Landgericht Oldenburg
Beschl. v. 14.12.1978, Az.: 5 T 346/78
Tragung der Kosten der stationären bzw. einstweiligen Unterbringung eines Betroffenen in einem Landeskrankenhaus zur Beobachtung und Vorbereitung eines psychologischen Gutachtens; Voraussetzungen für eine endgültige Unterbringung in einem Landeskrankenhaus
Bibliographie
- Gericht
- LG Oldenburg
- Datum
- 14.12.1978
- Aktenzeichen
- 5 T 346/78
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1978, 16600
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGOLDBG:1978:1214.5T346.78.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Nordenham - 06.10.1978
- AG Nordenham - 01.11.1978
Rechtsgrundlagen
- § 12 PschKG
- § 15 PschKG
- § 23 Abs. 2 NdsPsychKG
- § 40 Nds. PsychKG
Hinweis
Hinweis: Verbundenes Verfahren
Verbundverfahren:
LG Oldenburg - 14.12.1978 - AZ: 5 T 347/78
Tenor:
... werden auf die sofortigen Beschwerden des ... vom 25.10.1978 und 8.11.1978 der Beschluß des Amtsgerichters in Nordenham vom 6.10.1978 und der Kostenfestsetzungsbeschluß des Rechtspflegers des Amtsgerichts Nordenham vom 1.11.1978 aufgehoben.
Die Entscheidung ergeht frei von Gerichtskosten.
Gründe
Mit Beschluß vom 6. Oktober 1978, auf den Bezug genommen wird hat der Amtsrichter in Nordenham die endgültige Unterbringung des Betroffenen abgelehnt und dem ... gemäß § 40 Nds. PsychKG die notwendigen Auslagen des Betroffenen auferlegt, nachdem der Betroffene, der aufgrund Beschlusses vom 4.7.1978 auf die Dauer von längstens 6 Wochen zur Vorbereitung eines Gutachtens in Niedersächsischen Landeskrankenhaus Wehen untergebracht worden war, nach Mitteilung des Landeskrankenhauses vom 7.8.1978 aus der stationären Behandlung entlassen worden war, da die Voraussetzungen für die Unterbringung "nicht mehr" bestünden.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluß vom 1.11.1978 hat der Rechtspfleger auf Antrag des beigeordneten Rechtsanwalts aufgrund des Beschlusses vom 6. Oktober 1978 notwendige Auslagen des Betroffenen in Höhe von 186,56 DM gegen den Landkreis Wesermarsch festgesetzt.
Gegen den Beschluß vom 6.10.1978 wendet sich der Landkreis ... mit seiner rechtzeitig eingelegten sofortigen Beschwerde vom 25.10.1978, gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß vom 1.11.1978 mit seiner ebenfalls rechtzeitig eingelegten befristeten Erinnerung vom 8.11.1978, der der Amtsrichter nicht abgeholfen hat und die daher als sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung des Rechtspflegers gilt (§ 21 Abs. 2 S. 4 RPflG).
Zur Begründung wird vorgetragen, die Voraussetzungen für eine Auferlegung der notwendigen Auslagen des Betroffenen nach§ 40 PsychKG seien nicht gegeben, da die einstweilige Unterbringung des Betroffenen im Niedersächsischen Landeskrankenhaus Wehnen antragsgemäß angeordnet und die endgültige Unterbringung nicht beantragt worden sei.
Der Beschwerdeführer beantragt,
die Beschlüsse aufzuheben.
Der beigeordnete Rechtsanwalt beantragt,
die sofortigen Beschwerden zurückzuweisen, da die angefochtenen Entscheidungen zutreffend seien.
Die sofortigen Beschwerden sind nach § 23 Abs. 2 NdsPsychKG und § 40 Satz 3 PsychKG in Verbindung mit § 104 Abs. 3 Satz 5 ZPO an sich statthaft. Sie sind rechtzeitig eingelegt worden. Die Beschwerde vom 25.10.1978 richtet sich nicht nur gegen die Kostenentscheidung des Beschlusses vom 6.10.1978 (die Beschwerde gegen diese allein wäre unzulässig,§ 18 PsychKG i.V. mit § 20 a FGG), sondern der Beschwerdeführer begehrt die Aufhebung des gesamten Beschlusses, da kein Antrag nach § 13 PsychKG vorgelegen habe, den das Gericht habe zurückweisen können. Der Beschwerdeführer ist durch die Entscheidung auch beschwert.
Die sofortigen Beschwerden sind begründet.
I.
Der Beschluß vom 6.10.1978 durfte nicht ergehen, da im Zeitpunkt seines Erlasses kein Antrag der Verwaltungsbehörde mehr vorlag, den der Amtsrichter hätte ablehnen können. Zwar hatte der ... im Termin zur Anhörung des Betroffenen am 4.7.1978 beantragt, den Betroffenen in einem Landeskrankenhaus unterzubringen, und weiter beantragt, zur Vorbereitung eines Gutachtens die einstweilige Unterbringung anzuordnen (vgl. Bl. 10 d.A.). Am 4.7.1978 hatte der Amtsrichter daraufhin die einstweilige Unterbringung des Betroffenen zur Vorbereitung eines Gutachtens beschlossen. Nachdem der Betroffene am 7.8.1978 aus der stationären Behandlung des Niedersächsischen Landeskrankenhauses Wehnen entlassen war, weil die Voraussetzungen für die Unterbringung "nicht mehr" - vgl. das Schreiben des Niedersächsischen Landeskrankenhauses Wehnen vom 7.8.1978, Bl. 21 d.A. - gegeben waren, durfte das Amtsgericht über den zunächst zugleich mit dem Antrag auf Anordnung der einstweiligen Unterbringung gestellten Antrag auf Anordnung der endgültigen Unterbringung nicht mehr entscheiden. Ein Antrag der Verwaltungsbehörde ist nach § 13 Nds. PsychKG Voraussetzung für eine gerichtliche Entscheidung. Ein solcher Antrag auf endgültige Unterbringung eines Betroffenen nach § 12 PsychKG ist aber dann nicht mehr zu bescheiden, wenn aufgrund eines gleichzeitig gestellten Antrages die einstweilige Unterbringung des Betroffenen zur Beobachtung und Vorbereitung eines Gutachtens für die Dauer von höchstens 6 Wochen angeordnet worden war und während der Dauer der einstweiligen Unterbringung die ursprünglich gegebenen Voraussetzungen für eine endgültige Unterbringung nach § 12 PsychKG entfallen sind. Denn der gleichzeitig mit dem Antrag auf einstweilige Unterbringung (§ 15 PschKG) gestellte Antrag auf endgültige Unterbringung ist notwendig, wie sich von selbst versteht, dadurch bedingt, daß nach Beendigung der einstweiligen Unterbringung und dem Ergebnis der Beobachtung und Begutachtung durch das Krankenhaus die Voraussetzungen für eine Unterbringung noch nicht entfallen sind. Der nach § 13 PsychKG erforderliche Antrag ist nicht ebenso zu behandeln wie beispielsweise ein Antrag in einem Zivilprozeß, der jedenfalls zu bescheiden ist, wenn er nicht ausdrücklich zurückgenommen oder für erledigt erklärt wird. - Darüber hinaus hatte der Landkreis Wesermarsch zu der Mitteilung des Niedersächsischen Landeskrankenhauses Wehen vom 7.8.1978, der Betroffene sei entlassen worden, weil die Voraussetzungen für eine Unterbringung nicht mehr gegeben seien, mit Schreiben vom 3.10.1978, das am 6.10.1978 bei dem Amtsgericht Nordenham eingegangen ist, dahingehend Stellung genommen, daß die Aufhebung des Unterbringungsbeschlusses befürwortet werde. Darin lag sinngemäß auch eine Zurücknahme des Antrages auf Anordnung der endgültigen Unterbringung des Betroffenen. Der Amtsrichter hätte daher den Beschluß vom 6.10.1978 am 9.10.1978 nicht mehr hinausgehen lassen dürfen (vgl. die Verfügung Bl. 23 R d.A.).
Der angefochtene Beschluß und mit ihm die Kostenentscheidung nach § 40 PsychKG waren schon aus diesem Grunde aufzuheben. Außerdem ist folgendes zu bemerken: Nach§ 40 PsychKG sind die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Verwaltungsbehörde nur dann aufzuerlegen, wenn der Antrag der Verwaltungsbehörde auf Anordnung der Unterbringung sogleich abgelehnt wird, weil die Voraussetzungen für eine Unterbringung nach§§ 12, 15 PschKG von Anfang an nicht erfüllt sind, nicht aber dann, wenn der Unterbringungsbeschluß später wieder aufgehoben wird, weil die Voraussetzungen für eine Unterbringung nachträglich wieder entfallen sind, weil sich der Zustand des Betroffenen gebessert hat. Auch aus diesem Grunde hätten die notwendigen Auslagen des Betroffenen dem Landkreis Wesermarsch im vorliegenden Falle nicht auferlegt werden dürfen.
II.
Durch die Aufhebung des Beschlusses vom 6.10.1978 ist dem Kostenfestsetzungsbeschluß vom 1.11.1978 die Grundlage entzogen worden. Dieser war folglich auf die sofortige Beschwerde ebenfalls aufzuheben.
Die Entscheidung ergeht nach § 39 PsychKG frei von Gerichtskosten.