Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 15.07.2014, Az.: 2 U 83/14

Fristlose Kündigung trotz vorbehaltener Ersatzvornahme

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
15.07.2014
Aktenzeichen
2 U 83/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2014, 23410
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2014:0715.2U83.14.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Lüneburg - 24.04.2014

Fundstellen

  • IWR 2014, 76
  • MDR 2014, 1250
  • MietRB 2014, 323-324
  • NZM 2014, 5-6
  • RdW 2015, 157-158
  • ZAP EN-Nr. 840/2014
  • ZAP EN-Nr. 840/2014
  • ZfIR 2014, 790

Amtlicher Leitsatz

Behält sich der Mieter für den Fall der Unterlassung der Mängelbeseitigung innerhalb der gesetzten angemessenen Frist eine Geltendmachung des Anspruchs auf Ersatzvornahme lediglich vor, steht der nach fruchtlosem Fristablauf erklärten fristlosen Kündigung gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht der Einwand widersprüchlichen Verhaltens gemäß § 242 BGB entgegen (Abgrenzung zur Fallgestaltung in BGH NZM 2007, 686 [BGH 29.06.2007 - V ZR 5/07]).

Tenor:

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 24. April 2014 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg geändert:

Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien durch Mietvertrag vom 20. bzw. 25. März 2003 begründete und durch Ergänzungsvereinbarung vom 21. April 2011 geänderte Mietverhältnis bezüglich der gewerblich genutzten Büroräume in L., Bei der ..., mit einer Größe von rund 80 m2 mit Ablauf des 28. Februar 2014 beendet ist.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten darf die Vollstreckung hinsichtlich der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert wird - in erster Instanz unter Abänderung des Streitwertbeschlusses des Landgerichts Lüneburg vom 7. November 2013 - für die erste Instanz und das Berufungsverfahren auf 11.424,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass das zwischen den Parteien bestehende Gewerberaummietverhältnis durch Kündigung der Klägerin beendet ist.

Zur Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil, insbesondere die Wiedergabe des Parteivortrags und der gestellten Anträge im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils (Bl. 100 ff. d.A.) mit folgenden Ergänzungen Bezug genommen.

Die Klägerin meldete dem Beklagten am 29. Mai 2012, dass das WC in dem von ihr angemieteten Objekt schlecht ablaufen würde (Beiakte AG Lüneburg, 12 C 367/12 [im Folgenden: Beiakte], S. 2). Nachdem der Beklagte einen Sanitärbetrieb mit der Beseitigung dieses Mangels beauftragt hatte, nahm er die Klägerin auf Erstattung der für die Beseitigung der - vom Sanitärbetrieb so bezeichneten - Verstopfung (Anlage K 3, Beiakte) in Anspruch. Er behauptete, die Beklagte habe die Reparaturarbeiten durch Einleitung von Hygieneartikeln verursacht.

Nachdem die Klägerin die Zahlung abgelehnt hatte, erhob der Beklagte Klage vor dem Amtsgericht Lüneburg (12 C 367/12). Da die Klägerin jede Verursachung des Schadens bestritt, erhob das Amtsgericht Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Der beauftragte Sachverständige K. brach einen ersten Ortstermin am 3. Mai 2013 ab, da die zu untersuchende Abwasserleitung "aktuell verstopft" war. Bei einem zweiten Ortstermin am 11. Juni 2013 stellte der Sachverständige mittels einer Kamerauntersuchung fest, dass auf einer Länge von 24,00 m mehrere Absackungen in der Abwasserleitung vorhanden seien und durch diese in Zukunft immer wieder Verstopfungen auftreten würden (Bl. 32). Das Gutachten wurde dem Beklagten am 19. Juni 2013 zugestellt (Bl. 77 Beiakte).

Mit anwaltlichem Schreiben vom 24. Juni 2013 forderte die Klägerin den Beklagten über seinen Prozessbevollmächtigten daraufhin auf, die Mängel an der Abwasserleitung bis zum 8. Juli 2013 zu beseitigen. Weiter heißt es in dem Schreiben:

"Die Frist ist auch eingehalten, wenn Ihre Mandantschaft dem Grunde nach anerkennt, die Mängel auf eigene Kosten zu beseitigen, und gleichzeitig einen Mängelbeseitigungs-Fristenplan konkretisiert. Das setzt natürlich voraus, dass die Mängel binnen angemessener Frist dann auch tatsächlich beseitigt werden. Nach ergebnislosem Fristablauf muss ich mir für meine Mandantschaft vorbehalten, eine Beseitigung des Mangels durch Ihre Mandantschaft abzulehnen und dann die Mängel auf Kosten Ihrer Mandantschaft beseitigen zu lassen, ggf. vorher Mängelbeseitigungskostenvorschussklage zu erheben." (Anlage K 6, Bl. 34 d.A.).

Mit anwaltlichem Schreiben vom 1. Juli 2013 teilte der Beklagte mit, die gesetzte Frist bis zum 8. Juli 2013 könne keinesfalls eingehalten werden und bat um Fristverlängerung bis zum 15. August 2013 (Anlage K 12, Bl. 52). Mit Schriftsatz vom 8. August 2013 überreichte der Beklagte ein Schreiben der mit den Mangelbeseitigungsarbeiten beauftragten Firma mit der Bitte um Kenntnisnahme (Anlage B 6, Bl. 144). In dem Schreiben kündigte die beauftragte Firma an, die Arbeiten "voraussichtlich Anfang Oktober 2013" in Angriff zu nehmen (Anlage B 7, Bl. 145).

Mit anwaltlichem Schreiben vom 12. September 2013 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis fristlos, aber mit Auslauffrist zum 28. Februar 2013. Zur Begründung berief sich die Klägerin darauf, dass der Beklagte an der vor dem Amtsgericht Lüneburg erhobenen - und später mit Urteil vom 18. September 2013 abgewiesenen - Klage festhalte, obwohl das im dortigen Rechtsstreit eingeholte Gutachten - von dem Beklagten unwidersprochen - belege, dass die Klägerin nicht für Verstopfungen verantwortlich sei und daher auch keine Pflicht zur Erstattung von Mängelbeseitigungskosten bestehe. Überdies sei sie, die Klägerin, auf einen funktionierenden Toilettenanschluss angewiesen. Da jederzeit erneut mit einer Verstopfung zu rechnen sei, bestünden indes Hemmungen, die Toilette Kunden überhaupt noch zur Verfügung zu stellen.

Mit Schreiben vom 17. September 2013 wies der Beklagte die Kündigung zurück (Anlage B 9, Bl. 77). Die Beseitigung des Mangels erfolgte am 24. September 2013 (Bl. 63).

Mit der Klage begehrt die Klägerin nunmehr die Feststellung, dass das Mietverhältnis beendet sei.

Die Klägerin hat in erster Instanz - vom Beklagten nicht bestritten - vorgetragen, dass eine Verstopfung der Toilette zu einer Blockade des von der Klägerin in den Räumlichkeiten ausgeübten Bürobetriebs führe.

Das Landgericht hat die Klage mit am 24. April 2014 verkündetem Urteil abgewiesen. Die Kündigung sei unberechtigt gewesen, da es an einem wichtigen Grund fehle. Dem Beklagten könne nicht vorgeworfen werden, die Klage erhoben zu haben. Ebenso wenig könne dem Beklagten vorgehalten werden, er habe die Klage nach Eingang des Sachverständigengutachtens zurücknehmen müssen. Da die Abwasserleitung - unstreitig - im Eigentum einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) stehe, der auch der Beklagte angehört, habe der Beklagte, der der WEG den Streit verkündet hatte, zur Sicherung etwaiger Regressansprüche und zur Erlangung der Rechtsfolgen der Streitverkündung auf ein Urteil bestehen dürfen.

Gegen dieses Urteil, der Klägerin am 28. April 2014 zugestellt, richtet sich die am 16. Mai 2014 vorab per Telefax eingegangene Berufung der Klägerin vom gleichen Tage (Bl. 106 ff.).

Die Klägerin vertritt weiterhin die Ansicht, aufgrund des Prozessverhaltens des Beklagten im Rechtsstreit vor dem AG Lüneburg zur Kündigung berechtigt zu sein. Überdies sei sie zur Kündigung berechtigt, weil der Mangel an der Abwasserleitung trotz Aufforderung nicht fristgerecht beseitigt worden sei, obwohl eine Verstopfung jeweils eine komplette Betriebsunterbrechung nach sich ziehe (Bl. 118). Hilfsweise beantragt die Klägerin die Feststellung, dass das Mietverhältnis zwischen den Parteien unbefristet abgeschlossen sei. Sie vertritt die Ansicht, aus den Regelungen des Mietvertrages und der Mietvertragsergänzung ergebe sich gerade nicht, dass ein Kündigungsrecht ausgeschlossen sei.

Die Klägerin beantragt,

1. unter Abänderung des am 24. April 2014 verkündeten Urteils des Landgerichts Lüneburg - Geschäftszeichen 2 O 207/13 - festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis bezüglich der gewerblich genutzten Büroräume Bei der ..., in L., mit einer Größe von rund 80 m2 mit Ablauf des 28. Februar 2014 beendet ist,

hilfsweise,

2. unter Abänderung des am 24. April 2014 verkündeten Urteils des Landgerichts Lüneburg - Geschäftszeichen 2 O 207/13 - festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis bezüglich der gewerblich genutzten Büroräume Bei der ..., in L., mit einer Größe von rund 80 m2 als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen gilt.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte behauptet, die Klägerin setze sich in Widerspruch zu ihrem eigenen Verhalten, weil sie die Räume nach wie vor nutze und sogar die Miete vollständig und pünktlich entrichte. Bei dem Hilfsantrag handele es sich um einen neuen Streitgegenstand. Die Klageerweiterung sei unzulässig. Ohnehin sei der Hilfsantrag auch deshalb unzulässig, weil ein Feststellungsinteresse fehle.

Der Senat hat mit Beschluss vom 11. Juni 2014 darauf hingewiesen, dass die Kündigung deshalb berechtigt sein könnte, weil der Beklagte den Mangel der Abwasserleitung nicht fristgerecht beseitigt habe (Bl. 128 ff.). Zudem hat er mit gleichem Beschluss den Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 25. Juni 2014 hierzu Stellung genommen. Er betont, dass das WC in den angemieteten Räumen allenfalls am 29. Mai 2012 schlecht abgelaufen sei, anschließend aber uneingeschränkt habe benutzt werden können. Der Beklagte habe auch zeitnah auf die Mangelbeseitigung gedrungen. Zu eigenmächtigen Arbeiten sei er aber schon aus Gründen des Wohnungseigentumsrechts nicht befugt gewesen. Der Beklagte sei durch die Übersendung des Schreibens vom 1. Juli 2013 sowie vom 8. August 2013 der Aufforderung der Klägerin mit Schreiben vom 24. Juni 2013 auch nachgekommen, zumindest einen Fristenplan vorzulegen. Überdies habe die Klägerin in dem genannten Schreiben die Ausübung des Selbstbeseitigungsrechts angekündigt, nicht aber den Ausspruch einer fristlosen Kündigung. Eine ohne erneute Fristsetzung ausgesprochene Kündigung sei aber dann wegen des Verbots widersprüchlichen Verhaltens unwirksam.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat mit dem Hauptantrag Erfolg und führt zur Abänderung des erstinstanzlichen Urteils. Die Aufnahme der Vertragsdaten im Tenor dient lediglich der Individualisierung des streitbefangenen Vertragsverhältnisses.

Das Mietverhältnis ist durch die außerordentliche Kündigung der Klägerin vom 12. September 2013 mit Wirkung zum 28. Februar 2014 beendet worden. Die Kündigung war gemäß § 543 Abs. 1 BGB berechtigt, weil ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung vorlag.

1. Gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB liegt ein wichtiger Grund insbesondere dann vor, wenn dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch nach Vertragsschluss wieder entzogen wird. Eine teilweise Entziehung des Mietgebrauchs in diesem Sinne liegt auch darin, dass die Mietsache mangelhaft im Sinne des § 536 BGB wird.

Der Klägerin ist der Gebrauch des WCs und damit eines Teils der Mietsache nach Vertragsschluss wieder entzogen worden, weil die Mietsache mit einem Mangel behaftet war. Ein WC, das aufgrund baulicher Mängel dauernd zu verstopfen droht und bereits wiederholt verstopft war, ist per se mangelhaft. Der Mangel liegt zumindest auch in der permanenten Verstopfungsgefahr. Wie zwischen den Parteien unstreitig, war aufgrund von Absackungen immer wieder mit Verstopfungen zu rechnen. Wenn auch die konkrete Verstopfung rasch beseitigt werden mag, bestand die Gefahr einer erneuten Verstopfung bis zur Durchführung der Reparaturarbeiten an der Abwasserleitung durchgehend fort.

Ob eine Gefahr einen Mangel der Mietsache im Sinne des § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB darstellt und damit auch als teilweise Gebrauchsentziehung im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB zu werten ist, ist tatrichterlich zu würdigen (BGH, Beschl. v. 25. Oktober 2011, VIII ZR 125/11, NJW 2012, 382). Dabei schließt sich der Senat der Rechtsprechung des OLG Hamm an, wonach eine Mietsache nicht erst dann als mangelhaft gilt, wenn der Mieter einen Schaden wirklich erleidet, sondern schon dann und deshalb, wenn und weil er sie nur in der Befürchtung der Gefahrverwirklichung benutzen kann (OLG Hamm, Beschl. v. 25. März 1987, 30 REMiet 1/86, NJW-RR 1987, 968; s. auch bereits RG, Urt. v. 14. Januar 1913, RGZ 81, 200 ff.).

Gemessen daran bestand ein Mangel allein deshalb, weil die Mitarbeiter der Klägerin die Toilette spätestens nach Kenntnis des Sachverständigengutachtens aus dem Verfahren vor dem Amtsgericht Lüneburg allenfalls in der Befürchtung nutzen konnten, auch bei sachgemäßer Benutzung eine erneute Verstopfung auszulösen.

2. Dieser Mangel war auch nicht so unerheblich, dass ausnahmsweise ein Kündigungsrecht entfiele (vgl. dazu Palandt/Weidenkaff, 73. Aufl., BGB, § 543, Rn. 19). Auszugehen ist davon, dass grundsätzlich jede Störung des Mieters im vertragsgemäßen Gebrauch erheblich ist. Eine abweichende Beurteilung kommt daher nur in Ausnahmefällen in Betracht (Staudinger/Emmerich (2011), § 543, Rn. 26).

Ein solcher Ausnahmefall liegt aber nicht vor. Der Beklagte stellt zu Unrecht darauf ab, dass die der Klägerin überlassene Toilette nur einmal einen spürbaren Defekt aufgewiesen hat. Dies lässt außer Acht, dass der mangelhafte Zustand nicht nur zu jenem Zeitpunkt im Mai 2012 bestand, sondern durchgehend seit diesem Zeitraum, weil nach den unbestrittenen Feststellungen des Sachverständigengutachtens im Verfahren vor dem Amtsgericht Lüneburg "jederzeit" erneut mit Verstopfungen zu rechnen war. Der Mangel an der WC-Anlage bestand eben nicht nur zu den Zeitpunkten, in denen wegen einer Verstopfung eine Weiterbenutzung nicht möglich war, sondern im gesamten Zeitraum, in dem eine Toilettenbenutzung der Klägerin zwar möglich erschien, aber mit der Gefahr verbunden war, dadurch eine latent bereits bestehende Verstopfung offen zutage treten zu lassen.

Etwas Anderes mag im Einzelfall gelten, wenn die Auswirkungen einer Verstopfung etwa wegen konkret verfügbarer Ersatz-Sanitäranlagen geringfügig sind. Für die Klägerin war eine Verstopfung nach ihrem unbestrittenen Vortrag (Klageschrift vom 4. November 2013, S. 7, Bl. 7) aber mit einer Blockade des Bürobetriebs, also der gesamten Geschäftstätigkeit verbunden. Zudem ist der Beklagte auch nicht dem Vortrag der Klägerin in erster Instanz entgegen getreten, dass die Klägerin bei der Toilettenbenutzung bereits das ungute Gefühl beschlich, eine Verstopfung auszulösen, und sie aus diesem Grunde Fremden die Toilette nicht oder zumindest nicht frei von Bedenken zur Verfügung stellen wollte.

3. Die weiteren Voraussetzungen einer Kündigung gemäß § 543 Abs. 1Satz 1, Abs. 3 Satz 1 BGB sind erfüllt.

Insbesondere hat der Beklagte den Mangel an der Mietsache binnen der auf seinen eigenen Antrag hin (Anlage K 12, Bl. 52) bis zum 15. August 2013 verlängerten Nachfrist gemäß § 543 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht beseitigt. Entgegen der mit Schriftsatz vom 25. Juni 2014 vertretenen Auffassung des Beklagten ist die Beseitigung des Mangels am 24. September 2013 nicht mehr fristgerecht gewesen.

Etwas Anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 24. Juni 2013 aufforderte, den Mangel bis zum 8. Juli 2013 zu beseitigen, zumindest aber seine Einstandspflicht anzuerkennen und einen konkreten Zeitplan zur Mangelbeseitigung zu benennen. Zunächst ist festzuhalten, dass die Klägerin - entgegen der Ansicht des Beklagten - mit diesem Schreiben eine ganz bestimmte Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt hatte, nämlich bis zum 8. Juli 2013. Zwar hat die Klägerin zugleich dem Beklagten die Möglichkeit eröffnet, eine andere Frist zu benennen. Von dieser Möglichkeit hat der Beklagte aber mit dem Schreiben vom 01. Juli 2013 abschließend Gebrauch gemacht und selbst eine Frist bis zum 15. August 2013 erbeten, die ihm sodann stillschweigend gewährt wurde.

Der Beklagte konnte diese Frist nicht nach Belieben verlängern. Schon in dem Schreiben vom 24. Juni 2013 hatte die Klägerin dem Beklagten nicht angeboten, die Frist beliebig selbst zu setzen. Das Angebot, einen Mängelbeseitigungs-Fristenplan zu "konkretisieren", stand - wie aus dem Schreiben deutlich hervorgeht - unter dem Vorbehalt, dass die Mängel "binnen angemessener Frist" tatsächlich beseitigt würden (Bl. 34). Die Klägerin behielt sich also vor, eine vom Beklagten vorgeschlagene, konkrete Frist zu prüfen und gegebenenfalls zu monieren.

Hätte der Beklagte diese Frist also verlängern wollen, hätte er die Klägerin um eine konkrete Verlängerung bitten müssen. Dies hat er unterlassen. Eine entsprechende Verlängerung hat der Beklagte mit Schreiben vom 8. August 2013 gar nicht explizit erbeten. Vielmehr hat er der Klägerin das Schreiben der Fa. B. M. GmbH schlicht mit der Bitte um Kenntnisnahme überreicht, so dass die Klägerin allenfalls aus der Lektüre dieses mitübersandten Schreibens schließen konnte, dass sich der Beklagte eine Fristverlängerung bis "Anfang Oktober" auserbäte.

Der Beklagte konnte auch nicht davon ausgehen, dass die Klägerin auf dieses Schreiben hin, das - wie ausgeführt - eine konkrete neue Frist gar nicht benennt und eine explizite Bitte um Verlängerung der gesetzten Frist auch nicht beinhaltete, eine schnellere Mangelbeseitigung anmahnen würde, wenn sie mit einer Erledigung erst bis Anfang Oktober 2013 nicht einverstanden gewesen wäre. Eine solche "Rügeobliegenheit" mag hinsichtlich des Schreibens des Beklagten vom 1. Juli 2013 bestanden haben, da die Klägerin den Beklagten explizit aufgefordert hatte, seinerzeit einen Fristenplan zu konkretisieren, somit also mit einem Vorschlag rechnen musste und ihr bewusst war, dass sie auf einen solchen Vorschlag irgendwie hätte reagieren müssen, wenn sie mit ihm nicht einverstanden gewesen wäre. Nachdem sich aber der Beklagte - von der Klägerin akzeptiert - gleichsam selbst eine Frist bis zum 15. August 2013 gesetzt hatte, brauchte die Klägerin mit neuen Vorschlägen von Fristen nicht mehr zu rechnen und auf solche Vorschläge auch nicht mehr reagieren.

4. Die von dem Beklagten selbst gesetzte Frist bis zum 15. August 2014 war auch angemessen. Soweit der Vortrag des Beklagten mit Schriftsatz vom 25. Juni 2014 so zu verstehen sein sollte, dass der Beklagte die Angemessenheit der Frist bis zum 15. August 2014 in Frage stellt, wäre dies unbeachtlich. Der Vermieter ist an eine von ihm selbst gesetzte Frist gebunden (Hans. OLG Hamburg, Urt. v. 21. Juli 2000, 4 U 238/99, NJW-RR 2001, 153). Soweit der Beklagte nunmehr geltend machen möchte, ihm sei eine Abhilfe binnen dieser von ihm selbst als angemessen angenommenen Frist unmöglich gewesen, hätte dies überdies lediglich zur Folge, dass es einer Abhilfefrist gar nicht bedurft hätte. Wenn dem Vermieter nämlich binnen angemessener Frist die Mangelbeseitigung nicht möglich ist, ist eine Fristsetzung entbehrlich (OLG Düsseldorf, Urt. v. 14. Januar 2010, I-10 U 74/09, juris).

5. Entgegen der Ansicht des Beklagten war es auch nicht erforderlich, dass die Klägerin vor Ausspruch der außerordentlichen Kündigung erneut eine Frist setzte.

Zutreffend ist indes, dass dann, wenn der Mieter für den fruchtlosen Ablauf einer Abhilfefrist eine bestimmte Maßnahme androht im Einzelfall die Setzung einer weiteren Frist mit einer Kündigungsandrohung erforderlich sein kann, wenn sich dies nicht im Hinblick auf § 543 Abs. 3 Nr. 1 BGB erübrigt (Bub/Treier/Grapentin, Hdb. d. Geschäfts- und Wohnraummiete, 4. Aufl., Kap. IV, Rn. 331). Nach der von dem Beklagten zitierten Rechtsprechung des OLG Hamm, Urt. v. 25. September 1990, 7 U 48/90, NJW-RR 1991, 1035, schafft der Mieter in diesem Fall einen Vertrauenstatbestand gegenüber dem Vermieter, der nunmehr nicht damit rechnen muss, das Mietverhältnis werde durch eine fristlose Kündigung des Mieters sein Ende finden, sondern davon ausgehen kann, der Mieter werde die Mängel selbst abstellen und das Mietverhältnis fortsetzen.

a) Es kann dahin stehen, ob dieser Rechtsprechung im Allgemeinen zu folgen ist. Auch der Bundesgerichtshof hat dies sogar in einem Fall offen gelassen, in dem - anders als hier - der Mieter für den Fall des Fristablaufs erklärte, "ohne weitere Vorankündigung Klage auf Mangelbeseitigung zu erheben." (BGH, Urt. v. 13. Juni 2007, VIII ZR 281/06, NJW 2007, 2474).

Im konkreten Fall fehlt es bereits an einer Androhung, die geeignet war, bei dem Beklagten schutzwürdiges Vertrauen darauf zu begründen, die Klägerin würde nur eine Ersatzvornahme vornehmen und nicht von der Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung Gebrauch machen. Schon der Wortlaut des Schreibens vom 24. Juni 2013 (Anlage K 6, Bl. 34) beinhaltet keine Androhung, also die Ankündigung, genau diese Rechte bei Fristablauf zu ergreifen, sondern lediglich den Vorbehalt, eine Mangelbeseitigung abzulehnen und die Mängel sodann auf Kosten des Beklagten beseitigen zu lassen. Wenn sich jedoch eine Vertragspartei lediglich vorbehält, von einem bestimmten Mängelgewährleistungsrecht Gebrauch zu machen, bedeutet dies nicht, dass die Klägerin von diesem Recht in jedem Fall Gebrauch machen wird, und insbesondere nicht, dass die Klägerin andere Rechte nicht ausüben wird. Wer sich Rechte vorbehält, macht nur darauf aufmerksam, dass ihm diese Rechte zustehen, um seinem Begehren, den Mangel binnen gesetzter Frist zu beseitigen, Nachdruck zu verleihen. Er wird im Falle des Fristablaufs endgültig entscheiden, ob er von diesen Rechten Gebrauch macht. Dass er im Falle eines erfolglosen Fristablaufs keine anderen, genau so möglichen rechtlichen Konsequenzen ziehen wird, und auf diese faktisch sogar einstweilen bis zu einer erneuten Fristsetzung verzichtet, will er ersichtlich nicht zum Ausdruck bringen. Hierzu bestand - wie in der mündlichen Verhandlung vom 11. Juli 2014 erörtert - auch aus Sicht des Beklagten kein Anlass. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass auch ihm bekannt war, dass sich das Verhältnis der Vertragsparteien - wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht von der Klägerin ohne Widerspruch des Beklagten geschildert - in jüngster Vergangenheit ohnehin verschlechtert hatte, wozu auch der Rechtsstreit vor dem Amtsgericht Lüneburg beitrug. Etwaiges Vertrauen des Beklagten darauf, eine Kündigung werde nicht ausgesprochen werden, ist daher nicht schutzwürdig.

b) Hinzu kommt, dass nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 13. Juni 2007, VIII ZR 281/06) wie auch der vom Beklagten zitierten Kommentierung eine erneute Fristsetzung jedenfalls dann entbehrlich ist, wenn sie offensichtlich keinen Erfolg verspricht (§ 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BGB). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Vermieter von sich aus Abhilfe für einen Zeitpunkt ankündigt, der nach dem Ablauf der angemessenen Frist liegt (BGH, Urt. v. 19. September 1983, VIII ZR 84/82, NJW 1984, 48; Urt. v. 12. September 2002, VII ZR 344/01, NJW-RR 2003, 13).

So liegen die Dinge auch hier. Der Beklagte hatte mit Schreiben vom 8. August 2013 eine Mängelbeseitigung für Anfang Oktober 2013 angekündigt. Dieser Zeitpunkt liegt nach Ablauf einer angemessenen Frist, auch wenn man diese erst vom 8. August 2013 an bemisst.

Die Dauer der Abhilfefrist richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Maßgeblich sind der Schadensumfang, der Umfang der Gebrauchsbeeinträchtigung, die Gefahr weitergehenden Schadeneintritts und die Umstände, welche die Dauer der Schadensbeseitigung beeinflussen. Weiter kann berücksichtigt werden, ob dem Vermieter der Mangel bereits bekannt war oder ob der Vermieter damit rechnen musste, dass er wegen der Mängelbeseitigung in Anspruch genommen wird (Schmidt-Futterer/Blank, 11. Aufl., Mietrecht, § 543, Rn. 30). Der Beklagte wusste bereits seit Zustellung des Gutachtens am 19. Juni 2013, dass Handlungsbedarf bestand. Er war von der Klägerin auch zur Mangelbeseitigung bis ursprünglich zum 8. Juli 2013 aufgefordert worden. Unter Berücksichtigung unter anderem des Abstimmungsbedarfs auf Seiten der WEG hatte der Beklagte mit Schreiben vom 1. Juli 2013 selbst eine Frist bis zum 15. August 2013 auserbeten. Danach hatte der Beklagte selbst zu erkennen gegeben, dass eine Frist von sechs Wochen angemessen ist. Da der Abstimmungsprozess innerhalb der WEG am 8. August 2013 offenbar abgeschlossen war und eine Firma beauftragt werden konnte, ist nicht erkennbar, dass gerechnet vom 8. August 2013 eine längere Frist als allenfalls drei bis vier Wochen für eine Mangelbeseitigung angemessen gewesen wäre.

6. Dass die Klägerin nach dem Vortrag der Beklagten mit Schriftsatz vom 5. Juni 2014 die Räumlichkeiten über den 28. Februar 2014, dem Ende der Auslauffrist, hinaus nutzt, stellt die Wirksamkeit der Kündigung nicht in Frage. § 545 BGB ist gemäß § 3 Abs. 4 MV wirksam abbedungen worden.

Die Kündigung ist auch nicht gemäß § 242 BGB unwirksam, weil die Klägerin - im Widerspruch zu der von ihr vertretenen Rechtsansicht, dass das Mietverhältnis bereits mit Ablauf des 28. Februar 2014 beendet sei, - die Räumlichkeiten weiterhin nutzt. Es kann einem zulässigen und vorsichtigen Verhalten eines Mieters entsprechen, die Anmietung von Ersatzräumen angesichts eines schwebenden Rechtsstreits über die Wirksamkeit der Beendigung des ursprünglichen Mietverhältnisses zurückzustellen.

III.

Da die Berufung mit dem Hauptantrag Erfolg hat, bedarf es keiner Entscheidung über die Zulässigkeit und Begründetheit des Hilfsantrags. Die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 11. Juli 2014 vorsorglich beantragte Schriftsatzfrist zum Schriftsatz des Beklagten vom 25. Juni 2014 war nicht zu gewähren. Der Schriftsatz des Beklagten gibt dem Senat - wie dargelegt - keinen Anlass, von seiner mit Beschluss vom 11. Juni 2014 dargelegten, der Klägerin günstigen Rechtsauffassung zu Lasten der Klägerin abzurücken.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Auch die Annahme, dass eine Kündigung nicht wegen widersprüchlichen Verhaltens ausscheidet, begründet keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Ob eine unzulässige Rechtsausübung aufgrund widersprüchlichen Verhaltens vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalls (vgl. BGH, Urt. v. 09. Oktober 2013, XII ZR 59/12, NJW-RR 2014, 78). So beruht das Urteil auch hier auf der konkreten Formulierung des Schreibens vom 24. Juni 2012. Zudem steht das Urteil auch wie ausgeführt nicht im Widerspruch zur höchstrichterlichen Rechtsprechung.

Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach § 41 Abs. 1 Satz 1 GKG und bemisst sich nach der Jahresnettomiete. Die Nettomonatsmiete beträgt aber seit dem 1. April 2007 gemäß § 5 des Mietvertrages 800,00 €. Zu diesem Betrag ist die Umsatzsteuer hinzuzurechnen. Nicht zu addieren sind aber die abrechenbaren Betriebskostenvorauszahlungen (§ 41 Abs. 1 Satz 2 GKG).