Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 14.09.2009, Az.: 6 B 174/09

Konkurrentenschutz bei der Erteilung einer einstweiligen Erlaubnis für eine Verkehrslinie; Verbot der Doppelbedienung als Anordnungsgrund

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
14.09.2009
Aktenzeichen
6 B 174/09
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2009, 22877
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGBRAUN:2009:0914.6B174.09.0A

Verfahrensgegenstand

Einstweilige Erlaubnis gemäß § 20 PBefG
- hier: Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO -

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Der konkurrierende Linienverkehrsunternehmer ist im einstweiligen Rechtsschutzverfahren antragsbefugt, wenn dem Mitbewerber eine einstweilige Erlaubnis nach § 20 PBefG zur sofortigen Linienbedienung auf einer Strecke erteilt wird, für die sich beide Konkurrenten beworben haben.

  2. 2.

    Die Erteilung der einstweiligen Erlaubnisse gemäß § 20 PBefG ist rechtmäßig, wenn die Genehmigung für den durch diese Linien abgedeckten Verkehrsraum nur einheitlich einem Unternehmer erteilt werden kann (Verbot der Doppelbedienung) und die Genehmigung ermessensfehlerfrei ergangen ist. Hierfür ist primär maßgeblich, welcher Bewerber die bessere Verkehrsbedienung des betroffenen Verkehrsraumes anbietet, d.h. Angebotsquantität und -qualität. Das Gericht kann die getroffene Entscheidung nur im Hinblick darauf überprüfen, ob diese auf sorgfältigen Ermittlungen beruht und ob alle nach dem Zweck der Ermächtigung relevanten Gesichtspunkte gesehen und gerecht abgewogen wurden.

  3. 3.

    Das System von Anrufbussen ist gegenüber einem von einem anderen Bewerber angebotenen bedarfsunabhängigen regelmäßigen Linienverkehr als schlechtere Verkehrsbedienung zu bewerten.

In der Verwaltungsrechtssache
...
hat das Verwaltungsgericht Braunschweig - 6. Kammer -
am 14. September 2009
beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche der Antragstellerin gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 31. Juli 2009 betreffend die Erteilung einer einstweiligen Erlaubnis gemäß § 20 PBefG an die Beigeladene bzw. den Widerruf der der Antragstellerin erteilten einstweiligen Erlaubnis wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat keinen Erfolg.

2

Der nach § 80 a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO statthafte Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die Erteilung der einstweiligen Erlaubnis für die Verkehrslinien 127 (Bokel - Hankensbüttel) und 128 (Hankensbüttel - Schweimke) an die Beigeladene gemäß § 20 PBefG mit Bescheid vom 31. Juli 2009 hat keinen Erfolg (I.). Der gleichzeitig gestellte, nach § 80 Abs. 5 VwGO statthafte Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Widerruf der ihr erteilten einstweiligen Erlaubnisse für die entsprechenden Linien mit dem weiteren Bescheid vom 31. Juli 2009 ist ebenfalls nicht begründet (II.).

3

I.

Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Bei einer einstweiligen Erlaubnis nach § 20 PBefG handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Doppelwirkung, der den Adressaten der einstweiligen Erlaubnis begünstigt und einen Mitbewerber beschweren kann. Infolgedessen ist ein konkurrierender Linienverkehrsunternehmer in entsprechender Anwendung von § 42 Abs. 2 VwGO antragsbefugt, wenn einem Mitbewerber eine einstweilige Erlaubnis nach § 20 PBefG zur sofortigen Linienbedienung auf einer Strecke erteilt wird, für die sich beide Konkurrenten beworben haben (vgl. BVerwG, U. v. 25.10.1968 - VII C 134.66 -, BVerwGE 30, 347; VG Braunschweig, B. v. 08.07.2005 - 6 B 370/05 -, [...]).

4

Die sofortige Vollziehung der Erlaubniserteilung an die Beigeladene ist formell rechtmäßig angeordnet worden; sie wurde insbesondere ordnungsgemäß begründet. Um dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 VwGO gerecht zu werden, ist eine auf die Umstände des konkreten Falles bezogene, nicht formelhafte Darlegung, weshalb dem Interesse an der sofortigen Vollziehung gegenüber dem Aufschubinteresse des Betroffenen der Vorrang eingeräumt wird, notwendig (vgl. Nds. OVG, B. v. 05.03.2008 - 7 MS 115/07 -, NVwZ-RR 2008, 686 ff.). Die Begründung des Sofortvollzugs entspricht diesem Erfordernis. Dabei kann die für sofort vollziehbar erklärte Erlaubniserteilung an die Beigeladene nur im Zusammenhang mit dem gleichzeitig für sofort vollziehbar erklärten Widerruf der entsprechenden Erlaubnis gegenüber der Antragstellerin gesehen werden. Dementsprechend ist nicht zu beanstanden, wenn der Sofortvollzug der einstweiligen Erlaubnis mit dem aufgrund des gleichzeitigen Widerrufs gegenüber der Antragstellerin sonst zwangsläufigen Ruhen des Verkehrs auf den Linien 127 und 128 begründet wird. Einer weiter gehenden gerichtlichen Prüfung, insbesondere einer besonderen "Dringlichkeit", bedarf es an dieser Stelle nicht.

5

Auch in materieller Hinsicht bestehen keine rechtlichen Bedenken. Das Gericht kann gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO in Fällen, in denen die Behörde die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsakts angeordnet hat, auf Antrag eines Dritten die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise wiederherstellen, wenn der Dritte in seinen Rechten betroffen sein kann und die Prüfung ergibt, dass den Interessen des Dritten an einer Aussetzung des Sofortvollzugs der Vorzug einzuräumen ist vor dem öffentlichen Interesse und den Interessen des von der Maßnahme Begünstigten an einer unverzüglichen Durchsetzung der Maßnahme. Ob das Interesse an der sofortigen Vollziehung der Erteilung der einstweiligen Erlaubnisse an die Beigeladene das Aufschubinteresse der Antragstellerin überwiegt, ist Gegenstand einer eigenständigen gerichtlichen Ermessensentscheidung. Das Gericht ist dabei nicht an die von der Behörde angeführten Gründe gebunden. Gerade bei dreiseitigen Rechtsverhältnissen ist Maßstab vorrangig die Erfolgsaussicht des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs. Denn da der angefochtene Verwaltungsakt dem Genehmigungsinhaber eine Rechtsposition einräumt, die ihm ein Dritter streitig macht, stehen sich in Fällen dieser Art nicht allein das öffentliche Vollzugsinteresse und das private Interesse an einer Beibehaltung des status quo gegenüber. Vielmehr muss die vorläufige gerichtliche Regelung auch das Interesse des durch den Verwaltungsakt Begünstigten - hier der Beigeladenen - an der Beibehaltung der eingeräumten Rechtsposition in den Blick nehmen. Dieses Interesse ist nicht weniger gewichtig als das Interesse des Drittanfechtenden. Die Abwägung, wie die vorläufige Regelung auf der Grundlage von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ausfällt, wird daher interessengerecht vor allem von der erkennbaren Erfolgsaussicht des Widerspruchs gesteuert (vgl. Nds. OVG, a.a.O.).

6

Bei im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nur möglicher und zulässiger summarischer Prüfung hat der Widerspruch der Antragstellerin keine Aussicht auf Erfolg. Die Erteilung der einstweiligen Erlaubnisse für die Linien 127 und 128 an die Beigeladene gemäß § 20 PBefG mit Bescheid vom 31. Juli 2009 erweist sich als rechtmäßig.

7

Gemäß § 20 PBefG kann die Genehmigungsbehörde einem Antragsteller eine widerrufliche einstweilige Erlaubnis erteilen, wenn eine sofortige Einrichtung, Erweiterung oder wesentliche Änderung eines Linienverkehrs mit Kraftfahrzeugen im öffentlichen Verkehrsinteresse liegt und die Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 PBefG zu bejahen sind. Dabei handelt es sich um eine ihrer Natur nach vorläufige, auf eine Geltungsdauer von maximal sechs Monaten beschränkte Maßnahme, welche insbesondere zur Anwendung kommt, wenn - wie hier - ein öffentliches Verkehrsinteresse bereits in einer endgültigen, wegen Drittanfechtung aber noch nicht vollziehbaren Linienverkehrsgenehmigung seinen Niederschlag gefunden hat (vgl. VG Osnabrück, B. v. 15.05.2007 - 6 B 18/07 - und den in der gleichen Sache ergangenen Einstellungsbeschluss des Nds. OVG vom 15.08.2007 - 7 ME 122/07-). Mit dem Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 2009, gegen den die Antragstellerin fristgerecht Klage beim erkennenden Gericht erhoben hat und über die noch nicht entschieden ist (6 A 173/09), sind nunmehr die Linienverkehrsgenehmigungen für die Linien 127 und 128 der Beigeladenen erteilt worden. Daher ist es sachgerecht und nicht ermessensfehlerhaft, wenn der Beigeladenen auch die entsprechenden einstweiligen Erlaubnisse nach § 20 PBefG bis zur Unanfechtbarkeit dieser Entscheidung erteilt werden. Denn im Verfahren nach § 20 PBefG besteht für die Genehmigungsbehörde in der Regel kein Anlass zu einer erneuten Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen, wenn bereits eine positive Entscheidung nach § 15 PBefG über den Betrieb einer Linie getroffen wurde (vgl. BVerwG, U. v. 25.10.1968, a.a.O.; OVG Sachsen-Anhalt, B. v. 23.10.2007 - 1 M 148/07 -, [...]; VGH Baden-Württemberg, B. v. 02.01.2007 - 3 S 2675/06 -, [...]; VG Braunschweig, B. v. 08.07.2005, a.a.O.).

8

Lediglich im Fall einer nach Genehmigungserteilung eingetretenen Änderung der Sach- oder Rechtslage oder einer offensichtlich falschen rechtlichen Bewertung bei der Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen nach den §§ 13 und 15 PBefG besteht für die Genehmigungsbehörde Anlass, im Rahmen der Entscheidung über die Erteilung einer einstweiligen Erlaubnis in eine erneute Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen einzutreten. Die Beschränkung der Überprüfung der Genehmigungsauswahlentscheidung auf lediglich offensichtliche Fehler ist auch mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes vereinbar; denn die einstweilige Erlaubnis dient der Überbrückung solcher Zeiten, in denen eine unanfechtbare Genehmigung noch nicht vorliegt, gleichwohl aber ein öffentliches Bedürfnis für eine Aufnahme des Linienverkehrs besteht. Diese Situation rechtfertigt es, die Erteilung der einstweiligen Erlaubnis an den erfolgreichen Bewerber um die Genehmigung nicht davon abhängig zu machen, dass die Genehmigungsbehörde ihre Genehmigungsauswahlentscheidung auf Einwände eines Konkurrenten einer vertieften und abschließenden Prüfung unterzieht (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, B. v. 23.10.2007, a.a.O.).

9

Im vorliegenden Verfahren ist weder eine Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten noch beruht die Erteilung der Linienverkehrsgenehmigungen für die Linien 127 und 128 an die Beigeladene mit Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 2009 auf einer offensichtlich falschen Rechtsanwendung.

10

Die Entscheidung der Antragsgegnerin, nach erneuter Prüfung der Sach- und Rechtslage im Widerspruchsverfahren die Linienverkehrsgenehmigungen für die ursprünglich beantragten Linien 127, 128 und 129 insgesamt der Beigeladenen zu erteilen, ist nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Genehmigungen für den durch diese Linien abgedeckten Verkehrsraum nur einheitlich einem Unternehmer erteilt werden können (a.). Auch die Erteilung der Genehmigungen an die Beigeladene für die Linien 127 und 128, die nunmehr die ursprüngliche Linie 129 umfassen, ist rechtlich nicht zu beanstanden (b.).

11

a.)

Die Genehmigung eines Linienverkehrs mit Kraftfahrzeugen wird für die Einrichtung (des Linienverkehrs), die Linienführung und den Betrieb erteilt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und § 9 Abs. 1 Nr. 3 PBefG). Gemäß § 42 PBefG ist Linienverkehr eine zwischen bestimmten Ausgangs- und Endpunkten eingerichtete regelmäßige Verkehrsverbindung, auf der Fahrgäste an bestimmten Haltestellen ein- und aussteigen können. Es muss sich dabei um eine vom Unternehmer zwischen bestimmten Ausgangs- und Endpunkten eingerichtete Verkehrsverbindung handeln, die eine so große Regelmäßigkeit aufweist, dass sich der interessierte Personenkreis auf ihre Benutzung einrichten kann. Dementsprechend müssen die wiederholten Fahrten in einem sachlichen Zusammenhang stehen und der Unternehmer muss die Beförderungsleistung nach Strecke und Zeitlage im Voraus fest bestimmt anbieten, sodass jeder Interessent von sich aus beurteilen kann, ob die Inanspruchnahme seinen individuellen Zwecken dienlich ist (vgl. Fromm/Fey/Sellmann/Zuck, Personenbeförderungsrecht, 3. Aufl., § 42 Rn. 1 unter Berufung auf die Rechtsprechung).

12

In Anbetracht des Zieles der ausreichenden Bedienung der Bevölkerung mit Verkehrsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr sowie einer wirtschaftlichen Verkehrsgestaltung soll die Verkehrsbedienung auf einer Strecke möglichst in der Hand eines Unternehmers liegen (Verbot der Doppelbedienung). Diese gesetzgeberische Intention ergibt sich z.B. auch aus der Regelung des § 13 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c PBefG. Dort wird einem vorhandenen Unternehmer ein vorrangiges Ausgestaltungsrecht zugestanden, falls während des Laufs seiner Genehmigung ein anderer Unternehmer auf ein geändertes oder zusätzliches Verkehrsbedürfnis mit einem eigenen Antrag auf Genehmigung derselben Linie reagiert (vgl. BVerwG, U. v. 25.10.1968, a.a.O.).

13

Vor diesem Hintergrund ist die Antragsgegnerin im Widerspruchsverfahren zu Recht davon ausgegangen, dass eine getrennte Zuteilung - wie zunächst mit den Bescheiden vom 25. April 2008 erfolgt (Antragstellerin: Linien 127 und 128 / Beigeladene: Linie 129) - dem bei der Erteilung von Linienverkehrsgenehmigungen maßgeblichen öffentlichen Verkehrsinteresse widerspricht. Denn die von den Bewerbern ursprünglich beantragten drei Linien deckten in ihrer Gesamtheit identische Verkehrsräume ab. Während die Linie 127 jeweils den Bereich westlich von Hankensbüttel (Sprakensehl, Blickwedel, Zittel, Bokel) bedienen sollte, deckte die Linie 128 die Anbindung der östlich von Hankensbüttel gelegenen Orte Wierstorf, Wentorf, Alt Isenhagen und Isenhagen ab. Außerdem sollte eine Bedienung der nördlich von Hankensbüttel gelegenen Orte Schwalmke, Bottendorf, Wettendorf und Steimke nach dem Angebot der Antragstellerin über ihre Linie 127 und nach dem Angebot der Beigeladenen über ihre Linie 128 erfolgen. Bei beiden Bewerberinnen deckte die Linie 129 die Bedienung aller genannten Orte im Rahmen eines "großen Kreisverkehrs", statt zweier kleinerer Linien, ab, was von der Antragstellerin nicht bestritten wird (vgl. Antragsschrift vom 31.07.2009, Bl. 39). Damit wird deutlich, dass mit der Linie 129 jeweils dieselbe Strecke gefahren werden sollte wie mit den Linien 127 und 128 zusammen. Eine Unterscheidung ergab sich lediglich daraus, dass die Linie 129 andere Zeiträume abdeckte. Denn während die Linien 127 und 128 lediglich an Schultagen fahren sollten, war die Linie 129 für die Deckung des Verkehrsbedürfnisses an schulfreien Tagen, das heißt in den Schulferien, samstags, sonn- und feiertags vorgesehen. Daher führte die getrennte Genehmigungserteilung mit den Bescheiden vom 25. April 2008 dazu, dass der öffentliche Personennahverkehr westlich, nördlich und östlich von Hankensbüttel zur Anbindung der Orte Schwalmke, Bokel, Sprakensehl, Allersehl, Alt Isenhagen, Wentorf, Wierstorf und Steimke an Schultagen über die Linien 127 und 128 der Antragstellerin geführt werden sollte, während die identische Strecke in den Ferien sowie an Samstagen sowie Sonn- und Feiertagen durch die Linie 129 der Beigeladenen befahren werden sollte. Tatsächlich fand ein solcher Verkehr seit dem Auslaufen der alten Genehmigungen am 27. Mai 2008 aufgrund der Antragstellerin und der Beigeladenen erteilter einstweiliger Erlaubnisse statt. Damit erfolgte - abgesehen von den Ferienzeiten - ein dauernder Unternehmerwechsel. Diese Situation widersprach dem grundsätzlichen Verbot der Doppelbedienung (s. o.) und führte darüber hinaus zu unübersichtlichen Fahrplänen (vgl. § 40 PBefG) für die Verkehrsnutzer, die zur Orientierung nicht auf das Internet etc. zurückgreifen, und doppelten Beschilderungen der Haltestellen (vgl. § 32 BOKraft). Auf diese der Intention des Personenbeförderungsgesetzes widersprechende Situation hat die Antragsgegnerin mit ihrer Entscheidung im Widerspruchsverfahren reagiert. Die Kammer hält daher die Annahme, dass eine einheitliche Genehmigung für den von den Linien 127, 128 und 129 abgedeckten Verkehrsraum notwendig ist, jedenfalls im einstweiligen Rechtsschutzverfahren für nicht offensichtlich fehlerhaft.

14

b.)

Die Entscheidung, die Genehmigungen für diesen Verkehrsraum einheitlich der Beigeladenen zu erteilen, ist ebenfalls nicht zu beanstanden (aa.). Mit der Erteilung der Genehmigungen für die seitens der Beigeladenen am 20. März 2009 neu formulierten Linien 127 und 128, die nunmehr die ursprüngliche Linie 129 umfassen, hat die Antragsgegnerin nicht die von ihr selbst entwickelte Verfahrensstruktur des Genehmigungswettbewerbs bei der Erteilung eigenwirtschaftlicher Linienverkehrsgenemhigungen nach § 13 PBefG vernachlässigt. Die Antragstellerin ist daher nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt (bb.).

15

aa.)

Bei der Frage, welchem von mehreren Bewerbern eine Linienverkehrsgenehmigung erteilt wird, ist in erster Linie darauf abzustellen, welcher Bewerber die bessere Verkehrsbedienung des betroffenen Verkehrsraumes anbietet. Maßgeblich sind Angebotsquantität und - qualität. Der Genehmigungsbehörde steht bei der Bewertung der Verkehrsbedürfnisse und ihrer befriedigenden Bedienung sowie hinsichtlich der Gewichtung der öffentlichen Verkehrsinteressen ein gerichtlich nur beschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu, da diese Entscheidung nicht nur prognostische, sondern auch verkehrs- und raumordnungspolitische Wertungen voraussetzt (vgl. für alles Vorstehende OVG Sachsen-Anhalt, B. v. 09.02.2007 - 1 M 267/06 -, [...]; VG Braunschweig, a.a.O.). In einem solchen Fall kann das Gericht die getroffene Entscheidung nur im Hinblick darauf überprüfen, ob diese auf sorgfältigen Ermittlungen beruht und ob alle nach dem Zweck der Ermächtigung relevanten Gesichtspunkte gesehen und gerecht abgewogen wurden (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 42 Rn. 91).

16

Im Rahmen dieser eingeschränkten Überprüfung sind keine Fehler ersichtlich. Insbesondere ist nicht feststellbar, dass die Annahme einer schlechteren Verkehrsbedienung durch den von der Antragstellerin angebotenen Anrufbusverkehr in den Ferienzeiten und an Samstagen sowie Sonn- und Feiertagen gegenüber dem bedarfsunabhängigen Linienverkehrsangebot der Beigeladenen auf einer fehlerhaften Bewertung beruht. Die Kammer hält es jedenfalls für nicht offensichtlich fehlerhaft, das System von Anrufbussen zwar als sinnvolle Ergänzung des regulären Fahrplanangebotes dort, wo reguläre Linien wirtschaftlich nicht zu fahren wären, anzusehen, solche Systeme grundsätzlich aber gegenüber einem von einem anderen Bewerber angebotenen bedarfsunabhängigen regelmäßigen Linienverkehr als schlechtere Verkehrsbedienung zu bewerten (vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, B. v. 09.02.2007, a.a.O.). An dieser Stelle ist anzumerken, dass im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens für einen eigenwirtschaftlichen Linienverkehr nach § 13 PBefG i.V.m. § 8 Abs. 4 PBefG nicht zu prüfen ist, ob die angebotene Verkehrsbedienung tatsächlich eigenwirtschaftlich erbracht werden kann (vgl. BVerwG, U. v. 19.10.2006 - 3 C 33/05 -, BVerwGE 127, 42; Nds. OVG, U. v. 16.09.2004 - 7 LB 3545/091 -, [...]). Entgegen den Ausführungen der Antragstellerin sieht die Kammer darüber hinaus keine Anhaltspunkte dafür, dass Vorgaben im geltenden Nahverkehrsplan zu einer anderen Bewertung führen müssten (vgl. § 13 Abs. 2 a PBefG). Damit hat die Antragsgegnerin ihre Entscheidung rechtsfehlerfrei maßgeblich auf das von der Beigeladenen abgegebene deutlich bessere Verkehrsangebot gestützt. In diesem Fall konnte das aus § 13 Abs. 3 PBefG resultierende Altunternehmerprivileg nicht zugunsten der Antragstellerin eingreifen (vgl. Nds. OVG, B. v. 16.09.2004, a.a.O.).

17

bb.)

Mit dem Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 2009 hat die Antragsgegnerin der Beigeladenen nicht die Linienverkehrsgenehmigungen für die zuvor getrennt zugeteilten Linien 127, 128 und 129 erteilt, sondern entsprechend der von der Beigeladenen im Widerspruchsverfahren am 20. März 2009 vorgelegten, dort sogenannten "Antragsmodifizierung" die Genehmigung für neu umschriebene Linien 127 und 128, in denen die ursprüngliche Linie 129 nunmehr voll aufgegangen ist, ausgesprochen. Diese Entscheidung ist bei summarischer Prüfung rechtlich nicht zu beanstanden; insbesondere führt die Berücksichtigung dieser von der Beigeladenen erst im Widerspruchsverfahren eingebrachten "Antragsmodifizierung" nicht zu einer fehlerhaften Auswahl unter den Bewerbern und damit zu einem Verstoß gegen Art. 3 Abs.1 GG.

18

Gemäß § 13 PBefG besteht auf die Erteilung einer Linienverkehrsgenehmigung grundsätzlich ein Rechtsanspruch, wenn der Antragsteller die dort festgelegten subjektiven und objektiven Zulassungsvoraussetzungen erfüllt (vgl. BVerwG, U. v. 06.04.2000 - 3 C 6/99 -, DVBl. 2000, 1614). Erfüllen mehrere Bewerber die dort genannten subjektiven und objektiven Genehmigungsvoraussetzungen, hat die Genehmigungsbehörde eine Auswahlentscheidung nach Ermessensgrundsätzen zu treffen. Um ein faires Auswahlverfahren zu gewährleisten, darf die Genehmigungsbehörde grundsätzlich einen Bewertungsstichtag bestimmen mit der Folge, dass nur die bis dahin eingegangenen Angebote der konkurrierenden Unternehmen in die Auswahlentscheidung einbezogen werden und danach eingereichte Antragsmodifikationen unberücksichtigt bleiben (vgl. Nds. OVG, B. v. 15.08.2007, a.a.O.). Beruht die Auswahlentscheidung der Behörde darauf, dass sie zugunsten eines Bewerbers ohne sachlichen Grund von dieser Auswahlrichtlinie abgewichen ist, so verletzt dies die konkurrierenden Bewerber in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG. Ein solcher Grundrechtsverstoß liegt hier nicht vor.

19

Die Antragsgegnerin ist bei ihrer Ermessensentscheidung zugunsten der Beigeladenen mit der von dieser neu formulierten Linienführung nicht von ihren zum 1. Februar 2008 erstellten Regelungen zum Auswahlverfahren, mit denen sie die Ausübung ihres Ermessens gebunden hat, abgewichen. Unstreitig sind diese Verfahrensregelungen, die auch der Antragstellerin und der Beigeladenen mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 25. Januar 2008 bekannt gemacht worden sind, tatsächlich angewandt worden. Denn die Antragsgegnerin hat beide Bewerber darauf hingewiesen, dass entsprechend den neuen Verfahrensregelungen im Verfahren der hier umstrittenen Linienverkehrsgenehmigungen der 27. März 2008 als Bewertungsstichtag für konkurrierende Genehmigungsanträge festgelegt wurde. Damit sollte die Berücksichtigung von Modifikationen des Genehmigungsantrages nach diesem Stichtag und damit auch erst im Widerspruchsverfahren - wie in der Vergangenheit geschehen - unzulässig sein.

20

Die Antragsgegnerin hat bei der Genehmigungsentscheidung zugunsten der Beigeladenen im Widerspruchsverfahren nicht ihre Auswahlrichtlinie vernachlässigt, insbesondere hat sie ihrer Entscheidung keine im Sinne der Auswahlrichtlinien unzulässige Antragsmodifikation zugrunde gelegt. Sie ist in dieser Hinsicht zu Recht davon ausgegangen, dass das am 20. März 2009 vorgelegte, von ihr nunmehr zugrundegelegte Fahrplanangebot das ursprüngliche Angebot für die Linien 127, 128 und 129 in der Substanz nicht verändert hat, weil die Anzahl der Fahrten unverändert übernommen wurden und die lediglich bei einigen Fahrten erfolgten Fahrplananpassungen im Bereich von wenigen Minuten lediglich der Gewährleistung anderweitiger Anschlussmöglichkeiten dienen.

21

Die Praxis der Antragsgegnerin, eine Antragsmodifikation im Sinne ihrer Auswahlrichtlinien nur bei einer wesentlichen, das heißt nicht nur formalen, sondern auch inhaltlich erheblichen Änderung des ursprünglich gestellten Antrages anzunehmen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Denn ob eine wesentliche Änderung vorliegt, bestimmt sich auch nach dem besonderen Charakter der mit dem Antrag begehrten Linienverkehrsgenehmigung (s. o.). Danach liegt eine Antragsmodifikation z.B. vor, wenn der Ausgangs- oder Endpunkt eines Linienverkehrs im Sinne von § 42 PBefG neu bestimmt wird, wenn sich der von der Linie abgedeckte Verkehrsraum durch Änderung der anzufahrenden Haltestellen verändert oder neue zusätzliche Fahrten angeboten werden. In diesen Fällen führt die Modifikation zu einem substanziell neuen, verbesserten Angebot, dessen Berücksichtigung dann, wenn die Änderung erst nach dem von der Behörde bestimmten Bewertungsstichtag bei ihr eingegangen ist, gegen das Fairnessgebot und das Gebot der Chancengleichheit verstößt. Im vorliegenden Verfahren hat die Beigeladene mit der vorgelegten "Antragsmodifizierung" (nur) auf ihre eigene, im Rahmen des Widerspruchsverfahrens geäußerte Erkenntnis reagiert, dass die Linienverkehrsgenehmigung für einen bestimmten Verkehrsraum, hier den durch die ursprünglichen Linien 127, 128 und 129 abgedeckten Verkehrsraum, nur einheitlich erteilt werden kann. Dementsprechend berühren die Änderungen weder den Verkehrsraum in seiner räumlichen Ausdehnung oder die anzufahrenden Haltestellen noch die Anzahl der angebotenen Fahrten, sondern es erfolgte lediglich eine geringfügige Anpassung von Zeiten, um anderweitige Anschlussmöglichkeiten zu gewährleisten. Allein die Tatsache, dass eine Linie 129 nunmehr nicht mehr existiert, führt nicht zu einer erheblichen Änderung. Damit hat die Antragsgegnerin bei der Entscheidung zugunsten der Beigeladenen innerhalb des von ihren Auswahlrichtlinien gezogenen Rahmens gehandelt, weshalb ein Verstoß gegen das Fairnessgebot und die Chancengleichheit nicht vorliegt.

22

Die Argumentation der Antragstellerin führt zu keiner anderen Bewertung. Zwar ist richtig, dass die ursprünglich von der Beigeladenen angebotene Linie 127 den Ort Schwalmke nicht anfuhr. Jedoch sollten deren Linien 128 und 129 Schwalmke anfahren. Insofern liegt keine wesentliche Änderung vor. Auch im Hinblick auf geringfügige Fahrplanänderungen ist nicht ersichtlich, dass damit das Angebot wesentlich geändert wurde (s. o.).

23

Die Antragsgegnerin hat daher mit der Entscheidung auf die von ihr ebenfalls als rechtswidrig erkannte frühere Auswahlentscheidung, mit der sie die Genehmigungen für die Linien 127, 128 und 129 auf die Beigeladene und die Antragstellerin verteilt hatte, reagiert und diese nach nochmaliger vollumfänglicher Prüfung im Rahmen ihrer Befugnisse als Widerspruchsbehörde von Amts wegen korrigiert. Als zuständige Widerspruchsbehörde gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO war sie befugt, auch andere tatsächliche und rechtliche Gesichtspunkte zur Begründung des ursprünglich erlassenen Verwaltungsaktes anzuführen sowie Ermessenserwägungen abzuändern und zu ersetzen.

24

Aus dem weiteren Vortrag der Antragstellerin ergeben sich jedenfalls keine offensichtlichen Auswahlfehler, die es rechtfertigen könnten, die sofortige Vollziehung der hier in Rede stehenden Erlaubnisentscheidung auszusetzen. Da damit die Genehmigungserteilung an die Beigeladene mit Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 2009 nicht auf einer im Sinne der Auswahlrichtlinien unzulässigen Antragsmodifikation beruht, kommt es auch nicht auf die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg in dem Einstellungsbeschluss vom 15. August 2007 (a.a.O.) an. Dementsprechend musste der Antragstellerin auch nicht nochmals ausdrücklich Gelegenheit zu einer Änderung ihres Angebotes gegeben werden. Nach alledem ist bei summarischer Prüfung nicht ersichtlich, dass die Erteilung der Linienverkehrsgenehmigungen für die Linien 127 und 128 an die Beigeladene mit Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 2009 auf offensichtlichen rechtlichen Fehlern beruhte. Damit war es nach den obigen Ausführungen ermessensfehlerfrei, aufgrund der geänderten Entscheidung zu den Linienverkehrsgenehmigungen die ursprüngliche Entscheidung zur Erteilung der einstweiligen Erlaubnisse gemäß § 20 PBefG mit dem Bescheid vom 31. Juli 2009 ebenfalls zugunsten der Beigeladenen zu ändern.

25

II.

Bei dieser Sachlage hat die Antragsgegnerin ebenfalls ermessensfehlerfrei die der Antragstellerin mit Bescheid vom 25. März 2009 zuletzt erteilten einstweiligen Erlaubnisse für die Linien 127 und 128 gemäß § 20 PBefG mit Bescheid vom 31. Juli 2009 auf der Grundlage von § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwVfG widerrufen.

26

Nach dieser Vorschrift darf ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt widerrufen werden, wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist. Im vorliegenden Fall findet sich ein entsprechender rechtssatzmäßiger Widerrufsvorbehalt in § 20 Abs. 1 Satz 1 PBefG. Danach kann, wenn eine sofortige Einrichtung, Erweiterung oder wesentliche Änderung eines Linienverkehrs mit Kraftfahrzeugen im öffentlichen Verkehrsinteresse liegt, die Genehmigungsbehörde, in deren Bezirk der Verkehr betrieben werden soll, eine widerrufliche einstweilige Erlaubnis erteilen. Dementsprechend wird in dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 25. März 2009 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die einstweiligen Erlaubnisse u.a. für die hier umstrittenen Linien 127 und 128 jederzeit widerruflich sind. Die Antragsgegnerin hat auch das ihr beim Widerruf eines begünstigenden Verwaltungsaktes gemäß § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwVfG zustehende Ermessen offensichtlich fehlerfrei ausgeübt. Mangels entsprechender Regelungen in § 49 Abs. 2 VwVfG ist bei der Ermessensausübung vom Sinn und Zweck des zu widerrufenden Verwaltungsaktes, hier der einstweiligen Erlaubnis gemäß § 20 PBefG, auszugehen. Dabei handelt es sich - wie bereits oben ausgeführt - um eine ihrer Natur nach vorläufige, auf eine Geltungsdauer von höchstens 6 Monaten beschränkte Maßnahme, welche insbesondere zur Anwendung kommt, wenn ein öffentliches Verkehrsinteresse bereits in einer endgültigen, wegen Drittanfechtung aber noch nicht vollziehbaren Linienverkehrsgenehmigung seinen Niederschlag gefunden hat. In derartigen Fällen kommt der Widerruf einer einstweiligen Erlaubnis in Betracht, wenn sich hinsichtlich der für die Erteilung maßgeblichen Verhältnisse Veränderungen ergeben, denen noch vor Ablauf der Geltungsdauer der erteilten Erlaubnis Rechnung getragen werden soll (vgl. VG Osnabrück, a.a.O. und den in der gleichen Sache ergangenen Einstellungsbeschluss des Nds. OVG vom 15.08.2007, a.a.O.).

27

Aufgrund des oben Gesagten ist im vorliegenden Fall eine Änderung der maßgeblichen Sachlage offensichtlich. Denn Grundlage des Bescheides vom 25. März 2009 waren die der Antragstellerin zuvor erteilten Linienverkehrsgenehmigungen betreffend die Linien 127 und 128. Dem lag seinerzeit die Annahme zugrunde, dass dem Verkehrsangebot der Antragstellerin für diese Linien gegenüber demjenigen der Beigeladenen der Vorzug zu geben sei. Die für die Bewerberauswahl maßgeblichen Verhältnisse haben sich insofern geändert, als die Antragsgegnerin mit dem Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 2009 dem Widerspruch der Beigeladenen stattgegeben und dieser unter Aufhebung des Ursprungsbescheides vom 25. April 2008 die Linienverkehrsgenehmigungen für die Linien 127 und 128 erteilt hat. Diese Entscheidung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens rechtfertigt den Widerruf der ursprünglich der Antragstellerin erteilten einstweiligen Erlaubnisse. Denn es ist - wie ebenfalls bereits oben ausgeführt - sachgerecht und nicht ermessensfehlerhaft, wenn dem Unternehmer, dem die endgültige Linienverkehrsgenehmigung erteilt worden ist, auch die einstweilige Erlaubnis nach § 20 PBefG bis zur Unanfechtbarkeit dieser Entscheidung erteilt wird. Da hier auch keine offensichtlichen Zweifel an der Genehmigungserteilung mit Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 2009 bestehen (s. o.), war der Widerruf der einstweiligen Erlaubnisse gerechtfertigt.

28

Aufgrund des geschilderten Zusammenhangs zwischen der Erteilung einer (noch nicht bestandskräftigen) Linienverkehrsgenehmigung gemäß den §§ 13 und 15 PBefG und der Erteilung einer einstweiligen Erlaubnis gemäß § 20 PBefG ist auch nicht zu beanstanden, dass der Beigeladenen bereits zum 6. August 2009 die einstweiligen Erlaubnisse erteilt worden sind. Diese Entscheidung war durch die notwendige Ausgabe der Schülerfahrkarten zum an diesem Tag begonnenen Schuljahr 2009/2010 gerechtfertigt. Dementsprechend kann dahinstehen, ob mit dieser Entscheidung eine Gefahrenlage am Busbahnhof Hankensbüttel entschärft wird oder nicht. Die Antragstellerin kann sich gegenüber dem Widerruf der einstweiligen Erlaubnisse auch nicht mit Erfolg auf Vertrauensschutz berufen. Denn der Begünstigte erlangt durch eine derartige widerrufliche Erlaubnis keine gesicherte Rechtsposition. Vielmehr muss er mit dem jederzeitigen Widerruf rechnen, solange die ihm erteilte Genehmigung nach § 15 PBefG keine Bestandskraft erlangt hat (vgl. für alles Vorstehende: VG Osnabrück, a.a.O.). Die von der Antragstellerin befürchteten juristischen Streitigkeiten mit Subunternehmern sind jedenfalls ihrer Risikosphäre zuzurechnen.

29

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Antragstellerin hat die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen, da diese mit der Stellung eines Antrags ein eigenes Kostenrisiko eingegangen ist.

30

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 53 Abs. 3 und 52 Abs.1 GKG. Nach dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327 ff., II. Nr. 47.6) beläuft sich der Streitwert bei Streitigkeiten bzgl. Linienverkehrsgenehmigungen je Linie auf 20.000,00 EUR. Dieser Betrag ist auf 5.000,00 EUR je Linie zu reduzieren, wenn lediglich um eine einstweilige Erlaubnis gemäß § 20 PBefG mit einer sehr viel kürzeren Geltungsdauer gestritten wird. Eine weiter gehende Reduzierung mit Rücksicht darauf, dass es sich um ein vorläufiges Rechtsschutzverfahren handelt, ist demgegenüber nicht angezeigt, da mit der gerichtlichen Entscheidung die weitgehende Vorwegnahme der Hauptsache verbunden ist (vgl. VG Osnabrück, a.a.O., bestätigt durch das Nds. OVG, a.a.O.). Da sich das vorliegende Verfahren auf zwei Linien bezieht, ist der Streitwert in Höhe von 10.000,00 EUR festzusetzen.

31

Rechtsmittelbelehrung:

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Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg statthaft.

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Dr. Baumgarten
Drinhaus
Dr. Nagler