Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 23.07.2008, Az.: 5 U 28/08
Pflichten des behandelnden Arztes bei positiver Hämokultfeststellung; Anforderungen an die ärztliche Dokumentation; Beweiswert der EDV-Dokumentation bei nachträglicher inhaltlicher Veränderung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 23.07.2008
- Aktenzeichen
- 5 U 28/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 36553
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:2008:0723.5U28.08.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Aurich - 15.01.2008 - AZ: 5 O 1553/03
Rechtsgrundlagen
- § 253 BGB
- § 280 BGB
- § 823 Abs. 1 BGB
Fundstellen
- ArztR 2010, 134
- MedR 2011, 163-166
Amtlicher Leitsatz
1. Kommt es bei einer von drei Stuhlproben zu einer positiven Hämokultfeststellung, so handelt der Arzt fehlerhaft, wenn er seinem Patienten keine Koloskopie anrät.
2. Behauptet der Arzt, er habe die Untersuchungsmaßnahme vorgeschlagen, der Patient habe sie aber verweigert, so hat der Arzt diese Behauptung jedenfalls dann zu beweisen, wenn die Weigerung des Patienten nicht dokumentiert ist.
3. Einer ärztlichen EDV-Dokumentation kommt dann kein voller Beweiswert zu, wenn sie nachträglich inhaltlich verändert worden ist.
In dem Rechtsstreit
G... B..., ...
Klägerin und Berufungsklägerin,
Prozessbevollmächtigte :
Rechtsanwälte ...
gegen
Dr. J... K...,...
Beklagter und Berufungsbeklagter,
Prozessbevollmächtigte :
Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte ...
hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Landgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... auf die mündliche Verhandlung vom 9. Juli 2008 für Recht erkannt:
Tenor:
I.) Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Aurich vom 15.1.2008 abgeändert:
1.) Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 50.000,€ nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.1.2004 zu zahlen.
2.) Der Klageantrag zu 2.) - Leistung von materiellem Schadensersatz in Höhe von 106.000,€ nebst Zinsen - ist dem Grunde nach gerechtfertigt.
3.) Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen weitergehenden materiellen Schaden zu erstatten, der ihrem verstorbenen Ehemann H... B... bis zu seinem Tode aus der fehlerhaften Behandlung durch den Beklagten im Mai 1999 entstanden ist, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritteübergegangen sind oder übergehen werden.
4.) Wegen der weitergehenden Zinsforderung wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.
II.) Der Rechtsstreit wird zur Verhandlung und Entscheidung über die Höhe des Schadensersatzanspruchs an das Landgericht zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten vorbehalten bleibt.
III.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV.) Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird wie folgt festgesetzt:
Zunächst: 211.000,€.
ab 9.7.2008: 236.000,€ (50.000,€ + 106.000,€ + 80.000,€).
Gründe
A. Der ursprüngliche Kläger, Herr H... B..., suchte am 19.5.1999 den Beklagten, seinen Hausarzt, auf. Dieser führte am 21.5. und 26.5.1999 sog. CheckUpUntersuchungen durch. In diesem Zusammenhang wurde auch eine HämofecUntersuchung vorgenommen, die dem Auffinden von Blutpartikeln im Stuhl dient. Dabei zeigten zwei Proben ein negatives, eine Probe ein positives Ergebnis. In den Krankenunterlagen des Beklagten - Computerausdruck vom 8.12.2003 - heißt es dazu: "Hemofec: 1+pos. ...in 6 WochenLabor BKS Hämokult". Dagegen lautet der entsprechende Vermerk in dem Computerausdruck des Beklagten vom 15.1.2004 wie folgt: "Hemofec: 1+pos, will keine Coloskop...in 6 WochenLabor BKS Hämokult". Ein entsprechender Eintrag findet sich in der Karteikarte des Beklagten, wo niedergelegt ist: "lehnt bei pos Hämokult Coloskopie ab!". Im September 1999 gab Herr B... erneut drei Stuhlproben in der Praxis des Beklagten ab, die allesamt ein negatives Ergebnis erbrachten. Am 18.7.2000 stellte sich Herr B... ein weiteres Mal bei dem Beklagten vor und klagte über gehäuften Stuhlgang. Am 27.7.2000 nahm der Facharzt für Innere Medizin Dr. W... eine Coloskopie vor. Infolge dieser Untersuchung konnte ein mässiggradig differenziertes Adenocarcinom nachgewiesen werden. Herr B... musste sich am 27.10.2000 einer tiefen Rektumresektion mit Colonpouch und Anlage eines protektiven Ileostomas unterziehen. Anschließend wurde eine Chemotherapie durchgeführt. Gleichwohl konnte eine Metastasierung nicht verhindert werden. Am 18.5.2007 verstarb Herr B.... Dieser ist von seiner Ehefrau allein beerbt worden, die den Rechtstreit an seiner Stelle aufgenommen hat.
Mit der Klage hat die Klägerin die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes (Vorstellung deutlich über 10.000,€) sowie die Leistung materiellen Schadensersatzes für die Jahre 2000/2001 in Höhe von 106.000,€ verlangt. Darüber hinaus hat sie begehrt, festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, "dem Kläger" sämtlichen künftigen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, welcher "dem Kläger" aus der fehlerhaften Behandlung vom Mai 1999 entstehen wird, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder noch übergehen werden. Weiter hat sie beantragt, festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtlichen materiellen und immateriellen Schaden für den Zeitraum 1.1.2002 bis zur Rechtshängigkeit der Klage zu ersetzen, welcher dem Kläger aus der fehlerhaften Behandlung vom Mai 1999 entstanden ist. Die Klägerin hat dem Beklagten vorgeworfen, im Mai 1999 notwendige diagnostische Maßnahmen versäumt zu haben, nachdem sich bei den Untersuchungen eine mit 54/62 auffällige Blutsenkungsgeschwindigkeit ergeben und eine Stuhlprobe Hinweise auf Blut im Stuhl gezeigt habe. Insbesondere hätte eine Darmspiegelung veranlasst werden müssen, zumal ihr Ehemann gegenüber dem Beklagten über vermehrten Stuhldrang und Blut im Stuhl geklagt habe. Der Beklagte habe aber nicht einmal eine Rektaluntersuchung vorgenommen. Der Beklagte hat Behandlungsfehler in Abrede genommen. Der im Mai 1999 durchgeführte Hämokulttest sei unspezifisch, das Ergebnis könne etwa durch die Aufnahme von Rotwein und Vitamin C beeinflusst werden. Wäre bei Herrn B... Blut im Stuhl gewesen, so hätten alle drei Proben positiv sein müssen. Gerade wegen des unspezifischen Charakters des Hämokulttests werde bei einem solchen Befund dem Patienten grundsätzlich eine Coloskopie empfohlen, die Herr B... jedoch abgelehnt habe. Dies habe er auch in den Krankenunterlagen vermerkt. Zudem habe er ihm Testbriefchen für erneute Stuhlproben mitgegeben, die Herr B... jedoch entgegen seiner Empfehlung nicht nach 6 Wochen wieder hereingereicht habe. Vielmehr habe dieser erst im September wieder Stuhlproben abgegeben, die negativ ausgefallen seien. Herr B... habe dann erstmals am 18.7.2000 über Stuhlprobleme geklagt, was er sogleich zum Anlass genommen habe, um ihn an einen Facharzt zur Darmspiegelung zu überweisen. Die Klägerin hat bestritten, dass der Beklagte ihrem Ehemann im Mai Testbriefe für Stuhlproben mitgegeben und ihm eine Coloskopie angeraten hat. Soweit etwas anderes aus den Krankenunterlagen hervorgehe, seien diese nicht vertrauenswürdig. So belege ein Vergleich der Computerausdrucke vom 8.12.2003 und 15.1.2004, dass der Beklagte erhebliche Veränderungen an den Eintragungen vorgenommen habe. Der Beklagte hat dazu dargetan, die Unterschiede seien darauf zurückzuführen, dass dem Patienten lediglich die Diagnosen und Befunde ausgedruckt würden. Die Daten würden von einer Angestellten auf ihren notwendigen Inhalt hin gekürzt, was durch Eingabe am Computer möglich sei.
Die 5. Zivilkammer des Landgerichts A... hat die Klage mit Urteil vom 15.1.2008 abgewiesen. Es stehe nicht fest, dass der Beklagte dem verstorbenen Ehemann der Klägerin seinerzeit nicht zu der gebotenen Coloskopie geraten hat. Nach dem Gutachten des Sachverständigen H... sei eine nachträgliche Manipulation der Behandlungsunterlagen des Beklagten unwahrscheinlich, jedenfalls nicht nachweisbar. Zudem sei durch die medizinische Begutachtung deutlich geworden, dass die Art der Dokumentationsausgabe für Laien unter Weglassung von Informationen, mit denen der Patient nicht konfrontiert werden soll, durchaus üblich und anerkannt sei. Abgesehen davon hätte eine rechtzeitige weiterführende Diagnostik nicht in jedem Fall zu einem Erkenntnisfortschritt hinsichtlich der Erkrankung des Ehemannes der Klägerin geführt. Wegen der tatsächlichen Feststellungen und der Begründung im Übrigen wird auf das angefochtene Urteil (Bd. II, Bl. 154 ff. d.A.) Bezug genommen.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung. Die vom Landgericht vertretene Auffassung, der Vermerk über eine Weigerung des Patienten, eine Coloskopie vornehmen zu lassen, könne in den Krankenunterlagen zunächst "weggelassen" werden, um ihn dann erst später wieder zu offenbaren, sei mit dem Recht des Patienten auf Einsicht in die Krankenunterlagen nicht vereinbar und inhaltlich nicht nachvollziehbar. Auf keinen Fall gehe es aber an, wenn der Arzt die Eintragung inhaltlich mehrfach modifiziert, wie es hier geschehen sei. Hinzu komme, dass der Beklagte auch in dem Formular zur Krebsfrüherkennung das Kästchen "Patient entzog sich weiterer Diagnostik" nicht angekreuzt habe. Der Beklagte habe überdies nicht vorgetragen, warum denn ihr Ehemann eine Darmspiegelung hätte ablehnen sollen. In einem solchen Fall hätte es im Übrigen nahe gelegen, weitere differentialdiagnostische Maßnahmen wie z.B. eine kontrastmittelgestützte Röntgenuntersuchung in Betracht zu ziehen. Unabhängig davon sei der Beklagte aber gehalten gewesen, ihren Ehemannüber die Dringlichkeit einer Coloskopie aufzuklären. Entsprechende Hinweise habe der Beklagte nicht einmal behauptet. Dies überrasche nicht, weil der Beklagte keine Veranlassung für weiterführende Maßnahmen gesehen habe. So habe dieser ausdrücklich dargetan, es hätten alle drei Proben positiv sein müssen, wenn tatsächlich Blut im Stuhl gewesen sei. Schließlich habe das Landgericht bei seinen Ausführungen zur Kausalität übersehen, dass hier Beweiserleichterungen wegen eines Verstoßes gegen die Befunderhebungspflicht eingriffen.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach ihren erstinstanzlich gestellten Schlussanträgen zu erkennen mit der Maßgabe, dass die Anträge zu 1.) und 2.) aus der Klageschrift vom 30.12.2003 weiter verfolgt werden und beantragt wird festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr den weitergehenden materiellen Schaden zu ersetzen, der ihrem Ehemann bis zu seinem Tod aus der fehlerhaften Behandlung vom Mai 1999 entstanden ist, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger übergehen oder übergehen werden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise, den Rechtsstreit an das Landgericht Aurich zurückzuverweisen.
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Die Klägerin versuche, den Eindruck einer Manipulation der Krankenunterlagen aufrecht zu erhalten, obwohl der Sachverständige H... eine in Form einer "Machenschaft" anzusehende Manipulation eindeutig negiert habe. So habe der Sachverständige deutlich gemacht, dass seine - des Beklagten - eigene Kommentare und Überlegungen aus den Computerausdrucken, wie sie der Klägerseite übermittelt worden sind, herausgenommen worden seien - was zulässig sei. Jedenfalls sei es der Klägerin nicht gelungen, irgendwelche "Machenschaften" zu beweisen. Im Übrigen habe derärztliche Sachverständige lediglich für überwiegend wahrscheinlich gehalten, dass bei einer Coloskopie der Tumor im Mai 1999 entdeckt worden wäre. Dies reiche im Sinne einer Beweiskraft nicht aus. Darüber hinaus habe der Sachverständige nur Spekulationen darüber anzustellen vermocht, wie sich der Gesundheitszustand des verstorbenen Ehemannes der Klägerin bei einer frühzeitigen Entdeckung des Karzinoms dargestellt und entwickelt hätte - was nicht genüge, um den Kausalitätsbeweis zu führen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.
B. Die Berufung der Klägerin hat insoweit in der Sache Erfolg, als ihr ein Schmerzensgeld in Höhe von 50.000,€ zuzuerkennen und ihrem Feststellungsbegehren zu entsprechen war. Darüber hinaus ist die Leistungsklage auf Ersatz des materiellen Schadens dem Grund nach gerechtfertigt, so dass sich der Senat veranlasst gesehen hat, ein Grund (§ 304 ZPO) und Teilurteil (§ 301 ZPO) zu erlassen.
Das erstinstanzliche Gericht hat die Klage mit einer überaus knappen und wenig überzeugenden Begründung abgewiesen. Die Entscheidung hält einer Überprüfung nicht stand und war in dem oben genannten Umfang abzuändern. Der Beklagte haftet gemäß den§§ 823, 847 BGB, Art. 229 § 8 EGBGB bzw. wegen schuldhafter Vertragsverletzung für die Schäden, die Herrn B..., dem Ehemann der Klägerin, aufgrund einer fehlerhaften Behandlung im Mai 1999 entstanden sind.
I.) Der Klägerin stehen die mit der Klage geltend gemachten Schadens bzw. Schmerzensgeldansprüche des Herrn B... gemäß § 1922 BGB zu, weil sie diesen unstreitig allein beerbt hat.
II.) Das Landgericht hat einen Behandlungsfehler des Beklagten nicht festzustellen vermocht, weil sich eine nachträgliche Manipulation der Behandlungsunterlagen des Beklagten nicht nachweisen lasse und deshalb nicht feststehe, dass dieser dem Ehemann der Klägerin nicht zu der seinerzeit gebotenen Coloskopie geraten habe. Diese Erwägungen greifen nicht durch.
1.) Nach dem Gutachten der Sachverständigen Prof. B... / Dr. ... ist der Beklagte im Mai 1999 gehalten gewesen, den Ehemann der Klägerin zur Coloskopie an einen Facharzt zu überweisen. Dies ist schon deshalb geboten gewesen, weil unstreitig eine der drei Stuhlproben des Klägers positiv ausgefallen ist. Die dazu vom Beklagten vertretene Auffassung, ein Schluss auf Blut im Stuhl wäre erst möglich gewesen, wenn alle drei Stuhlproben ein positives Ergebnis gezeigt hätten, ist nach den nachvollziehbaren und plausiblen Erläuterungen der Sachverständigen nicht haltbar. Danach werden nämlich drei Testbriefchen für drei konsekutive Stühle eingesetzt, weil viele Karzinome lediglich intermittierend bluten, so dass die wiederholte Testung zu einer zuverlässigeren Erkennung von Karzinomen führt. Der Sachverständige Dr. K... hat im Rahmen seiner Anhörung vor dem Landgericht weiter deutlich gemacht, dass es auch bereits 1999 dem ärztlichen Standard entsprochen habe, nach einer positiven Hämokultfeststellung eine endoskopische Untersuchung zu veranlassen. Diese Feststellungen werden - soweit ersichtlich - von den Parteien auch nicht mehr in Zweifel gezogen.
2.) Im Hinblick darauf kommt es nicht darauf an, ob der Ehemann der Klägerin gegenüber dem Beklagten bereits im Mai 1999 über Blut im Stuhl und gehäuften Stuhldrang geklagt und ob sich überdies im Rahmen der Untersuchung eine auffällige Blutsenkungsgeschwindigkeit gezeigt hat.
3.) Hat der Arzt eine nach dem ärztlichen Standard notwendig Befunderhebung versäumt, und behauptet dieser wie hier der Beklagte, er habe die Untersuchungsmaßnahme vorgeschlagen, der Patient habe sie aber verweigert, hat die Behandlungsseite diese Behauptung jedenfalls dann zu beweisen, wenn die Weigerung des Patienten in den Krankenunterlagen nicht dokumentiert ist (Bundesgerichtshof VersR 1987, S. 1089, 1090. Oberlandesgericht Bamberg, VersR 2005, S. 1292, 1293. Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 5.A., Kap. B Rdnr. 220. nach Oberlandesgericht Hamm, NJWRR 2002, S. 814, 815 und Frahm/Nixdorf, Arzthaftungsrecht, 3.A., Rdnr. 129 muss die Behandlungsseite stets beweisen, dass eine bestimmte Maßnahme angeraten, aber vom Patienten abgelehnt wurde). Danach gereicht es hier dem Beklagten zum Nachteil, dass sich nicht feststellen lässt, ob der Ehemann der Klägerin tatsächlich eine ihm im Mai 1999 empfohlene Darmspiegelung abgelehnt hat. Dem steht nicht entgegen, wenn der Beklagte die Ablehnung dieser Maßnahme durch B... in seinen Krankenunterlagen vermerkt hat. Denn die ärztliche Dokumentation erweist sich im vorliegenden Fall als nicht vertrauenswürdig und kann deshalb der Entscheidung des Rechtsstreits nicht zugrunde gelegt werden - und zwar ohne dass es des Nachweises durch die Klägerin bedarf, der Beklagte habe tatsächlich die Krankenunterlagen zu seinen Gunsten manipuliert.
a.) Grundsätzlich kommt allerdings einer ärztlichen EDVDokumentation der volle Beweiswert auch dann zu, wenn sie - wie hier - nicht gegen nachträgliche Veränderungen gesichert ist (Oberlandesgericht Hamm, OLGReport 2006, S. 351 = GesR 2005, S. 349, 350). Dies kann aber nur angenommen werden, wenn der Arzt nachvollziehbar darlegt, dass sie nicht nachträglich verändert wurde und die Dokumentation auch medizinisch plausibel ist (Oberlandesgericht Hamm, aaO. Geiß/Greiner, aaO., Kap. B Rdnr. 205. Muschner, VersR 2006, S. 621, 627). Daran fehlt es hier.
aa.) In dem von dem Beklagten mit der Klageerwiderung vorgelegten Computerausdruck vom 15.1.2004 ist unter dem 26.5.1999 allerdings vermerkt "will keine coloskop...". Diese für den vorliegenden Fall bedeutsame Eintragung fehlt jedoch in dem Computerausdruck, den die Mitarbeiterinnen des Beklagten der Ehefrau des Klägers vor der Klageerhebung unter dem 8.12.2003 ausgehändigt haben. Diese Abweichungen hat der Beklagte nicht plausibel erläutert. So hat er dazu zunächst vorgetragen, es gebe unterschiedlich umfangreiche Ausdrucke. Die, die den Patienten ausgehändigt würden, enthielten nur Befunderhebungen. Darüber hinausgehende Angaben wie Medikationen und persönliche Einschätzungen würden dagegen den Patienten vorenthalten, was seinen Mitarbeiterinnen bekannt sei. Das mag sein, erklärt aber nicht, wie es zu der Änderung eines unter der Rubrik Befund eingetragenen Vermerks gekommen ist. Denn es erscheint nahezu ausgeschlossen, dass der Computer nicht nur imstande ist, bestimmte Rubriken nicht mit auszudrucken, sondern auch selbständig die Eintragungen unter einer Rubrik um persönliche Einschätzungen des Beklagten und Diagnosen zu kürzen. Darauf hat bereits die Klägerin zutreffend hingewiesen, ohne dass der Beklagte dem mit nachvollziehbaren Erläuterungen entgegengetreten ist. Vielmehr hat er dazu lediglich seinen Vortrag wiederholt, der Ausdruck vom 8.12.2003 sei auf Wunsch der Klägerin erfolgt. Eine seiner Angestellten habe die Daten auf den notwendigen Inhalt gekürzt, was durch Eingabe in den Computer möglich sei.
bb.) Ausweislich des schriftlichen Gutachtens vom 4.3.2007 hat der Beklagte weiter gegenüber dem Sachverständigen H... im Rahmen des Ortstermins erklärt, er selbst sehe vor der Aushändigung der Krankenunterlagen an den Patienten die Eintragungen durch, filtere sodann die Angaben heraus, die der Patient nicht lesen soll, notiere diese handschriftlich und füge sie später wieder ein (Gutachten S. 8, 12, 15 f.). Diese Erklärungen lassen sich bereits mit seinem schriftsätzlichen Vorbringen nicht in Einklang bringen. Zudem steht danach sogar fest, dass der Beklagte nachträglich Veränderungen an der Dokumentation vorgenommen hat. Damit kann nicht einmal ansatzweise nachvollzogen werden, welche konkreten Eintragungen der Beklagte zeitnah vorgenommen hat. Dies wird durch den Umstand belegt, dass der in Anwesenheit des Sachverständigen im Rahmen des Ortstermins gefertigte Ausdruck vom 24.1.2007 unter dem 26.5.1999 nunmehr nicht mehr den Vermerk "will keine coloskop..." aufgewiesen hat, sondern die Eintragung "will kein weiter Di...." Im Hinblick darauf ist nicht sichergestellt, dass der Beklagte solche Eintragungen, die er zunächst herausgefiltert hat, später auch unverändert mit dem ursprünglichen Wortlaut wieder hinzufügt.
cc.) Überdies kann nicht außer Betracht bleiben, dass der Beklagte nach seinem Vorbringen nicht einmal Veranlassung gehabt hat, dem Ehemann der Klägerin eindringlich zu einer Coloskopie zu raten, so dass es wenig plausibel erscheint, warum er gleichwohl dessen Weigerung, die Untersuchung vornehmen zu lassen, in den Krankenunterlagen ausdrücklich vermerkt hat. Denn der Beklagte hat auf die mangelnde Spezifität des Hämokulttests verwiesen und behauptet, alle drei Proben hätten positiv sein müssen, wenn tatsächlich Blut im Stuhl vorhanden gewesen wäre. Warum gleichwohl eine Coloskopie hätte erfolgen sollen, obwohl unstreitig lediglich eine Probe ein positives Ergebnis gezeigt hat, erläutert der Beklagte nicht.
b.) Der Beweiswert der Krankenunterlagen des Beklagten wird auch nicht dadurch erhöht, dass der Beklagte in seiner Karteikarte unter dem 26.5.1999 den handschriftlichen Vermerk aufgenommen hat: "Lehnt bei positivem Hämokult Coloskopie ab". Denn auf Vorhalt der Klägerin hat der Beklagte einräumen müssen, dass er in diese Karteikarte seit 1997 keine Behandlungsdaten mehr einträgt. Soweit er die Karteikarte nunmehr nach eigenen Angaben noch heranzieht, um subjektive Wahrnehmungen und Eindrücke von Gewicht festzuhalten, fällt bereits auf, dass nach dem 7.4.1997 lediglich noch eine einzige Eintragung in der Karteikarte niedergelegt ist - nämlich die Weigerung des Ehemannes der Klägerin, eine Coloskopie durchführen zu lassen. Dagegen fehlt etwa für den 25.10.2001 ein entsprechender Vermerk, obwohl in der EDVDokumentation festgehalten ist: "will keine Kurmassnahmen". Hinzu kommt, dass der Vermerküber die Weigerung des Patienten, sich einer Coloskopie zu unterziehen, nicht einmal eine vertrauliche persönliche Komponente beinhaltet (vgl. dazu Frahm/Nixdorf, aaO., Rdnr. 134). Vielmehr handelt es sich um objektive Fakten der Behandlung, die im Übrigen dem Patienten ohnehin bekannt gewesen sein müssen, wenn er tatsächlich - wie der Beklagte behauptet - eine Darmspiegelung im Mai 1999 abgelehnt hat.
c.) Die Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit derärztlichen Dokumentation werden schließlich durch die Eintragungen des Beklagten in das Formular zur KrebsFrüherkennung bestärkt. Die darin enthaltene Frage, ob eine weitere Diagnostik wegen Krebsverdachts erforderlich ist, hat er nicht beantwortet. Und die Feststellung "Patient entzog sich weiterer Diagnostik", hat der Beklagte ebenfalls nicht angekreuzt, obwohl dies nahe gelegen hätte, wenn der Ehemann der Klägerin tatsächlich die ihm angeratene medizinisch erforderliche Coloskopie abgelehnt hätte.
d.) Unter Berücksichtigung dieser Umstände vermag der Senat der ärztlichen Dokumentation des Beklagten keine hinreichendes Vertrauen zu schenken, so dass dieser die Weigerung des Herrn B..., sich einer Coloskopie zu unterziehen, zu beweisen hat. Diesen Beweis ist er fällig geblieben.
4.) Unabhängig davon hätte es der Beklagte aber ohnehin nicht einfach hinnehmen dürfen, wenn Herr B... die ihm angeratene und nach den Ausführungen der Sachverständigen Prof. B... / Dr. K...erforderliche Coloskopie ablehnt. Vielmehr ist der Arzt in diesem Fall verpflichtet, dem Patienten eindringlich und mit allem Ernst die Bedeutung der Untersuchung darzustellen und klarzustellen, welche Folgen mit dem Unterbleiben dieser Untersuchung verbunden sein können (Bundesgerichtshof VersR 1987, S. 1089, 1090. Senat, Urteil vom 19.9.2007, S. 9 f., Az. 5 U 28/07. ferner Oberlandesgericht Nürnberg, VersR 1995, S. 1057, 1058. Oberlandesgericht Celle, VersR 1985, S. 346, 346). Verweigert der Patient die Vornahme einer dringend gebotenen ärztlichen Maßnahme, darf sich der Arzt nicht einfach damit zufrieden geben, sofern er nicht sicher sein kann, diesem das damit eingegangene Risiko deutlich vor Augen geführt zu haben (vgl. Frahm/Nixdorf, aaO., Rdnr. 100). Danach hätte der Beklagte den Ehemann der Klägerin davon in Kenntnis setzen müssen, dass viele Karzinome intermittierend bluten, so dass bereits nach einer positiven Testung eine endoskopische Untersuchung des gesamten Dickdarmes angezeigt ist, um durch die frühzeitige Feststellung eines Karzinoms verbesserte Behandlungsmöglichkeiten zu gewährleisten. Auf das Erfordernis einer solchen Aufklärung haben auch die medizinischen Sachverständigen Prof. B... / Dr. K... hingewiesen. Eine solche Aufklärung hat der Beklagte nicht einmal behauptet, sondern vielmehr dazu lediglich dargetan, aus der Eintragung, Herr B... wünsche eine Coloskopie nicht, lasse sich entnehmen, es sei über eine Darmspiegelung gesprochen worden. Im Übrigen kann der Beklagte dem Ehemann der Klägerin aber auch die Bedeutung einer Darmspiegelung gar nicht klar gemacht haben, weil dieser nach eigenen Angaben ohnehin davon ausgegangen ist, erst drei positive Stuhlproben ließen den Schluss auf Blut im Stuhl zu (s.o.).
III.) Entgegen der Annahme des Landgerichts kann die Ursächlichkeit zwischen der Gesundheitsbeeinträchtigung und dem Behandlungsfehler ebenfalls nicht verneint werden.
1.) Verletzt der Arzt - wie hier - die Pflicht zur therapeutischen Beratung, ist grundsätzlich zu vermuten, dass sich der Patient bei ordnungsgemäßer Aufklärung "aufklärungsrichtig" verhalten hätte (Hausch, VersR 2007, S. 167, 171 m.w.N. aus der Rechtsprechung). Davon kann auch hier ausgegangen werden. Unstreitig hat der Ehemann der Klägerin nämlich sogleich einen Facharzt aufgesucht, als ihm der Beklagte am 18.7.2000 nach unklarem häufigen Stuhlgang eine entsprechende Überweisung ausgestellt hatte. Dieser Annahme steht nicht entgegen, wenn der Ehemann der Klägerin im Mai 1999 trotz einer entsprechenden Empfehlung des Beklagten versäumt haben sollte, nach 6 Wochen erneut Stuhlproben abzugeben - was die Klägerin bestreitet. Denn angesichts fehlender Aufklärung durch den Beklagten musste Herr B... zu diesem Zeitpunkt nicht ernstlich befürchten, dass tatsächlich Blut im Stuhl vorhanden ist und dies Anzeichen für eine Darmkrebserkrankung sein könnte.
2.) Zudem greifen Beweiserleichterungen zugunsten der Klägerin wegen Mängeln bei der Befunderhebung ein - worauf bereits die Klägerin zutreffend hingewiesen hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es zu einer Umkehr der Beweislast hinsichtlich der ursächlichen Auswirkungen des Behandlungsfehlers, wenn der Behandlungsseite ein einfacher Befunderhebungsfehler unterlaufen und zugleich auf einen groben Behandlungsfehler zu schließen ist, weil sich bei der unterlassenen Abklärung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein so deutlicher und gravierender Befund ergeben hätte, dass sich dessen Verkennung als fundamental oder die Nichtreaktion auf ihn als grob fehlerhaft darstellen müsste (Bundesgerichtshof VersR 2004, S. 909, 911). So verhält es sich hier.
a.) Ein Verstoß des Beklagten gegen die Pflicht zu Erhebung medizinisch gebotener Befunde liegt hier vor, weil es dem Beklagten zur Last zu legen ist, dass im Mai 1999 eine Coloskopie unterblieben ist, obwohl diese zur Abklärung der positiven Stuhlprobetestung nach den Erläuterungen der Sachverständigen erforderlich gewesen ist (s.o.). Dabei ist unerheblich, wenn der Beklagte nicht selbst in der Lage gewesen ist, eine Darmspiegelung vorzunehmen. Denn einem Befunderhebungsfehler steht es gleich, wenn der Befund deshalb nicht erhoben wird, weil der Arzt den Patienten nicht auf die Notwendigkeit der diagnostischen Maßnahme aufmerksam gemacht hat (vgl. Senat, Urteil vom 5.10.2005, Az. 5 U 46/05, S. 7 m.w.N.. Oberlandesgericht Köln, NJWRR 2003, S. 1031, 1031).
b.) Ein positiver Befund ist im vorliegenden Fall überwiegend, also hinreichend wahrscheinlich gewesen (vgl. Steffen/Pauge, Arzthaftungsrecht, 10.A., Rdnr. 554 b). Nach den Erläuterungen von Dr. K... wäre es nämlich wahrscheinlicher gewesen, dass der Tumor bereits im Mai 1999 entdeckt worden wäre, wenn bereits zu diesem Zeitpunkt eine Darmspiegelung durchgeführt worden wäre. Diese Erwägungüberzeugt, weil sich nach den Ausführungen der Sachverständigen in ihrem schriftlichen Gutachten kolorektale Karzinome langsam entwickeln und sich die zunächst nur leichtgradig veränderte Darmschleimhaut erst nach Durchlaufen mehrerer Zwischenzustände über Jahre hinweg in das Vollbild des Karzinoms transformiert.
c.) Es kann weiter keinem Zweifel unterliegen, dass eine Nichtreaktion auf den Befund eines Rektumkarzinoms nur als grob fehlerhaft gewertet werden könnte, nämlich als Fehler, der mit einem eindeutigen Verstoß gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse verbunden ist und der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil er einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf (Bundesgerichtshof VersR 2001, S. 1115, 1116). Nach den Erläuterungen von Prof. B... / Dr. K... ist es gerade der Sinn von ScreeningMaßnahmen, ein kolorektales Karzinom in einem frühzeitigen Stadium zu erkennen, in dem eine kurative Behandlung mit möglichst geringer Belastung des Patienten möglich ist. Im Übrigen liegt es angesichts der Gefährlichkeit eines nicht behandelten Karzinoms selbst für einen medizinischen Laien auf der Hand, dass es nur als unverständliches ärztliches Fehlverhalten beurteilt werden könnte, wenn der Arzt auf einen entsprechenden Befund nicht reagiert und jegliche therapeutische Maßnahmen unterlässt (so auch - sachverständig beraten - Oberlandesgericht Köln, aaO., S. 1032, Gehrlein, VersR 2004, S. 1488, 1494). Im Hinblick darauf hat der Senat ausnahmsweise davon abgesehen, den Sachverständigen dazu ergänzend anzuhören.
d.) Der Fehler des Beklagten ist auch geeignet gewesen, den Gesundheitsschaden, den der Ehemann der Klägerin geltend gemacht hat, herbeizuführen. So haben Prof. B... und Dr. K... deutlich gemacht, dass durch die zeitliche Verzögerung bei der Diagnosestellung um 14 Monate durchaus eine Stadien und Prognoseverschlechterung eingetreten sein kann. Unter diesen Umständen kann eine Beweislastumkehr nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass durch den zeitlichen Verzug bis zur richtigen Diagnosestellung keinerlei Heilungschancen und keine Chance auf Verbesserung der konkreten Situation vergeben worden sind (vgl. Oberlandesgericht Hamm, VersR 2002, S. 578, 579).
IV.) Der Senat hält die Schmerzensgeldforderung des verstorbenen Ehemannes der Klägerin in Höhe von 50.000,€ für gerechtfertigt.
Bei der Bemessung der nach § 847 BGB a.F. zu gewährenden billigen Entschädigung sind die Schwere der Verletzungen, das durch diese bedingte Leiden, dessen Dauer, das Ausmaß der Wahrnehmung der Beeinträchtigung durch den Verletzten und der Grad des Verschuldens des Schädigers in Betracht zu ziehen (Oberlandesgericht Köln, VersR 2003, S. 602, 603 m.w.N.), wobei letzterer in Arzthaftungsfällen regelmäßig nicht entscheidend ins Gewicht fällt (Oberlandesgericht Bremen, VersR 2003, S. 779 m.w.N.). Hier haben die Sachverständigen zwar deutlich gemacht, dass eine Operation auch dann unumgänglich gewesen wäre, wenn der Tumor bereits im Mai 1999 entdeckt worden wäre. Andererseits haben Prof. B... und Dr. K... aber für durchaus möglich gehalten, dass chemotherapeutische Maßnahmen, die neoadjuvante Bestrahlung und die zeitweilige Anlage eines künstlichen Darmausgangs bei frühzeitiger Diagnose des Karzinoms zu vermeiden gewesen wären. Dafür hat der Beklagte wegen der mit dem Befunderhebungsfehler verbundenen Beweislastumkehr einzustehen. Gleiches gilt für eine mit der zeitlichen Verzögerung einhergehende Stadien und Prognoseverschlechterung, die nach den Erläuterungen der Sachverständigen als nicht unwahrscheinlich zu bezeichnen ist. Im Hinblick darauf kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine Metastasierung, wie sie in der Folgezeit bei dem Ehemann der Klägerin u. a. im Gehirn, in der Lunge und in der Leber diagnostiziert worden ist, hätte verhindert werden können, wobei die Unsicherheiten bei der Beurteilung wiederum zu Lasten des Beklagten gehen. Unter Berücksichtigung der bei Hacks/Ring/Böhm, Schmerzensgeldbeträge, 26.A., unter Nr. 2414, 2419, 2641, 2642 und 2665 abgedruckten Entscheidungen hält der Senat danach ein Schmerzensgeld in Höhe von 50.000,€ für angemessen.
V.) Die Zinsforderung ist gemäß den §§ 288, 291 BGB ab Rechtshängigkeit der Klage begründet. Die weitergehende Zinsforderung war hingegen abzuweisen, da die Klägerin nicht dargetan hat, dass der Beklagte bereits vor der Zustellung der Klage mit der Begleichung der Schadensersatzforderungen gemäß § 286 BGB in Verzug geraten ist.
VI.) Das Feststellungsbegehren der Klägerin ist gerechtfertigt. Denn die mit der Leistungsklage verfolgte Schadensersatzforderung bezieht sich ausschließlich auf die Jahre 2000/2001, und es liegt nahe, dass dem verstorbenen Ehemann der Klägerin bis zu seinem Tod am 18.5.2007 weitere materielle Schäden etwa in Form von Verdienstausfall entstanden sind. Da sich der Schaden zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch in der Fortentwicklung befunden hat, ist die Klägerin auch nicht etwa gehalten gewesen, den gesamten Schaden ihres Ehemanns zu beziffern und insgesamt Leistungsklage zu erheben (vgl. dazu nur ZöllerGreger, ZPO, 26.A., § 256 Rdnr. 7a).
VII.) Der Beklagte haftet darüber hinaus gemäß den §§ 823, 249 BGB bzw. wegen schuldhafter Vertragsverletzung i.V.m. § 249 BGB für den mit dem Leistungsantrag (Klageantrag zu 2.) geltend gemachten materiellen Schaden, der Herrn B... aufgrund des Behandlungsfehlers erwachsen ist. Ein solcher Schaden ist mit hoher Wahrscheinlichkeit entstanden, schon weil Herr B... sich unstreitig wegen seiner Erkrankung erheblicher therapeutischer Maßnahmen hat unterziehen müssen, die bei frühzeitiger Entdeckung des Karzinoms weniger umfangreich hätten ausfallen können und deshalb einen geringeren Verdienstausfall nach sich gezogen hätten. Was die Höhe der Schadensersatzforderung anbelangt, ist jedoch noch eine weitere Sachverhaltsaufklärung unumgänglich. Im Hinblick darauf hat sich der Senat veranlasst gesehen, insoweit ein Grundurteil gemäß § 304 ZPO zu erlassen und den Rechtsstreit auf den Hilfsantrag des Beklagten hin wegen der Höhe des Anspruchs gemäß § 538 Abs. 2 Ziff. 4 ZPO an das Landgericht zurückzuverweisen.
C. Die Nebenentscheidungen stützen sich auf die §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.