Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 06.03.2002, Az.: 21 U 55/01
Garantieindossant; Rückgriffsanspruch; Wechselanspruch; Vormänner ; Wechselzeichnung ; Garantiefunktion ; Wechseleinlösung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 06.03.2002
- Aktenzeichen
- 21 U 55/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 20078
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2002:0306.21U55.01.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Lüneburg - 9 O 142/01
Rechtsgrundlagen
- Art. 15 Abs. 1 WG
- Art. 49 WG
Amtlicher Leitsatz
Auch der bloße Garantieindossant hat die Rechte aus Art. 49 ff. WG zum Rückgriff auf seine Vormänner und also insbesondere auf den Aussteller und den Bezogenen des Wechsels, wenn er den Wechsel eingelöst hat.
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 17. Juli 2001 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zu 1 vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Streitwert für das Berufungsverfahren und Beschwer der Klägerin: 20. 000 DM (10. 225, 83 EUR).
Tatbestand:
Die Klägerin nimmt den Beklagten zu 1 als Gesamtschuldner aus dem von ihr am 31. Januar 2001 ausgestellten Wechsel über 20. 000 DM in Anspruch, der auf die Beklagte zu 2 bezogen und von ihr angenommen ist. Der Beklagte zu 1 hat den Wechsel oben auf der Rückseite blanko unterschrieben. Darunter befindet sich ein Indossament der Klägerin an die Sparkasse ........ Der Beklagte zu 1 ist Geschäftsführer der Beklagten zu 2, über deren Vermögen inzwischen durch Beschluss des Amtsgerichts ....... vom 2. Mai 2001 das insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Die Beklagte zu 2 hat den Wechsel, dessen Inhaberin die Klägerin ist, bei Vorlage am Zahltag nicht eingelöst.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Beklagte zu 1 hafte aus dem Wechsel. Der Umstand, dass ein Indossament der Klägerin als erstes Glied in der Reihe der Indossamente fehle, führe lediglich dazu, dass der Beklagte zu 1 selbst keine Rechte aus dem Wechsel herleiten könne.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 20. 000 DM nebst Zinsen hieraus in Höhe von 2 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank, mindestens aber 6 % seit dem 16. April 2001 sowie Wechselunkosten in Höhe von 61, 48 DM und Wechselprovision in Höhe von 66, 67 DM zu zahlen.
Nachdem die Beklagten zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen sind, hat die Klägerin den Erlass eines Versäumnisurteils beantragt,
Das Landgericht hat die Klage gegen den Beklagten zu 1 durch Urteil vom 17. Juli 2001 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es gehe nicht an, dass dem Beklagten zu 1 die wechselmäßige Legitimation abgesprochen werde, er aber zugleich aus dem Wechsel in Anspruch genommen werden solle.
Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin.
Die Klägerin wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt weiter vor:
Das Blankoindossament des Beklagten zu 1 diene dazu, in wechselrechtlich zulässiger Weise die Zahl der Mitverpflichteten zu erhöhen. Das Blankoindossament stelle sich als so genanntes Garantieindossament dar. Für eine solche Haftung sei es nicht erforderlich, dass die Unterschrift von einem förmlich und sachlich aus dem Wechsel Berechtigten stamme. Das Indossament habe dann nur Haftungs- und keine Übertragungswirkung. Auch eine weder im förmlichen noch im sachlichen Wechselverband stehende Person könne sich kraft ihres rechtsgeschäftlichen Willens als Indossant verpflichten.
Die Klägerin beantragt,
unter teilweiser Änderung des Urteils des Landgerichts Lüneburg vom 17. Juli 2001 den Beklagten zu 1 zu verurteilen, an die Klägerin 20. 000 DM nebst Zinsen hieraus in Höhe von 2 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank, mindestens aber 6 % seit dem 16. April 2001 sowie Wechselunkosten in Höhe von 61, 48 DM und Wechselprovision in Höhe von 66, 67 DM zu zahlen.
Weiter beantragt sie,
durch Versäumnisurteil zu entscheiden.
Der anwaltlich nicht vertretene Beklagte zu 1 ist in der mündlichen Verhandlung nicht erschienen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Klägerin in beiden Instanzen wird auf ihre Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung hat keinen Erfolg.
Das als zugestanden anzunehmende tatsächliche Vorbringen der Klägerin rechtfertigt nicht den Erlass des beantragten Versäumnisurteils (§ 542 Abs. 2 ZPO); denn das Landgericht hat die Klage gegen den Beklagten zu 1 im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Zwar haftet der Beklagte zu 1 als Garantieindossant nach Art. 15 Abs. 1 WG der Klägerin entsprechend dem Berufungsvorbringen aus dem Wechsel in Höhe der Wechselsumme von 20. 000 DM. Der Beklagte zu 1 hat sich durch seine Unterschrift auf der Rückseite des Wechsels wechselmäßig verpflichtet. Die von einem weder förmlich noch sachlich Berechtigten stammende Blankounterschrift auf der Rückseite des Wechsels, die diesen umlauffähiger machen soll, besitzt die Haftungswirkung eines Indossaments (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wechselgesetz und Scheckgesetz, 22. Aufl. , Art. 15 Rn. m. w. N. ).
Die Klägerin dringt mit ihrem Wechselanspruch gegen den Beklagten zu 1 aber nicht durch; denn der Beklagte zu 1 kann sich gegenüber dem Wechselanspruch auf § 242 BGB berufen, und zwar auf den Grundsatz: 'dolo petit qui pedit quod statim rediturum est'. Im Falle der Einlösung des Wechsels hat der Beklagte zu 1 als Garantieindossant nämlich gegen die Klägerin - die Ausstellerin - einen Rückgriffsanspruch nach Art. 49 WG. Zum Rückgriff berechtigt ist, wer immer den Wechsel eingelöst hat, vorausgesetzt, dass er aus dem Wechsel verpflichtet war. Auch ein Indossant - wie hier der Beklagte zu 1 -, der den Wechsel im Vorlauf durch seine Unterschrift auf der Rückseite indossiert hat, hat ein Rückgriffsrecht, wenn er den Wechsel einlöst (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wechselgesetz und Scheckgesetz, 22. Aufl. , Art. 15 Rn. 6 m. w. N. ). Dagegen verneint der BGH (BGHZ 13, 87) - gegen die h. M. der Rechtslehre - ein Rückgriffsrecht, weil dem Einlösenden von niemandem ein Wechselrecht übertragen worden sei; denn einer solchen Wechselzeichnung komme lediglich die Garantiefunktion des Indossaments, nicht aber dessen Transportfunktion zu. Die auf der Rückseite eines an eigene Order gestellten Wechsels gesetzte Unterschrift eines Dritten begründet nach Auffassung des BGH für den Unterzeichner kein wechselmäßiges Rückgriffsrecht gegen den Aussteller (BGHZ 13, 87). In seiner Entscheidung vom 21. April 1998 hat der BGH (WM 1998, 1277) die Frage, ob einem Garantieindossanten bei Einlösung des Wechsels Rückgriffsansprüche gegen den Aussteller und Vorindossanten zustehen, offen gelassen. Der Senat schließt sich aber der h. M. der Rechtslehre an, wonach der wechselmäßig verpflichtete Indossant, der einen Wechsel einlöst, nach Art. 49 WG rückgriffsberechtigt ist. Der Indossant erwirbt kraft Gesetzes die Rechte des Wechselinhabers, den er befriedigt hat. Wer als förmlich, jedoch nicht sachlich Berechtigter einen Wechsel indossiert hat, gewinnt durch Einlösung des Wechsels die Rechte gegen die Wechselschuldner, die vor ihm den Wechsel als Aussteller oder Indossanten unterschrieben haben. Es besteht kein Grund, den Garantieindossanten insoweit schlechter zu stellen als den Wechselbürgen, bei dem das Rückgriffsrecht aus Art. 32 Abs. 3 WG folgt. Zwar hat der Garantieindossant keinen Anspruch gegen spätere Wechselinhaber. Bei der Klägerin, die zugleich Wechselausstellerin und Wechselinhaberin ist, handelt es sich aber um einen so genannten Vormann im Sinne von Art. 49 WG. Bejaht man - wie hier - die Haftung aus einem außerhalb des Zusammenhangs stehenden Blankoindossament, so sind dem einlösenden Garantieindossanten - hier dem Beklagten zu 1 - auch die Rückgriffsrechte gegen die Vormänner zu geben (vgl. Baumbach/Hefermehl a. a. O. ).
Nach alledem steht der Klägerin als Ausstellerin des Wechsels gegen den Beklagten zu 1 aufgrund dessen Berechtigung zum Rückgriff der geltend gemachte Wechselanspruch nicht zu.
Im Hinblick darauf, dass der Senat eine von der Entscheidung des BGH (BGHZ 13, 87) abweichende Auffassung vertritt, wird nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO n. F. die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.