Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 31.07.2014, Az.: 5 U 9/14

Ansprüche des Auftragnehmers eines VOB-Vertrages wegen Austauschs eines Nachunternehmers auf Wunsch des Auftraggebers; Zulässigkeit eines Vorbehaltsurteils bei Aufrechnung mit Mängelansprüchen

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
31.07.2014
Aktenzeichen
5 U 9/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2014, 22414
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2014:0731.5U9.14.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 17.12.2013

Fundstellen

  • BauR 2015, 125-127
  • BauR 2014, 2143
  • IBR 2014, 592
  • ZAP EN-Nr. 799/2014
  • ZAP EN-Nr. 799/2014

Amtlicher Leitsatz

1. Teilt der Auftraggeber eines VOB-Vertrags dem Auftragnehmer mit, dass er den von diesem eingesetzten Nachunternehmer für ungeeignet hält, und verständigen sich Auftragnehmer und Auftraggeber darauf, dass der Nachunternehmer ausgetauscht wird, kann der Auftragnehmer hieraus keine zusätzlichen Vergütungsansprüche ableiten.

2. Rechnet der Auftraggeber gegen die streitige Werklohnforderung des Auftragnehmers mit Mängelansprüchen auf, darf ein Vorbehaltsurteil nur ergehen, wenn die Gegenforderung bei Würdigung des Parteivortrages oder der bisherigen Beweisergebnisse wahrscheinlich nicht besteht oder im Verhältnis zur Werklohnforderung wahrscheinlich geringes Gewicht hat und die weitere Aufklärung voraussichtlich so lange dauern wird, dass es nicht mehr hinnehmbar ist, dem Aufragnehmer die Möglichkeit einer Vollstreckung vorzuenthalten.

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Vorbehaltsurteil des Einzelrichters der 18. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 17. Dezember 2013 teilweise abgeändert:

Die Klage wird in Höhe von 48.614,85 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18. November 2010 abgewiesen.

In Höhe von weiteren 36.003,69 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18. November 2010 wird das Vorbehaltsurteil des Einzelrichters der 18. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 17. Dezember 2013 aufgehoben und der Rechtsstreit insoweit an das Landgericht Hannover zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen, soweit das beklagte Land zur Zahlung unter Vorbehalt der erklärten Aufrechnung verurteilt worden ist.

Die Entscheidung über die Kosten, auch über die des Berufungsverfahrens bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin macht gegen ... die Beklagte restliche Werklohnansprüche aus der Baumaßnahme Universität H., ..., Erweiterung der Mensa C. geltend. Sie war mit der Herstellung des Gussasphaltestrichs und der Gestaltung von dessen Oberfläche beauftragt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf die Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Das Landgericht hat durch Vorbehaltsurteil die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 111.779,38 € zu zahlen. Die weitere Klage hat es abgewiesen. Darüber hinaus hat es hinsichtlich eines zur Aufrechnung gestellten Gegenanspruchs der Beklagten in Höhe von 44.763,65 € die Entscheidung vorbehalten. Wegen der Einzelheiten der Begründung des Ausspruches wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Gegen das Urteil wendet sich die Beklagte teilweise mit ihrer Berufung, mit der sie rügt, das Vorbehaltsurteil hätte nicht ergehen dürfen. Zudem meint sie, das Landgericht habe die Beklagte zu Unrecht mit den Kosten der Firma W. in Höhe von 48.614,85 € belastet, weil entgegen der Ansicht des Landgerichts die Voraussetzungen des § 4 Nr. 1 Abs. 3 und 4 VOB/B nicht vorlägen.

Die Beklagte beantragt,

das am 17. Dezember 2013 verkündete Urteil des Einzelrichters der 18. Zivilkammer des Landgerichts Hannover

1. teilweise in Höhe von 36.003,69 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18. November 2010 aufzuheben und den Rechtsstreit insoweit an das Landgericht Hannover zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen, soweit das beklagte Land zur Zahlung unter Vorbehalt der erklärten Aufrechnung verurteilt worden ist;

2. teilweise abzuändern und die Klage in Höhe weiterer 48.614,85 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18. November 2010 abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der zwischen ihnen bis zur mündlichen Verhandlung am 25. Juni 2014 gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.

1. Das landgerichtliche Urteil ist von der Beklagten nur in Höhe von 84.618,54 € angegriffen worden. In Höhe von 27.160,84 €, davon 8.759,96 € den Vorbehalt betreffend, ist es mithin rechtskräftig.

2. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung des Werklohns der Firma W. in Höhe von 48.614,85 € für die von ihr im Auftrag der Klägerin ausgeführten Mängelbeseitigungsarbeiten.

Die Klägerin war mit den Gussasphaltarbeiten und der Herstellung der Oberfläche beauftragt. Sie bediente sich dazu der Firma D. als Subunternehmerin, die mit diesen Arbeiten ersichtlich überfordert war. Vereinbarte Ausführungsfristen wurden nicht eingehalten. Gleiches gilt für vereinbarte Termine zur Mängelbeseitigung. Am 19. November 2007 fand eine Baubesprechung statt, bei der die Ausführungsfristen für die Mängelbeseitigungsarbeiten für die Zeit vom 21. bis 30. Dezember 2007 festgelegt worden sind (Bl. 882 d. A.). Mit Schreiben vom 23. November 2007 (Bl. 884 d. A.) äußerten die Architekten der Beklagten Zweifel an der Qualifikation und Zuverlässigkeit der Subunternehmerin der Klägerin, nachdem die Fa. D. erneut einen Termin nicht wahrgenommen hatte. Gleichzeitig behielt sich die Beklagte vor, Mängel, die die Klägerin trotz aller Fristsetzungen nicht termin- und sachgerecht beseitigen konnte, durch eine Drittfirma zu Lasten der Klägerin beheben zu lassen. Am 12. Dezember 2007 fand eine weitere Baubesprechung wegen der Mängelbeseitigung am Gussasphalt statt, bei der vereinbart wurde, dass anstelle der bisherigen Subunternehmerin die Firma W. die Schleifarbeiten und Oberflächeneinpflege der Gussasphaltflächen vornehmen sollte (vgl. Aktennotiz Nr. 69, Bl. 885 d. A.). Dies ist mit Schreiben der Architekten der Beklagten vom 20. Dezember 2007 der Klägerin bestätigt worden (vgl. Bl. 888 d. A.). Mit Schreiben vom 21. Dezember 2007 hat die Beklagte noch einmal darauf hingewiesen, dass eine Zusammenarbeit mit der Subunternehmerin D. für die Beklagte nicht mehr in Betracht käme, dass aber gegen die Firma W. keine Bedenken bestünden. Daraufhin führte die Firma W. im Auftrag der Klägerin die Schleifarbeiten durch. Mit Schreiben vom 6. Februar 2008 (Bl. 56 d. A.) vertrat die Klägerin sodann die Ansicht, dass die Kosten der Mängelbeseitigung durch Beauftragung der Firma W. von der Beklagten zu tragen seien.

Der Rechtsansicht der Klägerin kann nicht gefolgt werden.

Es ist grundsätzlich Sache der Klägerin, wie und durch wen sie die Mängelbeseitigung an dem von ihr geschuldeten Gewerk vornimmt bzw. vornehmen lässt. Sie kann die Mängelbeseitigung selbst durchführen, sich dazu des ursprünglich beauftragten Subunternehmers bedienen oder, wenn sie Zweifel an dessen Zuverlässigkeit hat, einen anderen Werkunternehmer beauftragen. Wie sie die Mängelbeseitigung durchführt, interessiert im Regelfall die Beklagte als Bauherr nicht. Denn sie hat gegen die Klägerin einen Anspruch auf eine ordnungsgemäße, mangelfreie Werkleistung.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 VOB/B 2006 auf Erstattung der Kosten der Fa. W. unter dem Gesichtspunkt der Erschwerung der Bauausführung. Die Parteien haben die VOB/B 2006 vereinbart. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 VOB/B hat der Auftraggeber die Mehrkosten zu tragen, wenn durch seine Anordnungen eine ungerechtfertigte Erschwerung verursacht wird, wobei die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 VOB/B und des § 4 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 VOB/B erfüllt sein müssen.

Die Voraussetzungen des Anspruchs aus § 4 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 VOB/B liegen indessen nicht vor. Hier ist bereits nicht feststellbar, dass die Beklagte eine Anordnung im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 3 VOB/B getroffen hat. Danach ist der Auftraggeber befugt, unter Wahrung der dem Auftragnehmer zustehenden Leitung Anordnungen zu treffen, die zur vertragsgemäßen Ausführung der Leistung notwendig sind. Zwar hat die Beklagte auf der ordnungsgemäßen Durchführung der Mängelbeseitigung bestanden, was ihr gutes Recht ist. Ebenso ist sie berechtigt, Zweifel an der Zuverlässigkeit und fachlichen Kompetenz des Subunternehmers zu äußern. Die Zweifel hat auch die Klägerin geteilt, denn sonst hätte sie nicht eine Drittfirma mit der Mängelbeseitigung beauftragt. Die Beklagte hat aber keine Anordnung getroffen, die zur vertragsgemäßen Ausführung der Leistung notwendig war. Dass die Beklagte auf der Firma W. bestanden habe, kann nicht festgestellt werden. Der Beklagten wäre jede Vorgehensweise, auch das Tätigwerden der Klägerin selbst oder eines anderen fähigen Fachunternehmens recht gewesen, das eine mangelfreie Werkleistung erbracht hätte.

Aber selbst wenn man in den Schreiben vom 20. und 21. Dezember 2007 eine Anordnung im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 3 VOB/B sehen würde, hat die Beklagte entgegen § 4 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 VOB/B, wonach der Auftragnehmer, der die Anordnungen des Auftraggebers für unberechtigt oder unzweckmäßig hält, seine Bedenken geltend zu machen hat, solche Bedenken nicht erhoben. Sie hat weder die fehlende Berechtigung der Anordnung der Klägerin noch deren Unzweckmäßigkeit gerügt. In dem Schreiben vom 6. Februar 2008 (Bl. 56 d. A.) schildert die Klägerin lediglich die Sichtweise ihrer Subunternehmerin. Weiter geht es um die Kosten. Wie die Klägerin sich aber mit ihrer Subunternehmerin auseinandersetzt, ist im Verhältnis zur Beklagten ohne Belang. Wenn die Klägerin nicht in der Lage ist, ihre werkvertraglichen Rechte gegenüber der Subunternehmerin durchzusetzen, kann sie dies nicht der Beklagten anlasten.

Das Schreiben vom 6. Februar 2008 kann im Übrigen auch nur Wirkung für die Zukunft entfalten. Die Arbeiten, die die Firma W. zur Beseitigung der Mängel im Zeitraum 21. bis 30. Dezember 2007 durchgeführt hat, werden von diesen Bedenken ohnehin nicht erfasst.

Trotz etwa von der Klägerin geäußerten Bedenken hätte die Beklagte auf der Durchführung ihrer Anordnung bestehen müssen, § 4 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 VOB/B. Auch dazu gibt der Sachverhalt nichts her. Die Beklagte hätte, wenn die Klägerin auf andere Art und Weise für eine ordnungsgemäße Beseitigung der Mängel gesorgt hätte, auch dies akzeptiert.

Es ist seitens der Klägerin auch nicht dargelegt, dass in der Befolgung der Anordnung eine adäquat kausal verursachte ungerechtfertigte Erschwerung der Bauleistung eingetreten sei. Die Bauleistung der Klägerin stand von Anfang an fest. Dass die Klägerin bzw. der von ihr beauftragte Subunternehmer nicht in der Lage war, diese Bauleistung ordnungsgemäß zu erbringen, stellt keine Erschwerung der Bauleistung dar.

Schließlich sind auch die durch die Anordnung erforderlichen Mehrkosten nicht erkennbar. Die Klägerin legt - wie in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich erörtert - nicht dar, dass und aus welchem Grunde sie die mangelhafte Leistung ihrer Subunternehmerin D. vergütet hätte bzw. dazu verpflichtet sei. Eine Auseinandersetzung mit dem Insolvenzverwalter der Subunternehmerin steht noch aus. Wenn die Klägerin nicht in der Lage ist, ihre Gewährleistungsansprüche gegen ihre Subunternehmerin ordnungsgemäß durchzusetzen, führt das nicht dazu, dass die Beklagte einen dadurch entstehenden Mehrvergütungsaufwand auszugleichen hätte.

Im Ergebnis kann deshalb die Klägerin von der Beklagten nicht die Mehrkosten für die Firma W. GmbH verlangen.

3. Soweit die Klage nicht abzuweisen war, ist im Umfang der Anfechtung das Vorbehaltsurteil aufzuheben, denn die Voraussetzungen des § 302 Abs. 1 ZPO für den Erlass eines Vorbehaltsurteils liegen nicht vor. Nach dieser Vorschrift kann ein Urteil unter Vorbehalt der Entscheidung über die Aufrechnung ergehen, wenn der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend macht und nur die Verhandlung über die Forderung zur Entscheidung reif ist.

Bei der Entscheidung, ob durch Vorbehaltsurteil entschieden werden soll, hat das Gericht ein pflichtgemäßes Ermessen, das sich an dem Zweck der Vorschrift orientieren muss. Zweck des Vorbehaltsurteils ist die Prozessbeschleunigung. Damit soll u. a. dem Missstand begegnet werden, dass ein Besteller mit unberechtigten Gegenforderungen die frühzeitige Titulierung einer Werklohnforderung von Bauunternehmern verhindert. Wie der BGH in der Entscheidung vom 24. November 2005 - VII ZR 304/04 ausführt, folgt daraus nicht, dass in den Fällen, in denen der Besteller mit einer Gegenforderung aufrechnet, ohne Einschränkung ein Vorbehaltsurteil erlassen werden kann. Vielmehr sind die vom Gericht zu beachtenden Grenzen seines Ermessens durch die Art der Gegenforderung und dem mit dem Gesetz verfolgten Zweck, den Unternehmer vor einer unberechtigten Verzögerung des Rechtsstreits zu schützen, vorgegeben. Das Vorbehaltsurteil führt zu einer vorübergehenden Aussetzung der Wirkung einer materiell-rechtlich begründeten Aufrechnung. Es hat zur Folge, dass der Kläger einen Titel über eine Forderung erhält, die tatsächlich infolge der Aufrechnung nicht besteht. Diese Wirkung ist grundsätzlich nicht gerechtfertigt, wenn der Besteller gegenüber einer Werklohnforderung mit Ansprüchen aufrechnet, die dazu dienen, das durch den Vertrag geschaffene Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung herzustellen. Dazu gehören die Forderung auf Zahlung der Mängelbeseitigungskosten und die Forderung auf Zahlung der Fertigstellungsmehrkosten. Nach Ansicht des BGH wäre es ein nicht hinnehmbares Ergebnis, wenn eine aus dem Leistungsverweigerungsrecht erwachsene auf Zahlung gerichtete Gegenforderung dazu führen würde, dass der Werklohn - wenn auch nur vorübergehend - durchsetzbar wäre. Der Kläger würde in diesem Fall von einer doppelten Vertragswidrigkeit profitieren. Er erhielte ein vollstreckbares Urteil über seine Werklohnforderung, obwohl er den Vertrag nicht erfüllt hat und zudem der Aufforderung, die Erfüllungshandlung innerhalb einer Frist vorzunehmen, nicht nachgekommen ist. Es ist grundsätzlich nicht interessengerecht, dem Unternehmer die Möglichkeit zu verschaffen, eine Werklohnforderung ohne Erbringung der Gegenleistung durchzusetzen. Deshalb ist ein Vorbehaltsurteil grundsätzlich ausgeschlossen, wenn der Besteller gegenüber der Werklohnforderung mit einem Anspruch auf Ersatz der Kosten der Mängelbeseitigung oder der Fertigstellung aus demselben Vertrag aufrechnet. Das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen bezweckt den Schutz des Klägers vor einer ungerechtfertigten Verzögerung des Verfahrens. Eine solche liegt vor, wenn die Gegenforderung des Bestellers besteht, was allerdings in dem Zeitpunkt, in dem die Klage entscheidungsreif ist, nicht feststeht. Diese Unsicherheit geht grundsätzlich zu Lasten des Unternehmers, wenn der Besteller mit Ansprüchen in Höhe der Mängelbeseitigungskosten oder Fertigstellungsmehrkosten aufrechnet. Nach Ansicht des BGH gibt es nur wenige Ausnahmefälle. Ein Vorbehaltsurteil wird danach insbesondere dann in Betracht kommen, wenn nach der auf der Grundlage des gesamten Streitstoffs vom Gericht vorzunehmenden Einschätzung die Gegenansprüche geringe Aussicht auf Erfolg haben und es unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen und der voraussichtlichen Dauer des weiteren Verfahrens angezeigt erscheint, dem Unternehmer durch einen Titel die Möglichkeit zu eröffnen, sich sofortige Liquidität zu verschaffen oder jedenfalls eine Sicherheit vom Besteller zu erlangen. Ein solcher Fall kann z. B. dann vorliegen, wenn die Gegenforderung bei Würdigung des Parteivortrages oder der bisherigen Beweisergebnisse, z. B. eines überzeugenden Privatgutachtens oder der Ergebnisse eines selbständigen Beweisverfahrens, wahrscheinlich nicht besteht oder im Verhältnis zur Werklohnforderung wahrscheinlich geringes Gewicht hat und die weitere Aufklärung voraussichtlich so lange dauern wird, dass es nicht mehr hinnehmbar ist, dem Unternehmer die Möglichkeit einer Vollstreckung vorzuenthalten (vgl. BGH aaO. m. w. N.).

Legt man diese Grundsätze des BGH zugrunde, ist das Vorbehaltsurteil zu Unrecht ergangen. Denn vorliegend ist weder erkennbar, dass die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen der Beklagten wenig Aussicht auf Erfolg haben. Noch lässt sich das erforderliche Sicherungsinteresse der Klägerin erkennen. Mit dem L. N. hat die Klägerin einen solventen Vertragspartner, was im umgekehrten Fall möglicherweise nicht gegeben ist.

Soweit das Vorbehaltsurteil ergangen ist, ist es daher im Umfang der Anfechtung aufzuheben und die Sache zur Entscheidung über die von der Beklagten geltend gemachten Gegenforderungen an das Landgericht zurückzuverweisen. Der erforderliche Antrag dazu liegt vor.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt auf §§ 708 Nr. 10, 709, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 543 ZPO liegen nicht vor.