlungskosten ausreichen. Maßgebend ist im Rahmen der Krankenhilfe nach § 37 BSHG allein, ob die konkret zu beurteilende Behandlung "zum notwendigen Bedarf der Krankenhilfe" gehört. In diesem Sinne hat z.B. das Verwaltungsgericht Hannover die Übernahme von Restkosten für eine Brille (Gerichtsbescheid vom 6.3.1991 - 3 A 428/90 - ZfF 1992, 13) bzw. für ein Brillengestell und für Edelmetallkosten bei einer Zahnersatzbehandlung (Gerichtsbescheid vom 24.10.1991 - 3 A 1480/91 - ZfF 1992, 13 f.) abgelehnt, weil diese Kosten nicht notwendig gewesen seien. Dagegen hat es, nachdem durch § 33 Abs. 1 Satz 3 SGB V ab 1. Januar 1997 der Anspruch auf einen Zuschuss zu einem Brillengestell ausgeschlossen worden ist, den Sozialhilfeträger durch Urteil vom 6. Februar 1998 (3 A 5219/97) verpflichtet, die Kosten für die Beschaffung eines einfachen Brillengestells bis zu 40,-- DM zu übernehmen; der Senat hat den Antrag des Sozialhilfeträgers auf Zulassung der Berufung durch Beschluss vom 4. Juni 1998 (4 L 1857/98) abgelehnt.

8

Vorliegend bestehen Bedenken gegen die Notwendigkeit der inzwischen durchgeführten Zahnersatzbehandlung als solcher nicht. Auch hinsichtlich der Notwendigkeit der Höhe der Behandlungskosten gibt es keine substantiierten Bedenken. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen der Antragsgegnerin und des Verwaltungsgerichts ist nicht erkennbar, dass die Zahnersatzbehandlung der Antragstellerin preisgünstiger hätte durchgeführt werden können. Auch der Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen hält in seinem Schreiben vom 3. November 1998 die Abrechnung durch die Zahnärztin vom 15. Oktober 1998 für korrekt. In dieser Rechnung ist die behandelnde Zahnärztin auch nicht über den der Festsetzung der Festzuschüsse gemäß § 30 a Abs. 3 Satz 1 SGB V zugrundeliegenden 1,7-fachen Steigerungssatz für Gebühren nach der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) hinausgegangen. Es bedarf in diesem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auch nicht einer abschließenden Entscheidung darüber, ob für die Versorgung des Backenzahnes Nr. 36 mit einer Krone die Verwendung von Edelmetall (lt. Laborrechnung vom 14. Oktober 1998 mit Kosten in Höhe von 156,55 DM) notwendig war. Denn dem Beschluss des Verwaltungsgerichts lag nur der Kostenansatz lt. dem Heil- und Kostenplan vom 30. April 1998 in Höhe von 887,58 DM zugrunde, während die Endrechnung vom 15. Oktober 1998 mit einem Betrag von 976,06 DM abschloß. Angesichts dieser Differenz in Höhe von 88,48 DM sind die Edelmetallkosten in dem angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts nur mit einem Betrag von 68,07 DM berücksichtigt worden. Dieser Beschluss ist von der Antragstellerin auch nicht mit der Begründung angefochten worden, dass die tatsächlichen Kosten höher waren, als die im Heil- und Kostenplan prognostizierten. Bei der in dem vorliegenden Verfahren nur geboten summarischen Überprüfung der Sachlage drängt es sich nicht auf, dass die vom Verwaltungsgericht berücksichtigten Materialkosten für die erstellte Krone in dieser Höhe (68,07 DM) nicht notwendig gewesen sind. Eine abschließende Beurteilung muss deshalb einem Hauptsacheverfahren überlassen bleiben.

9

Auch die vom Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen festgesetzten Festzuschüsse für die Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen gemäß § 30 a Abs. 2 und 3 SGB V (vgl. Beschl. v. 31. Oktober 1997 - gültig gewesen seit dem 3. Januar 1998, BAnz. 1998, S. 2 -, neu festgesetzt ab dem 22. September 1998 - BAnz. 1998, S. 14090 - durch Beschluss vom 24. Juni 1998) sind nicht geeignet, als generelles Indiz für die Notwendigkeit der Höhe der Kosten von Zahnersatzbehandlungen herangezogen zu werden. Zwar ist gemäß § 30 a Abs. 2 Satz 2 SGB V vor der Entscheidung des Bundesausschusses dem Verband deutscher Zahntechniker-Innungen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben und diese Stellungnahme in die Entscheidung einzubeziehen, um sicherzustellen, dass die Sachkenntnis der Zahntechniker bei der Bildung der Festzuschüsse angemessen berücksichtigt wird (vgl. BT-Drs. 13/7264, S. 59), doch ist zu berücksichtigen, dass gemäß § 30 a Abs. 1 Satz 3 SGB V bei der Festsetzung der Festzuschüsse auf standardisierte Versorgungsformen und nicht auf den konkreten Leistungsumfang im Einzelfall abzustellen ist. Nach der Präambel zum Beschluss des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen vom 31. Oktober 1997 setzt der Bundesausschuss die Festzuschüsse so fest, dass sie eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung gewährleisten und eine Versorgung von Härtefällen ermöglichen, damit dieser Personenkreis weiterhin prothetische Versorgungen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten kann, ohne selbst belastet zu werden. Sie richten sich dabei an standardisierten Versorgungsformen aus. Bei der Zuordnung der zahnärztlichen und zahntechnischen Leistungen einschliesslich der notwendigen Materialien zu den einzelnen Festzuschüssen sind die notwendigen Therapieschritte bei der jeweiligen Versorgungsform berücksichtigt worden. Dazu gehören z.B. die Abformung des Restgebisses, das Einschleifen, das Einpassen, das Präparieren, die provisorische Versorgung, alle Maßnahmen zur Herstellung und Eingliederung von Zahnersatz und Zahnkronen sowie Maßnahmen der Nachkontrolle und Unterweisung des Patienten.

10

Bedingt durch den Ansatz, auf standardisierte Versorgungsformen abzustellen, ist es jedoch nicht auszuschließen, dass im Einzelfall höhere - auch notwendige - Kosten entstehen als die, die üblicherweise durch die festgesetzten Festzuschüsse gedeckt sind. Dieses zeigt sich auch im vorliegenden Fall. Nach dem Schreiben des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen vom 21. Oktober 1998 wurden bei der Festsetzung der Festzuschüsse für die Versorgung mit einer Krone/einem Brückenanker zahnärztliche Leistungen nach GOZ 227 (Eingliederung einer provisorischen Krone zum Schutz eines präparierten oder frakturierten Zahnes und zur Sicherheit der Kaufunktion, einschließlich Entfernung) und nach GOZ 221 (Versorgung eines Zahnes durch eine Vollkrone) zugrundegelegt. Bei der zahnärztlichen Versorgung der Antragstellerin war jedoch zusätzlich ein Stiftaufbau gemäß GOZ 219 erforderlich (lt. Rechnung vom 15. Oktober 1998: 84,15 DM). Hinzu kommen zahntechnische Leistungen für das Stumpfmodell (lt. Rechnung vom 14. Oktober 1998: 2 x 16,38 DM = 32,76 DM) sowie zusätzliche nicht gesondert ausgeworfene Kosten für Abformmaterial und dgl.. Auch ist bei der Festlegung der Festzuschüsse nicht berücksichtigt, ob aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles die Verwendung teureren Kronenmaterials erforderlich ist.

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Deshalb ist für dieses Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes davon auszugehen, dass Zahnersatzbehandlungskosten zumindest in Höhe des im Heil- und Kostenplanes vom 30. April 1998 errechneten Betrages von 887,58 DM notwendig waren, so dass nach Abzug des Festzuschusses der DAK Osnabrück in Höhe von 510,-- DM ein ungedeckter notwendiger Bedarf in Höhe von 377,58 DM verblieb.

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Auch aus der Vorschrift des § 37 Abs. 3 Satz 1 BSHG läßt sich hinsichtlich der Höhe des Bedarfs des Hilfesuchenden nicht eine Begrenzung herleiten. Nach § 37 Abs. 3 Satz 1 BSHG haben Ärzte und Zahnärzte für ihre Leistungen Anspruch auf die Vergütung, welche die Ortskrankenkassen, in deren Bereich der Arzt oder der Zahnarzt niedergelassen ist, für ihre Mitglieder zahlt (vgl. hierzu auch grds. BVerwG, Beschl. v. 2.2.1998 - 5 B 99.97 - FEVS 48, 246). Diese Vorschrift findet auf die Fälle der Versorgung des Hilfesuchenden mit Zahnersatz bereits deshalb keine Anwendung, weil seit dem 3. Januar 1998 gemäß § 30 Abs. 4 Sätze 1 und 2 SGB V ein Abrechnungsverhältnis zwischen dem Zahnarzt und der Krankenkasse nicht mehr besteht.

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Die Antragsgegnerin kann sich auch nicht mit dem Argument, dass gemäß der Präambel zum Beschluss des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen vom 31. Oktober 1997 auch nach der nunmehr geltenden Festzuschussregelung eine Versorgung von Härtefällen möglich ist, ohne dass diese selbst belastet werden, auf den Nachrang der Sozialhilfe gemäß § 2 Abs. 1 BSHG berufen, da die DAK Osnabrück offensichtlich - zumindest noch nicht - bereit ist, die bisher durch den gewährten Festzuschuss nicht gedeckten Kosten der Zahnersatzbehandlung der Antragstellerin zu tragen. Bei der Beurteilung, ob der Hilfesuchende sich in einem seinen Sozialhilfeanspruch gemäß § 2 Abs. 1 BSHG ausschliessenden Sinne selbst helfen kann, kommt es nicht entscheidend darauf an, ob er einen Rechtsanspruch gegen einen Dritten hat, sondern darauf, ob er die benötigte Hilfe auch tatsächlich erhält oder alsbald und unschwer erhalten kann. Ein Rechtsanspruch auf Hilfe durch einen Dritten steht einem Sozialhilfeanspruch nur entgegen, wenn es sich um ein bereites Mittel der Selbsthilfe handelt. Dies setzt voraus, dass der Anspruch gegen den Dritten rechtzeitig realisiert werden kann; denn nur Forderungen, die rechtzeitig durchzusetzen sind, stellen zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage "bereite Mittel" dar. Dem Hilfesuchenden ist zwar im Rahmen seiner Selbsthilfeverpflichtung zuzumuten, vor Inanspruchnahme des Trägers der Sozialhilfe die Möglichkeit einer Hilfe durch Dritte zu erkunden. Dies mag nach den Umständen des Einzelfalles auch die Obliegenheit einschließen, eine rechtzeitige anderweitige Bedarfsdeckung durch geeignete Verfahrensschritte, z.B. eine förmliche Antragstellung und ggf. Beschreitung des Rechtsweges, herbeizuführen. Doch kann dies ein Eintreten der Sozialhilfe dann nicht erübrigen, wenn von solchen Schritten eine rechtzeitige Bedarfsdeckung nicht erwartet werden kann ( BVerwG, Urt. v. 12.10.1993 - 5 C 38.92 -, NDV 1994, 152, 153; so auch Senat, zuletzt Beschl. v. 6.11.1998 - 4 L 4221/98 -). So liegt es hier. Es sind "bereite Mittel" in diesem Sinne nicht vorhanden, da die DAK Osnabrück nicht bereit ist, sich mit mehr als dem "100%-igen" Festzuschuss für Härtefälle gemäß § 61 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 SGB V an den Kosten der Zahnersatzbehandlung der Antragstellerin zu beteiligen. Die Antragstellerin hat auch nicht die Möglichkeit, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vor den Sozialgerichten eine Verpflichtung der DAK Osnabrück zu erwirken, die ungedeckten Kosten vorläufig zu übernehmen, da es die Sozialgerichte in Niedersachsen in ständiger Rechtsprechung ablehnen, eine einstweilige Anordnung zu erlassen, wenn ein Sozialhilfeträger subsidiär leistungspflichtig ist, da dann der Anordnungsgrund für eine einstweilige Anordnung im Rahmen der Sozialgerichtsbarkeit ausgeschlossen sei (vgl. z.B. Landessozialgericht Niedersachen , Beschl. v. 2. Juli 1998 - L 4 KR 128/98 ER -; vgl. auch Senat , Beschl. v. 24. Juli 1998 - 4 M 3127/98 -). Weitere Maßnahmen der Antragstellerin kann die Antragsgegnerin nicht verlangen, da es ihr nicht zuzumuten ist, einen sozialgerichtlichen Rechtsstreit zu führen, in dem nicht absehbar ist, wann eine Entscheidung in der Hauptsache zu erwarten ist. Somit ist es für den vorliegenden Rechtsstreit nicht entscheidungserheblich, ob und in welcher Höhe der Antragstellerin gegenüber der DAK Osnabrück Kostenerstattungsansprüche zustehen, die über die Festzuschüsse hinausgehen, die durch den Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen festgesetzt worden sind.

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Derartige Ansprüche kann die Antragsgegnerin als Trägerin der Sozialhilfe jedoch als Erstattungsanspruch gemäß § 104 SGB X gegenüber der Krankenkasse geltend machen und im Streitfall vor den Sozialgerichten verfolgen ( § 114 SGB X ). In einem solchen sozialgerichtlichen Verfahren wäre zu prüfen, ob bei der Festsetzung der Festzuschüsse durch den Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen die Vorgaben in § 30 a SGB V beachtet worden sind. Weiter ist zu klären, ob die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu der bis zum 2. Januar 1998 gültig gewesenen Regelung des § 61 Abs. 1 Nr. 2 SGB V ( Bundessozialgericht , Urteile v. 11.10.1994 - 1 RK 49/93 - FEVS 46, 84 sowie - 1 RK 50/93 -, BSGE 75, 171 = NJW 1995, 806 [BSG 11.10.1994 - 1 RK 50/93]) auch unter Berücksichtigung der Neufassung dieser Vorschrift weiter gültig ist. Nach § 61 Abs. 1 Nr. 2 SGB V (a.F.) hatte die Krankenkasse in Härtefällen den von den Versicherten zu tragenden Teil der berechnungsfähigen Kosten bei der Versorgung mit Zahnersatz zu übernehmen. Hierzu hat das Bundessozialgericht in den o.a. Urteilen entschieden, dass Empfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt nach §§ 11 ff. BSHG (Verfahren 1 RK 49/93) und Empfänger von Arbeitslosenhilfe (Verfahren 1 RK 50/93) auch dann nicht einen Eigenanteil an der Versorgung mit Zahnersatz zu tragen haben, wenn sie ihre Eigenverantwortung bezüglich einer regelmäßigen Zahnpflege nicht nachgekommen sind. Zu diesem Ergebnis gelangt das Bundessozialgericht unter Würdigung des Wortlautes und der Gesetzesmaterialien zu § 61 SGB V (a.F.). Ergänzend führt es aus, dass sich ein solches Ergebnis nur vermeiden ließe, wenn man die Sozialhilfeträger mit den dann von den Krankenkassen nicht zu übernehmenden Restkosten belastete oder in Kauf nähme, dass Versicherte, die den Eigenanteil nicht tragen könnten, von der Inanspruchnahme der Leistungen der Krankenkasse - hier: von der Versorgung mit Zahnersatz - abgehalten würden und dass eine derartige Konsequenz der Gesetzgeber offensichtlich nicht gewollt habe.

15

Trotz des geänderten Wortlautes des § 61 Abs. 1 Nr. 2 SGB V, wonach die Krankenkasse in Härtefällen nunmehr bei der Versorgung mit Zahnersatz zusätzlich zu dem Festzuschuß nach § 30 Abs. 1 SGB V (50 vom Hundert, vgl. § 30 a Abs. 3 Satz 4 SGB V ) einen Betrag in gleicher Höhe (somit zusammen 100 vom Hundert) zu übernehmen hat, wird auch in der Gesetzesbegründung zur Neuregelung betont, dass in Härtefällen bei notwendigen Zahnersatzbehandlungen von den Versicherten nicht ein Eigenanteil an den Kosten zu tragen ist. Zum Zweck der neuen gesetzlichen Regelung heißt es in der BT-Drucksache 13/6087, S. 22, 1. Spalte: "Die Vorschrift ersetzt die bisherigen prozentualen Zuschüsse zum Zahnersatz durch Festzuschüsse. Dies ist notwendig, weil die im geltenden Recht vorgeschriebene prozentuale Bezuschussung einen Anreiz dafür bildet, besonders aufwendige Versorgungsformen zu wählen." Auf Seite 22, 2. Spalte, ist zu § 30 SGB V weiter ausgeführt: "Die Bonusregelung (des § 30 Abs. 3 SGB V ) gilt nicht für Härtefälle nach § 61 Abs. 1 Nr. 2, weil der doppelte Festzuschuss die medizinisch notwendige Versorgung mit Zahnersatz in vollem Umfang abdeckt." Auf Seite 25 dieser Drucksache wird sodann zu § 61 Abs. 1 SGB V ausgeführt: "Versicherte, für die die Härtefallregelungen des § 61 gelten, erhalten zum Festzuschuss nach § 30 Abs. 1 zusätzlich einen Betrag in gleicher Höhe. Damit kann dieser Personenkreis weiterhin prothetische Versorgungen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten, ohne selbst belastet zu werden." Ergänzend wird in der BT-Drucksache 13/7264, S. 52, ausgeführt: "Die Festzuschüsse sind so zu bilden, dass sie auch Brücken- und Kombinationsversorgungen im bisher von der gesetzlichen Krankenversicherung erbrachten Leistungsumfang umfassen."

16

Nach diesen Begründungen zur Neufassung der §§ 30 f. und 61 Abs. 1 Nr. 2 SGB V dienen diese dazu, Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung im Bereich des Zahnersatzes auf die medizinisch notwendigen Versorgungen mit Zahnersatz zu beschränken. Der gesetzgeberische Wille, bei Härtefällen im Sinne des § 61 SGB V den Versicherten mit einem eigenen Kostenanteil zu belasten, den ggf. der Träger der Sozialhilfe zu tragen hätte, läßt sich der Gesetzesbegründung nicht entnehmen. In einem sozialgerichtlichen Verfahren wäre deshalb zu entscheiden, ob bei Anwendung der Vorschriften des SGB V bei der Versorgung von Versicherten mit notwendigen Zahnersatzleistungen in Härtefällen überhaupt ein von der Krankenkasse nicht zu übernehmender Restkostenbetrag verbleibt, so dass im Ergebnis der Träger der Sozialhilfe nicht mit Leistungen nach § 37 BSHG belastet werden würde.

17

Eine endgültige Klärung dieser Fragen kann jedoch nicht in einem sozialhilferechtlichen verwaltungsgerichtlichen Verfahren herbeigeführt werden.

18

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 188 Satz 2 VwGO.

19

Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.