Landgericht Osnabrück
Urt. v. 07.04.2009, Az.: 7 O 2908/08
Bibliographie
- Gericht
- LG Osnabrück
- Datum
- 07.04.2009
- Aktenzeichen
- 7 O 2908/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2009, 43272
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGOSNAB:2009:0407.7O2908.08.0A
In dem Rechtsstreit
...
hat die 7. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück auf die mündliche Verhandlung vom 24.02.2009 durch den Richter am Landgericht Willms als Einzelrichter
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Die Klage wird abgewiesen.
- 2.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
- 3.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Erwerb von 800 Stück der ... Anleihe, die von der Firma ... herausgegeben wurde. Der Kauf der Papiere erfolgte per 27.09.2005, am 06.10.2005 wurden dafür 82 400,00 € berechnet. Die Klägerin macht geltend, dass die Mitarbeiterin der Beklagten, Frau ... ihr die Anleihe als absolut sichere Geldanlage empfohlen habe und dabei insbesondere auf den 100 %igen Kapitalschutz am Laufzeitende hingewiesen habe. Nicht hingewiesen habe die Mitarbeiterin der Beklagten darauf, dass diese Zusage völlig wertlos wird, wenn der Emittent der Anleihe in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät. Die Klägerin sei auch nicht darauf hingewiesen worden, dass die Anlage nicht durch den deutschen Einlagensicherungsfonds gesichert war. Da der Beraterin der Beklagten bekannt gewesen sei, dass die Klägerin keinerlei Risiko habe eingehen wollen, hätte sie ihr nicht zu einer solchen Anlage raten dürfen. Zudem habe die Mitarbeiterin der Beklagten ihr einen falschen Rat erteilt, nachdem am 11.09.2008 in der Zeitung darüber berichtet wurde, dass die Firma ... in erheblichen finanziellen Schwierigkeiten war, die Papiere - bei Realisierung eines Kursverlustes von ca. 30 % - zu verkaufen. Sie habe die Klägerin vielmehr darauf hingewiesen, dass ihre Anlage zu 100 % kapitalgeschützt sei. Im Vertrauen auf diese Aussage habe die Klägerin auf den Verkauf verzichtet. Das sei ebenfalls eine krasse Fehlberatung, so dass die Beklagte zum Schadensersatz verpflichtet sei. Der Beklagten und ihren Mitarbeitern hslbe bekannt sein müssen, dass der Emittent der ... Anleihe die Firma ... in eine erhebliche finanzielle Schieflage geraten war. Demgemäß sei die Firma ... dann auch wenige Tage später insolvent geworden. Die Klägerin verlangt der Höhe nach die Differenz zwischen dem Kurswert der ... Anleihe am 12.09.2008 von 60,90 € = 48 720,00 € (800 Anteile á 60,90 €).
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 48 720,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.11.2008 sowie nicht festsetzbare vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1 641,96 € zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bestreitet, die Klägerin falsch beraten zu haben. Der Erwerb der ... Zertifikate habe dem Anforderungsprofil der Klägerin entsprochen. Das mit einem 100 %igen Kapitalschutz zum Laufzeitende ausgestattete und deshalb auch und gerade für konservative Anleger besonders geeignete Garantiezertifikat partizipiere an der Entwicklung eines Aktienkorbes mit der höchsten Gewichtung im Deutschen Aktienindex.
Insoweit wird ergänzend auf die Ausführungen in der Klageerwiderung Bezug genommen.
Auch bestreitet die Beklagte, dass die Mitarbeiterin ... die Klägerin von einem Verkauf des streitgegenständlichen Zertifikats abgeraten habe ... habe in dem Gespräch lediglich die Modalitäten eines vorzeitigen Verkaufs der streitsgegenständlichen Anlage und den dadurch entstehenden Verlust bei der Klägerin erläutert. Eine Empfehlung gleich welcher Art habe sie nicht ausgesprochen und auch nicht eine Beratung vorgenommen. ... habe auch nicht angegeben, dass die Klägerin ganz sicher sein könne, dass ihre Anlage zu 100 % kapitalgeschützt sei. Die Klägerin habe allein deshalb davon abgesehen, die streitgegenständlichen Zertifikate am 11.09.2008 zu verkaufen, weil sie die dadurch entstehenden Verluste nicht habe realisieren wollen.
Es treffe auch nicht zu, dass das Zertifikat tatsächlich wertlos geworden wäre. Zu der Zeit sei nur wegen der Bewertung des Zertifikats am Markt eine Wertangabe nicht möglich.
Im Übrigen beruft sich die Beklagte auf die Einrede der Verjährung.
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Das Gericht hat gem. prozessleitender Verfügung vom 09.02.2009 Beweis durch Vernehmung von Zeugen erhoben.
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 24.02.2009 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagte.
1.
Soweit die Klägerin anführt, am 16.09.2005 von der Beklagten falsch beraten worden zu sein, sind etwaige Schadensersatzansprüche verjährt Nach § 37a WpHG verjähren solche Ansprüche 3 Jahre nach dem Erwerb des Streitgegenständlichen Zertifikats vollumfänglich, somit am 16.09.2008. Vorliegend wurde Klage erst am 15.12.2008 eingereicht, so dass eine Verjährungshemmung nicht eingetreten ist.
2.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen der behaupteten Falschberatung am 11.09.2008. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht nicht fest, dass die Mitarbeiterin der Beklagten der Klägerin und ihrem Ehemann erklärt hat, dass ihre Anlage sicher sei und sie nicht verkaufen solle, weil sie dann einen zu großen Verlust machen würde.
Nach den Angaben des Zeugen ... des Ehemannes der Klägerin, war der Klägerin und ihrem Mann bekannt, dass ein 100 %iger Kapitalschutz am Laufzeitende nur abhängig von der Bonität der Emittenten bzw. Garanten bestand. Schon vor diesem Hintergrund konnte die Aussage der Mitarbeiterin der Beklagten, ... nicht dahingehend verstanden werden, dass auf jeden Fall die 100 %ige Einlage sicher sei. Daher kommt es nur auf die Angaben im Verkaufsprospekt und die vor diesem Hintergrund etwa abgegebenen Erklärungen der Zeugin ... an. Dem Zeugen und seiner Ehefrau war bekannt, dass der Einlagensicherungsfonds, der für den Schutz von Spareinlagen gilt, für die hier streitgegenständlichen Zertifikate nicht galt. Dieser deutliche - Unterschied war dem Zeugen und seiner Ehefrau bekannt. Denn sie hatten noch andere Gelder, die dem Schutz des Einlagensicherungsfonds unterliegen, bei der ... angelegt, hingegen diese Zertifikate in der Kenntnis des nicht bestehenden größeren Schutzes durch den Einlagensicherungsfonds. Dass der Zeuge oder seine Ehefrau möglicherweise gleichwohl gehofft haben, dass der volle eingezahlte Kapitalbetrag am Ende zurückgezahlt werde, bedeutet nicht, dass ihm bzw. seiner Ehefrau entsprechende Zusicherungen gemacht worden sind. Vor diesem Hintergrund bestehen bereits erhebliche Zweifel, ob dem Zeugen darin geglaubt werden kann, dass die Zeugin ... die Kapitalanlage als geschützt bezeichnet haben soll, und zwar in dem Sinne, dass ein Verlust nicht entstehen könne.
Auch vermag das Gericht dem Zeugen nicht uneingeschränkt darin zu glauben, dass die Zeugin ... davon abgeraten habe, zu verkaufen, weil der Wertverlust zu groß sei. Immerhin war dem Zeugen und auch seiner Ehefrau bekannt, dass ein Schutz durch den Einlagensicherungsfonds nicht bestand und dass der Kapitalschutz, nämlich vollständige Rückzahlung des eingezahlten Kapitals zum Laufzeitende im Jahr 2011, nur unter der Voraussetzung der Bonität des Emittenten bestand. Zumindest jedoch ist der Beklagten der Gegenbeweis gelungen. Die Zeugin ... hat nämlich angegeben, dass sie den Eheleuten ... nicht von einem Verkauf abgeraten habe. Nach den von der Bank erteilten Anweisungen habe sie nur darauf hingewiesen, dass man sich seitens der Bank nicht vorstellen könne, dass der amerikanische Staat eine solch große Bank, wie ..., in die Insolvenz geraten lassen würde. Sie habe auf keinen Fall den Rat gegeben, nicht zu verkaufen und die Unsicherheiten, die mit dieser Aussage verbunden seien, den Eheleuten ... auch mitgeteilt. Andererseits sei bekannt gewesen, dass die amerikanische Regierung bereits zu diesem Zeitpunkt kleineren Banken geholfen und vor der Insolvenz bewahrt hatte. Deswegen habe sie die Prognose geäußert, dass die amerikanische Regierung dies wahrscheinlich bei einer so großen Bank, wie ..., ebenfalls tun werde. Sie habe auf keinen Fall geäußert, dass eine Rückzahlung unabhängig von der wirtschaftlichen Lage der Firma ... vorgenommen werde. Bei dieser Sachlage lässt sich zumindest nicht sicher feststellen, dass die von der Klägerin aufgestellten Behauptungen der Zeugin ... auch so getätigt worden sind. Der Umstand, dass eine Insolvenz der Firma ... unmittelbar drohte, brauchte von der Zeugin ... nicht besonders verdeutlicht zu werden. Denn die Klägerin und ihr Ehemann waren durch den Pressebericht am 11.09.2008 geradezu alarmiert und hatten gerade diese Befürchtung. Die Aussagen der Zeugen ... waren immerhin nicht irreführend und konnten nicht damit rechnen, dass gewisse Prognosen so, wie sie von der Zeugin ... geäußert worden sind, eine Gewähr für die Annahme waren, dass die. Entscheidung, die Zertifikate nicht zu verkaufen, ein Risiko nicht darstellte.
Bei dieser Sachlage musste die Klage abgewiesen werden.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 S. 2 ZPO.