Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 01.03.2004, Az.: L 4 KR 33/04 ER
Einstweilige Anordnung; einstweiliger Rechtsschutz; Anordnungsgrund; Zwangsvollstreckung; Vollstreckung; aufschiebende Wirkung; Urteil
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 01.03.2004
- Aktenzeichen
- L 4 KR 33/04 ER
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2004, 42882
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2004:0301.L4KR33.04ER.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Oldenburg - 14.01.2004 - AZ: - S 6 KR 12/03
Rechtsgrundlagen
- SGG § 86a Abs. 1
- SGG § 86b Abs. 2
- SGG § 144 Abs. 1
- SGG § 154 Abs. 1
- SGG § 199 Abs. 1 Nr. 1
Ein Anordnungsgrund für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegt nicht vor, wenn der Antragsteller nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 SGG hinsichtlich desselben Streitgegenstandes aus einem Urteil vollstrecken kann.
In dem Rechtsstreit
gegen
Barmer Ersatzkasse, Hauptverwaltung I, Lichtscheider Straße 89-95, 42285 Wuppertal, Beklagte und Antragsgegnerin,
hat der 4. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen am 1. März 2004 in Celle durch die Richterin Schimmelpfeng-Schütte Vorsitzende ..., den Richter Schreck und die Richterin Poppinga
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Antragsgegnerin (Ag) verpflichtet ist, dem Kläger eine Magenband-Operation zu bewilligen.
Für den im Mai 1961 geborenen Antragsteller (Ast) stellte Dr. B.... bei der Beklagten einen Antrag auf Bewilligung einer Magenband-Operation. Der Ast wiege bei einer Körpergröße von 176 cm 207,6 kg, so dass von einer morbiden Adipositas ausgegangen werden müsse. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 29. Juli 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2002 nach vorheriger Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Niedersachsen (MDKN, Gutachten vom 17. Juli 2002) mit der Begründung ab, die möglichen konservativen Therapiemöglichkeiten seien noch nicht ausgeschöpft. Eine Magenband-Operation als ultima ratio könne vor diesem Hintergrund unter Berücksichtigung der mit ihr verbundenen Risiken nicht empfohlen werden.
Das Sozialgericht Oldenburg hat der Klage durch Urteil vom 14. Januar 2004 stattgegeben und die Beklagte zur Leistung verurteilt. Zur Begründung hat es erläutert, dass die vom Bundessozialgericht entwickelten Kriterien für die Bewilligung einer Magenband-Operation bei dem Ast vorlägen.
Gegen dieses ihr am 20. Januar 2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 2. Februar 2004 Berufung eingelegt und geltend gemacht, dass die Frage der Durchführung einer Magenband-Operation einen umfangreichen medizinischen Abwägungsvorgang voraussetze, den das Sozialgericht ohne Einschaltung eines medizinischen Sachverständigen selbst durchgeführt habe. Das sei verfahrensrechtlich nicht zulässig.
Am 13. Februar 2004 hat der Ast einen Antrag auf einstweilige Anordnung gestellt, mit dem die Ag verpflichtet werden soll, dem Ast eine operative Magenverkleinerung zu leisten. Angesichts des zeitlich bereits weit zurückliegenden Antrages könne nicht länger mit der Magenverkleinerung gewartet werden. Die Ag hält die Voraussetzungen für eine vorläufige Regelung nicht für gegeben.
Gründe
II.
Der Antrag ist unbegründet.
Nach § 86 b Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Ast vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 der Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setzt in diesem Zusammenhang einen Anordnungsgrund und einen Anordnungsanspruch voraus (Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl. 2002 § 86 b Rdnr 27 und 29). Der materielle Anspruch ist im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur einer summarischen Prüfung zu unterziehen (vgl Meyer-Ladewig, aaO, Rdnr 36).
Vorliegend fehlt es für den Antrag an einem Anordnungsgrund, denn der Kläger kann aus dem für ihn günstigen erstinstanzlichen Urteil vollstrecken. § 199 Abs. 1 Ziffer 1 SGG bestimmt, dass aus gerichtlichen Entscheidungen vollstreckt wird, soweit nach den Vorschriften des SGG kein Aufschub eintritt. Nach § 154 Abs. 1 SGG haben Berufung und Beschwerde nach § 144 Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung, soweit die Klage nach § 86a SGG Aufschub bewirkt. Nach § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Ein Ausnahmefall nach § 86a Abs 2 SGG scheidet hier nicht aus.
Vorliegend hat der Ast eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage erhoben, der das SG stattgegeben hat. In bezug auf den die Leistung bewilligenden Teil des Urteilsausspruchs tritt nach den oben genannten Vorschriften durch die Einlegung der Berufung durch die Beklagte keine aufschiebende Wirkung ein. Somit besteht bei dem derzeitigen Verfahrensstand keine Veranlassung für den Erlass einer Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zu Gunsten des Ast.
Diese Entscheidung ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.