Abschnitt 3 VV zu § 9 NNVG - Vorgaben zur Verwendung der Sonderfinanzhilfe durch die Aufgabenträger und zur Einhaltung der beihilferechtlichen Anforderungen (zu den Absätzen 1 und 3)
Bibliographie
- Titel
- Verwaltungsvorschriften zu § 9 Niedersächsisches Nahverkehrsgesetz (VV zu § 9 NNVG)
- Amtliche Abkürzung
- VV zu § 9 NNVG
- Normtyp
- Verwaltungsvorschrift
- Normgeber
- Niedersachsen
- Gliederungs-Nr.
- 93200
3.1 Die Sonderfinanzhilfe ist ausschließlich zum Ausgleich von finanziellen Nachteilen im SPNV und ÖPNV im Zusammenhang mit dem Ausbruch von COVID-19 in den drei Schadenszeiträumen
März 2020 bis Dezember 2020,
Januar 2021 bis Dezember 2021 und
Januar 2022 bis Dezember 2022 zu verwenden.
Für Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen, die Billigkeitsleistungen zum Ausgleich für die Teilnahme an der Aktion "9-Euro-Ticket" (Juni 2022 bis August 2022) erhalten, sind die Zeiträume Januar 2022 bis Mai 2022 und September 2022 bis Dezember 2022 als Schadenszeiträume im Rahmen der § 9 Abs. 1 bis 4 NNVG in 2022 nach den Vorgaben dieses RdErl. ausgleichsfähig. Innerhalb des Aktionszeitraums werden die Sonderfinanzhilfen nach § 9 Abs. 1 bis 4 als Bestandteil der gewährten Billigkeitsleistungen nach den Vorgaben der Sonderaktion an die Teilnehmenden ausgezahlt.
3.2 Eine Verwendung der Sonderfinanzhilfe ist nur zum Ausgleich von Schäden gemäß den Vorgaben zur Schadensermittlung in Nummer 4 zulässig und insbesondere ausgeschlossen für:
3.2.1
Maßnahmen zum Infektionsschutz, insbesondere erhöhte Ausgaben für
Desinfektionsmaßnahmen einschließlich Lackbeschichtungen in Fahrzeugen, Werkstätten und Verkaufsstellen,
zusätzliche Reinigungen durch verkürzte Reinigungsintervalle und Intensivierung der Reinigung der Fahrzeuge,
bauliche Schutzmaßnahmen wie Trennscheiben zu den Fahrerarbeitsplätzen in den Fahrzeugen, Trennscheiben in den Verkaufsstellen sowie
die Beschaffung von Mund-Nasen-Bedeckungen und Desinfektionsmitteln für das Personal sowie für die Fahrgäste,
3.2.2
erhöhte Ausgaben für zusätzliche Betriebsleistungen,
3.2.3
Kosten des allgemeinen Taxi- und Mietwagenverkehrs außerhalb des ÖPNV,
3.2.4
den finanziellen Ausgleich weggefallener erhöhter Beförderungsentgelte,
3.2.5
Verwaltungsmehraufwand bei Verkehrsunternehmen oder Aufgabenträgern.
3.3 Jeder Aufgabenträger hat die Sonderfinanzhilfe vorrangig zunächst zum Ausgleich von ausgleichsfähigen Schäden der öffentlichen und privaten Verkehrsunternehmen gemäß den Vorgaben zur Schadensermittlung in Nummer 4 zu verwenden, die im Zuständigkeitsgebiet des jeweiligen Aufgabenträgers sowie im Fall von Nummer 2.3 zusätzlich im Gebiet der Gemeinde oder des Verbandsmitglieds Beförderungsleistungen im ÖPNV als Genehmigungsinhaber oder Betriebsführer nach dem PBefG oder der Verordnung (EG) Nr. 1073/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.10.2009 über gemeinsame Regeln für den Zugang zum grenzüberschreitenden Personenkraftverkehrsmarkt und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 (ABl. EU Nr. L 300 S. 88; 2015 Nr. L 272 S. 15), zuletzt geändert durch Verordnung (EU) Nr. 517/2013 des Rates vom 13.5.2013 (ABl. EU Nr. L 158 S. 1), und/oder Beförderungsleistungen im ÖPNV oder im SPNV aufgrund eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags erbringen. Die LNVG hat die Sonderfinanzhilfe auch zum Ausgleich von ausgleichsfähigen Schäden der eigenwirtschaftlich betriebenen Inselbahnen auf den Inseln Borkum, Langeoog und Wangerooge gemäß den Vorgaben zur Schadensermittlung in Nummer 4 zu verwenden.
Die Verkehrsunternehmen erhalten von den Aufgabenträgern dabei einen Ausgleich von 100 % der ihnen entstandenen ausgleichsfähigen Schäden (abzüglich Einsparungen) gemäß den Vorgaben zur Schadensermittlung in Nummer 4.
Erbringt ein Verkehrsunternehmen Betriebsleistungen in mehreren Aufgabenträgergebieten und/oder in mehreren Bundesländern und können die ausgleichsfähigen Schäden und/oder vermiedenen oder ersparten Aufwendungen nicht eindeutig den jeweiligen Betriebsleistungen in den einzelnen Aufgabenträgergebieten und/oder in den einzelnen Bundesländern zugeordnet werden, sind diese nicht zuzuordnenden Betriebsleistungen auf Grundlage der im Gebiet der einzelnen Aufgabenträger und/oder der einzelnen Bundesländer davon jeweils anteilig erbrachten Nutzwagen- oder SOLL-Zug-Kilometer des jeweiligen Schadenszeitraums aufzuteilen und den einzelnen Aufgabenträgern und/oder den einzelnen Bundesländern zuzuordnen. Die beteiligten Aufgabenträger und/oder Bundesländer können eine abweichende Aufteilung vereinbaren.
3.4 Einem Aufgabenträger steht es frei, die Sonderfinanzhilfe ganz oder teilweise an andere Aufgabenträger, eine Aufgabenträgerorganisation, eine Verbundorganisation oder im Fall der Nummer 2.3 an Gemeinden oder Verbandsmitglieder weiterzuleiten, soweit der Ausgleich an Verkehrsunternehmen oder Aufgabenträger, für die der Weiterleitende nach Nummer 3.3 oder 2.3 zuständig ist, durch diese erfolgt. Dies gilt auch im Fall von Sammelantragstellungen.
Im Fall einer Weiterleitung gelten sämtliche Vorgaben des § 9 Abs. 1 bis 4 NNVG und dieses RdErl. auch für den Empfänger der Weiterleitung entsprechend. Der weiterleitende Aufgabenträger hat deren Beachtung bei der Weiterleitung vorzugeben. Für den Nachweis der ordnungsgemäßen Verwendung gegenüber dem Land nach Nummer 7 bleibt der weiterleitende Aufgabenträger verantwortlich.
3.5 Unabhängig von der Verpflichtung der Aufgabenträger nach Nummer 3.3 zur vorrangigen Verwendung der Sonderfinanzhilfe zum Schadensausgleich an Verkehrsunternehmen besteht kein Rechtsanspruch der Verkehrsunternehmen auf Gewährung eines Ausgleichs. Der Schadensausgleich erfolgt vielmehr als Billigkeitsleistung, über deren Gewährung die Aufgabenträger nach pflichtgemäßem Ermessen diskriminierungsfrei im Rahmen der ihnen mit der Sonderfinanzhilfe insgesamt zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel entscheiden.
3.6 Der jeweilige Aufgabenträger ist frei in seiner Entscheidung, auf welchem Wege er seiner Verpflichtung gemäß Nummer 3.3 zur Ausgleichsgewährung an die Verkehrsunternehmen zum Ausgleich der Schäden gemäß den Vorgaben zur Schadensermittlung in Nummer 4 im Einklang mit dem Beihilferecht und der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.10.2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates (ABl. EU Nr. L 315 S. 1), geändert durch Verordnung (EU) 2016/2338 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.12.2016 (ABl. EU Nr. L 354 S. 22), nachkommt. Die Ausgleichsgewährung kann als Billigkeitsleistung insbesondere durch einen direkten Zuschuss und/oder auf vertraglicher Basis erfolgen. Auch andere Möglichkeiten sind im Einzelfall nicht ausgeschlossen, sofern sie mit den Vorgaben des europäischen Beihilferechts und der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 vereinbar sind.
Gemäß § 9 Abs. 3 NNVG müssen bei der Ausgleichsgewährung zwingend die nach dem Beihilferecht der EU zu beachtenden Voraussetzungen vorliegen, insbesondere alle in den jeweils relevanten Beihilferegelungen enthaltenen Vorgaben für eine Beihilfegewährung erfüllt sein.
Beihilfegebende Stelle ist der jeweilige Aufgabenträger, im Fall der Weiterleitung der Sonderfinanzhilfe nach Nummer 3.4 der Empfänger der Weiterleitung. Eine Ausgleichsgewährung an die Verkehrsunternehmen nach Nummer 3.3 kann dabei beihilferechtskonform insbesondere auf folgenden Wegen erfolgen:
3.6.1
Für den Zeitraum 1.3.2020 bis maximal 30.6.2022 können Beihilfen an Verkehrsunternehmen nach Nummer 3.3 auf der Grundlage der Bundesregelung Kleinbeihilfen gewährt werden. Die darin für die Beihilfegewährung vorgeschriebenen Voraussetzungen und Nachweispflichten sind von der beihilfegebenden Stelle vollständig zu beachten und ihre Einhaltung ist sicherzustellen. Bei der Beihilfegewährung hat die beihilfegebende Stelle einen ausdrücklichen Verweis auf die Bundesregelung Kleinbeihilfen als Rechtsgrundlage vorzunehmen. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Anspruchsbegründung.
Die Summe aller an ein Unternehmen auf der Grundlage der Bundesregelung Kleinbeihilfen gewährten Beihilfen, unabhängig von den beihilfegebenden Stellen und dem Förder-/Hilfsprogramm, muss einen Gesamtnennbetrag von 2,3 Mio. EUR unterschreiten. Dabei sind Beihilfen mehrerer Aufgabenträger aus der Sonderfinanzhilfe an ein Verkehrsunternehmen zusammenzurechnen und mit allen anderen Beihilfen, die dieses Verkehrsunternehmen auf Grundlage der Bundesregelung Kleinbeihilfen erhalten hat, zu addieren. Aufgrund der Formulierung "Gesamtnennbetrag" ist hierbei z. B. bei KfW-Krediten, die auf Grundlage der Bundesregelung Kleinbeihilfen gewährt werden, die volle Kreditsumme und nicht nur der Zinsvorteil zu berücksichtigen. Das Verkehrsunternehmen muss der beihilfegebenden Stelle alle von ihm bislang auf der Grundlage der Bundesregelung Kleinbeihilfen einschließlich ihrer Änderungen erhaltenen oder beantragten Beihilfen mitteilen, damit diese vor der Gewährung einer Beihilfe sicher feststellen kann, ob und voraussichtlich für welchen Zeitraum eine Ausgleichsgewährung auf diesem Wege beihilfekonform möglich ist.
Eine Kumulierung von Beihilfen nach der Bundesregelung Kleinbeihilfen mit Beihilfen auf Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1407/2013 der Kommission vom 18.12.2013 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen (ABl. EU Nr. L 352 S. 1), geändert durch Verordnung (EU) 2020/972 der Kommission vom 2.7.2020 (ABl. EU Nr. L 215 S. 3), - im Folgenden: De-minimis-Verordnung - ist zulässig, wenn deren Regelungen eingehalten werden. Soweit der nach der De-minimis-Verordnung zulässige Höchstbetrag von 200 000 EUR an ein Unternehmen in drei Steuerjahren noch nicht ausgeschöpft ist und auch in den nächsten Jahren, z. B. für vorgesehene Omnibusbeschaffungen durch Verkehrsunternehmen, die eigenwirtschaftlichen Linienverkehr betreiben, im Zuge der Förderung des Landes nicht ausgeschöpft werden soll, ermöglichen die Kumulierungsregelungen der Bundesregelung Kleinbeihilfen ggf. eine weitere Inanspruchnahme der Option zum Schadensausgleich an das Verkehrsunternehmen für den weiteren Zeitraum auf diesem Wege.
Alternativ und gleichfalls für den Zeitraum 1.3.2020 bis maximal 30.6.2022 kann eine Ausgleichsgewährung auf die Bekanntmachung der Regelung zur Gewährung von Unterstützung für ungedeckte Fixkosten im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit dem Ausbruch von COVID-19 ("Bundesregelung Fixkostenhilfe 2020") des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz vom 21.12.2021 (Banz AT 31.12.2021 B2) - im Folgenden: Bundesregelung Fixkostenhilfe 2020 - gestützt werden. Maßgeblich ist auch hier der Zeitpunkt der Anspruchsbegründung. Es sind die in der Bundesregelung genannten Voraussetzungen zu erfüllen und die Summe des Gesamtnennbetrags darf für das gesamte Unternehmen den Höchstbetrag von 12 Mio. EUR nicht übersteigen. Das Unternehmen hat der beihilfegebenden Stelle schriftlich in Papierform, in elektronischer Form oder in Textform jede Fixkostenhilfe nach dieser Regelung anzugeben, die es bislang erhalten hat, sodass sichergestellt ist, dass der Höchstbetrag nicht überschritten wird.
3.6.2
Alternativ dazu können für den Zeitraum 1.3.2020 bis 31.8.2020 Beihilfen an Verkehrsunternehmen nach Nummer 3.3 auch auf der Grundlage der Bundesrahmenregelung ÖPNV gewährt werden. Die darin für die Beihilfegewährung vorgeschriebenen Voraussetzungen und Nachweispflichten sind von der beihilfegebenden Stelle vollständig zu beachten und ihre Einhaltung sicherzustellen. Eine Beschränkung der maximalen Höhe der zulässigen Beihilfe je Verkehrsunternehmen besteht nicht. Bei der Beihilfegewährung hat die beihilfegebende Stelle einen ausdrücklichen Verweis auf die Bundesrahmenregelung ÖPNV als Rechtsgrundlage vorzunehmen.
Eine Kumulierung/Kombination von Zahlungen zur Ausgleichsgewährung an ein Verkehrsunternehmen nach dieser Nummer auf Grundlage der Bundesrahmenregelung ÖPNV mit Zahlungen nach Nummer 3.6.1 auf Grundlage der Bundesregelung Kleinbeihilfen für den Zeitraum ab September 2020 wird als beihilferechtlich nicht zulässig bewertet und ist deshalb auszuschließen. Ein Verkehrsunternehmen kann zum Schadensausgleich aus der Sonderfinanzhilfe somit entweder nur Beihilfen nach Nummer 3.6.1 oder nur Beihilfen nach dieser Nummer erhalten, jedoch nicht kumuliert. Dies gilt auch, wenn es sich um unterschiedliche Schadenszeiträume handelt und/oder auch für den Fall, dass Zahlungen an ein Verkehrsunternehmen von unterschiedlichen beihilfegebenden Stellen erfolgen. Die (weitere) Ausgleichsgewährung für den Zeitraum ab September 2020 kann beihilfekonform aber immer gemäß Nummer 3.6.3 erfolgen.
3.6.3
Für den Zeitraum ab dem 1.3.2020 oder ab dem Auslaufen einer Beihilfe nach Nummer 3.6.1 (ab dem Zeitpunkt des Erreichens eines Maximalbeihilfebetrages in Höhe von 2,3 Mio. EUR im Jahr 2022, spätestens ab dem 1.7.2022) oder nach Nummer 3.6.2 (ab dem 1.9.2020) kann ein Schadensausgleich an Verkehrsunternehmen nach Nummer 3.3 ggf. zusätzlich durch einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag oder auf anderem Wege im Einklang mit der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 erfolgen. Es wird darauf hingewiesen, dass dafür - je nach den konkreten Umständen des Einzelfalles - insbesondere eine Vergabe nach Artikel 5 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 i. V. m. § 14 Abs. 4 Nr. 3 und/oder § 14 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. c VgV nach allgemeinem Vergaberecht oder im Fall einer Dienstleistungskonzession nach Artikel 5 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 oder bei bereits bestehenden öffentlichen Dienstleistungsaufträgen eine Vertragsanpassung oder Änderung nach § 132 GWB infrage kommen. Die Verantwortung für die Einhaltung des Vergaberechts liegt bei den Aufgabenträgern. Im Fall eigenwirtschaftlich erbrachter Verkehrsleistungen besteht - je nach den konkreten Umständen des Einzelfalles - dabei die Möglichkeit, dass der Aufgabenträger dem bisherigen Verkehrsunternehmen einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag für die weitere Durchführung der ganzen von diesem erbrachten Verkehrsleistungen oder eines Teils davon unter Beachtung der jeweiligen vergaberechtlichen Vorgaben einschließlich der Anforderungen nach dem NTVergG ohne Ausschreibung erteilen kann und ihm auf dieser Grundlage eine Ausgleichsleistung in Höhe des Schadensausgleichs gemäß den Vorgaben zur Schadensermittlung in Nummer 4 gewährt. Dabei sind die Überkompensationsvorgaben im Anhang der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 zu berücksichtigen. Bei eigenwirtschaftlichen Verkehren muss sich das Verkehrsunternehmen genehmigungsrechtlich durch Antrag an die LNVG als Genehmigungsbehörde nach dem PBefG für den Zeitraum der Notmaßnahme von der Betriebspflicht für die davon umfasste Verkehrsleistung entbinden lassen. Das die Verkehrsleistung weiter erbringende Verkehrsunternehmen erhält von der LNVG auf der Grundlage des öffentlichen Dienstleistungsauftrags vorübergehend bis zu dessen Auslaufen eine einstweilige Erlaubnis für die Verkehrserbringung. Die eigenwirtschaftliche Liniengenehmigung ist davon aufgrund der vorübergehenden Entbindung nicht berührt und lebt nach dem Auslaufen des öffentlichen Dienstleistungsauftrags wieder uneingeschränkt auf.
3.6.4
Es wird darauf hingewiesen, dass aufgrund des mit dem Ergreifen von Notmaßnahmen verbundenen Aufwands für Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen sowie der damit verbundenen vergaberechtlichen Erfordernisse bei einem Vorgehen nach Nummer 3.6.2 ein Vorgehen nach Nummer 3.6.1 für die Aufgabenträger bei vielen eigenwirtschaftlichen Verkehrsunternehmen zunächst sinnvoll sein dürfte, sofern die Obergrenze von 2,3 Mio. EUR nicht erreicht wird. Gegebenenfalls bietet ein solches Vorgehen zumindest die Möglichkeit, den Zeitraum bis zu einer Notmaßnahme zu verlängern. Den Aufgabenträgern wird deshalb empfohlen, kurzfristig in Gesprächen mit entsprechenden Verkehrsunternehmen zu klären, in welcher Höhe ein Schadensausgleich über die Bundesregelung Kleinbeihilfen im Einzelfall möglich ist und soweit möglich, einen Schadensausgleich auf dieser Basis zu gewähren.
3.6.5
Zur Ausgleichsgewährung nach Nummer 3.6.1 oder 3.6.2 für das Jahr 2020 ist eine formelle Antragstellung durch die Verkehrsunternehmen auf einen Schadensausgleich nach § 9 Abs. 1 bis Abs. 4 NNVG i. V. m. diesem RdErl. bis zum 30.9.2020 erforderlich. Der Antrag ist formlos schriftlich oder elektronisch an den Aufgabenträger oder die beihilfegebende Stelle zu stellen. Im Übrigen entscheidet der jeweilige Aufgabenträger eigenständig über etwaige Musterformulare für die Antragstellung. Im Fall der Nummer 2.3 und/oder Nummer 3.4 reicht zur Fristwahrung die Antragstellung bei einem der Beteiligten aus, der den Antrag an die für die Ausgleichsgewährung verantwortliche Stelle weiterzuleiten hat. Eine Antragstellung zur Fristwahrung und die Nachreichung der nach Nummer 3.6.5.1 und/oder Nummer 3.6.5.2 erforderlichen Unterlagen ist zulässig. Zu beachten sind die folgenden Vorgaben:
3.6.5.1
Der Antrag hat eine Berechnung, ggf. eine Schätzung des voraussichtlichen Schadens auf der Grundlage der in Nummer 4 vorgegeben Berechnungsmethode für das Jahr 2020 zu enthalten sowie eine Aufteilung des geltend gemachten Schadensausgleichs auf die einzelnen Monate. Für die Schadensermittlung nach den Nummern 4.2.1 und 4.2.4 reicht eine mit dem Aufgabenträger abgestimmte Schätzung aus. Dem Antrag sind Prognosen der Verbundorganisationen, der für die Einnahmeaufteilung verantwortlichen Tariforganisationen oder - bei Haustarifen - des jeweiligen Verkehrsunternehmens über die Schäden gemäß Nummer 4.2.2 sowie weitere begründende Unterlagen beizufügen. Der Antrag muss außerdem eine formelle Erklärung des Verkehrsunternehmens enthalten, dass der geltend gemachte Schadensausgleich keine nach Nummer 3.2 von der Finanzierung aus der Sonderfinanzhilfe ausgeschlossenen Schäden umfasst und keine gemäß Nummer 5 ausgeschlossenen Tatbestände vorliegen. Da zum Zeitpunkt der Antragstellung in der Regel noch keine vollständige Schadensermittlung gemäß den Vorgaben in Nummer 4 möglich sein wird, darf die Antragstellung zunächst Prognosen über den voraussichtlichen ausgleichsfähigen Schaden enthalten. Die tatsächlichen Werte sind vom antragstellenden Verkehrsunternehmen nachzuliefern und im Zuge der endgültigen Festsetzung der Ausgleichshöhe zu berücksichtigen. Dadurch können sich gegenüber dem ursprünglichen Antrag höhere oder niedrigere Ausgleichsbeträge ergeben.
3.6.5.2
Soweit ein Verkehrsunternehmen beabsichtigt, Anträge auf Ausgleichsgewährung bei mehreren Aufgabenträgern und/oder beihilfegebenden Stellen in Niedersachsen oder in anderen Bundesländern zu stellen, ist dies bei der Antragstellung unter Angabe der weiteren ausgleichsgewährenden Stellen sowie der jeweils einschlägigen beihilferechtlichen Grundlage mitzuteilen. Sowohl im Fall der Nummer 3.6.1 als auch im Fall der Nummer 3.6.2 ist der ausgleichsgewährende Aufgabenträger oder - im Fall der Weiterleitung gemäß Nummer 3.4 - der Weiterleitungsempfänger zuständige beihilfegebende Stelle und muss bei der Beihilfegewährung zusätzlich zu den Vorgaben dieses RdErl. die Vorgaben aus den jeweiligen in Anspruch genommenen Beihilferegelungen beachten. Soweit eine Beihilfegewährung auf Grundlage der Bundesregelung Kleinbeihilfen angestrebt wird, muss der Antrag eine Auflistung sämtlicher von dem antragstellenden Verkehrsunternehmen bereits erhaltenen, beantragten oder in Vorbereitung befindlichen weiteren Beihilfen auf der Grundlage der Bundesregelung Kleinbeihilfen enthalten.
3.6.5.3
Sollte sich herausstellen, dass der tatsächliche Schaden eines Verkehrsunternehmens gemäß den Vorgaben zur Schadensermittlung in Nummer 4 den gemäß Nummer 3.6.5.1 bei der Antragstellung prognostizierten Schaden übersteigt, ist auf Anforderung des Verkehrsunternehmens vom Aufgabenträger und/oder von der beihilfegebenden Stelle eine Anpassung der Höhe der gewährten Ausgleichsleistung an das Verkehrsunternehmen vorzunehmen. Der Empfänger der Sonderfinanzhilfe nach den Nummern 2.1 und 2.2 hat der LNVG anzuzeigen, sofern es aufgrund der erhöhten Ausgleichsleistungen an das Verkehrsunternehmen im Einzelfall erforderlich sein sollte, dass diese das MW um eine Anpassung der Verteilung der Sonderfinanzhilfe gemäß Nummer 6 ersuchen muss.
3.6.5.4
Anträge für die Jahre 2021 und 2022 sind spätestens bis zum 30.9.2022 zu stellen. Das Antragserfordernis gilt als erfüllt und ein weiterer Antrag nach dieser Regelung ist nicht erforderlich, wenn das Verkehrsunternehmen, z. B. durch eine An- oder Abfrage, bereits gegenüber dem Aufgabenträger eine nachweisbare Erklärung abgegeben hat, eine Ausgleichsleistung für eines oder beide Jahre erhalten zu wollen.
3.6.6
Ausgleichsempfangende Verkehrsunternehmen sind vom Aufgabenträger und/oder der beihilfegebenden Stelle zu verpflichten, beantragte oder erhaltene finanzielle Leistungen aufgrund der COVID-19-Pandemie im Rahmen einer Selbstauskunft anzugeben. Sie sind vom Aufgabenträger und/oder der beihilfegebenden Stelle darauf hinzuweisen, dass es sich bei den Angaben um subventionserhebliche Tatsachen i. S. des § 264 StGB handelt und dass Subventionsbetrug nach dieser Vorschrift strafbar ist. Eine Doppelförderung ist ausgeschlossen.
3.6.7
Die Aufgabenträger und die beihilfegebenden Stellen haben sich von den Verkehrsunternehmen den diesen tatsächlich entstandenen Schaden für das Jahr 2020 auf Grundlage der Berechnungsmethode gemäß Nummer 4 spätestens bis zum 30.9.2021, für das Jahr 2021 spätestens bis zum 31.3.2023 sowie für das Jahr 2022 bis zum 31.3.2024 nachweisen und von einer Steuerberaterin oder einem Steuerberater, einer Wirtschaftsprüferin oder einem Wirtschaftsprüfer oder vom Rechnungsprüfungsamt bescheinigen zu lassen. Bei der Fristsetzung ist zu beachten, dass die Nachweise und Bescheinigungen der Verkehrsunternehmen für die Erstellung des Gesamtnachweises des Aufgabenträgers erforderlich sind. Es empfiehlt sich daher, bei der Fristsetzung gegenüber den Verkehrsunternehmen die Vorlagefristen gemäß Nummer 7.1 gegenüber der LNVG zu berücksichtigen. Die LNVG entwickelt Mustervorlagen, die eine elektronische Übermittlung ermöglichen. Der Nachweis muss eine Mitteilung über die regulär über den öffentlichen Dienstleistungsauftrag oder über allgemeine Vorschriften erhaltenen Ausgleichsleistungen beinhalten. Dem Nachweis für den jeweiligen Schadenszeitraum sind Bestätigungen der Verbundorganisationen und/oder der für die Einnahmeaufteilung verantwortlichen Tariforganisationen über die Einnahmeaufteilungen der Referenzmonate im Jahr 2019 und im Schadenszeitraum sowie eine Bescheinigung einer Wirtschaftsprüferin oder eines Wirtschaftsprüfers über die Fahrgeldeinnahmen der Referenzmonate im Jahr 2019 und im Schadenszeitraum im Haustarif und/oder nach den Beförderungsbedingungen für Personen durch die Unternehmen der Deutschen Bahn AG (BBDB) beizufügen. Soweit diese im Fall der Nummern 3.6.1 und 3.6.2 beim Schadensausgleich Anwendung gefunden haben, haben sich die beihilfegebenden Stellen außerdem die nach den beihilferechtlichen Vorgaben der Bundesregelung Kleinbeihilfen sowie der Bundesrahmenregelung ÖPNV vorgeschriebenen Nachweise der Verkehrsunternehmen als Beihilfeempfängern vorlegen zu lassen.
Die Bescheinigung einer Steuerberaterin oder eines Steuerberaters, einer Wirtschaftsprüferin oder eines Wirtschaftsprüfers oder Rechnungsprüfungsamtes kann entfallen, wenn der Nachweis vorliegt, dass die Betriebsleistungen des Verkehrsunternehmens (gemessen in Wagen- bzw. Zugkilometern) des Jahres 2022 für sein Netz in der Zuständigkeit des ausgleichsgewährenden Aufgabenträgers mindestens dem Umfang des Jahres 2019 entsprechen. Bei Aufgabenträgern nach den Nummern 2.1 und 2.2 wird auf die Betriebsleistungen der Verkehrsunternehmen in ihrer Zuständigkeit abgestellt. Die Pflicht zur Vorlage der Bescheinigung einer Wirtschaftsprüferin oder eines Wirtschaftsprüfers über die Fahrgeldeinnahmen der Jahre 2019 und 2022 im Haustarif bzw. nach BBDB entfällt dadurch nicht.
3.6.8
Die beihilfegebenden Stellen haben alle ausgleichsempfangende Verkehrsunternehmen zu verpflichten, ihnen in Bezug auf den für die Jahre 2020, 2021 und 2022 erhaltenen Schadensausgleich aus der Sonderfinanzhilfe jeweils bis zum 31.10. des Folgejahres sämtliche in
3.6.8.1
Anhang III der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17.6.2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. EU Nr. L 187 S. 1, Nr. L 283 S. 65), zuletzt geändert durch Verordnung (EU) 2021/1237 der Kommission vom 23.7.2021 (ABl. EU Nr. L 270 S. 39),
3.6.8.2
Anhang III der Verordnung (EU) Nr. 702/2014 der Kommission vom 25.6.2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Arten von Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. EU Nr. L 193 S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) 2020/2008 der Kommission vom 8.12.2020 (ABl. EU Nr. L 414 S. 15), und
3.6.8.3
Anhang III der Verordnung (EU) Nr. 1388/2014 der Kommission vom 16.12.2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Arten von Beihilfen zugunsten von in der Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung von Erzeugnissen der Fischerei und Aquakultur tätigen Unternehmen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. EU Nr. L 369 S. 37), geändert durch Verordnung (EU) 2020/2008 der Kommission vom 8.12.2020 (ABl. EU Nr. L 414 S. 15),
geforderten Informationen zwecks Veröffentlichung auf einer Beihilfeninternetseite oder über das IT-Instrument der Europäischen Kommission zu übermitteln. Weiterhin haben die beihilfegebenden Stellen eine entsprechende Veröffentlichung dieser Informationen auf einer Beihilfeninternetseite oder über das IT-Instrument der Europäischen Kommission bis zum 7.1.2022 sicherzustellen.
3.6.9
Die Aufgabenträger und/oder die beihilfegebenden Stellen haben hinsichtlich der an Verkehrsunternehmen gezahlten Beihilfen und Ausgleichsleistungen nach den Nummern 3.6.1 bis 3.6.3 sicherzustellen, dass eine Überkompensation der pandemiebedingten wirtschaftlichen Nachteile ausgeschlossen ist. Beihilfen und Ausgleichsleistungen, die über den reinen Schadensausgleich gemäß den Vorgaben zur Schadensermittlung in Nummer 4 hinausgehen, sind von den jeweiligen Verkehrsunternehmen zurückzufordern. Die von Verkehrsunternehmen zurückgeforderten Beträge sind von diesen vom Zeitpunkt des Erhalts bis zum Zeitpunkt der Rückerstattung mit einem Prozentpunkt über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.
3.6.10
Die Ausgleichsgewährung an Verkehrsunternehmen kann vom Aufgabenträger in mehreren Teilzahlungen erfolgen, um eine Überzahlung zu vermeiden.
3.7 Soweit die Mittel nicht für den Ausgleich von Schäden der Verkehrsunternehmen nach den Nummern 3.3 bis 3.6.10 benötigt werden, können die Aufgabenträger die Sonderfinanzhilfe auch zum Ausgleich von ausgleichsfähigen Schäden bei sich selbst sowie im Fall der Nummer 2.3 bei einer Gemeinde oder einem Verbandsmitglied verwenden. Auch in diesem Fall ist ein Ausgleich von 100 % der entstandenen ausgleichsfähigen Schäden (abzüglich Einsparungen) gemäß den Vorgaben zur Schadensermittlung in Nummer 4 zulässig.
Außer Kraft am 1. Januar 2026 durch Nummer 8 Satz 1 des RdErl. vom 27. September 2022 (Nds. MBl. S. 1366)