Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 20.03.2002, Az.: 9 U 286/01

Anspruch auf Schadensersatz wegen Verstosses gegen die Pflichten des Geschäftsführers eines Altenheims durch Abschluss eines Pachtvertrages über zwei Jahren ohne erforderlichen Beschluss der Gesellschafterversammlung; Schaden in Form von zu zahlenden Rechtsanwaltsgebühren; Erforderliche Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung über die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegenüber dem Geschäftsführer; Verstoß gegen die Kompetenzordnung einer Gesellschaft bei Abschluss von Verträgen; Formzwang eines gesamten formbedürftigen Rechtsgeschäfts in einer Urkunde; Pflichtverletzung des Geschäftsführers einer Gesellschaft durch Abschluss eines wirtschaftlich nachteiligen Pachtvertrages

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
20.03.2002
Aktenzeichen
9 U 286/01
Entscheidungsform
Grundurteil
Referenz
WKRS 2002, 30399
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2002:0320.9U286.01.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Lüneburg - 12.09.2001 - AZ: 2 O 65/01

Fundstellen

  • GmbHR 2002, 976 (amtl. Leitsatz)
  • NZG 2002, 823-826
  • OLGReport Gerichtsort 2002, 156-158

In dem Rechtsstreit
...
hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ...,
des Richter am Oberlandesgericht ... sowie
des Richters am Landgericht ...
auf die mündliche Verhandlung vom 27. Februar 2002
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 12. September 2001 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg wird insoweit zurückgewiesen, als sich der Beklagte dem Grunde nach gegen eine Verurteilung wendet.

Im Übrigen wird der Rechtsstreit bis zur Entscheidung des Verfahrens IX ZR 95/01 des Bundesgerichtshofs ausgesetzt.

Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Wert der Beschwer: über 20.000 EUR.

Tatbestand

1

Die Klägerin nimmt den Beklagten als ihren ehemaligen Geschäftsführer wegen Pflichtverletzungen auf Schadensersatz in Anspruch.

2

Die Klägerin betreibt ein Altenheim in D.. Mit Vertrag vom 15./28. Januar 1993 pachtete sie das Altenheim von der M. D. ... GbR, die aus dem Beklagten sowie einem Herrn S. bestand, die ihrerseits Erbbaurechtsberechtigte aufgrund eines Vertrages mit der Grundstückseigentümerin, der Stadt D., vom 28. Januar 1993 war. In diesem Pachtvertrag (Bl. 11 ff d.A.) war ein Pachtzins in Höhe von 18,00 DM pro qm Nutzfläche für die Dauer von 40 Jahren vereinbart. Zu diesem Zeitpunkt waren die Geschäftsführerinnen der Klägerin K. und W. sowie der Beklagte und ein Herr S. Gesellschafter der Klägerin. Ihre Gesellschaftsanteile an der M. D. ... GbR veräußerten der Beklagte und sein Mitgesellschafter S. durch Vertrag vom 29. Dezember 1993 für 4 Mio. DM an die Herren P. und St., während der ursprüngliche Erbbaurechtsvertrag einen Kaufpreis von DM 620.000 vorgesehen hatte. Vor Vertragsschluss wurde den Herren P. und St. ein Pachtvertrag vorgelegt, der mit dem zwischen der M. D. ... GbR und der Klägerin abgeschlossenen Pachtvertrag identisch war; lediglich die Höhe des Pachtzinses war mit 22,00 DM pro qm fixiert. Im Erbbaurechtskaufvertrag vom 29. Dezember 1993 ist unter IV. 4. geregelt, dass mit der Klägerin als Betreiberin des Altenheims ein Pachtzins von 28,00 DM pro qm für die gesamte vermietbare Fläche mit Wirkung vom 1. Januar 1994 vereinbart werden sollte. Sollten die vorgenannten Pachtzinsvereinbarungen nicht zustande kommen, wurde den Käufern - also den Herren P. und St. - ausdrücklich ein Rücktrittsrecht eingeräumt. In der Folgezeit schloss der Beklagte als Geschäftsführer der Klägerin für diese am 25. Februar 1994 einen Pachtvertrag mit den Herren P. und St. (Bl. 17 bis 20 d.A.); hier wurde in § 3 vereinbart, dass mit Benutzung des Neubaus die neue Miete auf der Grundlage der neuen vermietbaren Fläche in Höhe von 28 DM je qm fällig werde. Dieser Vertrag sollte am 1. Januar 1994 beginnen.

3

Im Juli 1997 beauftragten die Geschäftsführerinnen der Klägerin Rechtsanwalt Dr. H. in D. mit der Wahrnehmung ihrer Interessen. Dr. H. sollte insbesondere in Neuverhandlungen über den am 25. Februar 1994 abgeschlossenen Pachtvertrag eintreten. Dabei ging die Klägerin davon aus, dass ein Pachtzins von maximal 18,45 DM pro qm für sie wirtschaftlich tragbar sei. Anlass für die Beauftragung war, dass die Verpächterin gegen die Klägerin einen Mahnbescheid von über 650.000 DM erwirkt hatte. Nach Verhandlungen wurde unter Mitwirkung der Rechtsanwaltkanzlei Dr. H. am 20. Dezember 1999 ein neuer Pachtvertrag - rückwirkend - abgeschlossen, aus dem sich ein Pachtzins für die Klägerin in Höhe von 18,35 DM pro qm ergab. In der Folgezeit kam es zwischen der Klägerin und Rechtsanwalt Dr. H. zu einer Auseinandersetzung über die Höhe des von der Klägerin geschuldeten Anwaltshonorars. In einem vor dem Landgericht Dessau geführten Zivilprozess nahm die Klägerin Rechtsanwalt Dr. H. auf Rückzahlung der an diesen bereits gezahlten Gebühren in Höhe von 74.739,36 DM netto in Anspruch. Unter Abweisung der Zahlungsklage wurde die Klägerin auf die Widerklage verurteilt, (weitere) 117.399,54 DM nebst 10% Zinsen seit dem 11. Mai 2000 zu zahlen. Diesen Betrag nebst Zinsen zahlte die Klägerin nach Erlass des Urteils. In diesem Rechtsstreit war dem Beklagten der Streit verkündet worden, der nach Verkündung des Urteils dem Verfahren auf Seiten der Klägerin beitrat und Berufung einlegte. Im Hinblick auf die durch Rechtsanwalt Dr. H. - aufgrund der Zahlung seitens der Klägerin - erklärte Erledigung des Widerklageantrags wies das Oberlandesgericht Naumburg mit Urteil vom 13. März 2001 die Berufung des Beklagten als Streithelfers der Klägerin mit der Maßgabe zurück, dass festgestellt wurde, dass das Urteil des Landgerichts Dessau durch Erledigung der Hauptsache wirkungslos geworden sei, soweit es um die Verurteilung auf die Widerklage in Höhe von 117.399,54 DM gehe. Gegen dieses Urteil hat der Beklagte Revision beim Bundesgerichtshof (Geschäftsnummer IX ZR 95/01) eingelegt, über die noch nicht entschieden ist.

4

Die Klägerin verlangt die an Rechtsanwalt Dr. H. gezahlten Gebühren als Schadensersatz vom Beklagten und hat dazu vorgetragen, der Beklagte habe gegen seine Pflichten als Geschäftsführer verstoßen, als er den Pachtvertrag vom 25. Februar 1995 abgeschlossen habe. Dies sei ohne Zustimmung der übrigen Gesellschafter erfolgt. Die Damen K. und W. hätten erst im Frühjahr 1995 von diesem Vertrag erfahren. Zudem sei die Höhe des Pachtzinses für die Klägerin wirtschaftlich ruinös gewesen.

5

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 204.096,20 DM nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit dem 24. Dezember 2000 sowie weitere 10% aus 117.399,54 DM vom 11. Mai 2000 bis 23. Dezember 2000 zu zahlen.

6

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

7

Er hat vorgetragen, die damaligen Gesellschafter hätten dem Pachtvertrag vom 25. Februar 1994 zugestimmt. Im Übrigen sei der Abschluss eines solchen Vertrages erforderlich gewesen, da der ursprüngliche Vertrag von Januar 1993unwirksam gewesen sei. Zudem hätte die Klägerin auch den im Vertrag vom 25. Februar 1994 vereinbarten Pachtzins zahlen können. Die Einschaltung eines Rechtsanwalts sei schließlich nicht erforderlich gewesen.

8

Das Landgericht Lüneburg hat der Klage mit Urteil vom 12. September 2001 bis auf einen Teil des Zinsanspruchs stattgegeben und ausgeführt, der Beklagte habe durch den Abschluss des Pachtvertrages vom 25. Februar 1994 gegen seine Geschäftsführerpflichten verstoßen. Ihm sei bekannt gewesen, dass von den zuständigen Behörden allenfalls ein Pachtzins von 18,45 DM genehmigt worden wäre. Die Verträge seien auch nicht unwirksam gewesen, sodass die Einschaltung eines Anwalts erforderlich gewesen sei, insbesondere deshalb, weil die Verpächterin bereits einen Mahnbescheid erwirkt hatte. Bei der Berechnung der Schadenshöhe ist das Landgericht den Ausführungen des Landgerichts Dessau und des Oberlandesgerichts Naumburg gefolgt und hat einen Geschäftswert von 31.494.150 DM zugrunde gelegt, sodass sich die Höhe einer Anwaltsgebühr von 97.725 DM ergebe. Es sei damit von zwei 9/10-Gebühren nach § 118 BRAGO auszugehen, sodass unter Berücksichtigung der Pauschale von 40 DM und der Umsatzsteuer in Höhe von 16% die Gesamtforderung in Höhe von 204.096,20 DM betrage.

9

Gegen das Urteil wendet sich der Beklagte mit der Berufung. Er vertieft sein Vorbringen erster Instanz und führt aus, bereits am 13. Januar 1994 habe er mit den Damen W. und K. über den neu abzuschließenden Pachtvertrag mit den Herren P. und St. gesprochen. Dabei hätten Frau K. und Frau W. der Höhe des Pachtzinses von 28,00 DM pro qm zugestimmt. Entsprechend sei mit dieser Preisgestaltung auch der weitere Gesellschafter St. einverstanden gewesen. Die Klägerin handele zudem rechtsmissbräuchlich, wenn sie sich auf die fehlende Zustimmung der Gesellschafterversammlung berufe. Auch vor Abschluss des Vertrages vom Dezember 1999 habe die Gesellschafterversammlung über diesen Vertrag nicht abgestimmt. Zudem trägt der Beklagte vor, die Höhe von 28,00 DM pro qm sei wirtschaftlich nicht ruinös gewesen. Es komme hinzu, dass die Verpächterin nach dem Vertrag vom 25. Februar 1994 bedeutendere Investitionspflichten getroffen hätten, als noch in dem Vertrag von Januar 1993 vorgesehen. Schließlich sei die Einschaltung eines Rechtsanwalts nicht erforderlich gewesen, da es - auch für die Damen K. und W. ersichtlich - an der notwendigen Zustimmung der Stadt D. für die Gebrauchsüberlassung seitens der GbR P. ... an die Klägerin gefehlt habe. Im Übrigen wendet sich der Beklagte erneut gegen die Höhe des von Rechtsanwalt Dr. H. verlangten Honorars.

10

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

11

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

12

Sie ergänzt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.

13

Wegen des Vorbringens im Übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

14

Die Berufung ist insoweit unbegründet, als sie sich gegen das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs der Klägerin dem Grunde nach richtet (I.); im Übrigen ist der Rechtsstreit bis zum Abschluss des zwischen dem Beklagten und Rechtsanwalt Dr. H. schwebenden Rechtsstreits (IV ZR 95/01 des Bundesgerichtshofs) auszusetzen, da die Entscheidung in jenem Verfahren im Hinblick auf die Höhe des vom Beklagten zu leistenden Schadensersatzes vorgreiflich ist (II.).

15

I.

Der Beklagte ist der Klägerin aus § 43 Abs. 2 GmbHG zum Schadensersatz verpflichtet. Die Voraussetzungen der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegenüber dem Beklagten als Geschäftsführer liegen vor (1.). Durch den Abschluss des Pachtvertrages vom 25. Februar 1994 hat der Beklagte gegen ihn als Geschäftsführer der Klägerin treffende Pflichten verstoßen (2.). Die Klägerin verhält sich nicht rechtsmissbräuchlich, wenn sie einen entsprechenden Schadensersatzanspruch gegenüber dem Beklagten verfolgt (3.). Durch die Pflichtverletzung ist der Klägerin ein Schaden in Form der an den von ihr beauftragten Rechtsanwalt Dr. H. zu zahlenden Rechtsanwaltsgebühren entstanden (4.).

16

1.

Die nach § 46 Nr. 8 GmbHG erforderliche Beschlussfassung über die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegenüber dem Geschäftsführer - eine solche ist auch erforderlich, wenn der Geschäftsführer bereits ausgeschieden ist (BGH NJW 1959, 194) - liegt vor: Die Gesellschafterversammlung vom 8. November 2000 hat beschlossen, Schadensersatzansprüche aus dem pflichtwidrigen Abschluss des Vertrages vom 25. Februar 1994 geltend zu machen, sodass dem als materielle Klagevoraussetzung zu qualifizierenden Beschlusserfordernis Rechnung getragen ist.

17

2.

Indem der Beklagte ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung der Klägerin mit der GbR P. ... den Vertrag vom 25. Februar 1994 schloss, hat er gegen die Kompetenzordnung der Klägerin verstoßen (a); zudem war dieser Vertrag für die Klägerin inhaltlich nachteilig (b).

18

a)

Mit Abschluss des Pachtvertrages vom 25. Februar 1994 hat der Beklagte gegen § 4 Nr. 3 der Satzung der Klägerin verstoßen. Nach dieser Vorschrift sind die Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft verpflichtet, die Beschränkungen einzuhalten, die u.a. der Gesellschaftsvertrag oder die Beschlüsse der Gesellschafter festgelegt haben. Danach bedürfen einer vorherigen Zustimmung durch die Gesellschafterversammlung einerseits Pacht-, Miet- und Leasingverträge mit einem Jahresaufwand von mehr als 10.000 DM je Vertrag (§ 4 Nr. 3 b des Gesellschaftsvertrages) sowie Verträge, durch die die Gesellschaft auf mehr als 2 Jahre gebunden wird (§ 4 Nr. 3 g). Unter beiden Gesichtspunkten war der Pachtvertrag vom 25. Februar 1994 zustimmungsbedürftig, denn die von der Klägerin aufgrund des Vertrages zu zahlende Pacht lag erheblich über 10.000 DM pro Jahr (§ 3 des Vertrages), die Pachtzeit wurde für die Dauer von 40 Jahren abgeschlossen (§ 2 des Vertrages).

19

aa)

Die nach dem Gesellschaftsvertrag erforderliche Zustimmung der Gesellschafterversammlung lag nicht vor. Der Text des Vertrages selbst enthält keinen Hinweis auf eine solche Zustimmung; vor Abschluss des Vertrages hat keine Gesellschafterversammlung i.S.d. § 8 des Gesellschaftsvertrages stattgefunden. Zum einen mangelte es nämlich - sofern man auf das vom Beklagten behauptete Gespräch am 13. Januar 1994 abstellt - an einer nach § 8 Nr. 5 der Satzung erforderlichen schriftlichen Einladung unter Beifügung einer Tagesordnung. Zum anderen kann zwar auf die Einhaltung aller Form-, Frist- und Ladungsvorschriften nach § 8 Nr. 6 der Satzung verzichtet werden; dazu ist jedoch ein einstimmiger Beschluss der Gesellschafterversammlung nötig, zudem müssen alle vorhandenen Stimmen in dieser Gesellschafterversammlung vertreten sein. An beiden Voraussetzungen fehlt es hier jedoch: der Beklagte selbst hat nicht vorgetragen, dass ein einstimmiger Beschluss aller Gesellschafter, auf Formvorschriften zu verzichten, vorgelegen habe. Zudem waren - stellt man wiederum auf den 13. Januar 1994 ab - nicht alle Stimmen vorhanden, denn Gesellschafter der Klägerin waren zu diesem Zeitpunkt neben den Damen W. und K. die Herren F. und St. (vgl. § 3 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrages); der Mitgesellschafter St. ist nämlich erst Mitte Dezember 1994 ausgeschieden, wie der Beklagte selbst vorgetragen hat. Am 13. Januar 1994 war jedoch Herr St. nicht anwesend, sodass es sich an diesem Tag auch nicht um das Abhalten einer "formlosen" Gesellschafterversammlung gehandelt haben kann.

20

bb)

Es liegt zudem keine sonstige Entschließung vor, die einem in einer Gesellschafterversammlung gefassten Beschluss gleichwertig wäre. Zwar ist es anerkannt, dass die Gesellschafter im allseitigen Einverständnis auch nicht schriftlich und ohne Versammlung Beschlüsse fassen können (vgl. BGHZ 58, 115, 120 [BGH 07.02.1972 - II ZR 169/69]; BGH WM 1981, 1218, 1219). Deren Wirksamkeit setzt indessen voraus, dass "alle Gesellschafter deutlich genug den Willen zum Ausdruck bringen, auf diesem Wege überhaupt Beschluss zu fassen, d.h. als oberstes Gesellschaftsorgan eine Gesellschaftsangelegenheit durch gemeinsame - ggf. mehrheitliche - Entscheidung verbindlich zu regeln" (BGHZ 58, 115, 120) [BGH 07.02.1972 - II ZR 169/69]. Hält man solche Beschlüsse außerhalb der Versammlung und auch ohne Einhaltung des schriftlichen Verfahrens für zulässig (dagegen etwa Hachenburg/Hüffer, GmbHG, 8. Aufl., § 48 Rn. 57), so ist es doch erforderlich, dass bei einer solchen formlosen Zusammenkunft alle auch nur teilnahmeberechtigten Gesellschafter anwesend sind (Ingerl in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. III, § 39 Rn. 71); telefonische oder in aufeinander folgenden Einzelbesprechungen gefasste Beschlüsse sind auch bei Einverständnis aller Gesellschafter nichtig und entfalten keinerlei bindende Wirkung (Ingerl, a.a.O., Rn. 74). Wollte man noch weiter gehen und es ausreichen lassen, dass auch ohne besondere Regelung im Gesellschaftsvertrag in allseitigem Einverständnis Beschlüsse gefasst werden können, z.B. durch telefonischen Rundruf oder Konferenzschaltung (Scholz/Karsten Schmidt, GmbHG, 8. Aufl., § 48 Rn. 71), so setzte dies voraus, dass die Gesellschafter über die Tragweite des Verfahrens informiert sind und jedenfalls klar ist, was Inhalt der Einigung sein soll, weswegen teilweise auch eine schriftliche Fixierung für erforderlich gehalten wird (Scholz/Karsten Schmidt, a.a.O.).

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Auch die geringsten insofern formulierten Anforderungen sind hier indes nicht erfüllt. Es ist nämlich nicht ersichtlich, dass - den Vortrag des Beklagten zugrunde gelegt - bei allen Gesellschaftern der übereinstimmende Wille bestand, eine konkrete Einigung (wenn auch sukzessive) über einen noch abzuschließenden Pachtvertrag mit bestimmtem Inhalt herbeizuführen. Denn selbst der Beklagte hat nicht vorgetragen, dass am 13. Januar 1994 ein fertiger Vertrag vorlag, der von den Gesellschaftern jeweils durch schlichte Zustimmung "angenommen" werden konnte. Der Beklagte hat nämlich lediglich darauf abgestellt, dass die Höhe des Pachtzinses in einem Gespräch sowohl Frau K. als auch Frau W. mitgeteilt worden sei. Es ist somit offen geblieben, ob Frau W. und Frau K. überhaupt darüber informiert worden sind, dass es auch darauf ankam, eine Entscheidung der Gesellschafter herbeizuführen, deren Notwendigkeit sich aus § 4 Nr. 3 g des Gesellschaftsvertrages - Laufzeit eines Vertrages über mehr als zwei Jahre - ergab. Es ist zudem nicht ersichtlich, dass die Teilnehmer des Gesprächs gerade "als Gesellschafter" angesprochen wurden und eben dies erkannt und akzeptiert hätten, also über die Tragweite des Verfahrens informiert waren. Denn Frau K. und Frau W. waren am 13. Januar 1994 (auch) Geschäftsführer der Klägerin, sodass sie jedenfalls aus dem bloßen Umstand, dass sie der Beklagte über ein einzelnes Element aus einem noch abzuschließenden Vertrag informierte, keinesfalls folgern mussten, sie würden gerade als Gesellschafter um ihre Zustimmung zu diesem Vertrag gebeten; dies sei gleichsam ein Ersatz für eine in der Satzung vorgesehene Gesellschafterversammlung, die auf diesem Weg entbehrlich werden sollte.

22

Im Übrigen behauptet der Beklagte nicht, dass er seinen Mitgeschäftsführerinnen auch die vorgesehene Laufzeit des neuen Vertrages mitgeteilt hat.

23

cc)

An diesem Verstoß gegen die Kompetenzordnung der Klägerin ändert auch der Vortrag des Beklagten nichts, der Vertrag vom 15./28. Januar 1993 sei (form-)unwirksam gewesen. Schon dies kann im Übrigen der Senat nicht erkennen, da nicht ersichtlich ist, dass die nach §§ 566 a.F., 126 BGB erforderliche Schriftform nicht eingehalten wäre. Es ist nämlich nicht entscheidend, dass - wie der Beklagte vorgetragen hat - der Vertrag nicht in eine Urkunde "zusammengeheftet" worden ist. Zwar muss das gesamte formbedürftige Rechtsgeschäft in "einer Urkunde" enthalten sein (Münchener Kommentar zum BGB/Einsele, § 126 Rn. 7). Eine körperliche Verbindung der einzelnen Blätter der Urkunde ist jedoch nicht erforderlich; es reicht, wenn sich aus der Urkunde selbst deren Einheitlichkeit ergibt, etwa aus der fortlaufenden Paginierung oder Nummerierung der einzelnen Bestimmungen sowie der einheitlichen graphischen Gestaltung oder dem inhaltlichen Zusammenhang des Textes (Münchener Kommentar zum BGB/Einsele, a.a.O.) Diesen Anforderungen genügte jedenfalls der Pachtvertrag vom Januar 1993, wie sich aus der Gestaltung der drei Seiten dieses Vertrages (Bl. 11 bis 13 d.A.) ergibt.

24

Keine andere rechtliche Beurteilung ergäbe sich im Übrigen jedoch, wenn man stattdessen von einer Unwirksamkeit des "ersten" Vertrages ausginge. Denn selbst wenn es einen vertragslosen Zustand zwischen der Klägerin und der Besitzgesellschaft gegeben haben sollte, so musste zwar ein neuer Vertrag geschlossen werden; auch und gerade die konkrete Fassung dieses Vertrages jedoch bedurfte einer Beschlussfassung durch die Gesellschafterversammlung.

25

b)

Eine Pflichtverletzung gegenüber der Gesellschaft bedeutete der Vertrag vom 25. Februar 1994 auch insofern, als er für die Gesellschaft wirtschaftlich nachteilig war. Die Gesellschaft befand sich in einem wirksamen Vertragsverhältnis aufgrund der Vereinbarung vom 15./28. Januar 1993, die einen Pachtzins von 18,00 DM pro qm vorsah. Dieser Vertrag ist ersetzt worden durch einen Vertrag, bei dem der Pachtzins um 10 DM höher war. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass es sich bei dem Pachtzins von 18,00 DM um einen Nettozins handelte, lag immer noch eine Erhöhung des Pachtzinses auf DM 24,35 (bei einem Bruttopachtzins von 28,00 DM) vor, also um 6,35 DM. Diese erhebliche Mehrbelastung für die Klägerin hat der Beklagte nicht rechtfertigen können, insbesondere nicht dargelegt, dass sie verbunden gewesen ist mit einer wenigstens gleichwertigen (zusätzlichen) Gegenleistung der Verpächterin. Unzutreffend ist die Argumentation des Beklagten, aufgrund des Pachtvertrages vom 25. Februar 1994 hätte die Verpächterin wirtschaftlich bedeutendere Leistungen erbringen müssen als nach dem ursprünglichen Pachtvertrag. Nach § 4 des ersten Vertrages (Baumaßnahmen) sollte der Verpächter sämtliche Baumaßnahmen und Investitionen erbringen. Es heißt des Weiteren: "Der Pächterin wird ein komplett renoviertes und gebrauchsfähiges Altenpflegeheim übergeben." Im Gegensatz zur Auffassung des Beklagten haben sich die Verpflichtungen der Verpächterin im Pachtvertrag von Februar 1994 nicht geändert. Auch dort heißt es im entsprechenden § 4 (Baumaßnahmen), dass sämtliche Baumaßnahmen und Investitionen seitens der Verpächterin erbracht werden. Des Weiteren ist identisch der Satz geblieben: "Der Pächterin wird ein neues und komplett renoviertes und gebrauchsfähiges Altenpflegeheim übergeben." Im Folgenden wird im zweiten Vertrag lediglich erläutert, was unter "komplett renoviertes und gebrauchsfähiges" Altenheim verstanden wird, nämlich ein "fix und fertiges Gebäude, einschließlich Erstmöblierung". Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass unter diesem Begriff in § 4 des insoweit wortgleichen ersten Vertrages etwas anderes zu verstehen wäre.

26

Im Übrigen wird auch aus dem Inhalt des "Erbbaurechtskaufvertrages" zwischen dem Beklagten und dem Gesellschafter S. einerseits und den Herren P. und St. andererseits vom 29. Dezember 1993 deutlich, dass kaum eine für die Verpächter nachteilige Veränderung in einem neuen Pachtvertrag gegenüber denjenigen Leistungspflichten geplant war, die für die Verpächter im Vertrag vom Januar 1993 fixiert war. Denn aus der Regelung in IV. 4. des Vertrages vom 29. Dezember 1993 geht hervor, dass den Erwerbern des Erbbaurechts der Pachtvertrag zwischen dem Verkäufer, also den Herren S. und dem Beklagten, vom 15. Januar 1993 bekannt war. Gerade insofern ist Vertragsbestandteil geworden (IV. 4, 6. Abs.; S. 8 oben des Erbbaurechtskaufvertrages), dass ein Pachtzins von 28,00 DM zukünftig vereinbart werden sollte. Es wurde zudem ein Rücktrittsrecht vereinbart für den Fall, dass die vorgenannte Pachtzinsvereinbarung nicht zustande kam. Dies war offenkundig die einzige Modifikation, die hinsichtlich eines "neuen" Pachtvertrages eintreten sollte. Auch dies spricht entscheidend dafür, dass der Vertrag vom 25. Februar 1994 - bis auf die Höhe des Pachtzinses - sonst identische Verpflichtungen der Vertragsparteien enthalten sollte, während nichts dafür spricht, dass die Erwerber und künftigen Verpächter sich außer zu Zahlungen in beträchtlicher Höhe auch noch zu zusätzlichen Investitionen in das Pachtobjekt verpflichten wollten, die im bisherigen Pachtvertrag nicht vorgesehen waren und deshalb doch wohl in den Vertrag vom 29. Dezember 1993 mit aufzunehmen gewesen wären.

27

Die Beurteilung wäre im Übrigen nicht anders, wenn man - was sich allerdings nach Auffassung des Senats verbietet - annähme, im Vertrag von Januar 1993 sei keine Erstmöblierung durch die Verpächterin geschuldet gewesen. Denn immerhin ergibt sich durch die Erhöhung des Pachtzinses - selbst wenn man berücksichtigt, dass es sich bei dem Pachtzins von 28,00 DM pro qm um einen Bruttopachtzins handeln sollte - eine Mehrbelastung für die Klägerin von ca. 360.000 DM pro Jahr, sofern man noch von der "alten" Nutzfläche von 4.710 qm ausgeht. Eine Erstmöblierung sollte sich bei diesen Größenordnungen in wenigen Jahren rentiert haben; keineswegs rechtfertigte diese - hier lediglich unterstellte - zusätzliche Pflicht zur Erstmöblierung eine Erhöhung des Pachtzinses auf 28,00 DM pro qm für die Dauer von 40 Jahren.

28

Der Beklagte hat also zu Lasten der Klägerin den Pachtzins erhöht, ohne dass diese Erhöhung durch eine wirtschaftliche Gegenleistung mindestens kompensiert worden oder sonst irgendwie nachvollziehbar wäre.

29

3.

Die Klägerin handelt nicht rechtsmissbräuchlich, wenn sie das Verhalten des Beklagten als schadensersatzverpflichtend begreift und daraus Rechte herleitet. Zwar hat der Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass nicht ersichtlich ist, inwiefern eine Zustimmung der Gesellschafterversammlung vor Abschluss des Pachtvertrages vom 20. Dezember 1999 erteilt worden ist. Der Beklagte seinerseits kann jedoch aus diesem Verhalten keine Rechte herleiten, denn er selbst hat im Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 24. August 2000 (Anlagenhefter zur ergänzenden Berufungsbeantwortung vom 8. Januar 2002, S. 1 bis 4, unter Ziffer 3), den Geschäftsführerinnen K. und W. für den Abschluss "ein großes Lob" ausgesprochen und dem vorliegenden Pachtvertrag, der zu diesem Zeitpunkt fertig vorlag, zugestimmt, sodass damit eine Zustimmung aller Gesellschafter vorlag.

30

Im Übrigen ergibt sich, dass der Pachtvertrag vom 20. Dezember 1999 in seiner konkreten Gestaltung gerade den Anforderungen der Satzung der Klägerin Rechnung getragen hat. Aus § 13 des Vertrages vom 20. Dezember 1999 (Bl. 66 des Anlagenbandes zur Beiakte 4 O 254/00 LG Dessau) ergibt sich nämlich, dass der Vertrag "vorbehaltlich der Zustimmung durch die Gesellschafterversammlung der Pächterin" geschlossen wurde. Dem Vertrag ist also sogar vor diesem Hintergrund "im Hinblick auf die endgültige Wirksamkeit" vorher durch die Gesellschafterversammlung zugestimmt worden; erst danach wurde er - natürlich mit Rückwirkung - wirksam.

31

4.

Durch die Pflichtwidrigkeit des Beklagten als Geschäftsführer ist der Klägerin ein Schaden in Form des Rechtsanwalt Dr. H. geschuldeten Anwaltshonorars entstanden.

32

a)

Der Beklagte kann nicht einwenden, ein ersatzfähiger Schaden sei nicht entstanden, da die Einschaltung eines Rechtsanwalts nicht erforderlich gewesen sei. Zu Unrecht geht der Beklagte davon aus, der Vertrag vom 25. Februar 1994 sei bereits für die Geschäftsführerinnen K. und W. erkennbar unwirksam gewesen, sodass ein Rechtsanwalt nicht hätte beauftragt zu werden brauchen. Es lag nämlich für einen juristischen Laien keinesfalls auf der Hand, dass der Vertrag unwirksam war. Ersichtlich ist nämlich nicht einmal der Beklagte selbst auf diese Idee gekommen; gerade der Beklagte hätte nach Erhalt des Schreibens der Geschäftsführerinnen K. und W. vom 19. Juli 1995 an ihn (Bl. 186 f. der Akte) unschwer auf diesen seiner Ansicht nach bedeutsamen Umstand hinweisen können, sodass sich - unterstellt, die Auffassung des Beklagten wäre zutreffend - gleichsam von selbst die Beauftragung eines Rechtsanwalts erübrigt hätte. Hinsichtlich der fehlenden Genehmigung der Stadt D., auf die der Beklagte als Unwirksamkeitsgrund abhebt, gilt dies in besonderem Maße, weil der Beklagte selbst als Partner des ursprünglichen Erbbaurechtsvertrages vom 28. Januar 1993 (zwischen der Stadt D. einerseits und der M. D. ... GbR, deren Gesellschafter der Beklagte auch war, andererseits) und als Partner des Kaufvertrages, in dem auf das Genehmigungserfordernis Bezug genommen wurde (S. 4 oben des Vertrages vom 29. Dezember 1993) gleichsam unmittelbarer informiert war als die Geschäftsführerinnen der Klägerin selbst. Wie sich das Fehlen der Genehmigung auswirken konnte und welche rechtlichen Konsequenzen etwa aus dem Zusammenwirken des Beklagten mit den neuen Verpächtern bei der Pachterhöhung zu Lasten der Klägerin gezogen werden konnten, mussten juristische Laien nicht wissen.

33

b)

Der Beklagte kann zudem nicht einwenden, er sei für den eingetretenen Schaden jedenfalls nicht in voller Höhe verantwortlich, weil sich das Mandat an Rechtsanwalt Dr. H. - im Jahr 1995 - auf ein anderes Objekt bezogen habe, als es noch Gegenstand des Vertrages von Ende Januar 1993 gewesen sei. Der Beklagte will hier geltend machen, die Geschäftsführerinnen W. und K. hätten die Planungen stoppen und gleich "nachverhandeln" müssen, ehe sie in weitere Überlegungen hinsichtlich des Umbaus eintraten; sie seien also verantwortlich für die Ausweitung des Projekts und dadurch verursachte höhere Rechtsanwaltsgebühren. Damit kann der Beklagte jedoch nicht durchdringen. Einerseits ist nämlich schon nicht ersichtlich, dass die Planungen selbst ohne Wissen des Beklagten vollzogen worden sind; diesem wäre also die weitere Entwicklung - in Kenntnis des von ihm nunmehr für unwirksam gehaltenen Vertrages - ebenfalls zuzurechnen. Es ist nicht erkennbar, dass sich der Beklagte gegen Pläne ausgesprochen hätte. Andererseits will sich der Beklagte mit seinem Einwand offensichtlich auf ein Mitverschulden, nämlich auf das Verschulden eines anderen Geschäftsführers, berufen. Mit diesem Einwand ist jedoch der auf Schadensersatz in Anspruchgenommene Geschäftsführer ausgeschlossen (vgl. Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 43 Rn. 24).

34

II.

Hinsichtlich der Höhe der von der Klägerin gegenüber Rechtsanwalt Dr. H. geschuldeten Gebühren, die vom Beklagten als Schadensersatz zu leisten wären, ist das zwischen dem Beklagten und dem Bundesgerichtshof geführte Verfahren (Geschäftsnummer IX ZR 95/01) vorgreiflich. In diesem Prozess ist zunächst die Klage gegen Rechtsanwalt Dr. H. abgewiesen worden; die Klägerin wurde auf die Widerklage zur Zahlung von weiteren 177.399,54 DM verurteilt. Da dem Beklagten dieses Verfahrens der Streit verkündet worden ist, ist das Ergebnis jenes Prozesses hinsichtlich der Höhe der Gebühren insofern von Bedeutung, als sich der Beklagte nach § 68 ZPO gegebenenfalls nicht darauf berufen könnte, die Klägerin schulde Rechtsanwalt Dr. H. kein oder ein geringeres Honorar. Die Wirkungen, die aufgrund einer rechtskräftigen Entscheidung in jenem Verfahren feststünden, wären danach im Sinne des § 148 ZPO vorgreiflich, sodass es dem Senat geboten erscheint, das Verfahren insoweit im Hinblick auf das vor dem Bundesgerichtshof schwebende Verfahren auszusetzen, um möglicherweise sich widersprechende Entscheidungen zu verhindern.