Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 18.09.2001, Az.: 1 K 488/96
Möglichkeit der Förderung nach§ 10h Einkommensteuergeseth 1995 (EStG) für eine zeitgleich mit der eigengenutzten Wohnung im Zuge der Umgestaltung eines ehemaligen Stallgebäudes fertiggestellten Wohnung
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 18.09.2001
- Aktenzeichen
- 1 K 488/96
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 24403
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2001:0918.1K488.96.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 16.09.2004 - AZ: X R 10/02
Rechtsgrundlage
- § 10h EStG
Fundstellen
- DStRE 2002, 264-265 (Volltext mit amtl. LS)
- EFG 2002, 81-82
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Frage, ob die Voraussetzungen für eine Steuerbegünstigung nach § 10h Einkommensteuergesetz (EStG) vorliegen.
Die Kläger (Kl.) sind miteinander verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Als Platzwart und Hauswirtschaftsmeisterin erzielen sie Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Darüber hinaus erwirtschaften die Kl. in geringem Umfang Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft eines ca. 16 ha großen landwirtschaftlichen Betriebes, den sie im Wesentlichen verpachtet haben. Auf der Hofstelle des landwirtschaftlichen Betriebes befindet sich ein Wohnhaus, in dem die Kl. zunächst wohnten, und ein unmittelbar daran angrenzendes Stall- oder Wirtschaftsgebäude. Zum 31. Dezember 1993 entnahmen die Kl. dieses Wohnhaus und die angrenzende Hof- und Gartenfläche aus ihrem landwirtschaftlichen Vermögen. Zu der Zeit hatten sie bereits damit begonnen, im Erdgeschoss des angrenzenden Stallgebäudes eine Wohnung für eigene Zwecke auszubauen. Die dafür erforderliche Baugenehmigung wurde im Jahre 1992 beantragt und noch im gleichen Jahr erteilt. Während der Bauarbeiten für die Wohnung im Erdgeschoss des Stallgebäudes entschlossen sich die Kl., auch einen Teil des Dachgeschosses zu einer separaten zweiten Wohnung auszubauen. Die Baugenehmigung wurde im Dezember 1993 beantragt und im Februar 1994 erteilt. Im September 1994 waren die Bauarbeiten für beide Wohnungen abgeschlossen. Die Kl. zogen daraufhin in die Erdgeschosswohnung des ehemaligen Stallgebäudes. Die Obergeschosswohnung überließen sie unentgeltlich ihrem damals 22 Jahre alten studierenden Sohn. Ihr angrenzendes bisher von ihnen genutztes Wohnhaus vermieteten sie an fremde Dritte.
In ihrer ESt-Erklärung für 1994 beantragten die Kl. Sonderausgabenabzüge nach § 10e EStG für die neu errichtete eigengenutzte Wohnung im Erdgeschoss des ehemaligen Stallgebäudes und nach § 10h EStG für die dem Sohnüberlassene Wohnung im Obergeschoss. Diesem Antrag folgte das Finanzamt (FA). Der ESt-Bescheid 1994 ist bestandskräftig. Für das Streitjahr 1995 versagte das FA jedoch aus rechtlichen Gründen den Abzug nach§ 10h EStG für die Obergeschosswohnung.
Dagegen haben die Kl. nach erfolglosem Vorverfahren Klage erhoben. Sie sind der Auffassung, dass alle Voraussetzungen für die Gewährung des Abzugs vorlägen und verweisen dazu auf den Gesetzestext der Norm
Die Kläger beantragen,
unter Aufhebung des Einspruchsbescheides vom 10. Dezember 1996 und Änderung des Bescheides vom 28. August 1996 die Einkommensteuer für 1995 auf 14.308 DM herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass die Norm des § 10h EStG nach ihrem Wortlaut nicht eingreife, wenn die selbstgenutzte und die unentgeltlich überlassene Wohnung im Zuge einer einheitlichen Baumaßnahme zeitgleich errichtet würden. Das folge aus Ziff. 2 der Norm, nach der nur solche Baumaßnahmen begünstigt seien, diean einem Gebäude durchgeführt würden. Diese Formulierung lasse erkennen, dass bereits ein fertig errichtetes Gebäude bestehen müsse, in dem eine Wohnung um- oder ausgebaut werden könne. Der Neubau eines bisher noch nicht bestehenden Gebäudes mit zwei Wohnungen werde von der Vorschrift nicht erfasst. So habe das auch der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 14. Oktober 1998 X R 129/97, BStBl II 1999, 135 erkannt. Für den Streitfall gelte nichts anderes. Die Kl. hätten eine Scheune zu einem Zweifamilienhaus umgebaut und es damit neu errichtet. Damit seien keine Baumaßnahmen an einem Gebäude durchgeführt worden.
Wegen des Vortrags der Parteien im Übrigen wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze im Klage- und im Vorverfahren Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Klage hat Erfolg.
1.
Gemäß § 10h EStG in der Fassung des Streitjahres kann ein Steuerpflichtiger von den Aufwendungen zur Herstellung einer Wohnung im Jahr der Fertigstellung und in den drei folgenden Jahren jeweils bis zu 6 v.H. - höchstens jedoch 19.800 DM - und in den vier darauf folgenden Jahren 5 v.H. - höchstens jedoch 16.500 DM - wie Sonderausgaben abziehen. Voraussetzung für die Förderung ist nach Satz 2 der Norm u.a., dass die Baumaßnahme an einem Gebäude im Inland durchgeführt worden ist, in dem der Steuerpflichtige eine eigene Wohnung zu eigenen Wohnzwecken nutzt.
2.
Diese Voraussetzungen liegen für die Dachgeschosswohnung vor. Mit ihrer Herstellung haben die Kläger Baumaßnahmenan einem bereits bestehenden Gebäude durchgeführt.
a)
Der BFH hat in seinen Entscheidungen vom 14. Oktober 1998 X R 27/96, BFH/NV 1999, 763 und X R 129/97, BFHE 187/243, BStBl II 1999, 135 [BFH 14.10.1998 - X R 129/97] erkannt, dass nach dem Wortlaut der Norm (Baumaßnahme an einem Gebäude) die Förderung von Neubauten ausgeschlossen sei. Der Gesetzgeber verfolge mit der Beschränkung der Baumaßnahmen an bestehenden Gebäude das Ziel, bereits überbaute Flächen intensiver zu nutzen, den Wohnungsmarkt zu entlasten und das Zusammenleben mehrerer Generationen unter einem Dach zu fördern.
In der Literatur ist diese Einschränkung auf Kritik gestoßen. Drenseck in Schmidt, EStG, 20. Aufl. § 10h Rdnr. 3 bezeichnete sie als unsinnig.
b)
Der erkennende Senat enthält sich einer Würdigung der gesetzlichen Regelung. Das Gericht ist jedoch bemüht, bei der Anwendung der Norm auf den zu entscheidenden Streitfall der Absicht des Gesetzgebers - so wie sie in den o.a. Urteilen des BFH zum Ausdruck gekommen ist - Rechnung zu tragen. Danach kann den Klägern die Förderung nicht versagt werden: Mit der Umgestaltung des Stallgebäudes zu Wohnzwecken nutzen sie eine bereits überbaute Fläche, sie entlasten den Wohnungsmarkt und fördern das Zusammenleben mehrerer Generationen unter einem Dach. Der Senat vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass auch ein bisher landwirtschaftlich genutztes Gebäude ein bereits bestehendes Gebäude im Sinne dieser Norm ist und daran durchgeführte Baumaßnahmen der steuerlichen Förderung zugänglich sind. In dieser Auffassung sieht sich das Gericht im Einklang mit der Finanzverwaltung, die im Erlass des Bundesministers der Finanzen vom 17. Februar 1992 IV B 3-S 2197 a-1/92, BStBl I 1992, 115 die vergleichbare Förderung nach § 7c EStG bei der Umwandlung von land- und forstwirtschaftlichen Räumen zu Wohnungen als begünstigungsfähig eingestuft hat. Damit ist der Streitfall nicht vergleichbar mit dem völligen Neubau eines Gebäudes, der nach der vorgenannten Rechtsprechung des BFH nicht förderungswürdig ist.
3.
Die Höhe der auf die streitige Wohnung entfallenden Baukosten ist zwischen den Parteien nicht im Streit. Sie sind bereits im Vorjahr mit 102.042 DM festgestellt worden. Dem schließt sich auch das Gericht an. Daraus errechnet sich ein Abzugsbetrag von 6.123 DM, ein zu versteuerndes Einkommen von 73.520 DM und die darauf entfallende Steuer laut Splittingtabelle i.H.v. 14.308 DM. Dies entspricht dem Antrag der Kläger.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
Die übrigen Nebenentscheidungen ergeben sich aus§ 151 Abs. 3 i.V.m. § 155 FGO und§§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.