Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 06.11.2007, Az.: 8 LA 67/07
Verhältnismäßigkeit des Widerrufs einer Niederlassungserlaubnis; Erfordernis einer wirtschaftlichen Integration in die hiesigen Verhältnisse ( Sicherung ihres Lebensunterhalts aus eigenen Mitteln); Abhängigkeit von ergänzenden öffentlichen Mittel zur Bestreitung des notwendigen Lebensunterhalts
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 06.11.2007
- Aktenzeichen
- 8 LA 67/07
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2007, 44937
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2007:1106.8LA67.07.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Göttingen - 27.06.2007 - AZ: 1 A 110/05
Rechtsgrundlagen
- § 52 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 AufenthG
- Art. 8 EMRK
- Art. 3 UNKRÜbk
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Das in § 52 Abs. 1 Satz 1 AufenthG eingeräumte Ermessen wird nicht fehlerhaft ausgeübt, wenn aufgrund zahlreicher im Bundesgebiet begangener Straftaten von einer ersichtlich fehlgeschlagenen Integration des Betroffenen in die gesellschaftlichen Verhältnisse ausgegangen wird.
- 2.
Bei einer zweisprachigen Erziehung kann Kindern mit Unterstützung ihrer Eltern, die mit den Lebensverhältnissen in ihrem Heimatland vertraut sind, eine Integration in die dortigen Lebensverhältnisse noch zugemutet werden.
- 3.
Inwieweit Asylbewerbern bei einer Rückkehr in ihr Herkunftsland eine existenzielle Gefahr für Leib, Leben oder Gesundheit droht, ist nicht durch die Ausländerbehörde, sondern durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu entscheiden.
- 4.
Der Widerruf der Niederlassungserlaubnis kann nicht dahingehend beschränkt werden, dass dem Ausländer eine Niederlassungserlaubnis entzogen wird, dafür zumindest aber eine Aufenthaltserlaubnis verbleibt.
Gründe
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil aus den von den Klägern dargelegten Gründen keine ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bestehen.
Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil ausgeführt, dass die Beklagte das ihr nach dem bestandskräftigen Widerruf der Asylanerkennungen der Kläger gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG eröffnete Ermessen, auch die den Klägern aufgrund ihrer vormaligen Asylanerkennung erteilten Niederlassungserlaubnisse zu widerrufen, ordnungsgemäß ausgeübt habe. Sie habe insbesondere die ihr bekannten Gesichtspunkte, die für ein Verbleiben der Kläger im Bundesgebiet sprächen, entsprechend ihrer Bedeutung gewürdigt. Die Beklagte sei dabei zu Recht davon ausgegangen, dass den Klägern unter anderem eine wirtschaftliche Integration in die hiesigen Verhältnisse, d. h. eine Sicherung ihres Lebensunterhalts aus eigenen Mitteln, nicht gelungen sei. Schließlich stehe der Widerruf auch im Einklang mit dem gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Privatleben der Kläger.
Die Kläger halten die Ermessensentscheidung der Beklagten hingegen unverändert für rechtswidrig. Aus den von ihnen dazu im Zulassungsverfahren im Einzelnen vorgetragenen Gründen ergibt sich die Ermessensfehlerhaftigkeit des Widerrufes jedoch nicht.
Die Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass den Klägern in wirtschaftlicher Hinsicht eine Integration nicht gelungen ist. Die von dem Kläger zu 1) unternommenen Versuche, sich eine Existenz durch eine selbständige Erwerbstätigkeit aufzubauen, sind jeweils nach kurzer Zeit gescheitert. Die klägerische Familie ist deshalb seit ihrer Einreise in das Bundesgebiet im Jahr 1992 durchgängig zumindest auf ergänzende öffentliche Mittel zur Bestreitung des notwendigen Lebensunterhalts angewiesen gewesen. Die Kläger berufen sich in diesem Zusammenhang zu Unrecht darauf, dass die Beklagte ihr vorgelegte Gehaltsnachweise des Klägers zu 1) aus dem Februar und März 2005 übersehen habe. Tatsächlich sind der Beklagten entsprechende Nachweise erst am 28. April 2005 und damit nach dem Erlass des hier streitigen Widerrufsbescheides vom 25. April 2005 vorgelegt worden, obwohl die Kläger zuvor auf ihre Mitwirkungsobliegenheit hingewiesen worden sind. Im Übrigen ergibt sich aus dem danach vom Kläger zu 1) vorübergehend bezogenen Nettoeinkommen von 946,50 EUR ohnehin keine andere Bewertung. Auch dieses Einkommen einschließlich des der Familie zustehenden Kindergeldes hat nämlich nicht ausgereicht, ihren Lebensunterhalt ohne ergänzende öffentliche Mittel zu bestreiten. Hiervon ist die Beklagte bei ihrer Ermessensentscheidung ausgegangen. Sie hat sich im Übrigen zutreffend nicht auf eine Bewertung der aktuellen finanziellen Situation der Kläger im April 2005 beschränkt, sondern eine Prognose darüber abgegeben, ob die Kläger insbesondere aus dem Einkommen des Klägers zu 1) verlässlich, also dauerhaft ihren notwendigen Lebensunterhalt werden sichern können (vgl. Senatsurt. v. 12.9.2007 - 8 LB 34/06 -, abgedruckt in der Rechtsprechungsdatenbank der niedersächsischen Verwaltungsgerichtsbarkeit im Internet, m. w. N.). Diese Prognose ist zu Lasten der Kläger ausgefallen, d.h. die Beklagte hat angenommen, dem Kläger zu 1) werde es mutmaßlich auch in naher Zukunft nicht gelingen, den Lebensunterhalt aller Kläger ohne öffentliche Mittel zu sichern. Diese Prognose hat sich - bislang - bestätigt. Der Kläger zu 1) hat seine im Februar 2005 begonnene Angestelltentätigkeit bereits im Dezember 2005 durch Entlassung wieder verloren. Seine daraufhin (erst) im September 2006 erneut aufgenommene Erwerbstätigkeit als selbständiger Gebrauchtwagenhändler hat nach der von ihm vorgelegten Erfolgsrechnung im gesamten ersten Quartal 2007 lediglich zu einem "Ergebnis vor Steuern" von 309,- EUR geführt. Die Kläger sind deshalb unverändert auf öffentliche Mittel zur Bestreitung ihres notwendigen Lebensunterhalts angewiesen.
Der Senat hat in seinem bereits zuvor angeführten Urteil vom 12. September 2007 weiterhin ausgeführt, dass das in § 52 Abs. 1 Satz 1 AufenthG eingeräumte Ermessen nicht fehlerhaft ausgeübt wird, wenn aufgrund zahlreicher im Bundesgebiet begangener Straftaten von einer ersichtlich fehlgeschlagenen Integration des Betroffenen in die gesellschaftlichen Verhältnisse ausgegangen wird. Dies gilt auch im vorliegenden Fall. Die Beklagte durfte also ermessensfehlerfrei darauf verweisen, dass der Kläger zu 1) in der Zeit von 1993 bis 1999, also über sechs Jahre hinweg, mehrfach straffällig geworden und deshalb fünfmal zu Geldstrafen verurteilt worden ist. Außerdem lief gegen den Kläger zu 1) im April 2005 noch ein weiteres, erst im Jahr 2006 gegen Auflagen eingestelltes Ermittlungsverfahren wegen Betruges und Bedrohung. Da die Beklagte auf eine aus diesen Straftaten eventuell abzuleitende Wiederholungsgefahr nicht abgestellt hat, bedurfte es insoweit auch keiner näheren Ausführungen in ihrem Bescheid (vgl. nochmals das oben angeführte Senatsurteil v. 12.9.2007).
Entgegen der Annahme der Kläger sind auch keine Ermessensfehler hinsichtlich der in den Jahren 1994, 1995 und 1997 jeweils im Bundesgebiet geborenen Kläger zu 2) bis 5) gegeben. Die Beklagte hat erkannt, dass diese Kläger im Bundesgebiet geboren und hier aufgewachsen sind und zur Schule gehen. Sie hat dies "im Rahmen der Integration in deutsche Lebensverhältnisse positiv" bewertet. Nachvollziehbar hat sie ergänzend festgestellt, dass sich der Integrationsprozess der Kläger zu 2) bis 5) noch im Anfangsstadium befindet, da Kinder in diesem Alter noch stark durch ihre Eltern beeinflusst werden. Weiterhin ist nicht zu bemängeln, dass eine zweisprachige, also zumindest auch muttersprachliche Erziehung der Kinder in Rechnung gestellt worden ist. Das Verwaltungsgericht ist bei dieser Sachlage unter Bezugnahme auf die Senatsrechtsprechung (vgl. Beschl. v. 1.9.2006 - 8 LA 101/06 -) zutreffend davon ausgegangen, dass den Klägern zu 2) bis 5) mit Unterstützung ihrer Eltern, die mit den Lebensverhältnissen in ihrem Heimatland vertraut sind, trotz der sicherlich zu erwartenden Eingewöhnungsschwierigkeiten eine Integration in die dortigen Lebensverhältnisse noch zugemutet werden kann.
Diese Ermessensentscheidung verstößt nicht gegen den von den Klägern angeführten Artikel 3 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes vom 5. Dezember 1989 (BGBl. 1992 II S. 121, 990) - "Übereinkommen". Das vorgenannte Übereinkommen enthält nach der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. zuletzt Beschl. des OVG Münster v. 22.8.2006 - 18 B 1209/06, 18 E 717/06 -, InfAuslR 2006, 495, m. w. N.; Nds. OVG, Beschl. v. 6.9.2000 - 11 M 2715/00 -, [...]) aufgrund der Erklärungen, die von der Bundesrepublik Deutschland bei Hinterlegung der Ratifikationsurkunde abgegeben worden sind, nur zwischenstaatliche Verpflichtungen und begründet schon deshalb keine (ausländerrechtlichen) Individualrechte (vgl. ergänzend GK- AufenthG, vor §§ 53 ff., Rn. 923; BT-Drucks. 15/1819, S. 3, jeweils m. w. N.). Eine andere Beurteilung ergibt sich für die Anwendung des Ausländerrechts im Übrigen selbst dann nicht, wenn man - wie die Kläger geltend machen - die von der Bundesregierung bei Hinterlegung der Ratifikationsurkunde im Jahr 1992 abgegebene Erklärung für unwirksam hält. Die entsprechende Erklärung hat nämlich jedenfalls im hier maßgeblichen Zusammenhang nur klarstellende, nicht aber konstitutive Bedeutung (vgl. nochmals BT-Drucks. 15/1819, S. 2, sowie ergänzend BT-Drucks. 16/6076, S. 3 ff.). Insbesondere kann aus dem von den Klägern für sich in Anspruch genommenen Art. 3 Abs. 1 des Übereinkommens kein ausländerrechtliches Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet abgeleitet werden. Dies ergibt sich bereits aus der Systematik des Übereinkommens selbst. Wenn der in Art. 3 Abs. 1 des Übereinkommens enthaltene Grundsatz, dass das Wohl des Kindes bei allen das Kind betreffenden Maßnahmen ein vorrangig zu berücksichtigender Gesichtspunkt ist, auch bei einer Entscheidung über das Aufenthaltrecht dieses Kindes in einen fremden Staat Entscheidungsmaßstab wäre, dann stünde dieser Grundsatz im Widerspruch zu den spezielleren Regelungen über die Trennung von Kindern von ihren Eltern unter anderem im Falle der Abschiebung gemäß Art. 9 Abs. 4, über die Familienzusammenführung gemäß Art. 10 und über Rechte von Kindern als Flüchtlinge nach Art. 22 des Übereinkommens. Schließlich besteht insoweit auch kein Widerspruch zu der von den Klägern für ihre Auffassung vorgelegten Stellungnahme von Prof. C.. Denn auch darin wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die von der Bundesregierung bei der Hinterlegung der Ratifikation abgegebene Erklärung insoweit, als sie sich lediglich auf Fragen der Einreise und des Aufenthalts bezieht, unbedenklich ist; ausländische Kinder haben insoweit unbezweifelbar einen anderen Rechtsstatus als deutsche Kinder.
Der Kläger zu 2) macht weiterhin geltend, bis zur Wirksamkeit der angefochtenen Widerrufsentscheidung einen Anspruch auf Einbürgerung gehabt zu haben, der allein durch den Widerruf zu Fall gebracht worden sei. Dieser Gesichtspunkt sei bei der Ermessensentscheidung über den Widerruf seiner Niederlassungserlaubnis zu Unrecht nicht berücksichtigt worden. Bei dieser Argumentation wird jedoch übersehen, dass der Beklagten nach den nicht mit Zulassungsgründen angegriffenen und daher vorliegend zugrunde zu legenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts aus den Ausländerakten das Einbürgerungsbegehren des Klägers zu 2) überhaupt nicht bekannt war. Konnte die Ausländerbehörde diesen Gesichtspunkt bei ihrer Entscheidung also mangels Kenntnis nicht berücksichtigen, so folgt daraus auch keine Ermessensfehlerhaftigkeit der Widerrufsentscheidung (vgl. Senatsurt. v. 12.9.2007, a. a. O.; Nds. OVG, Beschl. v. 5.3.2007 - 10 ME 64/07 -). Im Übrigen lässt sich auch nicht feststellen, dass das Einbürgerungsbegehren des Klägers zu 2) allein am Widerruf der Niederlassungserlaubnis gescheitert ist und ihm anderenfalls ein Einbürgerungsanspruch zugestanden hätte. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG setzt der geltend gemachte Einbürgerungsanspruch auch voraus, dass der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert. Der Kläger hat aber seine bisherige serbische Staatsangehörigkeit (bis heute) weder aufgegeben noch verloren. Zwar wird von dieser Einbürgerungsvoraussetzung gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 StAG abgesehen, wenn der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann. Dass diese Ausnahmevoraussetzung vorliegend im April 2005 gegeben war, wird jedoch weder vom Kläger im Zulassungsantrag dargelegt noch ist dies sonst für den Senat ersichtlich.
Schließlich dringen die Kläger auch nicht mit ihrem Einwand durch, die Beklagte habe im Rahmen des Widerrufs ermessensfehlerhaft übersehen, dass die Kläger bei einer Rückkehr in den Kosovo mittel- und obdachlos dastehen würden. Ob den Klägern dort bei einer Rückkehr eine existenzielle Gefahr für Leib, Leben oder Gesundheit droht, hat nämlich auch nach dem Asylwiderruf nicht die Beklagte als Ausländerbehörde, sondern mit gemäß § 42 Satz 1 AsylVfG für die Beklagte bindender Wirkung das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu entscheiden (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.4.1999 - 9 C 29/98 -, Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 18). Unterhalb dieser Gefahrenschwelle liegende Schwierigkeiten bei der Rückkehr in das Heimatland sind zwar im Rahmen der Ermessensentscheidung über den Widerruf nach § 52 Abs. 1 AufenthG zu berücksichtigen (vgl. Senatsurt. v. 12.9.2007, m. w. N.), vorliegend aber von den Klägern ebenfalls gerade nicht rechtzeitig, nämlich bis zum Erlass des angefochtenen Bescheides bei der Beklagten geltend gemacht worden.
Der Widerruf der Niederlassungserlaubnisse steht schließlich auch im Einklang mit dem gemäß Art. 8 EMRK geschützten Privatleben der Kläger. Bei dem Widerruf nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG ist lediglich über die Frage zu entscheiden, ob dem Ausländer die asyl- bzw. flüchtlingsbedingt erteilte Niederlassungserlaubnis entzogen oder diese Form des Aufenthaltstitel belassen werden soll (vgl. Senatsbeschl. v. 31.10.2007 - 8 LA 61/07 -, m. w. N.). Eine Zwischenlösung gibt es hingegen nicht. Der Gegenstand des Widerrufs ist nicht teilbar. Der Widerruf kann also nicht dahingehend beschränkt werden, dass dem Ausländer eine Niederlassungserlaubnis entzogen wird, dafür zumindest aber eine (befristete) Aufenthaltserlaubnis verbleibt. Über die Erteilung eines solchen, im Verhältnis zur Niederlassungserlaubnis "geringwertigeren" Aufenthaltstitels, etwa einer befristeten Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 oder 5 AufenthG, ist vielmehr in einem gesonderten Verwaltungsverfahren verbindlich zu entscheiden. Mit dem hier streitigen Widerruf ist damit noch keine abschließende Entscheidung über ein Aufenthaltsrecht des betroffenen Ausländers im Bundesgebiet getroffen worden. Ob auch die Vereinbarkeit eines solchen, nicht zwingend aufenthaltsbeendenden Verwaltungsaktes mit Art. 8 EMRK nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Entscheidung oder im Zeitpunkt der vorhergehenden Behördenentscheidung zu beurteilen ist, braucht vorliegend nicht geklärt zu werden. Zu keinem dieser beiden Zeitpunkte stand den Klägern unmittelbar aus Art. 8 EMRK ein Aufenthaltsrecht zu.
Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass diese Bestimmung dem Ausländer allenfalls dann das in Anspruch genommene Aufenthaltsrecht vermittelt, wenn er ein Privatleben, das durch persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen charakterisiert wird, faktisch nur noch im Aufenthaltsstaat als Vertragsstaat der EMRK führen kann. Ob eine solche Fallkonstellation für einen Ausländer in Deutschland vorliegt, hängt zum einen von der Integration des Ausländers in Deutschland, zum anderen aber auch von seiner Möglichkeit zur (Re-)Integration in seinem Heimatland ab. Gesichtspunkte für die Integration des Ausländers in Deutschland sind dabei eine - hier gegebene - zumindest mehrjährige Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet, gute deutsche Sprachkenntnisse und eine soziale Eingebundenheit in die hiesigen Lebensverhältnisse, wie sie etwa im Besitz eines Ausbildungs- oder Arbeitsplatzes, in einem festen Wohnsitz, einer Sicherstellung des ausreichenden Lebensunterhalts einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel und dem Fehlen von Straffälligkeit zum Ausdruck kommt.
Danach ist dem Kläger zu 1) aus den bereits zuvor dargelegten Gründen eine Integration in die hiesigen Verhältnisse bis heute nicht gelungen. Für die Kläger zu 2) bis 5) hat das Verwaltungsgericht die Vereinbarkeit des angegriffenen Widerrufs mit Art. 8 EMRK im Ergebnis ebenfalls zu Recht bejaht. Für die Integration von in Deutschland geborenen Kindern im Alter der Kläger zu 2) bis 4) kommt es im Wesentlichen auf ihre schulische Entwicklung sowie darauf an, ob sie im Übrigen über das Elternhaus noch dem Kulturkreis der Eltern verbunden sind oder sich von diesem losgelöst und vollständig an die hiesigen Lebensverhältnisse angepasst haben. Eine solche, gleichsam unumkehrbare Integration der Kläger zu 2) bis 5) kann nicht festgestellt werden.
Der im August 1994 geborene Kläger zu 2) besuchte nach dem letzten vorgelegten Zeugnis vom Januar 2007 die 5. Klasse einer Förderschule Lernen in D.. Er konnte danach Sätze verständlich sprechen, jedoch nicht immer vollständig oder grammatikalisch korrekt. Darüber hinaus bereiteten ihm eigene Niederschriften noch größere Schwierigkeiten. Positiv hervorgehoben wurden seine große Begeisterung und seine guten Leistungen im Sportunterricht, was im Übrigen auch in der von ihm geltend gemachten Mitgliedschaft in einem Fußballverein zum Ausdruck kommt. In einem ergänzenden Bericht vom April 2007 werden sein Sozial- und Arbeitsverhalten als "zur Zeit den Erwartungen in vollem Umfang entsprechend" gekennzeichnet.
Der im Dezember 1995 geborene Kläger zu 3) besucht gegenwärtig die 4., eine Integrationsklasse, in einer Grundschule. Die Überalterung resultiert daraus, dass er zunächst vom Schulbesuch zurückgestellt wurde und danach eine Klasse wiederholt hat. Nach dem aktuellsten Bericht seiner Lehrer vom September 2007 sind seine mündlichen und schriftlichen Ausdrucksmöglichkeiten in der deutschen Sprache schlecht, da ihm immer noch Begrifflichkeiten und grammatikalische Kenntnisse fehlen. Sitten und Gebräuche in Deutschland sind ihm danach nur bekannt, wenn damit Vorteile für ihn verbunden sind. Mit den Kindern aus dem Kosovo unterhalte er sich oft in seiner Muttersprache (Roma). Er müsse deshalb häufig darauf hingewiesen werden, Deutsch zu sprechen. Der Kontakt zum Elternhaus wird von den Lehrern an der vom Kläger zu 3) besuchten Gebrüder-Grimm-Schule - insoweit im Gegensatz zu den Angaben der von dem Kläger zu 2) besuchten E. -(Förder-)Schule - als schwierig bezeichnet. Nur der Kläger zu 1) spreche einigermaßen gut Deutsch, mit seiner Frau könne man sich nicht unterhalten. Am schulischen Leben hätten die Eltern noch nie teilgenommen.
Der im März 1997 geborene Kläger zu 4) besucht in D. eine Förderschule mit dem Schwerpunkt geistige Entwicklung. Er ist in seiner Klasse das einzige ausländische Kind und spricht daher bis 15.00 Uhr überwiegend Deutsch. Ungeachtet dessen hat er viele Schwierigkeiten sowohl im Sprachverständnis als auch in der Sprachverwendung. Einem normalen Unterrichtsgespräch kann er trotz Bemühungen nicht folgen.
Schließlich besuchte der ebenfalls im März 1997 geborene Kläger zu 5) nach dem aktuellsten vorgelegten Halbjahreszeugnis vom Februar 2007 die 3. Klasse einer Förderschule Lernen in D.. Seine Lese- und Schreibfertigkeiten sind danach begrenzt, seine mathematischen Kenntnisse und Fertigkeiten beschränkt. So rechnet er nach diesem Zeugnis in dem Zahlenraum bis 10 meist sicher. Sein Sozialverhalten und sein Arbeitsverhalten entsprechen meist den Erwartungen. Positiv hervorgehoben wird auch bei ihm sein Interesse an sportlicher Betätigung, die auch in der von ihm und ergänzend den Klägern zu 3) bis 4) geltend gemachten Mitgliedschaft in einem Fußballverein zum Ausdruck kommt.
Zusammen genommen ergibt sich aus der vorbezeichneten Entwicklung der Kläger zu 2) bis 5) für keinen von ihnen eine gleichsam unumkehrbare Integration in die hiesigen Verhältnisse. Dafür fehlt es schon an den jeweils altersbedingt zu erwartenden Kenntnissen der deutschen Sprache. Dass die aufgezeigten Defizite allein anlagebedingt sind und deshalb unberücksichtigt zu bleiben hätten, ergibt sich aus den Zeugnissen nicht und wird von den Klägern auch selbst nicht geltend gemacht.
Schließlich ist der Widerruf der Niederlassungserlaubnisse aus den vorgenannten Gründen auch verhältnismäßig. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger zu 1), der nach seinen Angaben albanischer Volkszugehöriger und deshalb als Asylberechtigter sowie als Flüchtling anerkannt worden ist, wegen der grundlegenden Änderung der Verhältnisse in seiner Heimatprovinz Kosovo zu Gunsten der albanischen Volkszugehörigen spätestens seit dem Jahr 2000 mit dem Widerruf der Asyl- und Flüchtlingsanerkennung aller Familienangehöriger und daher ergänzend auch mit dem Widerruf der darauf beruhenden Aufenthaltstitel rechnen musste.