Landgericht Oldenburg
Beschl. v. 19.12.1978, Az.: 5 T 278/78
Voraussetzungen der Kostentragungspflicht des Landes bei einstweiliger Unterbringung; Kostentragungsverpflichtung des Landes bei nachträglichem Wegfall der Notwendigkeit der Fortdauer der zwangsweisen einstweiligen Unterbringung
Bibliographie
- Gericht
- LG Oldenburg
- Datum
- 19.12.1978
- Aktenzeichen
- 5 T 278/78
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1978, 12178
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGOLDBG:1978:1219.5T278.78.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Wilhelmshaven - 30.8.1978
Rechtsgrundlagen
Tenor:
Der Beschluß vom 1.8.1978 wird auf die sofortige Beschwerde des Bezirksrevisors beim Landgericht Oldenburg die im Beschluß des Amtsgerichts Wilhelmshaven vom 30.8.1978 enthaltene Entscheidung hinsichtlich der Kosten der einstweiligen Unterbringung aufgehoben.
Gründe
Durch Beschluß vom 1.8.1978 ist die einstweilige Unterbringung des Betroffenen nach §§ 12, 15 NdsPsychKG angeordnet worden. Nachdem der Betroffene sein Einverständnis mit einer Fortsetzung der Behandlung auf freiwilliger Grundlage erklärt hatte, hat das Amtsgericht Wilhelmshaven durch Beschluß vom 30.8.1978 den Beschluß vom 1.8.1978 aufgehoben, da mit Rücksicht auf die freiwillige Weiterbehandlung eine Unterbringung nicht mehr erforderlich sei.
Gleichzeitig hat das Amtsgericht in dem Beschluß vom 30.8.1978 die Kosten der einstweiligen Unterbringung der Landeskasse auferlegt (§ 38 Abs. 2 Nr. 1 NdsPsychKG). Die Akten sind wegen der Kostenentscheidung dem Bezirksrevisor zwecks Zustellung übersandt worden.
Die vom Bezirksrevisor fristgerecht (§ 38 Abs. 4 NdsPsychKG) eingelegte sofortige Beschwerde ist auch im übrigen zulässig und führt zur Aufhebung der Kostenentscheidung.
Der Amtsrichter ist, wie aus der Zustellung an den Bezirksrevisor in Verbindung mit dem Aktenvermerk vom 13.9.1978 (Bl. 19 d. A.) zweifelsfrei hervorgeht, der Auffassung, daß es sich bei den Kosten über die hier zu entscheiden ist, um solche der Justizverwaltung handele. Dem vermag die Kammer in Übereinstimmung mit der Stellungnahme des Bezirksrevisors nicht zu folgen. Denn die Kosten sind nicht im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens angefallen, sondern betreffen Verwaltungskosten, die bei der Durchführung von Schutzmaßnahmen nach dem NdsPsychKG (hier: einstweilige Unterbringung) durch die Verwaltungsbehörde (Landkreis bzw. kreisfreie Stadt) im übertragenen Wirkungskreis entstanden sind (vgl. § 6 Abs. 1 NdsPsychKG). Die Kosten hätten deshalb bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 38 Abs. 2 NdsPsychKG nur dem Land Niedersachsen, vertreten durch die Verwaltungsbehörde, auferlegt werden können.
Da hier jedoch erkennbar dem Justizfiskus mit den Kosten belastet werden sollte, bedarf die Entscheidung schon wegen des unrichtigen Adressaten (Kostenträgers) der Aufhebung.
Das Amtsgericht wird nunmehr erneut nach § 38 Abs. 2, 3 NdsPsychKG über die Kosten der einstweiligen Unterbringung zu entscheiden haben. Vorsorglich soll schon jetzt darauf hingewiesen werden, daß die Kammer auch hinsichtlich der Auslegung des § 38 Abs. 2 NdsPsychKG eine andere Auffassung als das Amtsgericht vertritt. Sowohl nach dem Wortlaut des Gesetzes als auch nach der Entstehungsgeschichte, die insoweit keine Abweichung von der früheren Handhabung erkennen läßt, kommt eine Überbürdung der Kosten auf das Land nur dann in Betracht, wenn ein Fall des § 38 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 NdsPsychKG gegeben ist und außerdem von Anfang an die Voraussetzungen für die Unterbringung nicht vorgelegen haben. Da es in § 38 Abs. 2 NdsPsychKG ausschließlich um die Kosten der einstweiligen Unterbringung geht, kann auch der zweite Halbsatz dieser Vorschrift sinnvollerweise nur so verstanden werden, daß damit auf das Vorhandensein der Voraussetzungen einer einstweiligen Unterbringung abgestellt werden soll. Denn es ist erkennbar nicht gerechtfertigt und kann auch dem Gesetz nicht entnommen werden, daß das Land in den zahlreichen Fällen (nach Kenntnis der Kammer handelt es sich um die Mehrzahl der Unterbringungssachen), die Kosten der Unterbringung tragen soll, in denen innerhalb der 6-Wochen-Frist des § 15 S. 2 NdsPsychKG die Notwendigkeit der Fortdauer der zwangsweisen Unterbringung nachträglich entfällt, sei es wegen einer inzwischen eingetretenen Besserung des Gesundheitszustandes des Betroffenen, sei es mit Rücksicht auf eine Fortsetzung der Behandlung auf freiwilliger Grundlage. Lediglich in den Fällen, in denen die einstweilige Unterbringung von vornherein mangels Vorliegens der Voraussetzungen der §§ 12, 15 NdsPsychKG, zu Unrecht erfolge, hat das Land die Kosten zu tragen.
Danach dürften auch im vorliegenden Fall die Kosten der einstweiligen Unterbringung in Form eines den Beschluß vom 30.8.1978 ergänzenden Beschlusses (§ 38 Abs. 3 S. 1 NdsPsychKG), dem Betroffenen aufzuerlegen sein.