Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 04.12.1986, Az.: 10 UF 230/84
Anspruch auf Auskunft über die Höhe des durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommens des Ehegatten; Verwirkung des Unterhaltsanspruches durch Fehlverhalten während der Ehe
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 04.12.1986
- Aktenzeichen
- 10 UF 230/84
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1986, 18418
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1986:1204.10UF230.84.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Hannover - 25.09.1984 - AZ: 609 F 6862/84
Rechtsgrundlage
- § 1579 Nr. 6 BGB
Fundstelle
- NJW-RR 1987, 580 (Volltext mit amtl. LS)
Verfahrensgegenstand
Auskunft und Unterhalt
Der 10. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle hat
auf die mündliche Verhandlung vom 13. November 1986
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... sowie
die Richter am Oberlandesgericht ... und ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 25. September 1984 verkündete Teilurteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - Hannover geändert und wie folgt neu gefaßt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
(Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.)
Entscheidungsgründe
Der Klägerin steht kein Anspruch auf Auskunft über die Höhe des durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommens des Beklagten zu, weil sie ihren Unterhaltsanspruch gemäß § 1579 Ziff. 6 BGB verwirkt hat. Nach dieser Vorschrift kann ein Unterhaltsanspruch versagt werden, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt.
Diese Voraussetzungen hat der Beklagte bewiesen. Die Klägerin hat nämlich am 13. August 1980 - also noch während der Ehe der Parteien - das Kind ... geboren. In dem Verfahren 401 C 1706/82 AG Hannover, das der Senat zu Beweiszwecken beigezogen hat, hat der Beklagte mit Erfolg die Ehelichkeit des Kindes angefochten. Aufgrund des dort eingeholten Blutgruppengutachtens konnte der Beklagte eindeutig als Erzeuger des ehelich geborenen Kindes ausgeschlossen werden, so daß die Nichtehelichkeit des Kindes ... rechtskräftig festgestellt wurde. Dadurch konnte zunächst festgestellt werden, daß die Klägerin während der gesetzlichen Empfängniszeit, die zwischen Oktober 1979 und Februar 1980 gelegen hatte, mit einem anderen Manne intimen Verkehr gehabt haben mußte. Nachdem die Klägerin noch im Verfahren 401 C 1706/82 AG Hannover, das dem Senat zu Beweiszwecken vorgelegen hat, hatte vortragen lassen, sie habe während der gesetzlichen Empfängnis zeit mit dem Zeugen ... verkehrt, hat das im Verfahren gegen den Zeugen ... (502 C 6859/84 AG Hannover) eingeholte serologische Abstammungsgutachten des Prof. Dr. ... vom 20. Juli 1985 ergeben, daß der Zeuge als Vater ausgeschlossen ist. In einem weiteren Vaterschaftsfeststellungsverfahren (502 C 2556/86 AG Hannover) hat die Klägerin den Erzeuger mit ... angegeben. Ferner war in das Gutachten mit der Zeuge ... einbezogen worden, mit dem die Klägerin ebenfalls während der gesetzlichen Empfängniszeit Verkehr gehabt hatte. Das bedeutet, daß die Klägerin innerhalb der gesetzlichen Empfängniszeit mit mindestens drei verschiedenen Männern geschlechtlichen Verkehr gehabt hatte. Ihr zunächst im Prozeß erhobener Einwand, sie habe geglaubt, das Kind ... müsse vom Beklagten stammen, ist durch ihr eigenes Prozeßverhalten in den Vaterschaftsprozessen widerlegt. In der Folgezeit, nach der Geburt des Kindes ... hatte dann die Klägerin den Beklagten in dem festen Glauben gelassen, Vater des Kindes zu sein.
Dieses einseitige evidente Fehlverhalten der Klägerin hat auch zum Scheitern der Ehe geführt. Die Klägerin hat in ihrer informatorischen Anhörung vor dem Senat eingeräumt, daß eine Zerrüttung der Ehe vor Aufnahme ihrer ehebrecherischen Beziehungen nicht gegeben war. Zwar soll es vor der gesetzlichen Empfängniszeit des Kindes ... zu geringfügigen Streitereien zwischen den Parteien gekommen sein, diese stellen sich jedoch bei näherer Betrachtung als nicht den Kern der Ehe erschütternde Auseinandersetzungen dar. Soweit die Klägerin behauptet hat, der Beklagte habe sie mit einem Messer bedroht, hat sie den diesbezüglichen Tatsachenvortrag in ihrer mündlichen Anhörung nicht weiter aufrechterhalten. Aus alledem ergibt sich, daß die Klägerin durch ein einseitiges evidentes Fehlverhalten aus einer intakten Ehe ausgebrochen ist. Auch unter Berücksichtigung der Belange der am 23. Oktober 1978 ehelich geborenen Tochter ... ist eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin gemäß § 1579 Ziff. 6 BGB gegeben. Eine Inanspruchnahme des Beklagten wäre nämlich grob unbillig, weil ein besonderer Härtefall für den Beklagten vorliegt. Er ist dann anzunehmen, wenn der Unterhaltsberechtigte in besonders krasser Weise die Voraussetzungen des § 1579 Ziff. 6 BGB verwirklicht. Die Klägerin hat in besonders eklatanter Weise gegen ihre ehelichen Pflichten verstoßen, weil sie bereits längere Zeit vor der Trennung der Parteien intime Verhältnisse zu anderen Männern begonnen hatte und daraus ein Kind geboren war, das sie zunächst als ehelich ausgegeben hatte. Dieses Fehlverhalten ist auch so gravierend, daß es zu einem völligen Ausschluß des Unterhaltsanspruches auch unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des von der Klägerin noch betreuten gemeinsamen ehelichen Kindes führt.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Ziff. 8 und 713 ZPO.