Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 17.03.2006, Az.: 9 A 3257/05
Ablauf; Arbeitsvertrag; Ausschreibung; außerhalb der Mitbestimmung; befristete Arbeitsverhältnisse; Befristung; Beschäftigungszeit; Dienststelle; Entscheidungsbefugnis; erstmalige Eingliederung; Gründe; Mitbestimmung; Mitbestimmungsrecht; Neueinstellung; Personalrat; Teilzeitkraft; Verlängerung; Vollzeitkraft; Zustimmung; Zustimmungsfiktion; Zustimmungspflichtig
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 17.03.2006
- Aktenzeichen
- 9 A 3257/05
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2006, 53183
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 65 Abs 2 Nr 4 PersVG ND
- § 65 Abs 2 Nr 5 PersVG ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Der Personalrat hat kein Mitbestimmungsrecht bei der Entscheidung, welche befristeten Arbeitsverhältnisse nicht verlängert werden.
Vor der Verlängerung befristeter Arbeitsverträge ist eine Ausschreibung entbehrlich.
Gründe
Nach §§ 68 Abs. 1 i.V.m. 65 Abs. 2 Nr. 4 NPersVG darf ein befristetes Arbeitsverhältnis nur verlängert werden, wenn der Personalrat dem zustimmt. Der Antragsteller hat hier als Personalrat seine Zustimmung zwar verweigert, die Zustimmung gilt jedoch nach § 68 Abs. 2 S. 6 NPersVG als erteilt, weil die aufgeführten Gründe offensichtlich außerhalb der Mitbestimmung nach §§ 64 bis 67 NPersVG liegen (zur Zustimmungsfiktion vergl. VG Oldenburg, B. v.25. Aug. 2004, 9 A 2287/04).
Die Weiterbeschäftigung von Frau M. und Herrn P. bedurfte nach § 65 Abs. 2 Nr. 4 NPersVG der Zustimmung des Antragstellers, weil befristete Arbeitsverträge verlängert werden sollten. Das ist hier der einzige Mitbestimmungstatbestand, auf den der Antragsteller sich berufen kann. Zustimmungspflichtig ist nur die Entscheidung der Dienststelle, die vorgelegten Arbeitsverträge zu verlängern. Eine etwa vorausgegangene Überlegung, andere befristete Arbeitsverträge auslaufen zu lassen, ist nicht Gegenstand einer personalvertretungsrechtlichen Befassung. Ein befristetes Arbeitsverhältnis findet sein Ende mit Ablauf der vereinbarten Beschäftigungszeit. Da eine Entscheidung der Dienststelle über die Beendigung nicht erforderlich ist, kann auch eine Mitbestimmung des Personalrats zur Frage, ob Verträge beendet werden sollen, nicht erfolgen.
Die Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages unterliegt der Mitbestimmung, obwohl die durch erstmalige Einstellung erfolgte Eingliederung des Arbeitnehmers bereits Gegenstand der Mitbestimmung nach § 65 Abs. 2 Nr. 1 NPersVG war. Die Verlängerung bewirkt keine Neueinstellung, weil die Verlängerung nur vor Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses erfolgen kann und somit zu einer unterbrechungsfreien Fortführung des Arbeitsverhältnisses führt. Die Verlängerung ist arbeitsrechtlich als Neubestimmung des Befristungszeitpunktes zu verstehen (vergl. Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 11. Aufl., § 39 IV 2a; Dembowski/Ladwig/Sellmann, Das Personalvertretungsrecht in Niedersachsen, § 65 NPersVG Anm. 148). Demgegenüber ist die Wiederaufnahme des Arbeitsverhältnisses nach dem Befristungszeitpunkt eine Neueinstellung. Auch wenn der Personalrat schon bei der erstmaligen Eingliederung des Arbeitnehmers mitbestimmt hat, ergibt sich auch noch Beteiligungsbedarf bei der Verlängerung. Die Mitbestimmung ist geboten, weil die Verlängerung durch die seinerzeit erteilte Zustimmung zur Einstellung auf Zeit nicht mehr gedeckt ist und die Veränderung des Beendigungszeitpunktes neue Einwände der Personalvertretung auslösen kann (Dembowski u. a., a.a.O.)
Für Einwendungen des Personalrats ist aber in den Fällen des § 65 Abs. 2 Nr. 4 NPersVG nur wenig Raum, weil die Befristung nicht zur Disposition des Personalrats steht (zu den Ablehnungsgründen Dembowski/Ladwig/Sellmann, Das Personalvertretungsrecht in Niedersachsen, § 68 Anm. 46; Bieler, Niedersächsisches Personalvertretungsgesetz, Kommentar, 12. Auflage, § 65 Anm. 94 und 71) Ob ein Arbeitsverhältnis unbefristet oder im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten befristet sein soll, liegt ausschließlich in der Entscheidungsbefugnis der Dienststelle und ist nicht Gegenstand der Mitbestimmung. Der Personalrat kann die Rahmenbedingungen für eine Einstellung bzw. für die Verlängerung nicht angreifen (Dembowski u.a, aaO § 68 Anm. 45).
Die vom Antragsteller im Schreiben vom 11. Juli 2005 mitgeteilten Ablehnungsgründe, auf die es für die Entscheidung über ihre Unbeachtlichkeit allein ankommt, liegen offensichtlich außerhalb der Mitbestimmung und hinderten deshalb den Beteiligten nicht an der beabsichtigten Verlängerung. Die Ablehnungsgründe lassen sich dem Mitbestimmungstatbestand offensichtlich nicht zuordnen.
Der Antragsteller will mit seiner Ablehnung in den Entscheidungsraum des Dienstellenleiters eingreifen. Auch wenn dies nicht offen zum Ausdruck kommt, so ist die Ablehnung doch im Zusammenhang mit seinem Schreiben vom 5. Juli 2005 zu sehen, in dem der Antragsteller sich für eine Aufteilung einer Ganztagsstelle auf Herrn P. und Frau G. eingesetzt hat. Die Modalitäten des Arbeitsvertrages, ob etwa ein Arbeitsplatz mit einer Vollzeitkraft oder mit 2 Halbtagskräften besetzt wird, entziehen sich aber der Mitbestimmung und stehen ausschließlich zur Disposition des Arbeitgebers (Bieler aaO. § 65 Anm. 71).
Allein die Dienststelle zu entscheidet, ob sie den künftigen Bedarf an Arbeitskräften durch Verlängerung von befristeten Arbeitsverhältnissen oder durch Neueinstellung deckt. Die Dienststelle kann zwar die nach Ablauf der Befristung die Stelle zur Neubesetzung vorsehen und dem bisher Beschäftigten - in den gesetzlichen und tarifrechtlichen Grenzen - die Möglichkeit zur erneuten Bewerbung geben. Wenn sie mit dem bisherigen Beschäftigten erneut einen Arbeitsvertrag schließt, führt das allerdings nicht zu einer Mitbestimmung nach § 65 Abs. 2 Nr. 4 NPersVG bei Verlängerung von befristeten Arbeitsverträgen, sondern zur Mitbestimmung nach § 65 Abs. 2 Nr. 1 NPersVG bei Einstellungen. Wenn die Dienststelle sich aber für eine Verlängerung entscheidet, ist für die Personalvertretung die Mitbestimmung auf § 65 Abs. 2 Nr. 4 NPersVG beschränkt. Ob eine Verlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses oder ein neuer Vertragsabschluss erfolgt, ist Voraussetzung der Mitbestimmung, nicht aber ihr Ergebnis.
Der Antragsteller kann auch nicht unter Hinweis auf § 65 Abs. 2 Nr. 15 NPersVG damit durchdringen, dass eine Ausschreibung nicht stattgefunden habe, obwohl ein Personalrat seine Zustimmung zu Personalentscheidungen durchaus mit der fehlenden Ausschreibung verweigern kann (Dembowski/ Ladwig/ Sellmann, Das Personalvertretungsrecht in Niedersachsen,. § 68 Anm. 47). Bei einer Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages ist eine Ausschreibung nicht möglich. Wenn alle Zeitarbeitsverträge in den Überlegung einbezogen worden sind, besteht sachlogisch für neue weitere Bewerber bei einer Verlängerung ohnehin kein Raum, so dass eine Ausschreibung gar nicht erfolgen kann (Bieler, Niedersächsisches Personalvertretungsgesetz, Kommentar, 12. Aufl. § 65 Anm. 51 und 94). Aus diesen Gründen ist wohl in der Vergangenheit auch vom Antragsteller die fehlende Ausschreibung nicht beanstandet worden, weil nämlich alle Verträge verlängert worden sind.
Aber auch wenn hier von drei nur zwei Verträge verlängert worden sind, kann ein Verfahrensverstoß nach § 65 Abs. 2 Nr. 15 NPersVG nicht gerügt werden, weil eine Ausschreibung nicht hätte erfolgen können. Mit der Ausschreibung sollen im Interesse der Bestenauslese möglichst viele Bewerber angesprochen werden. Außerdem soll interessierten Beschäftigten die Chance gegeben werden, sich zu bewerben und sich beruflich zu verbessern. Diese Situation war hier nicht gegeben. Es war nicht beabsichtigt, Bewerber außerhalb des bisherigen Beschäftigungskreises anzusprechen. Die Entscheidung über eine Verlängerung nach § 65 Abs. 2 Nr. 4 NPersVG setzt gerade voraus, dass es keine Bewerber gibt. Andernfalls wäre läge keine Verlängerung, sondern eine Neueinstellung vor. Die Verlängerung erfolgt noch vor Ablauf der Befristung, es besteht also zu keiner Zeit ein vertragsloser Zustand, der es Außenstehenden ermöglichen würde, sich um diese Stelle zu bewerben. Bei einer Entscheidung nach § 65 Abs. 2 Nr. 4 NPersVG geht es nicht um die neue Eingliederung eines bisher noch nicht tätigen Beschäftigten, sondern um die Weiterverwendung aus einer bisherigen Befristung heraus. Da dem Dienstherrn alle Beschäftigten, deren Verträge auslaufen, bekannt sind und weitere Bewerber nicht in Frage kommen, ist eine Ausschreibungssituation nicht gegeben.
Ob eine Situation, die der Interessenlage vor einer Ausschreibung entspricht, vorliegen kann, wenn von mehreren gleichartigen Beschäftigungsverhältnissen nur einige verlängert werden, mag offen bleiben. Dann wäre eine Auswahl unter den bisher Beschäftigten nötig, mit denen der Vertrag verlängert werden soll. Aber auch diese Situation war hier nicht gegeben. Frau G., Frau M. und Herr P. deckten unterschiedlichen Unterrichtsbedarf ab, so dass es ausschließlich in der Entscheidungssphäre des Dienstherrn lag, den bisher durch Frau G. erteilten Unterricht anderweitig zu verteilen.
Darüber hinaus konnte von einer Ausschreibung auch deshalb ohne Beteiligung der Personalvertretung abgesehen werden, weil hier keine Veränderung der Entgeltsituation eintrat. Eine Ausschreibung ist nach § 65 Abs. 2 Nr. 15 NPersVG nicht erforderlich, wenn der Arbeitsplatz mit einem oder einer Beschäftigten aus der entsprechenden Vergütungsgruppe besetzt werden soll. Das war hier der Fall. Es gab keine Veränderungen in der Vergütung. Die Verträge sollten zu den gleichen Bedingungen verlängert werden.