Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 22.11.2018, Az.: L 15 AS 55/18

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
22.11.2018
Aktenzeichen
L 15 AS 55/18
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2018, 43403
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
SG Osnabrück - 07.02.2018 - AZ: S 22 AS 861/15

Tenor:

Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die im Rahmen der Gewährung von unterhaltssichernden Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) vom Beklagten vorgenommene Berücksichtigung einer Aufwandsentschädigung für eine Stadtratstätigkeit als Einkommen.

Der 1962 geborene, arbeitslose und erwerbsfähige Kläger bewohnt in J. /K. eine Mietwohnung (L.), für die er eine Bruttowarmmiete von 396,55 EUR zu zahlen hat. Er beantragte bei dem Beklagten am 15. Januar 2015 erstmals Arbeitslosengeld II (Alg II) zum 1. Januar 2015 und legte diesbezüglich u.a. eine Bescheinigung der Stadt J. vom 9. Januar 2015 vor, laut der er für seine Tätigkeit als Ratsherr im Jahre 2014 eine Aufwandsentschädigung von 5.052 EUR (mtl. 421 EUR) erhielt. Dieser Betrag bezieht sich zum einen auf die Ratsmitgliedschaft des Klägers (mtl. 236 EUR), zum anderen auf seine Zugehörigkeit zum Verwaltungsausschuss (mtl.185 EUR). Darin enthalten ist ein Betrag von 732 EUR (mtl. 61 EUR) für die Bereitstellung der technischen Einrichtungen zur Nutzung des Ratsinformationssystems sowie der mit der laufenden Nutzung des Systems verbundenen Kommunikations- und Sachaufwendungen. Für den Posten "Verdienstausfall/Haushaltspauschale/Pauschale für Nachteile im Beruf" werden 0 EUR aufgeführt (s. a. Mitteilung der Stadt J. vom 3. März 2016, Bl. 22 GA sowie die Entschädigungssatzung der Stadt J. vom 7. Dezember 2006 i.d.F. der letzten Änderung vom 10. Dezember 2009). Aus den vom Kläger vorgelegten Kontoauszügen wird ersichtlich, dass die Aufwandsentschädigung an ihn jeweils monatlich i.H.v 421 EUR überwiesen wurde.

Mit Bescheid vom 10. April 2015 gewährte der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2015 unter Anerkennung der vollständigen Unterkunfts- und Heizkosten, eines Mehrbedarfs für Warmwasser (9,18 EUR) sowie des Regelbedarfs von 399 EUR Alg II i.H.v. 696,73 EUR monatlich (mit Ausnahme des Monats Februar 2015, für den ihm wegen einer Steuerrückerstattung lediglich 360,62 EUR gewährt wurden). Der Beklagte berücksichtigte hinsichtlich der Aufwandsentschädigung jeweils einen monatlichen Betrag von 360 EUR abzüglich eines Freibetrages von 200 EUR gem. § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II i.V.m. § 3 Nr. 12a Einkommensteuergesetz (EStG) und eines weiteren Freibetrages von 52 EUR gem. § 11b Abs. 3 Nr. 1 SGB II vorläufig als Einkommen.

Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein, mit dem er sich unter Verweis auf eine Entscheidung des Bundesozialgerichts (BSG, Urteil vom 26. Mai 2011 - B 14 AS 93/10 R - [zu § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II a.F.]) gegen die Anrechnung des nach Abzug der Freibeträge verbliebenen Betrages von 108 EUR als den Hilfebedarf minderndes Einkommen wandte. Bei der Aufwandsentschädigung für seine Tätigkeit als Ratsherr handele es sich um eine Einnahme aus öffentlichen Kassen, die für öffentliche Dienste zweckbestimmt sei.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22. Oktober 2015 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, das BSG habe in der von dem Kläger herangezogenen Entscheidung eindeutig festgestellt, dass Aufwandsentschädigungen an ehrenamtlich tätige Bürgermeister und Stadträte keine gem. § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II a.F. (jetzt: § 11a Abs. 3 S. 1 SGB II) von der Einkommensanrechnung ausgenommenen zweckbestimmten Einnahmen seien. Da sie dem Ersatz von notwendigen Aufwendungen bzw. Auslagen und als Verdienstausfall dienten, handele es sich bei ihnen vielmehr dem Grund nach um Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Ein weiterer Zweck als die Sicherung des Lebensunterhalts wegen des Wegfalls anderweitiger Erwerbsmöglichkeiten werde hiermit nicht bezweckt. Wertungswidersprüche mit dem Steuerrecht, insbesondere § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG, ergäben sich hieraus nicht. In Abzug zu bringen seien von der i.H.v. 360 EUR monatlich zu berücksichtigenden Aufwandsentschädigung der Grundfreibetrag i.H.v. 100 EUR gem. § 11b Abs. 2 SGB II sowie der Erwerbstätigenfreibetrag gem. § 11b Abs. 3 SGB II i.H.v. 52 EUR (20 % 260 EUR). Fälschlicherweise sei in dem angefochtenen Bescheid zu Gunsten des Klägers der Grundfreibetrag i.H.v. 200 EUR berücksichtigt worden. Eine Verböserung im Widerspruchsverfahren sei jedoch nicht zulässig. Es werde eine Änderung des Bewilligungsbescheides entsprechend der §§ 44 ff. Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) geprüft.

Der Kläger hat hiergegen am 13. November 2015 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Osnabrück erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass es ihm für den Fall der Anrechnung der Aufwandsentschädigung als den Hilfebedarf verringerndes Einkommen faktisch verboten würde, ein Ratsmandat zu übernehmen. Das Urteil des BSG vom 26. Mai 2011 sei nicht einschlägig, da in jenem Fall aufgrund landesrechtlicher Bestimmungen Entschädigungen ausdrücklich u.a. für den Verdienstausfall gezahlt worden seien. Vorliegend werde mit der Bescheinigung der Stadt J. vom 9. Januar 2015 ausdrücklich bestätigt, dass die Entschädigung ausschließlich für den Aufwand erfolge und nicht für den Verdienstausfall. In der ihm aufgrund einer Satzung - also einer öffentlich-rechtlichen Vorschrift i.S. von § 11a Abs. 3 Satz 1 SGB II - gewährten Entschädigung enthalten sei sein Aufwand für Fahrtkosten und für Büromaterialien.

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Auch unter Berücksichtigung der o.g. Entscheidung des BSG unterfielen die dem Kläger gezahlten Aufwandsentschädigungen keiner der in § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II benannten Ausnahmen.

Mit Urteil vom 7. Februar 2018 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt, dass die Aufwandsentschädigung als Einkommen i.S. von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der bis zum 31. Juli 2016 geltenden Fassung zu qualifizieren sei. Hiervon in Abzug zu bringen sei nach § 11 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 11a SGB II als zweckbestimmte Einnahme i.S. von § 11a Abs. 3 Satz 1 SGB II lediglich der vom Beklagten bereits berücksichtigte Betrag von 61 EUR monatlich, der in der Aufwandsentschädigung für die Nutzung des Ratsinformationssystems enthalten sei. Für den Restbetrag der Aufwandsentschädigung von 360 EUR monatlich sei hingegen weder dem Wortlaut der Entschädigungssatzung der Stadt J. noch dem Sinn und Zweck der Leistung nach ein Verwendungszweck vorgegeben. Der Kläger sei frei in der Verwendung des Geldbetrags. Dies entspreche der Rechtsprechung des BSG, das auch in einer neueren Entscheidung (Urteil vom 24. August 2017 - B 4 AS 9/16 R ) davon ausgehe, dass Zahlungen mit Aufwendungscharakter, nicht nur für den Fall der Entschädigung von Verdienstausfall, keine zweckbestimmten Einnahmen darstellten. Dies Ergebnis werde durch eine systematische Auslegung des SGB II gestützt. Die Verweisung in § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II nehme ausdrücklich auf § 3 Nr. 12 EStG Bezug. Bei den Aufwandsentschädigungen nach § 1 der Entschädigungssatzung handele es sich nach Auffassung der Kammer um steuerfreie Einnahmen im Sinn dieser steuerrechtlichen Regelung. Es liege eine Aufwandsentschädigung aus einer öffentlichen Kasse vor, die nicht für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werde. Zudem sei nicht offensichtlich, dass der Aufwand, der dem Kläger erwachse, erheblich unter der Entschädigung liege. Die Vorschrift regele die Höhe des Betrags, der vor einer Einkommensanrechnung von der Aufwandsentschädigung abzusetzen sei. Sie ginge ins Leere, wenn die Einnahme nach § 11a Abs. 3 Satz 1 SGB II von vornherein nicht als Einkommen zu berücksichtigen sei. Von den dem Kläger zugeflossenen, gem. § 3 Nr. 12 EStG steuerprivilegierten Einnahmen sei somit, wie im Bescheid vom 10. April 2015 geschehen, gem. § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II ein höherer Freibetrag von 200 EUR abzusetzen. Auch den weiteren Absetzbetrag für erwerbstätige Leistungsberechtigte nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und Abs. 3 Nr. 1 SGB II habe der Beklagte berücksichtigt, da es sich bei den gezahlten Entschädigungen dem Grunde nach um Einkommen aus Erwerbstätigkeit handele.

Der Kläger hat am 14. März 2018 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein erstinstanzliches Vorbringen. Die Entschädigung, die er in Form einer monatlichen Pauschale für seine Aktivitäten als Ratsmitglied zu seiner freien Verfügung erhalte, sei nicht (auch) als Verdienstausfall, sondern ausschließlich für den Aufwand erfolgt, der ihm in Gestalt von Fahrtkosten und Sitzungen entstanden sei. Sie dürfe daher nicht zu einer Reduzierung seiner Sozialleistung führen. Es sei nicht erforderlich, dass die Zweckbestimmung konkret gefasst werde. Die Aufwandsentschädigung entlaste ihn pauschal für seine Aktivitäten als Stadtratsmitglied. Es entspreche nicht deren Sinn und Zweck, hierüber privat als Einkommen zu verfügen.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich,

das Urteil des SG Osnabrück vom 7. Februar 2018 aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 10. April 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Oktober 2015 dahingehend abzuändern, dass dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ohne Anrechnung der Aufwandsentschädigung der Stadt J. für seine Stadtratstätigkeit zu gewähren sind.

Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Berufung zurückzuweisen. Zur Begründung trägt er ergänzend vor, ein in § 11a Abs. 3 Satz 1 SGB II ausdrücklich geforderter Verwendungszweck sei dem Wortlaut der Entschädigungssatzung der Stadt J. nicht zu entnehmen.

Soweit der Kläger vortrage, dass ihm Fahrtkosten entstanden seien, sei zu berücksichtigen, dass seine Wohnung nur 900 m vom Rathaus entfernt liege. Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Beiakten verwiesen, die Gegenstand der Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) eingelegte Berufung ist zulässig (§ 143 SGG), in der Sache aber nicht begründet. Das SG Osnabrück hat die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gem. § 54 Abs. 1 und 4 SGG zulässige Klage mit seinem Urteil vom 7. Februar 2018 zu Recht als unbegründet abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 10. April 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Oktober 2015 ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger ist daher nicht in eigenen Rechten verletzt (§ 54 Abs. 2 SGG). Dem gem. § 8 Abs. 1 SGB II erwerbsfähigen, die Altersgrenze gem. § 7a SGB II im streitgegenständlichen Zeitraum (1. Januar bis 31. Dezember 2015) noch nicht erreichenden und unstreitig i.S. von § 9 SGB II hilfebedürftigen Kläger steht ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ohne Anrechnung der Aufwandsentschädigung der Stadt J. für die ehrenamtliche Stadtratstätigkeit als Einkommen nicht zu. Nach § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert - abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge und mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen - als Einkommen zu berücksichtigen. Bereits durch den Gesetzeswortlaut wird hiernach klargestellt, dass Einnahmen in Geld oder Geldeswert lediglich dann kein zu berücksichtigendes Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II darstellen, wenn sie in § 11a SGB II, in dem seit der Novellierung der Einkommensberechnung durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 die im SGB II geregelten, gesetzlichen Ausnahmen von der Einkommensberücksichtigung zusammengeführt worden sind, "genannt", also zum Gegenstand einer als abschließend aufzufassenden Aufzählung gemacht worden sind. Daneben besteht die Ermächtigung in § 13 Abs. 1 SGB II fort, weitere Ausnahmen von der Einkommensberücksichtigung durch Verordnung - wie mit § 1 Abs. 1 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung - Alg II-V) geschehen - zu begründen. Auch diese untergesetzlichen Ausnahmen folgen allerdings dem mit § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II vorgegebenen Enumerationsprinzip. Auch das BSG geht insoweit bei der Anwendung von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass jede Einnahme in Geld oder Geldeswert als Einkommen zu berücksichtigen ist, wenn es sich bei ihr nicht um eine der im SGB II oder der Alg II-V konkret bezeichneten Einkommensarten handelt (BSG, Urteile vom Urteil vom 16. Mai 2007 - B 11b AS 27/06 R - [Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit], vom 5. September 2007 - B 11b AS 51/06 R - [Berufsunfähigkeitsrente], vom 5. September 2007 - B 11b AS 15/06 R - [Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung], vom 7. Mai 2009 - B 14 AS 13/08 R - [Übergangsgeld], vom 13. Mai 2009 - B 4 AS 29/08 R - [Insolvenzgeld], vom 18. Februar 2010 - B 14 AS 76/08 R - [Übergangsleistungen nach § 5 Berufskrankheiten-Verordnung], vom 1. Juni 2010 - B 4 AS 89/09 R - [steuerfreie Zuschlägen für Sonn- und Feiertagsarbeit], vom 20. Dezember 2011 - B 4 AS 200/10 R - [freiwillige Zuwendungen], vom 22. August 2012 - B 14 AS 164/11 R - [Entschädigung eines schwerbehinderten Menschen wegen Benachteiligung im Bewerbungsverfahren]; alle: juris). Vorliegend kommt eine Nichtberücksichtigung der streitgegenständlichen Aufwandsentschädigung als Einkommen allenfalls nach § 11a Abs. 3 Satz 1 SGB II in Betracht. Nach dieser Rechtsnorm sind Leistungen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, nur soweit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Leistungen nach dem SGB II im Einzelfall demselben Zweck dienen. Von der Einkommensrechnung auszunehmen sind mithin zur solche nicht nach dem SGB II gewährten Leistungen, deren ausdrücklich benannter Leistungszweck außerhalb der Aufgaben und Ziele der Grundsicherung für Arbeitsuchende (vgl. § 1 SGB II) liegt. Maßgeblich abzustellen ist insofern nicht auf den Grund der Entstehung, sondern auf die mit der Leistung final bezweckte Verwendung (vgl. BSG, Urteile vom 26. Juli 2016 - B 4 AS 54/15 R -, vom 28. Oktober 2014 - B 14 AS 36/13 und vom 17. Oktober 2013 - B 14 AS 58/12 R -; alle: juris). Für eine ausdrückliche Zweckbestimmung kann es ausreichen, wenn sich ein konkreter und individueller Bezug des Zwecks zu der gewährten Leistung aus der Gesetzesbegründung oder den Voraussetzungen für die Leistungsgewährung und dem Gesamtzusammenhang der Regelung eindeutig ableiten lässt (vgl. zu § 77 Bundessozialhilfegesetz: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 12. April 1984 - 5 C 3/83 - BVerwGE 69, 177 [181]; BSG, Urteil vom 3. Dezember 2002 - B 2 U 12/02 R -, juris Rn. 21; zu § 82 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII): BSG, Urteil vom 23. März 2010 - B 8 SO 17/09 R -, juris Rn. 24; Schmidt in: Eicher/Luik, SGB II, 12. Auflage 2017, § 11a Rn. 20 f. m.w.N. Söhngen in: jurisPK-SGB II, Stand 29. Dezember 2017, § 11a Rn. 29). Hierbei ist jedoch eine enge Auslegung des Begriffs der zweckbestimmten Einnahme geboten. Diese ist auch sachgerecht. Die Sicherstellung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz) durch die Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II gebietet es nicht, Einnahmen, auf die Leistungsberechtigte tatsächlich zugreifen können, vollständig von der Berücksichtigung als Einkommen auszunehmen (Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 11a Rn. 124 unter Verweis auf BVerfG, Urteil vom 16. März 2011 - 1 BvR 591/08, BvR 593/08 -, juris Rn. 36 ff. [Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung]). Lässt sich danach ein ausdrücklich genannter Zweck der anderen Leistung feststellen, ist in einem zweiten Schritt der Zweck der konkret in Frage stehenden Grundsicherungsleistung zu ermitteln. In einem dritten Schritt sind die Zwecke der beiden Leistungen einander gegenüberzustellen. Nur wenn es sodann an der Identität der Zwecke fehlt, ist die andere Leistung bei der Gewährung der Sozialhilfe nicht als anrechenbares Einkommen zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 23. März 2010, a.a.O). Zutreffend hat das SG dargelegt, dass ein Absehen von der Berücksichtigung der von der Stadt J. für Ratsherren und Mitglieder des Verwaltungsausschusses geleisteten Aufwandsentschädigung als Einkommen nach § 11a Abs. 3 Satz 1 SGB II vorliegend lediglich in Höhe des vom Beklagten bereits vorgenommenen Abzugs der monatlichen Pauschale von 61 EUR für die Bereitstellung des Ratsinformationssystems sowie der mit der laufenden Nutzung des Systems verbundenen Kommunikations- und Sachaufwendungen möglich ist. Die verbliebene, dem Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2015 monatlich in Höhe von 360 EUR zugeflossene Aufwandsentschädigung stellt keine aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklichen Zweck erbrachte Leistung dar. Die Erwartung einer bestimmten künftigen Verwendung ist mit dieser Leistung weder nach dem Wortlaut der Entschädigungssatzung der Stadt J. noch nach dem Sinn und Zweck der Leistung verbunden. Der Kläger ist in der Verwendung der ihm ausgezahlten Aufwandsentschädigung frei. Der Senat folgt insofern - wie schon das SG - der einschlägigen Rechtsprechung des BSG. Dieses hat mit Urteil vom 26. Mai 2011 (B 14 AS 93/10 - R -, juris Rn. 17 ff.) entschieden, dass Aufwandsentschädigungen von Stadträten, die sowohl dem Ersatz von notwendigen Aufwendungen oder Auslagen als auch dem Verdienstausfall dienen, als Einkommen i.S. von § 11 SGB II zu berücksichtigen sind, da es sich bei ihnen auch nicht teilweise um zweckbestimmte Einnahmen handelt. Zur Begründung hat das BSG auf den vom Gesetzgeber verfolgten Zweck des § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II a.F. (Vorgängerregelung des § 11a Abs. 3 SGB II) verwiesen. Verhindert werden soll mit dieser Rechtsnorm zum einen, dass die besondere Zweckbestimmung einer Leistung durch die Berücksichtigung im Rahmen des SGB II verfehlt wird, zum anderen, dass für einen identischen Zweck Doppelleistungen erbracht werden (so auch: Landessozialgericht (LSG) Berlin Brandenburg, Urteil vom 15. Februar 2017 - L 18 AS 2832/15 -, juris Rn. 31 [keine Sonderstellung ehrenamtlicher Bezirksverordneter in Bezug auf Leistungen der Existenzsicherung], bestätigt durch BSG Terminbericht vom 12. September 2019 - B 14 AS 36/17 R -]). Zahlungen mit Aufwandsersatzcharakter sind daher in der Regel keine zweckbestimmten Einnahmen (BSG, Urteil vom 24. August 2017, - B 4 AS 9/16 R - [Aufwandsentschädigung eines ehrenamtlichen Betreuers], juris Rn. 29). Auch aus der Gesetzesbegründung zu § 11a Abs. 3 SGB II (BT-Drs. 17/3404, S. 94) wird deutlich, dass zur Begründung einer Zweckbindung im Sinne der Regelung weder eine allgemeine Zweckrichtung der Leistung noch eine steuerliche Privilegierung ausreicht und es an einer Zweckbindung jedenfalls dann fehlt, wenn die Einkommensbezieher weder rechtlich noch tatsächlich gehindert sind, die Leistung zur Deckung von Bedarfen nach dem SGB II einzusetzen. Soweit das BSG diesbezüglich in seinem Urteil vom 26. Mai 2011 (a.a.O, Rn. 19) hinsichtlich der Nichtberücksichtigung der geflossenen Aufwandentschädigung für eine ehrenamtlich tätige Ortsbürgermeisterin und Stadträtin als Einkommen i.S.v. § 11 SGB II maßgeblich darauf abgestellt hat, dass ein weitergehender Zweck als die Sicherung des Lebensunterhalts wegen des Wegfalls anderweitiger Erwerbsmöglichkeiten hiermit nicht verfolgt wurde, so trifft dies auch auf die nach § 1 der Entschädigungssatzung der Stadt J. an die Ratsmitglieder gezahlte Aufwandsentschädigung zu. Ein anderer mit der Zahlung der Aufwandsentschädigung verfolgter Zweck als die sich aus dem Wortlaut der Regelung ergebende Entschädigung des mit der Ratsarbeit verbundenen Aufwands und einer offenkundig hiermit verfolgten Kompensation anderweitiger Erwerbsmöglichkeiten wird nicht genannt und wird auch anderweitig nicht ersichtlich. Dass die Aufwandsentschädigung vorliegend insbesondere der Anerkennung der ehrenamtlich geleisteten Arbeit der Ratsmitglieder dienen soll (eine Privilegierung hin diesem Fall bejahend: Schmidt, a.a.O., § 11a Rn. 23), kann der Entschädigungssatzung der Stadt J. und dem Gesamtzusammenhang der hierin enthaltenen Regelungen jedenfalls nicht entnommen werden. Dieses Ergebnis steht auch in Einklang mit der Systematik der Regelungen des SGB II, dessen § 11b Abs. 2 Satz 3 für gem. § 13 Nr. 12 EStG steuerprivilegierte Aufwandsentschädigungen lediglich höhere Freibeträge, nicht hingegen eine Nichtberücksichtigung als Einkommen vorsieht. Diese Regelung ginge ins Leere, wenn die Einnahme nach § 11a Abs. 3 Satz 1 SGB II von vornherein nicht als Einkommen zu berücksichtigen wäre (vgl. BSG, Urteil vom 24. August 2017, a.a.O, Rn. 28). Soweit der Kläger schließlich geltend macht, als Stadtratsmitglied tatsächlich Aufwendungen in Gestalt von Fahrtkosten und Sitzungen zu haben, die mit der Aufwandsentschädigung entlohnt werden sollten, ohne seinen Anspruch auf Sozialleistungen zu reduzieren, so hat dem zum einen der Beklagte zutreffend entgegengehalten, dass die Entstehung derartiger Kosten bei dem nahe an Rathaus der Stadt J. wohnenden Kläger nicht ersichtlich ist. Zum anderen wird etwaigen Unkosten durch die Absetzbeträge nach § 11b SGB II hinreichend Rechnung getragen. Der Abzug von Freibeträgen von insgesamt 252 EUR von der mithin i.H.v. 360 EUR als Einkommen zu qualifizierenden Aufwandsentschädigung in dem streitgegenständlichen Bescheid vom 10. April 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Oktober 2015 ist weder rechtlich noch rechnerisch zu beanstanden. Auf die Frage, ob es sich bei der dem Kläger (ausdrücklich nicht für den Verdienstausfall) gewährten Aufwandsentschädigung um eine steuerfreie Einnahme i.S. des § 3 Nr. 12 EStG handelt, von der gem. § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II der erhöhte Freibetrag von 200 EUR in Abzug zu bringen ist, kommt es vorliegend nicht an, da der Beklagte in dem streitgegenständlichen Bescheid einen Abzug in dieser Höhe vorgenommen hat und im Widerspruchsbescheid von einer Verböserung (reformatio in peius) abgesehen hat. Nicht zu beanstanden ist der weitere Abzug i.H.v. 52 EUR (20 % der 100 EUR übersteigenden monatlichen Aufwandsentschädigung) nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, Abs. 3 SGB II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe, die Revision gem. § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.