Landgericht Osnabrück
Beschl. v. 28.04.2009, Az.: 9 T 55/09
Bibliographie
- Gericht
- LG Osnabrück
- Datum
- 28.04.2009
- Aktenzeichen
- 9 T 55/09
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2009, 43276
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGOSNAB:2009:0428.9T55.09.0A
Rechtsgrundlagen
- KostO § 145 Abs. 1
- KostO § 156 Abs. 5
- KostO § 156 Abs. 1
- KostO § 145
- KostO § 36
In der Beschwerdesache
...
hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück am 28.04.2009 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht, den Richter am Landgericht und den Richter am Landgericht beschlossen:
Tenor:
Die Kostenberechnung des Notars K, vom 29.09.2008 wird auf die Beschwerde vom 16.01.2009 hinsichtlich der festgesetzten Gebühren für die Beurkundung zur UR-Nr. 102/2008 geändert, und zwar auf einen Betrag von 210,04 €.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen, so dass aus der Kostenrechnung insgesamt lediglich ein Betrag in Höhe von 305,24 € verlangt werden kann. Aus der Kostenberechnung in der bisherigen Form darf nicht mehr vollstreckt werden.
Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei. Gerichtliche und außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Die weitere Beschwerde wird nicht zugelassen.
Beschwerdewert: 2 047,40 €.
Gründe
I.
Die Beschwerdeführer beauftragten den Beschwerdegegner im Zuge einer Erbauseinandersetzung mit der Ausarbeitung eines Vertrages, in dem im Hinblick auf den zuvor verstorbenen Vater bzw. Stiefvater der Beschwerdeführer ein Erbschaftsantrag gestellt werden sollte, der den Beschwerdeführer zu 5) als Alleinerben ausweisen sollte. Darüber hinaus sollten in dem Vertrag Ansprüche der weiteren Beteiligten geregelt werden. Der Beschwerdegegner fertigte daraufhin mehrere Entwürfe an. Nach einem letzten Entwurf vom 27.03.2007 sollte der Beschwerdeführer zu 5) auf die Beschwerdeführer zu 2) bis 4) zu je 1/3 ideellem Anteil ein 1 751 m2 großes Grundstück in T (Grundbuch von T Blatt) sowie die Hälfte eines weiteren Grundstückes, belegen in T zur Größe von 379 qm (Grundbuch von T Blatt), übertragen. Darüber hinaus sollte der Beschwerdeführer zu 5) an die Beschwerdeführerin zu 1) einen Teil des Grundstücks in T (Grundbuch von T Blatt) zur Größe von ca. 285 m2 zu einem Kaufpreis von 30,00 € verkaufen. Die Beschwerdeführerin zu 1) wiederum sollte an die Beschwerdeführer zu 2) bis 4) jeweils ein 1/3 ideellen Anteil ihres übrigen hälftigen Anteils an dem Grundstück (Grundbuch von T Blatt) zu einem Kaufpreis von 15,00 € verkaufen.
Es kam dann nicht zur Beurkundung des Vertrages, weil es ein längerwieriges Erbscheinserteilungsverfahren vor dem Amtsgericht T. gab.
Mit Kostenrechnung vom 22.05.2007 stellte der Beschwerdegegner dann einen Betrag in Höhe von 2 063,46 € für den gefertigten Entwurf eines Erbauseinandersetzungsvertrages bei einem Geschäftswert von 540 000,00 € in Rechnung. Dabei wies der Beschwerdegegner in einem Anschreiben darauf hin, dass bei einer künftigen Beurkundung eine Erbauseinandersetzung eine Anrechnung dieser Gebühren erfolgen würde. Der Bevollmächtigte der Beschwerdeführer zu 1) bis 4) wies in einem Schreiben vom 15.06.2007 darauf hin, dass sich sämtliche Beteiligte derzeit in Vergleichsverhandlungen befinden würden und noch nicht abschließend geklärt sei, ob es zu der Vereinbarung komme oder nicht. Gleichzeitig bat er darum, die Kostenrechnung zurückzustellen, womit sich der Beschwerdegegner nicht einverstanden erklärte. Daraufhin wurde der geltend gemachte Betrag "ohne Präjudiz und Anerkennung einer Rechtspflicht" gezahlt, wobei seitens des Bevollmächtigten der Beschwerdeführer zu 1) bis 4) in einem weiteren Schreiben vom 09.07.2007 darauf hingewiesen wurde, dass diese das Mandatsverhältnis zu dem Beschwerdegegner nicht als beendet ansehen würden.
Nachdem die Beschwerdeführer im Zuge des Erbscheinserteilungsverfahrens einen gerichtlichen Vergleich geschlossen hatten, beurkundete dann der Beschwerdegegner am 25.09.2008 (UR-Nr. 102/2008) einen Erbauseinandersetzungsvertrag. Dabei übertrug der Beschwerdeführer zu 5) an die Beschwerdeführer zu 2) bis 4) das Grundstück zur Größe von 1 751 m2 (Grundbuch von T. Blatt). Darüber hinaus übertrug der Beteiligte zu 5) wie auch schon in dem Entwurf vorgesehen, eine Teilfläche dieses Grundstücks zur Größe von 285 m2 an die Beteiligte zu 1), jedoch ohne von dieser eine Gegenleistung zu erhalten. Weitere Übertragungen erfolgten nicht. Allerdings verpflichtete sich der Beschwerdeführer zu 5) an die Beschwerdegegner zu 2) bis 4) jeweils einen Betrag in Höhe von 10 000,00 € zu zahlen, wobei der Betrag zinslos bis zum 30.09.2009 gestundet wurde. Des Weiteren zahlte die Beschwerdeführerin zu 1) an die Beschwerdeführer zu 2) bis 4) einen Betrag von jeweils 2 500,00 €. Darüber hinaus beurkundete der Beschwerdegegner am gleichen Tage (UR-Nr. 103/2008) eine Löschungsbewilligung.
Mit der angegriffenen Kostennote vom 29.09.2008 stellte er für den Vertrag zur UR-Nr 102/2008 insgesamt 1 952,20 € in Rechnung. Hierbei nahm er einen Geschäftswert von jetzt 450 000,00 € an. Eine Anrechnung der Entwurfsgebühr fand nicht statt. Für die Löschungsbewilligung (UR-Nr /2008) stellte er einen Betrag in Höhe von 95,20 €, insgesamt somit 2 047,40 € in Rechnung.
Die Beschwerdeführer sind der Auffassung, die Entwurfsgebühr sei anzurechnen. Denn zwischen dem Entwurf und dem schließlich geschlossenen Vertrag bestehe weitgehende Identität. Zudem sei von Anfang an beabsichtigt gewesen, dass es zu einer notariell beurkundeten Erbauseinandersetzung kommen sollte. Die Beschwerdeführer weisen darauf hin, dass die Beteiligten des Entwurfes und der Urkunde dieselben gewesen seien. Grundlage des Entwurfes sei die beabsichtigte Einigung der Geschwister dahin, dass der Beschwerdeführer zu 5) Alleinerbe werden sollte und die Geschwister bestimmte Grundstücke bzw. Grundstücksanteile erhalten sollten, gewesen. Das Verfahren sei ebenfalls eine Einigung der Geschwister gewesen. Auch der Entwurf stelle letztlich nichts anderes dar, als ein Vergleich der Geschwister über die erbrechtliche Rechtslage. Der beurkundete Vertrag setze dieses um.
Der Beschwerdegegner hält die Voraussetzungen der Anrechnung nicht für gegeben. Er weist darauf hin, dass zwischen der Aushändigung des Entwurfes und der Beurkundung rund 18 Monate liegen, was nicht mehr als "demnächst" im Sinne der Kostenordnung angesehen werden könne. Zudem enthalte der Vergleich im Erbscheinsverfahren und der in der Folge am 25.09.2008 beurkundete Vertrag grundsätzlich andere Ausgangs- und Schwerpunkte als der Entwurf aus dem Jahre 2007.
II.
Die gemäß § 156 Abs. 1 Satz 3 KostO zulässige Beschwerde ist insoweit begründet, als eine Anrechnung der nach § 145 Abs. 1 Satz 1 KostO enthobenen Gebühr für den Entwurf nicht gemäß § 145 Abs. 1 Satz 3 KostO auf die Beurkundungsgebühren erfolgt ist.
Nach dieser Vorschrift hat eine Anrechnung zu erfolgen, wenn der Notar demnächst aufgrund des vor ihm gefertigten oder überprüften Entwurfes eine Beurkundung vornimmt. Dies bedeutet, dass die Beurkundung aufgrund des Entwurfes erfolgen muss. In persönlicher Hinsicht bedeutet dies, dass die im Entwurf vorgesehenen Erklärenden oder Geschäftsgegner auch Beteiligte des Beurkundungsgeschäftes sind. In sachlicher Hinsicht muss es sich um dasselbe Geschäft handeln, ohne dass eine wörtliche Übereinstimmung erforderlich wäre. Bedeutungslos sind folglich Änderungen des Gegenwertes oder einzelne Bedingungen sowie Anpassungen an inzwischen veränderte Verhältnisse. Entscheidend ist in persönlicher wie in sachlicher Hinsicht, dass durch die Änderung das Geschäft kein völlig anderes wird, was umso weniger der Fall ist, je weniger bestimmt die Geschäftsparteien und die einzelnen Bestimmungen im Entwurf niedergelegt sind, und dann nicht in Betracht kommt, wenn die Änderungen bereits im Entwurf vorgesehen oder vorbehalten waren. Letztlich ist auf den Einzelfall abzustellen (vgl. Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann-Bengel/Tiedtke, KostO, 16. Auflage, § 145 Rn. 36 f.).
Im vorliegenden Fall hat sich der Kern der vertraglichen Regelungen nicht geändert. Letztlich sollte der Beschwerdeführer zu 5) Alleinerbe des Verstorbenen werden und es sollte eine Befriedigung der weiteren Beschwerdeführer stattfinden. Bei einer Gesamtbetrachtung haben sich die Gewichte zwischen dem zuletzt erstellten Entwurf und der schließlich beurkundeten Regelung auch nicht wesentlich verschoben. Der Beschwerdeführer zu 5) überträgt das gleiche Grundstück an die Beschwerdeführer zu 2) bis 4), im Entwurf sollte nur der hälftige Anteil eines weiteren Grundstückes zusätzlich übertragen worden. Zudem finden im Unterschied zum Entwurf kein Verkauf eines Grundstücks seitens des Beschwerdeführers zu 5) an die Beschwerdeführerin zu 1) sowie ein weiterer Verkauf seitens der Beschwerdeführerin zu 1) an die Beschwerdeführer zu 2) bis 4) statt. Stattdessen verpflichtet sich der Beschwerdeführer zu 5) zur Zahlung eines Betrages von jeweils 10 000,00 € an die Beschwerdeführer zu 2) bis 4) und die Beschwerdeführerin zu 1) zahlt an die Beschwerdeführer zu 2) bis 4) jeweils einen Betrag in Höhe von 2 500,00 €. Nach Auffassung der Kammer ist damit in sachlicher Hinsicht keine wesentliche Änderung verbunden, da statt einer Abfindung durch Übertragung von Grundstücksteilen gegen Geldzahlungen nunmehr eine Abfindung durch die Zahlung von Bargeld erfolgt.
Darüber hinaus ist die Beurkundung auch demnächst im Sinne des § 145 Abs. 1 Satz 3 KostO in Bezug auf den zuletzt erstellten Entwurf erfolgt. Auch hier ist letztlich auf den Einzelfall abzustellen. Eine allgemeine Festlegung des Begrenzungszeitraumes ist nicht möglich. Vielmehr ist auf das Geschäft, wie auch auf die Person des Auftraggebers abzustellen. Eine Anrechnung ist zwecks Festlegung des Begrenzungszeitraumes aber dann ausgeschlossen, wenn zwischen der Entwurfserstellung und der Beurkundung - anders als hier - mehrere Jahre liegen (Korintenberg, a.a.O., Rn. 35a); LG Hannover, Juristisches Büro 2003, 97).
Hier ging zunächst sogar der Beschwerdegegner zunächst davon aus, dass in angemessener zeitlicher Folge der Entwurf in eine vertragliche Vereinbarung münden sollte und deshalb eine Anrechnung stattzufinden habe. Im gleichen Sinne hat auch von Anfang an der Vertreter der Beschwerdeführer zu 1) bis 4) darauf hingewiesen, dass sämtliche Beteiligte der Erbschaftsangelegenheit sich in Verhandlungen mit dem Ziel einer gütlichen Einigung befinden würden, die in eine notariell beurkundete Regelung münden sollte. Der Zeitraum von ca. 18 Monaten bis zur endgültigen Beurkundung ist letztlich auch daraus erklärlich, dass die Einigung im Rahmen eines Verfahrens vor dem Nachlassgericht erfolgen musste. Dies zusammengenommen besteht zwischen dem Entwurf und der schließlich getroffenen Regelung ein Ursachenzusammenhang (vgl. insoweit Hartmann, KostO, 39. Auflage, § 145, Rn. 19), so dass eine Anrechnung vorzunehmen ist.
Im Übrigen erweist sich die Beschwerde sowie die gegen die Kostenrechnung bezüglich der Urkundennummer 103/2008 eingelegte Beschwerde als unbegründet. Die Beschwerdeführer greifen die ansonsten berechneten Gebühren und Auslagen im Einzelnen nicht an. Fehler sind auch nicht ersichtlich.
Anzurechnen ist deshalb die Entwurfsgebühr, d. h. nicht die gesamte für den Entwurf berechnete Gebühr, sondern nur die gemäß §§ 145, 36 KostO berechnete Gebühr in Höhe von 1 734,00 €. Diese ist auf die Beurkundungsgebühr und nicht auf die Zusatzgebühren und Auslagen (vgl. Korintenberg, a.a.O. Rz. 39) anzurechnen. Die Anrechnung der Entwurfsgebühr hat dabei so zu geschehen, dass sie als solches bestehen bleibt und nur eine Ermäßigung oder der gänzliche Wegfall der Beurkundungsgebühr eintritt. Ist diese niedriger oder gleich der Entwurfsgebühr, so fällt die Beurkundungsgebühr gänzlich weg. Da im vorliegenden Fall wegen einer Verringerung des Geschäftswertes die Beurkundungsgebühr niedriger ausgefallen ist als die Entwurfsgebühr, fällt somit die Beurkundungsgebühr gänzlich weg und der Beschwerdeführer kann nur die sonstigen Kostenpositionen in Höhe von insgesamt 176,50 € geltend machen, die sich zuzüglich Mehrwertsteuer in Höhe von 33,54 € auf einen Gesamtrechnungsbetrag in Höhe von 210,04 € summieren. Zuzüglich der Gebühren für die Beurkundung zur UR-Nr 103/2008 in Höhe von 95,20 € stehen dem Beschwerdeführer aufgrund der angegriffenen Kostenrechnung folglich Gebühren in Höhe von 305,24 € zu.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 156 Abs. 5 KostO.
Es bestand keine Veranlassung, die weitere Beschwerde zuzulassen, da es sich aufgrund der oben beschriebenen Umstände um eine Einzelfallentscheidung handelt.